Protokoll der Sitzung vom 01.12.2016

Abschließend möchte ich noch einmal sagen: Wir brauchen nicht unbedingt eine Taskforce, die in der Pflicht ist. In der Pflicht sind die Landesregierung, das zuständige Ministerium und die Ministerpräsidentin, wenn sie wirklich kein Kind zurücklassen will. – Danke schön.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Bunse. – Für die Fraktion der Grünen spricht Frau Kollegin Beer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Dr. Stamp, man fühlt sich herausgefordert, wenn Sie den Kollegen solche Fragen stellen. Wenn man sich in dem Thema auskennt, dann weiß man, dass sich das Ganze im Grunde schon erledigt hat, weil die Weiterbildungs

einrichtungen in diesem Land auch Migrantinnen mitqualifizieren und zusehen, dass sie in den Dienst einbezogen werden. Viele Migrantinnen – auch die geflüchteten – sind dabei und bieten sich an.

Es ist aber auch ganz richtig, was Frau Dr. Bunse gesagt hat: Es ist darauf zu schauen, ob die pädagogische Haltung und das pädagogische Know-how vorhanden sind. – Das ist ganz wichtig; denn wir wollen wissen, wer dann mit unseren Kindern wie umgehen kann. Daher ist Ihre Forderung sehr undifferenziert und verdeutlicht, dass die Sachkunde da eben nicht vorhanden ist, Herr Dr. Stamp.

Das Zweite: Sie haben gestern im Rahmen der Haushaltsberatungen kritisiert, dass das den Kommunen – es ging um die Kommunalen Integrationszentren – zu starr aufgepfropft worden sei. Andere Länder beneiden uns um diese Struktur – die Kommunalen Integrationszentren – in den Kommunen. Das ist 52-mal eine Taskforce. Die kümmert sich gemeinsam mit anderen Institutionen. Deswegen ist die Forderung, eine Taskforce einzurichten, wirklich obsolet.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie haben gestern erklärt, dass wir vor allem kneifen würden, wenn es um Geld im Haushalt geht. Sie nehmen nicht zur Kenntnis, was diese Landesregierung auf der Grundlage und im Rahmen des Integrationsplans an allen möglichen Ecken investiert.

Es ist auch schon gesagt worden, dass jetzt mehr als 7.000 Lehrerstellen zusätzlich für die geflüchteten Kinder hinzugekommen. Diese kommen allen zugute. Allein für das Berufskolleg und die Weiterbildungskollegs sind 400 Stellen vorgesehen. Das muss doch einmal zur Kenntnis genommen werden. Allein ein solcher Satz, der gestern fiel, diskreditiert doch Sie und Ihren gesamten Vortrag.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ja, wir haben im Integrationsplan festgeschrieben: Jedes Kind und jeder Jugendliche in Nordrhein-Westfalen hat ein Recht auf Bildung. Auch diejenigen, die altersmäßig schon aus der Schulpflicht heraus sind, haben ein Recht auf Bildung. – Offensichtlich haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, was die Kollegin Stotz eben gezeigt hat. Das war eine Übersicht über die Wege für diejenigen, die nicht mehr schulpflichtig sind, damit sie wieder Anschluss an Bildungsprozesse finden bzw. grundqualifiziert werden.

In den Gesprächen zum Integrationsplan habe ich auch Folgendes gesagt: Wir erstellen keine Potemkinschen Dörfer, wie sie in Bayern aufgebaut worden sind. Da wurde die Schulpflicht ausgerufen, die aber nur für ca. 30 % der Betroffenen umgesetzt werden kann. 70 % werden gar nicht zur Schule zugelassen.

Des Weiteren gibt es keine Abschlussorientierung und keine Ergebnisorientierung, sondern die Vorbereitung auf eine Beschäftigung in irgendeiner Art und Weise. Nein, das machen wir qualifiziert anders.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir stehen zu dem Recht auf Bildung in NordrheinWestfalen, und wir ergänzen das ganz bewusst um die Entwicklung von Bildungsvereinbarungen. Das werden wir gemeinsam mit den Menschen verbindlich umsetzen, damit sie auf ihrem Weg durch die Bildungslaufbahn ein Bildungsportfolio mitnehmen können. Dabei sollen sie natürlich anstreben, eine Erwerbstätigkeit oder ein Studium aufzunehmen. So sollen alle Qualifikationen ausgeschöpft werden. Diese Ressourcen – das will ich noch einmal sagen – stellen wir umfänglich zur Verfügung.

Dass jetzt ein weiteres Angebot entwickelt worden ist und dazukommt, entspricht genau dem, was wir im Entschließungsantrag beschrieben haben. Wir

schauen uns die Prozesse an und entwickeln sie ausgerichtet an der Notwendigkeit weiter.

Schon bei den Beratungen zum Integrationsplan haben wir betont, dass die einjährigen Vorbereitungskurse in den internationalen Förderklassen nicht ausreichen, dass viele das zweite Jahr brauchen und man zum Teil Kurse vorschalten muss. Dabei geht es um die konsequente Weiterentwicklung. Denn die Berufskollegs sagen auch: Es ist nicht unser Auftrag, grundzuqualifizieren bzw. zum Teil grundzualphabetisieren. – Deswegen müssen andere Instrumente in das System eingewoben werden.

Kein Land ist im Rahmen der allgemeinbildenden Schulen, der Berufskollegs und Weiterbildungskollegs sowie der Weiterbildung insgesamt so breit aufgestellt wie Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN)

An dieser Stelle will ich meinen Kolleginnen und Kollegen danken, die sich auf unsere Initiative hin gemeinsam an die Bundesbildungsministerin gewandt haben. Damit haben wir erreicht, dass die Weiterbildungskollegs jetzt ihre Kompetenzen umfänglich einbringen können. Auf diese Weise können die Schulleitungen die Voraussetzungen prüfen. Das war eine gute gemeinsame Aktion, um alle Potenziale für geflüchtete Menschen in Nordrhein-Westfalen zu akquirieren – auch für die Frauen und diejenigen, die über 18 Jahre alt sind. Mit diesem umfänglichen Paket können alle vor Ort arbeiten.

Ihre Redezeit, Frau Kollegin.

Ich danke für Ihre Unterstützung.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Für die Fraktion der Piraten spricht Frau Kollegin Pieper.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal begrüßen wir prinzipiell diesen Antrag, weil er ein Thema aufgreift, das uns allen, wie ich glaube, sehr am Herzen liegt und über das wir sicherlich noch das eine oder andere Mal reden müssen bzw. wo auch noch etwas passieren muss.

Sie beziehen sich hier auf die Kampagne „Schule für alle“ der Flüchtlingsräte und weiterer Partner, welche die Probleme bei der Beschulung neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher zum Thema gemacht haben. Vielleicht sortieren wir an dieser Stelle noch einmal, um welche Schüler es geht.

Zum einen geht es um Kinder und Jugendliche, die bereits einer Kommune zugewiesen sind und nach unserer Rechtsprechung der Schulpflicht unterliegen. Trotzdem können ihnen in einigen Kommunen nicht unmittelbar Schulplätze angeboten werden. Das liegt an fehlenden Kapazitäten und ganz vielen anderen Gründen. Häufig hängt es mit Fahrkartenproblemen zusammen. Manchmal befinden sich die Plätze nicht in der Nähe der Wohnung. Es ist ein sehr komplexes Thema, über das man sicherlich reden muss. Gerade die Bezirksregierungen müssen noch intensiver mit den Kommunen zusammenarbeiten. Da muss etwas passieren.

An dieser Stelle muss ich Ihnen aber auch sagen: Ich möchte nicht, dass deutsche Kinder vormittags und Flüchtlingskinder nachmittags unterrichtet werden.

(Beifall von den PIRATEN und den GRÜNEN)

Auch wenn ich die Notwendigkeit sehe, halte ich das nicht für den richtigen Ansatz.

Ich teile auch nicht Ihre Auffassung, dass man als Akademiker automatisch Deutsch unterrichten kann. Ich habe Deutsch auf Lehramt – didaktisch, methodisch und pädagogisch – studiert. Wir sollten mehr darauf schauen, wer die entsprechenden pädagogischen Fähigkeiten hat, und nicht darauf, wer welchen Abschluss hat.

Nichtsdestotrotz gilt es natürlich, bei dieser Problematik zügig Abhilfe zu schaffen. Da sehe ich die Landesregierung durchaus in der Pflicht.

Ich freue mich sehr, dass die Landesregierung unserer Forderung nachgekommen ist und die Kommunalen Integrationszentren zusätzlich mit einer Stelle ausgestattet worden sind. Das war eine ganz wichtige Entscheidung, und der Weg ist richtig.

Eine neue Taskforce – das sagte Frau Dr. Bunse auch gerade – brauchen wir dafür nicht, dem würde ich zustimmen. Das liegt in der Zuständigkeit der Bezirksregierungen und der Kommunen. Wenn wir die besser unterstützen würden – das ist tatsächlich eine deutliche Kritik –, dann sollten wir das hinbekommen.

Wir sprechen aber auch über die Kinder und Jugendlichen, die in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht sind. Sie unterliegen nicht der Schulpflicht. Bis vor einem halben Jahr haben wir immer gesagt: Wir brauchen ein Bildungsangebot in diesen Einrichtungen; denn nach der Zuweisung gehen sie ja dann in eine Schule. – Das ist jetzt anders. Durch die Änderung des Asylrechts hat sich die Verweildauer auf möglicherweise ein halbes Jahr verdoppelt, und Asylbewerberinnen und -bewerber aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten bleiben bis zu ihrer Abschiebung in den Landeseinrichtungen.

Da sehen wir – ähnlich wie die FDP – tatsächlich eine Verpflichtung, ein Schulangebot zu machen. Dabei – das sehe ich schon etwas anders als Rot-Grün – geht es nicht darum, dass wir uns auf Ehrenamtliche verlassen, sondern ich meine, es gibt die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass alle Schülerinnen und Schüler

(Beifall von der FDP)

in dieser Situation Unterricht und ein Bildungsangebot bekommen.

Ein Problem habe ich ein bisschen mit der Schulpflicht, wenn ich sie synonym zu der Schulpflicht in anderen Bereichen benutze. Ich würde lieber von einem Schulrecht reden und sagen: Wer es braucht, soll das gerne tun.

Uns war es immer wichtig, zu betonen, dass ein Schulabschluss Vorrang vor einer Arbeit hat; das ist ja auch gerade von der FDP gesagt worden. Wir müssen darauf achten, dass wir nicht alle, die wir eben in den Ausbildungsmarkt bekommen, sofort in berufsvorbereitende Maßnahmen oder in den Beruf stecken. Wenn wir das Potenzial sehen, dass junge Menschen es auch schaffen würden, einen mittleren oder einen besseren Schulabschluss zu machen, dann halte ich das für die Zukunft einfach für den besseren Weg, als zu gucken, dass wir alle möglichst schnell in Arbeit bekommen.

Es ist gerade schon gesagt worden, Frau Löhrmann, dass es uns gelungen ist, den Brief an Frau Wanka zu schreiben, und dass das zum Erfolg geführt hat. Das freut mich außerordentlich.

Ich möchte auch noch etwas zu den Berufskollegs sagen: Ich finde es richtig und gut, dass wir versuchen, über die Berufskollegs geflüchtete Jugendliche an die Arbeitswelt oder auch an Schulabschlüsse heranzuführen. Aber es ist gerade zu Recht ausgeführt worden: Das Berufskolleg hat eigentlich gar

nicht die ausgebildeten Kollegen, um eine Grundbildung und möglicherweise sogar Alphabetisierung vorzunehmen. Wir müssen überlegen, wie wir damit umgehen, um auch diese Schulen nicht zu überfordern.

Alles in allem: Wir werden uns an dieser Stelle enthalten. Denn das eine oder andere ist ja nicht verkehrt in Ihrem Antrag.

Ein Satz noch zum Entschließungsantrag von RotGrün – das kennen wir –: Wir sind toll, und die anderen wissen nicht Bescheid. – Den werden wir natürlich ablehnen.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Pieper. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Löhrmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die doch in weiten Teilen differenzierte und konstruktive Diskussion. Das ist dem Thema angemessen, wie ich finde. Das Thema „Integration“ steht richtigerweise oben auf der Agenda von Landtag und Landesregierung. Der beschlossene Integrationsplan NRW weist uns hier den Weg und wird im Lichte der Erfordernisse weiterentwickelt.

Herr Dr. Stamp, Sie sagen allerdings, wir würden außer Phrasen nichts bieten. Angesichts der geschaffenen Stellen und angesichts der Gesamtsumme von 4,6 Milliarden €, die Nordrhein-Westfalen