Wir haben es Ihnen im Hauptausschuss in diesem Hause über lange Zeit während der Beratungen immer wieder gesagt: Der Landtag kann nicht ohne Änderung des Grundgesetzes das beschließen, was Sie hier beabsichtigen.
Herr Körfges, Sie selbst haben hier Bezug genommen auf eine rot-grüne, von der FDP seinerzeit sogar unterstützte Initiative im Landtag Niedersachsen. Was Sie nicht gesagt haben, war, dass das keine Gesetzesänderung war, sondern lediglich eine gemeinsame Initiative auf Bundesratsinitiative zur Änderung des Grundgesetzes. Daran hätten Sie sich orientieren sollen, statt hier einen Alleingang zu machen.
Meine Damen und Herren, das Wahlrecht darf kein Spielball parteipolitischer Einzelinteressen sein, …
… weil es einen Beitrag leisten muss zur Befriedung der Gesellschaft. Deshalb war es verantwortungslos, dass SPD, Grüne und Piraten ohne den Konsens mit CDU und FDP überhaupt eine solche Initiative hier ergriffen haben.
Ich bedanke mich ganz herzlich für die Möglichkeit, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen, und frage nach Niedersachsen: Bedeutet Ihre Ausführung zum Stimmverhalten der FDP Niedersachsen, dass Sie prinzipiell nach wie vor als FDP die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für Migrantinnen und Migranten begrüßen?
Das erklärt sich jetzt durch meinen zweiten Punkt, den ich dartun will. Denn die Entscheidung im Landtag Niedersachsen war Mitte 2015, also vor der Migrationswelle und dem, was wir danach Flüchtlingskrise genannt haben.
Nein, ich möchte jetzt mein zweites Argument darlegen, weil man gesehen hat, dass es Herrn Körfges interessiert.
Das erste Argument, Herr Kollege, war das verfassungsrechtliche. Wir lehnen diesen Gesetzentwurf aus migrations- und gesellschaftspolitischen Gründen ab. Wir wollen Integration und aktive Teilhabe. Wir begrüßen das Engagement von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Vereinen und Verbänden – übrigens auch in Parteien und Integrationsräten –, und seit vielen Jahren war die FDP auch für ein Wahlrecht für Drittstaatenangehörige. Herr Körfges, Sie haben am gestrigen Tag noch mal auf unser Wahlprogramm aus dem Jahr 2013 hingewiesen. Wir reden über eine Bundesratsinitiative aus Niedersachsen aus dem Jahr 2015, Mitte des Jahres.
deutlich verändert. Wir hatten eine Migrationswelle, die unseren Staat bis an den Rand des Organisationsversagens gebracht hat, und bis heute haben wir keine klare Regelung der Einwanderung.
Wir haben immer noch keine Kontrolle durch ein Einwanderungsgesetz. Das hätten Sie vorher mal machen sollen!
Wir haben unterdessen Sorgen hinsichtlich der Integration und Integrationsbereitschaft bei einem Teil
Und wir sind in einer Situation – das müssen Sie doch auch wahrnehmen! –, dass in unserem Land ein Kulturkampf droht zwischen denjenigen, die Weltoffenheit wollen, und denen, die für Abschottung plädieren.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Oh Gott! – Mi- chael Hübner [SPD]: Das kann doch nicht sein! – Torsten Sommer [PIRATEN]: Brand- stifter!)
In einer solchen Lage – keine Ordnung bei der Einwanderung, ungeklärte Fragen bei der Integration und politisch-kulturelle Irritation – diesen Gesetzentwurf vorzulegen, zeigt, dass Sie sich von den Realitäten im Land vollständig abgekoppelt haben.
Mit Verlaub, Kollege Körfges, ausgerechnet die SPD, die sich durch die Agenda 2010 und ihre Ergebnisse bestätigt fühlen könnte, macht eine Rolle rückwärts – ausgerechnet die SPD, die über Jahre in der Arbeitsmarktpolitik dazu gestanden hat und jetzt unter Martin Schulz nichts mehr davon wissen will.
Ausgerechnet von dieser SPD lassen wir uns keine Lektion in Prinzipientreue erteilen, Herr Körfges! Ausgerechnet!
Wir haben für die Neubewertung unserer Position in dieser Frage bessere Argumente als Sie für Ihre neue Arbeitsmarktpolitik.
Sie sind aber sehr nervös, Kollegen. – Ich will einen Satz sagen: Unsere Ablehnung dieses Gesetzentwurfs folgt …
(Torsten Sommer [PIRATEN]: Es ist ja schön, wenn Sie das Tariftreue- und Vergabegesetz auch noch einbringen können oder newPark! Der würde auch gut passen! – Gegenruf Chris- tof Rasche [FDP]: Qualifizierte Zwischenrufe!)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, dass der Kollege Lindner seine Ausführungen weiterführen kann.
Meine Güte, was ist das hier für eine Nervosität im Haus! Ihr habt doch alle gleich noch Redezeit und könnt noch darauf eingehen. Aber ihr müsst die Argumente aushalten, auch wenn sie euch nicht gefallen.
(Beifall von der FDP – Michele Marsching [PIRATEN]: Welche Argumente? Gibt es auch Argumente zum Thema?)
Könnt ihr nicht einfach mal kurz zuhören? Ist das nicht möglich? Was geben wir für ein Beispiel an Parlamentarismus ab, wenn die Grünen über den kernigen Zwischenruf hinaus permanent dazwischenquatschen, statt meine Argumente zu hören. Mannomann!
Mir liegt wirklich daran, noch einen Punkt vorzutragen, weil sich meine Fraktion ausdrücklich von der Ablehnung dieses Gesetzentwurfs seitens der CDU differenzieren will. Ich halte es für falsch, aus dem Drittstaatenwahlrecht sozusagen eine Lex Türkei zu machen und zu befürchten, dass dann überall die AKP- und Erdogan-Vertreter in den Räten sitzen.
Ich appelliere an die CDU, dieses Argument nicht weiter zu verwenden, weil es die Gefahr der Pauschalierung und Diskriminierung in sich trägt.