Wir stehen heute sicherlich noch nicht am Ende dieses Prozesses, aber es sind wichtige Verabredungen getroffen worden, beispielsweise unter den 15 Punkten die Verhinderung doppelter Nichtbesteuerung bei hybriden Gestaltungen, die Erarbeitung von internationalen Standards für die Hinzurechnungsbesteuerung, die Verhinderung der unrechtmäßigen Inanspruchnahme von Vorteilen aus Doppelbesteuerungsabkommen, die Aktualisierung der Verrechnungspreislisten für diverse Sachverhalte, die Entwicklung von Methoden und Regelungen, um Daten über Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen zu erlangen oder auch die Verbesserung der Transparenz im Hinblick auf aggressive Steuerplanungen.
Es gehört zur Vollständigkeit hinzu, dass hier in den letzten Jahren schon viel auf den Weg gebracht worden ist. Sicherlich bedarf es noch etlicher Maßnahmen zur weiteren Umsetzung. Aber Sie, Herr Finanzminister, sind nicht der Einzige, der an dieser Stelle tätig war, auch wenn Sie den Eindruck gern erwecken.
Die internationalen Bemühungen für mehr Steuerehrlichkeit und Transparenz sind in den nächsten Jahren weiter auszubauen. Dieses Ziel der Vermeidung ungerechter Steuerschlupflöcher und illegaler Transaktionen muss uns allen hier in diesem Hohen Hause ein gemeinsames Anliegen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sein, die erwarten, dass die öffentlichen Aufgaben in unserem Land gerecht finanziert werden und sich niemand seiner Verantwortung für das Gemeinwesen entzieht.
Es gilt dabei, den konkreten Erkenntnisstand bei der Auswertung der Panamapapiere weiter im Blick zu behalten und dann, wenn auch belastbare Erkenntnisse von Behörden vorliegen, die daraus richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.
Für uns als FDP-Landtagsfraktion kann dies nur in einem strengen rechtsstaatlichen Verfahren erfolgen. Wir setzten nicht auf Vorverurteilungen, sondern auf die individuelle Betrachtung eines jeden Einzelfalls. Deshalb sagen wir – auch in Zeiten von Panama Papers oder gerade jetzt –, dass der Rechtsstaat nun gefordert und gefragt ist und eben nicht die Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Nachrichten der letzten Wochen haben uns wieder daran erinnert, wie groß das Phänomen von Geldwäsche und Steuerhinterziehung ist. Die Enthüllungen um das Datenleck aus Panama zeigen, dass es ein globales Phänomen ist, das unsere Gesellschaft, unser Gerechtigkeitsempfinden und das vieler anderer Demokratien angreift.
Die meisten der bekannt gewordenen Fälle waren nicht illegal. Die meisten Firmenkonstrukte sind legal. Ich finde, genau hier liegt das Problem: Unsere nationalen und europäischen Gesetze und Regeln scheinen so schwach zu sein, dass es möglich ist, alle Vorteile aus unserem Land als Standort mitzunehmen und alle Vorteile, die Steueroasen weltweit bieten, gleich mit einzukassieren.
Meine Damen und Herren, wer über findige Berater verfügt, kann sich offensichtlich aus seiner Verantwortung sehr einfach herauswinden, der normale Bürgerinnen und Bürger nachkommen. Diejenigen, die so handeln, verschaffen sich gegenüber den Steuerzahlerinnen nicht nur einen Vorteil, sondern dieses Geschäftsmodell geht massiv zulasten der Allgemeinheit. Denn die Einnahmen, die dem Staat durch Steuerhinterziehung verloren gehen, müssen von irgendwoher ersetzt werden.
Lieber Marcus Optendrenk, wenn wir heute in diesem Hohen Hause darüber reden, dann hat das schon auch damit zu tun, dass die Alternative darin bestünde, eben nicht mehr in gute Bildung, in den Erhalt unserer Infrastruktur, in Zukunftschancen investieren zu können. Deswegen hat es sehr wohl damit zu tun, was der Finanzminister und diese Landesregierung seit vielen Jahren vorantreiben.
Meine Damen und Herren, bitte bedenken Sie: Den Menschen, die uns heute zuhören, denen die Lohnsteuer vom Gehalt abgezogen wird, den Selbstständigen, von denen wir Vorauszahlungen erwarten, und den 99,9 % der Unternehmen, die hier ihren Standort haben und die nach unseren Regeln spielen, ist es nicht zu vermitteln, dass egen solche Lücken in unserem Recht nichts unternommen werden soll.
Deswegen ist es richtig, dass diese Landesregierung und allen voran dieser Finanzminister seit Jahren konsequent gegen Steuerhinterziehung und gegen Steuervermeidung vorgehen, dass wir mit dem Ankauf der Steuer-CDs, dass wir mit Bundesratsinitiativen und dass wir mit Anträgen hier im Hause immer wieder einfordern und klarmachen: Unser Recht muss für alle gleichermaßen gelten.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen – Stand 7. April 2016 – über 22.000 Selbstanzeigen mit dem Bezug zur Schweiz. Bundesweit haben sich seit Frühjahr 2010 120.000 Bürgerinnen und Bürger selber angezeigt. Die daraus resultierenden Mehreinnahmen – der Finanzminister hat es bereits gesagt –: 6 Milliarden €.
Auch wenn diese Summe erfreulich ist: Nach den Enthüllungen der Panama Papers muss man doch den Eindruck haben, dass uns nur ein kleiner Teil ins Netz gegangen ist und ein Großteil noch in den trüben Gewässern unterwegs ist, die sich auf den Globus verteilen.
Es ist richtig, dass wir es mit nationaler Gesetzgebung allein nicht in den Griff bekommen können. Diesen Satz habe ich allein in der heutigen Debatte sicher schon zehn Mal gehört. Die Frage ist, ob diese Aussage so pauschal auch richtig ist. Gerade die Bundesregierung versteckt sich hinter dieser Formel – etwas anderes ist es bei Herrn Schäuble nicht – sehr gerne.
Es gäbe aber Möglichkeiten, diese Firmenkonstrukte auch mit nationalem Recht zu behindern und unattraktiv zu machen. Das beste Mittel, um diese Schattenkonstrukte zu behindern, ist Licht: Wir brauchen Transparenz. Diese Schattenkonstrukte scheuen das Licht wie Graf Dracula das Sonnenbad.
Um in diesem Bild zu bleiben: Silberkreuz und Knoblauch liegen schon lange auf dem Tisch der Bundesregierung. Sie fasst sie nur nicht an. Warum setzt sie das Transparenzregister nicht um, das die vierte europäische Geldwäsche-Richtlinie vorsieht? Herr Kollege Optendrenk, Herr Laschet: Sie haben im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit einer Großen
Koalition. Sie haben im Bundesrat mit den rot-grün regierten Ländern ebenfalls eine satte Mehrheit. Warum hat Deutschland noch kein Transparenzregister?
Es gibt Länder, die es auch ohne internationale Hilfe sehr erfolgreich umgesetzt haben. Eine Delegation unserer Fraktion war im letzten Jahr im Rahmen einer Digitalreise in Estland. In Estland ist es sehr einfach möglich, mit einer sogenannten E-Residency, quasi einer elektronischen Staatsbürgerschaft, binnen weniger Stunden online eine Firma zu gründen. Um diese Firma letztendlich auch in Estland zu registrieren, braucht man dort eine Anschrift.
Der große Unterschied zwischen Estland und Ländern wie beispielsweise Luxemburg, Hongkong oder auch Panama aber besteht darin, dass knallharte Voraussetzungen zu erfüllen sind. Zunächst einmal kann man nicht mit einer Briefkastenfirma eine weitere Briefkastenfirma aufmachen. Man muss sich einer gründlichen Prüfung unterziehen. Man muss offenlegen, wem die Firma gehört. Es gibt umfassende Überprüfungen der Firmengründer bzw. der Inhaber. Man muss sich beim Finanzamt registrieren lassen. Man muss in Estland sogar seine Jahresumsätze veröffentlichen.
Estland nutzt Transparenz, um sich zu schützen, denn sie wollen kein Standort dubioser Firmen sein. Sie wollen nicht wie Panama oder wie Hongkong sein, sondern sie wollen unkompliziert Firmengründungen gerade für Start-ups anbieten. Transparenz schützt den Standort und eben auch Unternehmen. Sie schreckt dubiose Geschäftemacher ab, und vor allem schafft sie Vertrauen. Wir brauchen Transparenz und klare Regeln, auch zum Schutz unserer Firmen und unseres Standorts. Wir brauchen mehr Estland und weniger Luxemburg.
Meine Damen und Herren von der CDU, ich würde mir wünschen, dass Sie das in dieser Deutlichkeit auch in Berlin vortragen. Sie sind der größte Landesverband der CDU, mit Herrn Staatssekretär Spahn haben Sie an zentraler Stelle im Bundesfinanzministerium eine Person aus Ihren Reihen. Handeln Sie doch endlich dafür. Wenn Sie es ernst meinen, was Herr Dr. Optendrenk gerade ausgeführt hat, dass wir hier einen Konsens haben, sorgen Sie dafür, dass wir ein Transparenzregister bekommen. Sorgen Sie dafür, dass Deutschland nicht im selben Atemzug mit Niedrigsteuerländern wie Zypern, Malta, Luxemburg oder Irland genannt wird. Wir wollen hier Vorreiter und nicht die Blockierer in Europa sein.
Vor diesem Hintergrund ist es dann auch nur noch mit Humor zu ertragen, dass Sie uns mit Ihrem Antrag auffordern, die Bundesregierung konsequent im
Kampf gegen die Steuerhinterziehung zu unterstützen und dann auch noch den ehemaligen Finanzminister Linssen – Panama-Linssen – für seinen Einsatz loben. Das ist so, als ob Arturo Vidal nach gestern Abend Fair-Play-Beauftragter werden will.
Dass es jetzt endlich einen Zehnpunkteplan der Bundesregierung gibt und darin mehrere Punkte enthalten sind, die wir schon vor Jahren beantragt haben und zu denen es Bundesratsinitiativen aus diesem Land gibt: Geschenkt. – Es geht hier nicht darum, Recht zu behalten.
Aber, meine Damen und Herren, es muss Schluss damit sein, dass die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, dass bei dem Thema Steuervermeidung/Geldwäsche immer nur Ankündigungen erfolgen und aus dieser ganzen Enthüllung letztendlich nichts folgt. Diesen Eindruck dürfen wir nicht entstehen lassen. Er ist leider bei vielen entstanden. Es kommt jetzt darauf an, dass wir konsequent handeln.
Firmen, die auf dem Papier nicht hier ansässig sind, die aber von unserer Infrastruktur und Technologie, von unserer Administration und von gut ausgebildeten Absolventinnen und Absolventen unserer öffentlich finanzierten Hochschulen profitieren und somit von allen Vorteilen unseres Standortes, muss klar sein, dass sie sich auch beteiligen, wenn es darum geht, Steuern zu bezahlen. Hören wir also auf, Möglichkeiten zu bieten, um diese Vorteile zu nutzen und gleichzeitig die Steuervorteile anderer Länder mitzunehmen.
Es stellt sich die Frage, wer eigentlich unsere Unternehmen vor diesem riesigen Wettbewerbsnachteil schützt, der durch den Regelbruch möglich ist. Es ist schon einmal nicht die FDP. Das haben wir bei Ihrer Rede, Herr Witzel, sehr eindrücklich gemerkt. Das haben wir aber auch durch das Interview Ihres stellvertretenden Bundesvorsitzenden aus SchleswigHolstein, Herrn Kubicki, vom 5. April mit „FOCUS Online“ gemerkt. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
„Wir reden von Firmen, die keinen Geschäftsbetrieb unterhalten, dort wo sie angesiedelt sind. Das ist aber nicht per se verwerflich. Nehmen wir die Schifffahrt als Beispiel.
„Es soll weiterhin Handelsschiffe geben, die in deutschem Besitz sind. Wenn diese deutschen Schiffe unter Panama-Flagge fahren, brauchen sie auch eine Domizilgesellschaft im Land.“
Aber dann fragen wir uns doch einmal, warum denn Redereien nach Panama gehen. Was ist die Konsequenz dieser Konstrukte, die uns in Panama begegnen? Ganz konkret ist es den Briten nach einer Havarie mit einem mit Schweröl beladenen Schiff bis heute nicht möglich, den Verursacher dieser Katastrophe haftbar zu machen. Sie können gar nicht erkennen und gar nicht wissen, wer hinter dem Konstrukt aus Briefkastenfirmen steckt, die wieder eine Briefkastenfirma gegründet haben, die wiederum eine Briefkastenfirma gegründet haben.
Das ist doch kein Zustand, den ich als völlig normal hinnehmen kann und sachlich beschreibe mit: Dann segeln die halt unter einer anderen Flagge und brauchen irgendeine Firma. – Das ist einzig und allein dafür da, den Leuten an Bord geringere Löhne zahlen zu müssen. Das ist einzig dafür da, Lohndumping zu betreiben.
Sie müssen sich schon entscheiden, ob Sie auf der Seite der Unternehmen stehen, ob Sie an der Seite der Länder stehen, die sich auf Messen und Banketten so an große Redereien heranwerfen, dass es fast schon unter Prostitution fällt,
oder ob Sie nicht – gerade wenn man aus SchleswigHolstein kommt – an der Seite der ehrlichen Unternehmen stehen, die in dieser Branche tätig sind.
Sie kämpfen stattdessen für die Persönlichkeitsrechte der Tresore. Datenschutz ist bei Ihnen und bei Herrn Kubicki vor allen Dingen das Recht auf anonyme Briefkastenfirmen.