Liebe Piraten, Sie haben ein Problem richtig erkannt – ein Sternchen dafür –: Die Systemdienlichkeit der Stromverbraucher ist ein wichtiger Aspekt. Die Netze müssen entlastet werden, und die Stromverbraucher sollen eben auch eine Speicherung übernehmen bzw. Strom liefern, wenn das Netz es erfordert.
Aber – und das ist ein wichtiger Kritikpunkt – Sie beziehen es ausschließlich auf Bürgerenergie. Ich möchte nicht sagen, dass Bürgerenergie nicht wichtig ist – dazu habe ich eben schon kurz etwas gesagt –, aber der reine Bezug auf die Bürgerenergie ist zu kurz gegriffen und nimmt die Falschen zuerst in die Pflicht.
Sie fordern eine Regelung der Netzentgelte – so weit, so gut –, aber Sie fordern dann auch Anreize für die
Ich finde es – ehrlich gesagt – sehr kurios, dann nur die Bürger in die Pflicht zu nehmen. Dabei haben wir ein viel größeres Potenzial beim Lastmanagement, in der Industrie und in der Wirtschaft die Erzeugung und den Verbrauch nach dem Markt auszurichten. Dort ist man technisch schon längst auf dem Weg. Aber es fehlt genau an den genannten Anreizen. Diesen so richtigen Aspekt einfach außen vor zu lassen, finde ich etwas schwach von Ihnen, liebe Piraten.
Zum Antrag: Den Piraten ist nicht nur leider wenig eingefallen, sondern sie haben auch, wie ich – ehrlich gesagt – finde, schlecht recherchiert. Wir haben nämlich viele unterschiedliche Förderprogramme von Bund und Land für Speicher und andere Punkte, die Sie hier genannt haben. Wir haben eine sehr gute Übersicht auf dem Förder.Navi der Energieagentur NRW. Da ist ganz klar erkennbar, dass sich Förderprogramme ergänzen; denn NRW muss nicht dort Geld obendrauf legen, wo es von anderen Ebenen schon längst Geld gibt.
Ein weiterer Punkt: Sie erwähnen in Ihrem Antrag eine Förderung aus Baden-Württemberg für ein virtuelles Kraftwerk in Höhe von 400.000 €. Wir haben jetzt in Nordrhein-Westfalen einen Wettbewerb beendet, der zu weiteren virtuellen Kraftwerken führen wird, in einem Volumen in Höhe von 30 Millionen €.
Dann sagen Sie, so etwas fehlt in Nordrhein-Westfalen. Da ist also noch ein bisschen nachzujustieren. Ganz klar ist: Bei dem Wettbewerb für dieses virtuelle Kraftwerk in Nordrhein-Westfalen besteht die Zielgruppe aus Unternehmen, aber auch aus Konsortien unterschiedlicher Art. Ein solches Förderprogramm fehlt also in NRW nicht, sondern es existiert längst.
Ich freue mich trotzdem auf die Diskussion im Ausschuss darüber, wie wir auf die Bundespolitik dahin gehend einwirken können, die Demokratisierung der Energieversorgung nicht weiter zu torpedieren, aber auch darüber, wie wir die Vorteile, die unsere Wirtschaft in NRW hat, mitnehmen können. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Deutschland und auch in Europa haben wir uns aus Gründen des Klimaschutzes zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 die Treibhausgasemissionen um mindestens 80 % zu reduzieren. Die Energiewende im Stromsektor soll durch zwei wesentliche Bausteine erreicht werden: die Abschaltung aller Kernkraftwerke bis
Ende 2022 und den Ausbau der erneuerbaren Energien auf 80 % der Stromversorgung bis 2050. Aktuell liegt der Anteil der erneuerbaren Energien bei rund 30 %.
Das stellt uns bereits jetzt und vor allem in der Zukunft vor neue Herausforderungen bei der Systemintegration und der Gewährleistung von Versorgungssicherheit; denn der Strom aus erneuerbaren Quellen wird größtenteils durch Onshore- und OffshoreWindkraftanlagen sowie durch Solaranlagen ins öffentliche Netz eingespeist. Beide Systeme sind jedoch vom Wetter abhängig.
Angesichts des wachsenden Anteils erneuerbarer Energien, die solchen Schwankungen unterliegen, muss unser Stromsystem flexibler werden, damit die System- und Versorgungssicherheit weiterhin gewährleistet wird. Derzeit wird Versorgungssicherheit maßgeblich durch fossile Kraftwerke – durch Braunkohle-, Steinkohle- und Erdgasverstromung – gewährleistet.
Der angestrebte steigende Anteil erneuerbarer Energien erfordert jedoch zunehmend weitere Lastmanagementmaßnahmen, nämlich den Ausbau von Speichern und von Demand-Side-Management, also eine intelligente Laststeuerung. Die Zukunft liegt neben der zentralen Stromerzeugung vermehrt auch in der Zusammenschaltung von dezentralen Verbrauchern und Erzeugern in virtuellen Kraftwerken durch intelligente Netze und Speicher. Die Digitalisierung im Energiesektor ermöglicht hier erhebliche Potentiale, die es auszuschöpfen gilt.
Meine Damen und Herren, mir war es wichtig, diese Ausgangslage deutlich zu beschreiben; denn der hier zur Beratung stehende Antrag der Piraten greift das Thema zwar auf, aber in der vorliegenden Form wird er der Komplexität des Themas – dem Stromsektor – nicht gerecht. Zunächst verheddert man sich bei dem Antrag zu sehr im Klein-Klein. Dass es – ich zitiere aus dem Antrag – „im Wesentlichen drei Rechtsformen für Bürgerenergieprojekte“ gibt, ist zwar schön zu wissen, tut hier aber nichts zur Sache.
Für das von Ihnen geforderte Förderprogramm nach dem Vorbild des virtuellen Kraftwerks Neckar-Alb sehe ich, genauso wie die Kollegen vor mir, keinen Bedarf.
Anscheinend – der Kollege Hovenjürgen hat auch schon darauf hingewiesen – ist es Ihnen entgangen, dass der Bund bereits das Programm „Schaufenster intelligente Energie“ aufgelegt und mit 230 Millionen € ausgestattet hat. Davon profitiert auch ein virtuelles Kraftwerkprojekt in Nordrhein-Westfalen.
Auch das Dogma der Dezentralisierung und Demokratisierung der Energieversorgung, das Sie wie eine Monstranz vor sich hertragen, versperrt eher den Blick auf die wichtigen Dinge.
Letztlich machen Sie in Ihrem Antrag nicht deutlich, welche ganz konkreten Handlungsnotwendigkeiten bestehen und wie Sie diese anpacken wollen. Dabei sind wir uns im Ziel doch eigentlich einig: Die Flexibilisierung des Energieverbrauchs muss gefördert werden. Das flexible Anbieten gesicherter Leistungen muss ausreichend honoriert werden, sodass Anbieter und Verbraucher auf Marktpreissignale reagieren können.
Mit einem solchen marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmen könnten wir auf Kapazitätsmärkte und das EEG verzichten. Leider hat die Bundesregierung die Chancen, die das Strommarktgesetz oder das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende eröffnet haben, nicht genutzt.
Auch die aktuelle Netzentgeltsystematik steht diesem Ziel noch entgegen. Es kann doch nicht sein, dass Betriebe weiterhin durch höhere Netzentgelte bestraft werden, wenn sie das Netz entlasten, etwa weil sie bei einem hohen Ökostromangebot zusätzliche Verbraucher einschalten.
In der jetzigen Form halten wir Ihren Antrag für nicht zustimmungsfähig. Der Überweisung an die zuständigen Ausschüsse stimmen wir aber gerne zu. Das gibt Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, vielleicht auch die Gelegenheit, diesen Antrag noch einmal zu überarbeiten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Terhaag. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel in Vertretung für Herrn Minister Duin.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ohne Zweifel ist die fortschreitende Digitalisierung auch für die Energiewende eine große Chance. Ja, ich glaube sogar und bin sicher, dass die Digitalisierung, richtig angewandt, so etwas wie die Leitwährung eines neuen Energiesystems werden kann.
Allerdings darf die Digitalisierung nicht ohne Plan vonstattengehen. Man muss eine Vorstellung davon haben, wie ein Energiesystem, das vornehmlich auf erneuerbaren Energien basiert, gestaltet werden kann. Das ist also kein Selbstläufer, sondern man muss auch die entsprechenden Rahmenbedingungen vorgeben.
Dabei kommt es darauf an, eine klare Richtung zu haben. Es geht nämlich mitnichten darum, Systemintegration zu betreiben, sondern darum, zum richtigen Zeitpunkt ein neues System zu gestalten und es in den richtigen Zeitabläufen, auch hintereinander gestaffelt, voranzubringen.
Also, es reicht nicht aus, alte Kraftwerke durch erneuerbare Kraftwerke zu ersetzen, sondern man muss das ganze System sowohl auf der Verteilnetzebene als auch auf der Hochspannungsnetzebene betrachten. Da ist das Ganze nicht so widerspruchsfrei, wie es die Piraten in ihrem Antrag dargestellt haben.
Klar ist, wir brauchen Flexibilisierung. Wir brauchen auch mehr Dezentralität, und in der Tat werden die dezentralen Verbraucher mehr und mehr zu Produzenten. Aber gleichzeitig muss natürlich bedacht werden, dass wir sowohl im Speicherbereich als auch im Verbrauchsbereich nach wie vor auch große Abnehmer und große Optionen brauchen, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Hier sind noch viele Arbeiten zu leisten.
Wir sind nicht der Meinung, dass die Digitalisierung allein die Partizipationschancen der Bürgerinnen und Bürger vorantreibt, sondern Digitalisierung kann auch helfen, in Zukunft große Verbraucherinnen und Verbraucher versorgungssicher auch am wirtschaftlichen Leben teilhaben zu lassen und Produktion sicherzustellen. Dafür sind aber noch wesentliche Voraussetzungen zu erfüllen.
Im Übrigen – wir haben es bereits mehrfach diskutiert – hätte das neue EEG, das ab 1. Januar 2017 gilt, in der einen oder anderen Frage, gerade wenn es um Bürgerenergieprojekte geht, mehr möglich machen können. Aber auch jetzt sind für die Bürger einige Optionen vorhanden, wie beispielsweise Solarstromprojekte unter 750 kW mit Fotovoltaikanlagen auf den Weg zu bringen oder sich an Windenergieparks zu beteiligen. Lassen Sie uns abwarten, welche Chancen hieraus wahrgenommen werden!
Hinsichtlich der virtuellen Kraftwerke, also dem Zusammenschluss dezentraler Anlagen in Verbindung mit flexiblen Lasten und Speichern, ist die Landesregierung bereits unterwegs. Mit unserem EFRE NRW-Klimaschutzwettbewerb „Virtuelle
Kraftwerke.NRW“ fördern wir daher neuartige, umsetzungsorientierte Projekte in Nordrhein-Westfalen. Die erste Antragsphase ist bereits abgeschlossen. Die Bewilligung wird spätestens im Februar 2017 abgeschlossen sein. Der zweite Call, der in die zweite Stufe des Wettbewerbs einleitet, wird Anfang 2017 starten.
Über die Speichertechnologien haben wir in der letzten Debatte des Landtags sehr ausführlich gesprochen. Auch da gibt es Widersprüche. Volkswirtschaftlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es nicht sinnvoll, eine dezentrale Struktur von Speichermöglichkeiten zu haben. Das ist zwar für den einzelnen in der Garage oder im Keller möglicherweise interessant, aber für die Gesamtökonomie wäre es besser, an zentralen Stellen größere Speicheroptionen – auch zur Netzstabilität – zu haben.
Hier ist der Konflikt über die notwendigen Rahmenbedingungen auf Bundesebene noch nicht entschieden.
Wir haben auch hier im Rahmen des Leitmarktwettbewerbs EnergieUmweltwirtschaft.NRW in Ergänzung des KfW-Programms verschiedene größere Speicheroptionen vorgesehen und hoffen, Projekte auf den Weg zu bringen, die uns zeigen, wie Rahmenbedingungen zukünftig gestaltet werden sollen.
Von Ihrem Antrag bleibt also die Forderung nach der Reform der Netzentgeltregelung, um den Betrieb netzdienlicher Bürgerenergieanlagen anzureizen. Hier sind allerdings technische Voraussetzungen nötig, insbesondere Leistungszähler, die im Viertelstundentakt die abgenommene Leistung messen. Hier ist es erst notwendig, einen Rollout zu bekommen, um die entsprechende Reform anzuschließen. Die Voraussetzungen, um genau das zu tun, sind noch nicht vorhanden. Deshalb bleibt es abzuwarten, wie und in welcher Weise die technischen Voraussetzungen auf den Weg gebracht werden. Das ist ein diskussionswürdiger Punkt.
Ansonsten sind aus Sicht der Landesregierung die von Ihnen angesprochenen Punkte auf dem Weg. An der einen oder anderen Stelle könnte mehr politischer Druck helfen, die Rahmenbedingungen in Berlin anders zu gestalten. Aber jetzt müssen wir mit den Rahmenbedingungen arbeiten, die Bundestag und Bundesrat beschlossen haben, und das tut die Landesregierung Nordrhein-Westfalen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Die Landesregierung hat ihre Redezeit um 51 Sekunden überschritten. Aber die Piratenfraktion hat ohnehin noch Redezeit, und Kollege Schmalenbach hat sich noch einmal gemeldet.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Minister Remmel sagte, man muss eine Vorstellung davon haben, wo es hingeht, und das gesamte System betrachten.
Ja, Herr Minister Remmel, und genau das ist das Problem in dieser Diskussion. Wir betrachten das Netz von morgen tatsächlich nicht mehr als ein Netz in einer Sterntopologie, in der Großkraftwerke bis in die entferntesten Regionen kleine Abnehmer versorgen.
Vielmehr betrachten wir das Netz von morgen als ein vermaschtes Netzwerk, in dem sich überall in einzelnen Parzellen Verbraucher und Anbieter ungefähr die Waage halten und Parzellen drumherum aushelfen, wenn mehr Leistung gebraucht wird. Das heißt, wir betrachten das Netz von morgen ganz anders, als Sie das tun. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht.
Darauf aufbauend sagen Sie, volkswirtschaftlich seien dezentrale Speicher nicht sinnvoll. Ich hoffe, Sie meinen, dass sie aktuell zu teuer sind. Ansonsten kann ich meinen Plan tatsächlich nur realisieren, wenn die Speicher wirklich überall vorhanden sind, und nicht, wenn wieder irgendwo riesige, fette Investitionen von dicken Firmen erfolgen.
Herr Thiel sagte sinngemäß, er hätte noch viele Fragen. Ich finde es gut, wenn ich die SPD dazu bringe, sich Fragen zu stellen.