Protokoll der Sitzung vom 27.01.2016

(Beifall von der CDU)

Wir werden ebenso darüber nachdenken müssen – auch das ist hier mehrfach angesprochen –, Grenzen zu sichern. Da ist in der Tat die Frage – Sie hatten es aufgeworfen –: Wie definieren wir diese Grenzen? Diese Grenzen sind natürlich zunächst einmal die europäischen Grenzen; das ist der Schengen-Raum. Wenn es Partner gibt, die das alleine nicht können – Griechenland kann das allein nicht, Italien teilweise auch nicht –, dann bedarf es europäischer Solidarität. Diese Solidarität darf nicht nur darin bestehen, dass man entsprechenden Gruppierungen, Einsatzkräfte im Rahmen von Frontex zur Verfügung stellt, sondern sie muss auch darin bestehen, dass die Flüchtlinge, die wirklich Asylgründe haben, die Möglichkeit haben, nicht nur in Deutschland, sondern in Europa aufgenommen zu werden.

Das ist eine ganz große Herausforderung, vor der wir Deutschen insgesamt stehen und auch Frau Merkel bei den europäischen Gipfeln, die jetzt anstehen.

Meine Damen und Herren, die Frage ist natürlich auch: Wie geht das Land Nordrhein-Westfalen mit der Flüchtlingspolitik um? Da stellen wir leider fest, dass große markige Worte fallen, aber sich bei der Frage der Lösungen diese Landesregierung doch oft in die Deckung stürzt.

Woran mache ist das fest? – Ich mache es daran fest, dass wir natürlich eine Vielzahl von Verschärfungen durchgeführt haben. Herr Kuper hat das eben ausführlich dargestellt. Ich verweise nur auf das Asylpaket II, das jetzt hoffentlich endgültig zur Abstimmung kommt.

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Ich verweise darauf, dass wir noch Verschärfungen haben werden, zum Beispiel bei der Frage von kriminalisierten Asylbewerbern, die sofort zurückgeführt werden. Hier wird das Kabinett entscheiden, und das wird dann sicherlich auch umzusetzen sein. Das sind alles Wege, die in die richtige Richtung weisen.

Aber wenn wir dann wahrnehmen, dass, wenn derartige Verhandlungen geführt werden, die Ministerpräsidentin nach Nordrhein-Westfalen zurückkommt und dann sagt, man habe gerade darüber gesprochen, dass man diejenigen, die hier keinen Asylanspruch hätten, möglichst schnell zurückführen wolle, aber in Nordrhein-Westfalen mache man das bei Familien anders, dann fragt sich natürlich die Bevölkerung zu Recht, warum es hier zu einer Differenzierung kommt und warum das, was man woanders vereinbart hat, nicht umgesetzt wird.

(Beifall von der CDU)

Lassen Sie es mich ganz konkret machen: Wir stehen doch in den Kommunen nicht nur vor der Frage der Notaufnahme von Flüchtlingen, wie es der Minister eben angesprochen hat. In meiner Heimatstadt Bielefeld stehen wir jetzt wie in vielen anderen Kommunen des Landes konkret vor der Aufgabe, den Flüchtlingen eine dauerhafte Perspektive zu geben.

In der letzten Woche hörten wir davon, die Landesregierung gehe durchaus davon aus, dass wir knapp 400.000 Wohnungen zur Verfügung stellen müssen. Aber die Ersten, die wieder Bedenken anmelden nach dem Motto: „Das geht ja in den Landschaftsraum hinein, das kann man in der Form nicht verantworten; wir müssen hier ökologische Belange abwägen“, sind doch die Grünen.

(Beifall von der CDU – Mehrdad Mostofiza- deh [GRÜNE]: Ist doch Quatsch!)

Auf der einen Seite eine Erwartungshaltung zu wecken und auf der anderen Seite zu sagen: „Wir sind nicht dabei“, das ist mit uns nicht zu machen.

(Dietmar Bell [SPD]: Frech behauptet ist trotzdem falsch!)

Diesen Widerspruch müssen Sie vor Ort aufklären. Dazu werden wir Sie anhalten.

(Beifall von der CDU – Mehrdad Mostofiza- deh [GRÜNE]: Das glauben Sie auch wirk- lich, was Sie jetzt erzählt haben! – Dietmar Bell [SPD]: Frech behauptet ist nicht immer richtig!)

Vielleicht überprüfen Sie sich selbst mal, bevor Sie dazu entsprechende Ausführungen machen. Denn von den Piraten ist zu dieser Frage nun überhaupt nichts gesagt worden.

(Dietmar Bell [SPD]: Ich bin kein Pirat!)

Entschuldigung.

(Zuruf von den PIRATEN: Wir bestehen auch darauf!)

Vielleicht war das qualitativ genauso wie das, was sonst von den Piraten kommt. Aber das lassen wir mal dahingestellt.

(Zurufe von den PIRATEN: Oh! – Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Du Messdiener des Neoliberalismus!)

Meine Damen und Herren, ich fand es schon ein bisschen bemerkenswert, dass Frau Düker hier erklärt: In diesem Zusammenhang sind Ehrlichkeit und Vernunft gefordert. – Gerade bei den Grünen habe ich das vermisst. Denn wenn Sie ehrlich gewesen wären, dann hätten Sie ganz konkrete Angaben dazu gemacht, wie Ihr Beitrag zur Lösung aussieht. Ich habe das Gefühl, der Beitrag der Grünen kommt nur aus Baden-Württemberg und wird von dem Ministerpräsidenten dort geäußert.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Von den Grünen in Nordrhein-Westfalen habe ich bisher nur Bedenken gehört –

(Beifall von der CDU)

Bedenken in der Frage der Umsetzung dessen, was hier beschlossen worden ist und was dazu beitragen soll, die Situation für die Kommunen in diesem Land zu vereinfachen.

Vor dem Hintergrund, lieber Minister Jäger – wir kennen das ja: Eloquenz auf niedrigem Niveau –, hilft es wenig, immer auf das BAMF zu schimpfen und zu sagen: Wir haben jetzt einen Puffer aufgebaut.

(Zuruf von Minister Ralf Jäger)

All das, Herr Innenminister, verdanken Sie zum Teil den vielen, vielen Kommunen, die hier großartige Arbeit leisten.

(Michael Hübner [SPD]: Ein bisschen Anpas- sung an das Redemanuskript!)

Herr Hübner, Sie können das ja gleich noch einmal bestätigen. Die Kommunen in NordrheinWestfalen sind insbesondere bei der Frage der Notunterkünfte in die Pflicht genommen worden, aber auch bei der Frage – und jetzt kommt es – der Integration, die noch vor uns liegt.

Natürlich sind hier 4 Milliarden € für das, was vor uns liegt, eingestellt worden. Aber wird das ausreichen? Das wird eine ganz große Frage sein, deren Beantwortung die Herausforderung dieses Jahres in den Kommunen des Landes sein wird neben der Frage: Wird es gelingen, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren? Wir sind jedenfalls zuversichtlich, dass es gelingen wird.

Die Tatsache, dass wir aktuell 650 Flüchtlinge pro Tag haben, deutet darauf hin, dass wir sie vernünftig registrieren und in ein vernünftiges Verfahren eintreten können, dass wir schon erste Erfolge der Reduzierung erfahren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Nettelstroth. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Körfges.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin ja in einer einigermaßen schwierigen Situation, will das aber für mich auflösen. Vieles von dem, was der Kollege Nettelstroth gerade gesagt hat, können wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten unterschreiben.

(Hendrik Schmitz [CDU]: Das ist aber ein Wunder!)

Erste Anmerkung: Warum erklären Sie das nicht Ihren Parteikolleginnen und -kollegen in Mainz, in Bayern und in Berlin, die immer wieder auf einer ganz anderen Spur unterwegs sind und uns die Arbeit schwerer machen?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- ruf von Serap Güler [CDU])

Zweite kleine Anmerkung: Es gibt einen sachlichen Grundton in den Wortbeiträgen der Union. Ich habe einmal überlegt: Woran liegt das? Dann habe ich mir die Redner genau angeschaut und festgestellt, dass Sie ganz offensichtlich Ihre Abteilung Innenpolitik bei der sachlichen Debatte aus gutem Grund außen vor gelassen haben. Da bin ich andere Töne gewohnt und eine andere Resonanz auf vernünftige Vorschläge.

(Zurufe von Serap Güler [CDU] und Josef Hovenjürgen [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, tun Sie doch nicht so, als gäbe es bei der CDU in NRW keine Diskussion über Grenzschließungen, Obergrenzen, Transitzonen und ähnlichen Unfug.

(Zuruf von Christian Haardt [CDU])

Wir haben einen ganz großen Bestand an gemeinsamen Forderungen, und zwar weit über die Parteigrenzen hinweg, die sich zum Beispiel im Asylpaket II niederschlagen. Davon haben wir nichts zurückzunehmen.

Unsere gemeinsame Aufgabe in Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es, verdammt noch mal – entschuldigen Sie bitte den unparlamentarischen Ausdruck –, dafür zu sorgen, dass das in Berlin auch endlich umgesetzt wird. Schnelle Verfahren, der Aufbau von mehreren speziellen bundesweiten Erstaufnahmeeinrichtungen, all das wurde beschlossen, um Asylverfahren zu beschleunigen. Nur, es passiert so gut wie gar nichts.

Ich kann mich erinnern, als zum Beispiel die Diskussion geführt worden ist: „Warum gibt es beim BAMF keine Überstunden?“, dass darauf helles Entsetzen und lauter Protest folgten. Was macht Herr Weise jetzt? – Er sagt: Das ist wohl nötig.

Es wird Zeit, dass wir endlich die Verfahren beschleunigen. Dann wird sich manche Diskussion, zum Beispiel über sichere Herkunftsländer, erledigen. Denn an der Stelle klemmt das Verfahren.

Darüber hinaus ist es richtig, europäische Lösungen zu suchen. Es ist richtig, Fluchtursachen zu bekämpfen. Ich bin sehr dafür, dass wir unsere Außenpolitik auch durch ein übereinstimmendes Wording in Nordrhein-Westfalen unterstützen.

Es ist sicherlich auch richtig, populistischen Parolen in der Angelegenheit zu widerstehen, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn das verunsichert die Menschen. Jeder, der schnelle Patentlösungen fordert, trägt nicht dazu bei, dass sich etwas verbessert. Nein, er trägt nur dazu bei, dass sich das Klima verschlechtert. Nur, wenn wir doch dieser Meinung sind, warum bekommt es die NRW-CDU nicht hin, ihrer Partei und ihrer Fraktionsgemeinschaft in Berlin klarzumachen, dass das nicht nur grober Unfug ist, sondern auch nicht zur Lösung unserer Probleme beiträgt?

Ich will noch ein Wort zu dem sagen, was auch richtigerweise erklärt worden ist: Ja, wir befinden uns in der ersten Stufe der Arbeit für ein gutes Zusammenleben in unserem Land mit den Menschen mit einer langen Bleibeperspektive. Wir wollen bessere und schnellere Schritte zur Integration, für sozialen Wohnungsbau. Da sind die Vorbehalte und Vorhaltungen, die Sie unserem Koalitionspartner machen, ziemlich verfehlt.