Protokoll der Sitzung vom 28.11.2012

und Sie wissen, dass ich recht habe. – Deshalb mutet es schon etwas seltsam an,

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

wenn Sie immer wieder versuchen, die Kosten für die Abwicklung der WestLB aus der Neuverschuldung des Landes herauszurechnen. Diese Lasten, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind ja nicht die Folge eines Meteoriteneinschlags, für den niemand etwas kann – nein, sie sind die Ursache ganz konkreter Entscheidungen führender SPD-Politiker in den 90er-Jahren.

(Beifall von der CDU)

Der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen zahlt heute und in Zukunft für das System Rau und Neuber. Deshalb sind es Ihre Schulden, sind es Ihre Lasten und ist das kunstvolle Hin- und Herrechnen keine seriöse Finanzpolitik, sondern kreative Buchführung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU wird dem vorliegenden Haushalt 2012 nicht zustimmen; denn er erhöht die Schuldenlast des Landes in unverantwortlicher Weise, er ist unter Missachtung der Rech

te des Parlamentes viel zu spät eingebracht worden, und er zeigt, dass die Landesregierung auch in Zukunft lieber Schulden machen als notwendige Strukturentscheidungen treffen will. Die Regierung Kraft hat die rote Laterne in der Finanzpolitik, und das hat seine guten Gründe. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Börschel das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Finanzminister hat bei der Einbringungsrede zum Haushalt 2012 nach der Landtagswahl davon gesprochen, dass drei Elemente diesen Haushalt konkret und die Finanzpolitik der rotgrünen Landesregierung allgemein kennzeichnen: zum einen, gezielt sparen zu wollen, zum anderen, gezielt in Zukunft zu investieren, und zum dritten, dies mit angemessenen Einnahmen zu kombinieren.

Wenn man all diese Dinge herunterbricht auf den Haushaltsentwurf, den wir heute zur abschließenden Beratung im Rund des Parlaments vorliegen haben, stellt man fest: Genau diese Punkte werden von diesem Haushalt erfüllt. Der Haushalt setzt die richtigen Schwerpunkte und bildet die nachhaltige und an Zukunftsinvestitionen orientierte Finanzpolitik der Regierung und der rot-grünen Koalition ab.

Ich will auf alle drei Punkte kurz eingehen und dafür Beispiele nennen.

Wir investieren gezielt in frühkindliche Bildung und Betreuung. Alleine 214 Millionen € werden wir mehr in diesen Bereich geben, und zwar allein in diesem Haushalt. Noch deutlicher sieht der Vergleich aus, wenn man einmal die ersten zwei Jahre Rot-Grün mit den ersten zwei Jahren Schwarz-Gelb vergleicht. Das ist immer eine schöne Zwischenbilanz, die man ziehen kann. 850 Millionen € mehr hat die rot-grüne Koalition im Vergleich zur schwarz-gelben nach zwei Jahren in diesem Bereich investiert. Das ist, glaube ich, ein gutes Zeichen.

(Beifall von der SPD)

Wir investieren gezielt in Bildung. Kleinere Lerngruppen, mehr individuelle Förderung, gemeinsamer Unterricht, Ausbau von Ganztagsangeboten sind nur einige der Punkte, die man in diesem Bereich nennen kann. Auch hier zeigt sich sehr eindrucksvoll, dass die rot-grüne Regierung richtige Schwerpunkte bei ihren Zukunftsinvestitionen setzt.

Dritter Punkt: Wir investieren gezielt in den Übergang von der Schule in den Beruf, und zwar mit einer Reihe von Förderangeboten. Dieser Bereich ist Kernbestand unserer Präventionspolitik. Alleine 70 Millionen € fließen in diesem Haushalt, ergänzt

um Mittel anderer, in diesen Schwerpunktbereich der Regierung und dokumentieren einmal mehr, dass präventive Politik, die wir hier setzen und leben wollen, wirklich eine Zukunft hat.

Wir haben viertens die Studiengebühren abgeschafft und den Hochschulen 124 Millionen € als Kompensationsmittel bereitgestellt. Damit investieren wir gezielt in den akademischen Nachwuchs, den wir dringend brauchen, allerdings ohne soziale Barrieren und ohne junge Menschen von einem Studium abzuhalten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist ein wichtiges Anliegen unserer Politik.

Wir investieren – und damit bleibe ich im Wissenschaftsbereich – gezielt zum Beispiel in die Medizinregion Ostwestfalen-Lippe durch Kooperation der Universitäten Bielefeld und Bochum mit den Kliniken in OWL, und zwar um mehr Medizinstudierende während ihrer Praxisphase in diese Region zu holen. Das ist ein wichtiger Beitrag, nachhaltig und finanziell verantwortbar, gegen Ärztemangel im ländlichen Raum. Auch hierfür schaffen wir erste Vorsorge und erste Möglichkeiten im Haushalt 2012.

Ich möchte nur am Rande sagen – wir werden dazu ja noch eine Debatte haben –: Die CDU hat diesen ersten Schritt, den wir zum Haushalt 2012 durch einen Änderungsantrag dokumentiert haben, glattweg abgelehnt, wie übrigens auch die FDP, und damit dokumentiert, dass sie kein Interesse an der Stärkung der Medizinregion Ostwestfalen-Lippe hat.

(Beifall von der SPD)

Wir haben gezielt in Rahmenmittel für das Teilhabe- und Integrationsgesetz investiert. Wichtige Weichenstellungen in der Integrationspolitik können wir vornehmen, indem 54 kommunale Integrationszentren geschaffen werden, die damit den Kern zum Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur bieten.

Auch da zeigt sich wieder ganz deutlich: Die Fraktionen der rot-grünen Landesregierung machen diese Schwerpunktaufgabe so, dass die Kommunen nicht im Regen stehengelassen, sondern gezielt unterstützt werden. Auch das ist ein wichtiger Beitrag für eine gezielte Zukunftsinvestition.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Um mit dem Bereich der Investitionen zu schließen, lassen Sie mich eines noch ganz deutlich sagen: Wir haben mit der Haushaltssanierung zulasten der kommunalen Kassen Schluss gemacht. Es war die schwarz-gelbe Regierung, die scharmlos angefangen und fortgesetzt hat, Landeshaushalte mit Raubzügen durch die kommunalen Kassen zu sanieren. Das haben wir beendet: 8,4 Milliarden € werden in diesem Jahr in die Finanzausgleichsmasse fließen, und es wird 8,1 Milliarden € Zweckzuweisung an die Kommunen geben. Beides ist ein Rekord und ein eindeutiges Zeichen dafür, dass wir

die Kommunen nicht alleine lassen und mit dem Raubzug in deren Kassen endlich Schluss machen. Auch das kann sich die Regierung ans Revers heften.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Zum Zweiten – das ist von Ihnen verschiedentlich angesprochen und auch kritisiert worden – stehen im Entwurf 750 Millionen € globale Minderausgaben. Diesen Teil werden wir erbringen können. Diese Sparanstrengung schafft die Regierung. Auch daran sieht man, dass trotz anwachsender innerer Dynamik hinsichtlich der Ausgabepositionen im Haushalt selbstverständlich auch konsolidiert wird und dieser Teil funktioniert.

Kommen wir drittens zur Einnahmenseite: Die Regierung kalkuliert mit 43,1 Milliarden € Steuereinnahmen. Damit sind wir erst heute wieder bei dem Niveau angelangt, das wir 2008 hatten. Das ist doch eine Wahrheit, der wir uns alle miteinander nicht verschließen können. Erst heute haben wir die Delle, die seit 2008 entstanden ist, wieder gerade eingeholt – und das, obwohl die innere Dynamik unseres Haushalts wie die Personalausgaben und andere Ausgaben mindestens auf Inflations- oder Tarifsteigerungsniveau ansteigen. Das heißt: Die Schere ist dort immer weiter auseinandergegangen, aber trotzdem ist es dieser Regierung gelungen, die Nettoneuverschuldung auf 4,2 Milliarden € zu drücken. Darin ist die WestLB-Milliarde enthalten. Bereinigt um diesen Sondereffekt haben wir also eine Neuverschuldung von 3,2 Milliarden € – und das, obwohl die schwarz-gelbe Regierung seinerzeit mit 6,6 Milliarden € noch mehr als das Doppelte geplant hatte. Ich finde, das kann die Regierung wirklich stolz dokumentieren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Uns ist klar: Der Weg zur Einhaltung der Schuldenbremse im Jahr 2020 wird schwer. Wir haben fest vor, diesen Weg zu beschreiten und zu gehen. Fakt ist aber auch: Bei der inneren Ausgabendynamik unserer Haushalte müssen wir auch gezielt auf die Einnahmenseite schauen. Wir müssen darauf achten, dass die Einnahmen zur Finanzierung der Staatsaufgaben dem entsprechen, was die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Staat erwarten.

Es sind ja keine rot-grünen Fantastereien, wenn es darum geht, den Staat dafür sorgen zu lassen, dass wir eine ausreichende Infrastruktur haben, dass wir gute Bildungs- und Betreuungsangebote haben, dass in frühkindliche Bildung investiert wird, dass wir eine ordentliche Wirtschafts- und Kulturpolitik haben und vieles mehr. Das ist das, was sich die Menschen im Lande von uns wünschen.

Dies wurde im Übrigen auch durch das Wahlergebnis von Mai dieses Jahres zum Ausdruck gebracht. Daran muss sich messen lassen, was sich der Staat an Einnahmen organisieren muss. Deswegen fordern wir dringend, dass die Bundesregierung hier

auch ihren Beitrag dazu leistet und nicht nur die Kommunen – das bleibt nach wie vor drängende Aufgabe –, sondern auch die Länder mit den Möglichkeiten ausstattet, die Einnahmen der Situation anzupassen, was die Bürgerinnen und Bürger von ihnen erwarten.

Damit muss man zu dem kommen, was die Oppositionsfraktionen zum Haushalt beigetragen haben.

Ich will mit der Fraktion der Piraten beginnen, die als einzige eine nennenswerte Anzahl von Änderungsanträgen in die Haushaltsplanberatungen eingebracht haben. Allerdings muss man feststellen: Sie haben hier recht nonchalant die Rolle der Linken übernommen.

(Lachen von den PIRATEN)

Von allem das Beste und davon am liebsten noch mehr – das ist sozusagen Ihr Credo bei diesen Punkten. Eine Million und eine Milliarde nach der anderen geben Sie aus, als hätten wir keine Schuldenbremse und als ob wir keine Schwierigkeit hätten, zur Schuldenbremse hinzukommen.

(Robert Stein [PIRATEN]: Sie haben ja keine ausgegeben! Wir wollen jetzt!)

Das ist im Grunde Ihr finanzpolitisches Ziel: immer nur mehr ausgeben, ohne zu sagen, wo man sparen soll. Dann bekennen Sie sich dazu, dass Sie die Schuldenbremse nicht interessiert. Das ist zumindest ein Profil, das sich die Piraten geben können.

Ansonsten bleiben von Ihnen, von der Fraktion, die sich Piraten nennt, oder von den Piraten, die sich Fraktion nennen – das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen –, finanzpolitisch nur ein paar Einzelne übrig, die Strafanzeige gegen den Finanzminister einreichen, weil er Steuer-CDs ankauft.

Leute aus Ihren Reihen schwadronieren, dass man zur Not auch ein paar Sparkassen pleite gehen lassen kann, weil man die Abwicklung der WestLB nicht im Haushalt berücksichtigen muss.

Dort, wo Sie wenigstens von den Gedanken her in die richtige Richtung gehen, ist es dann auch noch besser geklaut als selbst erfunden, nämlich zum Beispiel Ihre Gedanken zu dem Thema „Mehr Transparenz für die NRW.BANK“. Sie haben schon im Haushaltsausschuss gesagt, dass Sie viele der Grundüberlegungen, die Sie dort angestellt haben, aus einem Antrag der SPD aus der vorvergangenen Legislaturperiode entlehnt haben. Ich finde, das können Sie dann auch offen zugeben.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Dann machen Sie es doch, dann müssen wir es nicht einbrin- gen!)

Dort, wo Sie in die richtige Richtung denken, schreiben Sie auch noch ab. Das ist, meine ich, nicht die feine englische Art. Das muss man hier sagen.

(Beifall von der SPD)

Kommen wir zur FDP, die sich aus den Haushaltsberatungen gleich ganz herausgehalten hat.

(Robert Stein [PIRATEN]: Besser so!)

Dies ist auch eine Art, mit dem Haushalt umzugehen. Das Einzige, was Sie jetzt zustande gebracht haben, ist, einen schwächlichen, vor Allgemeinplätzen strotzenden Entschließungsantrag heute ins Parlament einzubringen. Wenn das der Beitrag der FDP zur Haushaltspolitik des Landes NordrheinWestfalen ist, dann ist mir um Ihre Zukunft noch mehr bange, als Ihnen selbst sein müsste.