Protokoll der Sitzung vom 07.07.2016

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin, bei Ihrer Rede ist mir bewusst geworden: Die Wirklichkeit an der Basis zur Kenntnis zu nehmen, scheint für einige Politiker etwas schwierig zu sein.

Die zweite Anmerkung ist: Sie wollen ein neues Gesetz. Sie haben schon oft etwas gewollt, aber anschließend nichts zustande gebracht. Das Wollen ist die eine Sache, das Können die andere.

(Beifall von der CDU und der FDP – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Deshalb ist Herr La- schet gar nicht erst gekommen!)

Meine liebe Frau Kollegin, Sie haben gesagt, man wäre sich einig gewesen. Wenn Sie sich doch einig waren: Warum warten Sie dann bis 2019 damit, ein vernünftiges Gesetz zu machen? Warum machen Sie es denn nicht jetzt?

Was die Wirklichkeit angeht, sollten Sie einmal das zur Kenntnis nehmen, was in der „Rheinischen Post“ über die KiTa Arche Noah steht, die vor dem Existenzverlust steht. Das sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen. Aber die Wirklichkeit ist nun einmal etwas Schwieriges für Rot-Grün. Das hören die nicht gerne.

Deshalb will ich, Herr Präsident, meine Damen und Herren, Ihnen Folgendes noch einmal ins Gebetbuch schreiben: Was hat Rot-Grün mit dem Kinderbildungsgesetz eigentlich gemacht?

Ein Gesetz, Frau Kollegin – das Zuhören ist nicht gerade Ihre Stärke –, das 2007 erstmalig in der Geschichte Nordrhein-Westfalens gemeinsam mit den Beteiligten im Kinderbetreuungsbereich – das sind die drei kommunalen Spitzenverbänden, die Spitzenverbände der sechs Wohlfahrtsverbände, zwei Landschaftsverbände und zwei Kirchen – entwickelt wurde! Ein gutes Gesetz, das das alte Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder, GTK genannt, ablöste, um die Vorgaben des Bundes, die mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz und dem Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz definiert wurden, zu erfüllen!

Das neue Kinderbildungsgesetz war dringend notwendig, weil rote und rot-grüne Vorgängerregierungen seit vielen Jahren die Belange und Bedarfe von

Familien und Kindern hier in Nordrhein-Westfalen einfach nicht beachtet haben.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

11.800 Plätze 2005 im U3-Bereich – das sagt doch alles über Ihr Nichtstun für Familien und Kinder!

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Meine Damen und Herren, erst mit dem neuen Kinderbildungsgesetz 2008 wurden die Chancen der Familien und Kinder in Nordrhein-Westfalen verbessert.

Und was hat Rot-Grün dann nach der Regierungsübernahme 2010 getan? Meine Damen und Herren, was haben Sie 2010 getan?

(Ingrid Hack [SPD]: Die Lage verbessert!)

Nichts! Nichts Vernünftiges! Sie haben zum Beispiel Ihr Versprechen gebrochen, indem Sie die Evaluierung der Kindpauschalen, der Pauschalen insgesamt bis heute nicht vorgenommen haben – die versprochen waren, Frau Kollegin. Versprochen – gebrochen!

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Die Bildungschancen und Qualitäten sind seit dieser Zeit – seit 2011 – mächtig nach unten gegangen. Darunter leiden besonders die Erzieherinnen und Erzieher – siehe zum Beispiel die Stellungnahmen der Berufsgenossenschaften – und natürlich unsere Kinder in besonderem Maße.

Meine Damen und Herren, heute sehen wir zum Teil dramatische Missstände. Wir stehen, regional unterschiedlich, vor dem Kitakollaps. Hilft die Landesregierung jetzt den Beteiligten? – Nein!

(Zuruf von der SPD: Doch!)

Sie hilft nicht. Rot-Grün hört ja nicht mal zu.

Frau Kollegin, was haben die Experten der Anhörung gesagt? Unsere Anträge wurden von allen Experten befürwortet und als richtig empfunden.

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD: Nein!)

Anscheinend waren Sie nicht da, oder Sie haben nicht zugehört. Ich hatte eingangs ja schon etwas zu Ihrer Schwerhörigkeit gesagt.

Haben Sie denn die Brandbriefe nicht bekommen? Kriegen Sie gar keine Post mehr? Also, bei uns kommen Brandbriefe massenhaft an. Anscheinend wird Rot-Grün in diesem Lande nicht mehr wahrgenommen, wenn Sie keine Post mehr kriegen.

(Beifall von der CDU)

Die willkürlichen Interpretationen in diesem Hohen Hause, wie sie die Kollegin gerade wieder für die Anhörung vorgenommen hat, gehen einem allmählich

auf den Wecker. Das, was Sie wiedergeben, ist doch nicht mehr die Realität.

Meine Damen und Herren, Rot-Grün hat ein Versprechen gebrochen. Mit dem Ausbau neuer Kindergartenplätze in großem Stil sollte zeitgleich deren Qualität verbessert werden. Dieser zweite Schritt ist von dieser ideologisch geprägten rot-grünen Regierung abgesagt worden.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Zurufe von der SPD: Och!)

Was ist unter Rot-Grün geschehen? – Seit der Regierungsübernahme 2010 hat Rot-Grün die Prioritäten im Kinderbetreuungswesen verändert: weg von der Qualität, weg von der auskömmlichen Finanzierung hin zu einer ideologisierten, bevormundenden Symbolpolitik, hin zu einer Diffamierung eines guten CDU/FDP-Gesetzes, hin zu einem systematischen Kaputtsparen und Kaputtreformieren eines guten Kinderbildungsgesetzes.

(Beifall von der CDU – Zurufe von den GRÜNEN)

Diese rot-grüne Landesregierung hat ein gutes Gesetz ideologisch bewusst ausbluten lassen,

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

es ständig schlechtgeredet und es durch drei Novellierungen, Qualitätsabbau und nicht auskömmliche Finanzierung an die Wand fahren lassen.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Die Anhörungen haben doch ergeben – lesen Sie bitte! –: Die Struktur des Gesetzes trägt; es ist nur zu wenig Geld im System. – Und da verweigern Sie sich seit 2011.

(Beifall von der CDU – Ingrid Hack [SPD]: Wer hat diese Struktur denn gemacht? Es ist un- glaublich!)

Sie von Rot-Grün haben die Situation in den Kitas mit jeder Gesetzesinitiative – 2011, 2014 und auch heute – verschlechtert.

(Widerspruch von der SPD)

2011 haben Sie Wahlgeschenke verteilt, statt wie versprochen die Auskömmlichkeit mit der Anpassung der Kindpauschale und der Anpassung des Dynamisierungsfaktors zu sichern. 2011 begann der Qualitätsabsturz.

In der zweiten Stufe, 2014, haben Sie weitere Sondertöpfe geschaffen, die keine Entlastungen, sondern Mehrarbeit und damit einen Qualitätsverlust zur Folge hatten. Die Sondertöpfe hatten von Anfang an den Fehler, dass sie nicht ausreichend waren und wegen der mangelnden Dynamisierung seit 2014 ständig einen Qualitätsabbau beinhalteten.

Und heute, 2016, wieder Stückwerk! Träger, Erzieherinnen und Erzieher, Eltern und Kinder erfahren mit diesem Gesetz in den nächsten Tagen wieder Benachteiligungen, und das mit steigender Tendenz. Die finanzielle Situation ist nach wie vor dramatisch. Bei den Trägern werden in den nächsten vier Jahren 400 Millionen € Kreditaufnahme notwendig, oder es müssen Einsparungen erfolgen. Und zu wessen Lasten geht das wieder? – Auf die Knochen der Erzieherinnen und Erzieher und damit der Qualität!

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Sie verschlimmern die pädagogische Qualität in unseren Einrichtungen tagtäglich.

Der VBE hat in seiner Presseerklärung vom 28. Juni 2016 Folgendes dazu mitgeteilt – ich zitiere –:

„Leider reichen die Steigerungen längst nicht aus, damit sich Erzieherinnen ausreichend um die kindlichen Bedürfnisse kümmern können.“

(Andrea Asch [GRÜNE]: Das ist Ihre Verant- wortung!)

Meine Damen und Herren, das ist Note 6, schlimmer geht es nicht. Das ist fatal. Rot-Grün allein trägt die Verantwortung dafür. Machen Sie endlich eine fachlich und sachlich begründete Politik zum Wohle der Kinder hier in Nordrhein-Westfalen! – Danke.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Für die Fraktion Die Grünen spricht Frau Kollegin Asch.