Herr Präsident, ich darf mich schon mal entschuldigen, aber ich zitiere wörtlich, es waren wirklich nicht
meine Worte. Die Frau kommt also auf mich zu und sagt: Na, du blöde Sau, du Scheißbulle, heute schon gewichst? – Sie hat eine Flasche gehabt, hat diese gegen die Wand geschmissen, dabei ist auch eine Scheibe kaputtgegangen.
Die Frau sollte jetzt auch nicht mehr weiter dort bleiben. Also habe ich gesagt: Bitte mitkommen, ausweisen! – Das wollte sie nicht. Daraufhin habe ich sie genommen und wollte sie auf die Wache führen. Sie hat mich dann geschlagen; ich hatte einen blauen Fleck.
Jetzt frage ich Sie: Wollen Sie, dass diese Frau für ein halbes Jahr ins Gefängnis geht? Das ist die Kernfrage. Wollen Sie, dass diese Frau für ein halbes Jahr ins Gefängnis geht?
Oder meinen Sie das, was wir beim letzten Mal hatten, mit Respektlosigkeit, was der Polizeipräsident von Frankfurt vorgestellt hat. Er sagte wörtlich: Es wird vieles hinterfragt; es wird diskutiert; es wird gefilmt; es wird Unterstützung herbeigezogen; es wird sich renitent verhalten. – Wollen Sie, dass bereits diese Personen für sechs Monate weggeschlossen werden? Das ist doch der Kern der Frage.
Es ging also um eine Mindeststrafe von sechs Monaten, beispielsweise auch bereits für das Auto-Zuhalten, um die Papiere zu einer Kontrolle nicht vorzuweisen. Das sind Ihre Vorschläge zur Verbesserung bei Gewalttaten gegenüber Polizisten. Das sind Ihre Kernvorschläge.
Da frage ich mich wirklich, ob das helfen soll, die Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung zu verhindern. Denn eine Straftat gegenüber einem Polizisten wird nicht nur geahndet gemäß den §§ 113 und 112, sondern die gesamten Strafrechtsnormen stehen zur Verfügung. Das bedeutet: Auch diese Taten sind eingebettet in das gesamte Strafrecht.
Sie sagen zu Recht, es könnten nicht solche Vorfälle wie beispielsweise bei den Blockupy-Auseinandersetzungen in Frankfurt – Steinewerfen und Sonstiges – ungeahndet bleiben. Das ist aber auch eingeordnet in die Strafrechtssystematik der Paragrafen zur körperlichen Unversehrtheit, sprich: nicht nur Körperverletzung, sondern auch schwere Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung. Diese Paragrafen sehen bereits strafrechtliche Mindestnormen wie das Wegschließen für sechs Monaten bzw. bis zu einem Jahr vor. Das heißt, Sie haben diese Mindeststrafen bei schwereren Delikten gegen Polizisten bereits im Strafrecht.
Strafsystematik bei Verletzungen der körperlichen Integrität im Vergleich zu Eigentumsdelikten zu sprechen. Was ich aber nicht verstehe – das sage ich Ihnen auch als ehemaliger Polizist –, ist, dass ein Unterschied gemacht werden soll zwischen einer alten Frau oder einer Mitarbeiterin bei der ARGE, die geschlagen wird, und einer Polizistin oder einem Polizisten.
Übrigens: Das, was es früher einmal gegeben hat, dass es nämlich weniger strafbewehrt ist, einen Polizisten zu schlagen – früher gab es diese Privilegierung nämlich in den §§ 112 und 113 –, das haben wir aus dem Strafrecht herausgenommen, und zwar sehr zu Recht.
Also lassen Sie uns bei der Diskussion um Gewalt gegen Polizisten bitte darüber reden, was kein Placebo ist, sondern den Kräften im Einsatz effektiv hilft, anstatt über Strafrechtsverschärfungen zu sprechen, die in ihrer Wirkung äußerst fragwürdig sind und die übrigens auch in ihrer verfassungsrechtlichen Bewertung sehr fragwürdig erscheinen. Das war im Übrigen auch ein sehr breiter Konsens bei den Anhörungen, die wir bisher regelmäßig durchgeführt haben. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Bialas. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind damit am Schluss der Aussprache, und ich schließe die Aktuelle Stunde.
finanziellen Ausstattung der Kindertagesbetreuung (Gesetz zur Änderung des Kinderbil- dungsgesetzes)
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Um die Gegenwart zu verstehen, muss man manchmal den Blick in die Vergangenheit richten, und manchmal muss man sogar zurück bis zu den Anfängen gehen. Ganz konkret meine ich den 25. Oktober 2007. Da hatten wir die dritte Lesung des KiBiz.
Ich möchte einmal zitieren, was die CDU, nämlich Armin Laschet, und die FDP, nämlich Christian Lindner, dort gesagt haben.
„Wenn Sie aber theoretisch in die Verantwortung kommen würden, dann – ich bin sicher – würden Sie genau auf den Früchten dieses Gesetzes aufbauen und sagen: Genau diese damals … innovativ entwickelten Gedanken seien richtig und seien etwas Neues in der … bildungspolitischen Debatte.“
„Wir übernehmen die Verantwortung für dieses Kinderbildungsgesetz, weil wir glauben, dass es ein gutes Gesetz im Interesse von Kindern und Familien ist.
Dafür werden wir im Land werben. Ich sage Ihnen voraus: Wir werden dafür große und größte Zustimmung erhalten.“
Es ist dann doch etwas anders gekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der FDP; Sie haben es gerade gemerkt. Es ist gut, dass Sie das jetzt auch ganz klar erkennen. Denn die wirkliche Bilanz Ihres Kinderbildungsgesetzes haben Sie in dem Antrag, den Sie heute vorlegen, ganz passend zusammengefasst. Die wirkliche Bilanz lautet: „Kita-Kollaps verhindern“. Das, liebe CDU und liebe FDP, ist die wirkliche Bilanz Ihres Kinderbildungsgesetzes.
Sie haben recht, Herr Kern: Es passt nicht ganz. Es wäre die Bilanz Ihres Kinderbildungsgesetzes gewesen, wenn die Koalition nicht die schlimmsten Verwerfungen beseitigt hätte, zusätzlich zu den Kraftanstrengungen beim U3-Ausbau, den wir genau dort fortsetzen, und zusätzlich zur Stabilisierung der Finanzsituation der Träger, die wir mit dieser Gesetzesänderung erreichen wollen.
Wir bringen heute das Gesetz ein, mit dem wir die Haushaltsbeschlüsse realisieren. Und wir realisieren mehr – daran möchte ich heute auch erinnern –, als die Opposition überhaupt jemals zu fordern gewagt hätte, weil uns gute Bildung genau das wert ist. Das sind unverzichtbare Investitionen in die Zukunft unseres Landes, in soziale Gerechtigkeit und in eine nachhaltige Wirtschaftskraft in Nordrhein-Westfalen.
Liebe CDU, liebe FDP, Sie haben keine große und schon gar keine größte Zustimmung für dieses Gesetz gefunden. Denn Sie sind auch – und das wissen Sie – für dieses Gesetz abgewählt worden.
Deshalb war das Erste, was die Landesregierung 2010 getan hat, dieses Gesetz auf den Prüfstand zu stellen. Wir haben mit Landesmitteln für die frühe Bildung mehr als 2 Milliarden € bereitgestellt. Wir haben in Qualität, in Personal investiert. Wir haben pädagogische Standards gesetzt und eine Sprachförderung verankert, die heute State of the Art ist. Wir haben gemeinsam mit Kommunen und Trägern den Rechtsanspruch für die unter Dreijährigen durchgesetzt. Und wir haben dafür gesorgt, dass dieser Ausbau tatsächlich fortgesetzt werden kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind einen weiteren schwerwiegenden Geburtsfehler des KiBiz angegangen, nämlich die unzureichende Dynamisierung bei den Pauschalen. Denn es war von Anfang an – schon bei der Verbändeanhörung 2007 – klar, dass 1,5 % nicht reichen werden.
„Ich hatte heute Morgen schon gesagt, dass die tatsächlichen Personalkosten durch die Pauschalen nicht gedeckt werden können.“
Sie, meine Damen und Herren, wussten von Anfang an, dass das KiBiz unterfinanziert ist. Sie haben genau das von Anfang an in Kauf genommen: zulasten der Kitas, zulasten der Kinder und zulasten der Familien in Nordrhein-Westfalen.
Die Zeit läuft. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen aber nicht nur über die Vergangenheit sprechen, sondern natürlich möchte ich mit Ihnen heute auch über die Zukunft reden.