Natürlich muss man, wenn man eine große Planung macht, ein großes Konzept vorlegt und auch eine Landesplanung hat, auch differenzieren. Ohne Differenzierung – das betrifft jetzt die landesbedeutsamen Häfen – gibt es natürlich keinen Plan. Dann ist alles eine Sauce und alles gleich unwichtig. Das ist am Ende eben kein Konzept. Das ist Handeln nach dem Motto: Ja, wir machen alles wie immer, aber möglichst viel, und wir versuchen, möglichst viele von irgendwelchen Projekten zu überzeugen. – Am Ende passt aber nichts mehr zusammen.
Dann wird das Gleiche passieren wie jetzt – Stichwort „Flächenverbrauch beim Hafenkonzept im Rahmen des LEP“. Die Landesregierung hat irgendwann einmal erklärt: Wir brauchen einen Klimaschutzplan, und wir wollen einen starken Fokus darauf setzen. – Aber jetzt zerfleddert das alles. Die konsequente Umsetzung, die Herr Klocke gerade gefordert hat, ist gar nicht mehr gegeben.
Ein eigenes Konzept kann also sein, im Rahmen der etablierten Linie der Bundesregierung zu klotzen und möglichst viel herauszuholen. Aber wir haben ja eben gelernt, dass die Bundesregierung an dieser Stelle gar nicht unbedingt auf NRW-Linie ist. Es gibt bundesdeutsche Häfen. Im Deutschen Bundestag stellt man fest, dass die Priorität ganz klar dort ist; die bundesdeutschen Häfen werden auch ganz anders bewertet. Dass Rotterdam gerade viel ausbaut, interessiert da eigentlich gar nicht. Es spricht viel dagegen, dass es auf diese Weise – über die Bundesebene – läuft.
Die Konsequenz daraus muss sein, einen Plan vorzulegen, und zwar rechtzeitig, sodass echte Konzepte und Prioritäten eine Chance haben. Das betrifft alle Pläne, nicht nur das Hafenkonzept. Wenn man jetzt zum Beispiel sagt: „Herne–Nanjing ist der Plan, den wir verfolgen wollen“, dürfen das nicht nur – wenn die Landesregierung das möchte, kann sie es ja forcieren – ein paar lustige Worte sein, also etwas, was man sagt, damit es toll klingt, wie leider bei vielem hier, sondern dann muss das eine Priorität und ein Konzept haben. Natürlich kann man nicht immer alles priorisieren und sagen, das habe eine Priorität, dieses habe eine Priorität und jenes habe eine Priorität, sondern muss sich natürlich auf ein paar Dinge beschränken – und dann auch die Prügel dafür einstecken.
Eine Priorität ist zum Beispiel, den Fokus auf Schiene und Binnenhäfen zu legen – mit dem Ziel, die Güter auf der Schiene bzw. auf den Wasserstraßen zu transportieren oder von mir aus neue wirtschaftliche Chancen durch die Logistik zu bekommen. Dann
muss auch alles daran ausgerichtet werden. Die Bewertung der Maßnahmen muss daran ausgerichtet werden, und andere politische Projekte, Maßnahmen und Liebhabereien müssen dahinter zurückstehen. Die Bundespolitik muss natürlich mit Überzeugung beeinflusst werden. Wenn wir so verfahren wie beim Klimaschutzplan, funktioniert das nicht.
Das Zweite, was – neben dem Fokus auf Schiene und Wasserstraßen – beim Handeln überzeugend sein muss, ist die Sache mit dem Logistikstandort. Natürlich können wir darauf setzen, dass wir ein Logistikstandort sein wollen. Das machen aber irgendwie alle; denn etwas zum Logistikstandort zu erklären ist etwas für Politiker, denen sonst nichts einfällt.
Wenn eine Region einen neuen Anschub braucht – ich denke nur an das demnächst ehemalige Braunkohlerevier –, fällt einem zuerst ein: Aha, Logistik; wir setzen auf Logistik. – Das fällt mir immer wieder auf. Das ist sehr schade; denn aus der Logistik ist tatsächlich nicht so viel herauszuholen. Das von Herrn Klocke erwähnte Vorgehen, T-Shirts und Hemden aufzubügeln, zu verpacken und neu zu labeln, würde immerhin eine Wertschöpfung bedeuten; meistens liegt es noch darunter.
Aber man muss auch sehen: Das Vorbeiziehen von Waren war immer eine Chance für wirtschaftliches Wachstum und wirtschaftliche Erneuerung und kann natürlich zusammen mit einem Nährboden für Kreativität auch die Grundlage für neue Ideen in der Wirtschaft sein. Aber dann denken Sie wirklich einmal an die neuen Ideen. Hören Sie nicht immer nur auf die Großen, die sichere Investitionen tätigen wollen – und auch tätigen. UPS tätigt natürlich eine Investition, die auf keinen Fall scheitert, sondern etwas bringt und die das Land dazu auffordert, hier mit hohen Infrastrukturkosten zu unterstützen. Das ist zunächst einmal auch legitim.
Aber denken Sie vor allem an Start-ups. Und damit meine ich echte Start-ups, nicht diese Spin-offs, die wiederum auf eine sichere Bank gehen, sondern die, die mit 95%iger Wahrscheinlichkeit scheitern werden. Deshalb brauchen wir hier Zehntausende solcher Idee und Firmen, damit Nordrhein-Westfalen langfristig davon profitieren kann.
UPS und Zalando sind an dieser Stelle wirklich nicht alles. Sie sind an dieser Stelle auch nicht das, worauf man schauen muss. Für Zalando gilt das erst recht nicht. Fragen Sie einmal bei kleineren Betrieben und bei der IHK nach. Das ist ein Schrecken für viele; aber okay.
Apropos Scheitern: Herr Klocke sprach noch die Bürgerbeteiligung an. Auch Bürger und Politiker mögen das Scheitern natürlich nicht. Das heißt aber auch, dass Bürgerbeteiligung nicht einfach nur ein Abstimmen über Projekte ist, zu denen dann Ja oder Nein gesagt wird – das ist immer das, was nach außen
Das hat Herr Klocke auch gesagt. Ich möchte aber noch hinzufügen: Möglichst früh müssen auch alle Projektpartner und die Politik mitgenommen werden, was Bürgerbeteiligung betrifft. Man muss sie langfristig daran gewöhnen und sie wirklich darauf einstimmen, dass diese Bürgerbeteiligung eben keine Endabstimmung ist, bei der es darum geht, ob alles scheitert oder nicht, sondern es sich dabei um einen ganz normalen Prozess handelt.
Das haben wir bei uns überhaupt noch nicht etabliert, glaube ich. Was neue bzw. stark umgewandelte Häfen betrifft, ist das für uns natürlich extrem wichtig. Es ist natürlich auch bei den Hafenanbindungen extrem wichtig für uns.
Wir werden wahrscheinlich weiterhin damit zu tun haben; denn bisher hatten wir alle sechs Monate etwas zu diesem Thema vorliegen, und ich glaube, dass es mit dem Hafenkonzept an dieser Stelle tatsächlich nicht gegessen ist. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bergmann, ich wollte mich noch einmal an Sie wenden. Ich glaube, auf zwei Dinge können wir uns sogar verständigen. Das eine ist die Ehrlichkeit über alle Ebenen hinweg. Ich gebe zu, dass ich in dieser Sache durch den Bereich geprägt bin, aus dem ich komme – aus dem Rheinland.
Da stelle ich eben fest, dass die Inhalte der Reden, die hier zur Notwendigkeit von Infrastruktur gehalten werden, nicht immer bis unten geteilt werden und dass wichtige Infrastrukturprojekte wie der Godorfer Hafen und viele andere Dinge, zum Beispiel der Nachtflug, vor Ort infrage gestellt werden. Ich glaube, wenn wir Glaubwürdigkeit in der Politik haben wollen, ist es ganz wichtig, dass die Reden über die Ebenen hinweg übereinstimmen.
Natürlich gibt es immer unterschiedliche regionale Interessen von Einzelnen. Aber genauso, wie wir am Ende die Bürgerinitiativen mitnehmen und irgendwann mit Mehrheit entscheiden müssen, müssen wir irgendwann auch einmal sagen, welche Linie wir haben. Wenn von einzelnen Parteien hier andere Reden gehalten werden, die Landesregierung beschimpft wird und gleichzeitig dieselben Vertreter vor Ort etwas anderes tun, dann wird es schwierig.
Deshalb habe ich Sie nicht persönlich gemeint, weil Sie ja da gar nicht betroffen sind, sondern ich weise darauf hin: Lassen Sie uns gemeinsam ehrlich über
die Ebenen sein; denn es versteht kein Mensch mehr, wenn alle Parteien alles Mögliche auf allen Ebenen erzählen und keiner mehr weiß, was gemeint ist.
Das ist Punkt eins: Ehrlichkeit über die Ebenen. Das sollten gerade die manchmal so vehement auftretenden verkehrspolitischen Sprecher von FDP und CDU im Land mit berücksichtigen, wenn sie loslegen. Ich kann ja Flughafen und Hafen hier locker als Beispiele bringen.
Das zweite Thema ist nun wirklich eines, worauf wir uns auch verständigen sollten. Der Minister und auch die SPD-Fraktion haben zu Recht klargemacht: Wir brauchen Bodewig III. Es kann von mir aus auch Fritz Müller III sein. Das ist egal. Aber was wir brauchen, ist eine parteiübergreifende Kommission, die sich mit der Frage beschäftigt, wie wir unsere Planungsprozesse beschleunigen.
Denn es ist absolut undenkbar, lieber Herr Fricke, mit den Menschen in Lülsdorf über den Hafen Lülsdorf oder den Hafen Godorf und über Brückenprojekte zu reden, von denen wir wissen, dass sie, wenn alles gut geht, wenn es keine Probleme gibt, mindestens zwölf oder 13 Jahre in der Planung brauchen.
Das heißt: Für neue Autobahnen und neue Brücken brauchen wir über ein Jahrzehnt. Das ist ein Beleg für eine Vorruhestandsgesellschaft, aber nicht für eine Gesellschaft, die noch etwas will. Wie will man Kindern und Jugendlichen in diesem Land erklären, dass man für bedeutende Projekte 15 oder 20 Jahre braucht? Für den Lückenschluss der A1 brauchen wir 40 Jahre. Und wie viele Planungsprojekte für Bundesstraßen haben wir, die 40 Jahre dauern? Die lassen sich auch nicht so einfach zuweisen: Schuld ist die FDP, schuld sind die Grünen, schuld ist die SPD oder die CDU. Nein, oft ist das Problem, dass die Planungsprozesse so schwierig sind.
Und wenn dann die falschen Leute an der falschen Stelle sind, dann gibt es wieder irgendein Problem. Das kann man, Herr Hovenjürgen, jetzt wieder ganz platt machen und es einfach zuweisen. Das ist aber zu billig und zu einfach.
Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass wir gemeinsam überlegen, wie wir die Planungsprozesse deutlich beschleunigt bekommen und trotzdem sichergestellt kriegen, dass eine Bürgerbeteiligung stattfindet. Aber ob das in so einer Phase sein muss, in dieser epischen Breite von 20 Jahren, wage ich zu bezweifeln.
Ich glaube, das parteiübergreifend anzugehen, ist eine Voraussetzung. Es reicht nicht aus, hier zu sagen: Wir schaffen jetzt Wirtschaftswachstum, weil wir ein Hafenkonzept haben; jetzt sorgen wir dafür, und jetzt muss das Land das umsetzen. – Sie alle wissen, wie komplex die Verfahren sind. Die Unternehmen könnten hier Litaneien aus den Planungen anführen.
Und dann haben die Gerichte in unserem Land auch noch eine Verantwortung. Man sollte sich einmal die Planungsgeschichte des Godorfer Hafens ansehen. Zuerst wurde gesagt, die Bezirksregierung solle die ganzen Genehmigungsverfahren bündeln. Dann wurde das gemacht. Zehn Jahre später wurde dann von einem anderen Richter festgestellt: Bitte nicht bündeln, sondern alle wieder einzeln. – Wahrscheinlich wird in zehn Jahren, wenn es erneut weitergeplant ist, wieder das Gegenteil verlangt sein.
Das heißt: In der Art und Weise, wie wir Prozesse planen, in der Geschwindigkeit, wie wir sie planen, in der Frage, wie die staatlichen Ebenen agieren, sind wir schlicht schlecht. Deshalb können wir dem Bürger das auch schlecht verkaufen. Wenn wir denjenigen, die auf der Empore sitzen, sagen, dass eine Straße kommt, dann sagen wir ihnen in Wahrheit, dass sie in 15 Jahren kommt. Wer weiß, wer dann von uns überhaupt noch hier sitzt oder wer etwas anderes macht und wer das überhaupt erlebt? Vielleicht fällt man auch vorher tot um und ist gar nicht mehr dabei. So kann man in einer modernen Gesellschaft nicht arbeiten.
Deshalb, Herr Bergmann, zum Schluss: Die Frage der Gemeinsamkeit über die Ebenen und die Frage, wie wir gemeinsam Planungsprozesse beschleunigt und die von Arndt Klocke zu Recht benannte Bürgerbeteiligung sichergestellt bekommen, sind Aufgaben, die wir parteiübergreifend lösen müssen. Es gibt viele andere Dinge, bei denen wir uns notfalls auch mal richtig einen geben können. Aber an dieser Stelle erwartet die Bevölkerung, dass wir einen vernünftigen Vorschlag machen. Ich wäre froh, wenn wir das gemeinsam hinbekämen. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist, glaube ich, bislang so noch nicht vorgekommen, dass ich mich hier vorne hinstelle und den letzten Sätzen des Kollegen Ott ausdrücklich zustimme. Das haben wir noch nicht gehabt. Das ist etwas Neues.
Es geht darum, dass es eine gemeinsame Aufgabe sein muss, Handlungsfähigkeit wieder herzustellen. Das bedeutet ein neues Austarieren von Allgemeinwohl und Individualrecht. Ich sage bewusst: ein neues Austarieren. Es kann nicht richtig sein, dass alleine aufgrund der Verfahrensdauer in der Mitte des Verfahrens die Planrechtfertigung neu überarbeitet werden muss, weil sich die Realitäten geändert haben, und wir dann einen Kreislauf fahren – Verfahren, Planrechtfertigung, neue Planrechtfertigung, neues Verfahren usw. Das kann nicht sein. Da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu.
Herr Minister, Sie haben Ja zum Logistikstandort NRW gesagt. Dem – das hat mein Kollege Christof Rasche deutlich gemacht – stimmen wir zu. Logistik ist mehr als nur Gabelstaplerfahren, Umladen oder Spedition. Logistik heißt Wertschöpfung. Das ist zukunftsorientiert – auch im globalen Rahmen. Darauf müssen wir uns einstellen. Auch dem stimmen wir ausdrücklich zu.
Der Kollege Klocke hat eben im Zusammenhang mit der Diskussion um regional bedeutsame und landesbedeutsame Häfen ausgeführt, das seien Wortspielereien. Nein, es sind keine Wortspielereien. Leider zeigt sich hier ein Interessenkonflikt innerhalb der Koalition. Den Kollegen der SPD hat es ja den Atem genommen, dass hier bestätigt worden ist, dass wir beim Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen Schlusslicht sind. Das macht ja auch die Kollegen der SPD betroffen. Das muss man doch einmal ganz nüchtern sehen. Auch die Kollegen der SPD sagen: Wir müssen Handlungsmöglichkeiten eröffnen, weshalb auch kleine Häfen Entwicklungsmöglichkeiten haben müssen.
Das scheint im Moment anders zu sein. Ich kenne den Landesentwicklungsplan ja noch nicht. Sie haben ihn ja wohl heute vorgestellt. Das, was dabei endgültig herausgekommen ist, ist super für Rechtsanwälte, Herr Minister. Ich weiß; Wirtschaftsförderung stellen wir als FDP-Fraktion uns immer etwas anders vor als Sie. Das muss man natürlich auch sagen.
Bislang war es eigentlich so, dass die großen landesbedeutsamen Häfen Entwicklungsmöglichkeiten haben sollen und dass sie auch planerisch mit gesichert werden sollen, wohingegen es sich letztendlich bei den kleinen Häfen mehr oder weniger auf Bestandsschutz reduziert.
Da sagen eben die Grünen mit den Worten von Kollegen Klocke: Wir wollen das nachhaltig sehen; wir müssen wieder Flechtenrückzugsräume haben; wir wollen nicht weitere Flächen in Anspruch nehmen; usw. – Er gibt sich mit dem Bestandsschutz zufrieden.
Wir sagen eindeutig Ja zu Entwicklungsmöglichkeiten, auch zu den Nischen; denn das sind ja manchmal – so nennen Sie das immer in Ihren Anglizismen – Hidden Champions. Das sind ja manchmal Spezialhäfen, die durchaus eine hohe Bedeutung haben. Deswegen: Gebt auch den kleinen Häfen Freiheit und Entwicklungsmöglichkeiten, und begrenzt sie nicht.
Dann sagt Kollege Fricke oder Kollege Bayer: Man muss auch hier im LEP Prioritäten setzen. – Das kann man. Es geht doch gar nicht darum, jeden kleinen Hafen zeichnerisch darzustellen. Es würde reichen, wenn in der textlichen Darstellung die Zielformulierung stehen würde: Häfen müssen aufgrund der Diversifizierung in Nordrhein-Westfalen Entwicklungsmöglichkeiten haben.
Dann hätten wir die komplette Diskussion nicht gehabt, und wir hätten die Chancen nutzen können. Die Kommen hätten vor Ort azcg eine bessere Möglichkeit gehabt, hier im Sinne des Wirtschaftswachstums und eines ökologisch-sozialen Ausgleichs zu handeln.
Das wären Möglichkeiten gewesen, die wir bislang leider nicht genutzt haben. Aber das ist erst einmal innerhalb von Rot-Grün ein Problem. Gleich wird vielleicht noch einmal versucht werden, das wortreich, mit zahlreichen blumigen Worten, zu verkleistern. Inhaltlich ist es so. Das haben wir in der letzten Ausschusssitzung auch gemerkt. – Ich danke.