Protokoll der Sitzung vom 28.11.2012

Der Kollege Orth hat uns Grünen im Innenausschuss mehrfach vorgeworfen, wir würden bei der Polizei Stellen einsparen wollen und – mehrere Anfragen des Kollege Lohn und anderen weisen darauf hin – bei der inneren Sicherheit Kahlschlag betreiben. Das nehmen wir zur Kenntnis. Das heißt,

bei der Polizei darf nicht gespart werden, sondern es müssen mehr Stellen bereitgestellt werden.

Herr Kollege Witzel hat noch letzte Woche Freitag gesagt, die Finanzverwaltung habe ihren Teil dazu beigetragen. Sie müsse nicht weiter konsolidieren. Die CDU-Fraktion fordert jedes Mal, wenn es um den Bildungskompromiss geht, es müssten mehr und nicht weniger Stellen zur Verfügung gestellt werden.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Justizvollzug!)

Beim Thema „Justizvollzug“ wird darauf hingewiesen: Wir brauchen Fachstellen, also nicht nur mehr Stellen, sondern qualitativ hochwertigere Stellen.

So, und nun schaue ich mir den Personaletat des Landes an. Was bleibt denn da übrig? Wollen Sie diese zusätzlichen Stellen – ich bin jetzt auf ungefähr 300.000 bis 350.000 Stellen eingegangen – bei den 30.000 in den Ministerien wieder reinholen? Oder wo wollen Sie das gegenfinanzieren?

Und Sie wollen 350 Millionen € zusätzlich für den Stärkungspakt. Sie wollen aufgrund der kalten Progression 600 Millionen € zusätzlich für den Landeshaushalt. Sie wollen dem Landeshaushalt beim Steuerabkommen schaden. Sie haben bereits in dieser Legislaturperiode des Bundes 1 Milliarde € zulasten des Landes umgesetzt, und Sie wollen laut Koalitionsvertrag, der Gott sei Dank nicht umgesetzt wird, noch einmal 17 Milliarden € zulasten der öffentlichen Kassen einsparen. Das sind insgesamt 1,7 Milliarden € zulasten von Nordrhein-Westfalen. Sie sind so etwas von unglaubwürdig – dazu fällt mir gar nichts mehr ein –, wenn Sie sagen, wir würden auf Pump finanzieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wichtige Aufgaben liegen vor uns, und wir werden es uns als Koalition sicherlich nicht leichtmachen. Im Haushalt 2013 werden erste größere Pakete von Einsparvorhaben stehen, und ich weiß schon heute – nächste Woche wird es auf dem Tisch liegen –, dass Sie die Ersten sein werden, die auf die Barrikaden gehen und sagen werden: Auf Kosten dieses und jenes darf der Haushalt nicht saniert werden. – Sie werden sich vom Acker machen, wenn es um konkrete Einsparvorschläge geht. Das ist typisch für CDU und FDP.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Warten wir es ab!)

Ja, warten wir es ab.

Auch was den Länderfinanzausgleich angeht, Herr Kollege Optendrenk – Sie haben eben auf die Länderfinanzen hingewiesen –, so wissen Sie doch selbst, dass zum Beispiel ein Land wie Sachsen etwa 5 Milliarden € an Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich – das bezieht sich jetzt auf alle drei Stufen – bekommt. Jetzt habe ich zur Kenntnis genommen, dass die haushalts- und finanzpolitischen

Sprecher von CDU und CSU auf einer Tagung ein Papier zum Länderfinanzausgleich, das wir Grünen mitfinanziert haben, als Vorlage genommen und wesentliche Punkte übernommen haben. Das finde ich gut, Herr Kollege.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Ich biete auch ausdrücklich an, dass wir möglichst fraktions- und parteiübergreifend eine Auseinandersetzung zum Länderfinanzausgleich führen, und das meine ich nicht nur bezogen auf NordrheinWestfalen, sondern bundesweit. Ich schlage allerdings vor, stelle es anheim und würde es gutheißen, wenn Sie dann Ihre Kolleginnen und Kollegen in Bayern – in Baden-Württemberg hat sich das aufgrund des Regierungswechsels zum Glück erledigt – und in Hessen dazu bringen, zur Vernunft zurückkehren. Denn diese versuchen, dieses Konstrukt mit Klagen infrage zu stellen. Vielmehr muss es darum gehen, etwas zu schaffen, was dem Länderfinanzausgleich und auch den fachlichen Ansprüchen über das Jahr 2019 hinaus gerecht werden kann. Wenn es auch Ihnen darum geht, können wir darüber vernünftig miteinander reden.

Ein letzter Punkt: Was die Konsistenz der CDU anbetrifft, so hat der Kollege Börschel auf dieses Fotoshooting in Ihrer Mitgliederzeitung hingewiesen. Das will ich einmal beiseitelassen.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Zur Sache!)

Aber die Studiengebühren haben wir mehrfach diskutiert. Sind Sie für oder gegen Studiengebühren? Sind Sie für oder gegen Kita-Gebühren? Und sind Sie für oder gegen das beitragsfreie Vorschuljahr? – Dieses wird schließlich wesentlich teurer sein als der Erlass der Kita-Gebühren im dritten oder letzten Kita-Jahr. Sie müssen sich schon entscheiden. Denn dabei stehen sich mehrere hundert Millionen Euro an Einnahmen und Ausgaben gegenüber. Insofern würden wir das ganz gerne wissen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Was ich allerdings auch ganz interessant finde, ist Ihr Familienbild. Das Thema „Betreuungsgeld“ lasse ich erst einmal weg. Denn dazu werden wir am Freitag eine Aktuelle Stunde haben.

Bei der Frage Ehegattensplitting sagt der Kollege Laumann: Das Ehegattensplitting muss so bleiben, wie es ist. Homosexuelle Lebenspartnerschaften dürfen nicht vom Ehegattensplitting profitieren.

Der Kollege Laschet sagt: Das Ehegattensplitting muss genau um diese Gruppe

(Zuruf von der CDU: Reden Sie doch zum Landeshaushalt!)

ja, das hat mit dem Landeshaushalt eine ganze Menge zu tun, Herr Kollege – erweitert werden. Also muss die Steuerentlastung aufgrund des Splittings noch einmal ausgeweitet werden. Das bedeutet auch Mehrkosten für unseren Landeshaushalt.

Der Vorsitzende der Senioren-CDU von NordrheinWestfalen – das finde ich sehr interessant – schlägt hingegen vor, das Ehegattensplitting abzuschaffen.

Das ist eine ganz konsistente Position der NRWLandes-CDU. Ich schlage Ihnen vor, Sie sollten sich einmal zusammensetzen und eine Position entwickeln. Ich für meinen Teil kann Ihnen nur sagen: Machen Sie eine gerechte Steuerpolitik! Machen Sie eine Politik, die nicht auf Pump geht! Machen Sie eine Politik, die zukunftsweisend ist, die nicht auf die Knochen der Kommunen und Länder in Deutschland geht!

Letzter Punkt: Warum war es wichtig und gut, dass in Nordrhein-Westfalen SPD und Grüne regieren? – Der Bundesrat! Seitdem SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen regieren, ist es nicht zu weiteren Steuersenkungen auf Pump gekommen. Es konnte verhindert werden, was im Koalitionsvertrag steht. Es konnte auch die aus meiner Sicht ungerechte Steuersenkung, wie Sie sie jetzt im Bundesrat vorhaben, vorerst verhindert werden.

(Christian Lindner [FDP]: Sie wollen ja erhö- hen, um es der Solarlobby der Grünen zu- kommen zu lassen!)

Meinen Sie das wirklich ernst? – Herr Kollege Lindner hat eben gesagt, wir würden die Steuersenkungen verhindern, um die Mittel der Solarlobby der Grünen zukommen zu lassen.

(Christian Lindner [FDP]: Absolut!)

Sie wissen noch nicht einmal ansatzweise, wovon Sie hier quatschen, Herr Kollege.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben mit dafür gesorgt, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat nicht durchgegangen ist. Wir haben dafür gesorgt, dass die Kommunen bei den Fiskalpaktregelungen deutlich besser gestellt werden und dass es beim Hartz-IVKompromiss zu einer Entlastung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen in Milliardenhöhe gekommen ist. Das ist konsistente Politik: konsequent für Kommunen und Länder, für bessere Bildung, für Kita-Ausbau, für eine ökologische Wende in Nordrhein-Westfalen. Das haben wir auch auf Bundesebene umzusetzen versucht.

Ich freue mich auf den Herbst. Dann wird es auch zur Entscheidung darüber kommen, ob Sie mit Ihrem leeren Gequatsche, das durch keine Handlung hinterlegt ist – weder in der Haushaltspolitik noch in anderen Feldern der Gesellschaftspolitik von CDU und FDP –, endlich abgewählt werden und wir eine Chance für eine neue Bundesregierung haben.

(Christian Möbius [CDU]: Davon träumen Sie!)

Herr Möbius, sollen wir eine Wette machen? Die biete ich Ihnen gerne an. Ich träume nicht. Dafür nehme ich mehrere Wetten an. Nicht dass Ihnen

das passiert, was Herr Kollege Optendrenk heute vollziehen muss!

Dieser Haushalt ist konsequent. Er ist zukunftsweisend. Wir werden im Haushalt 2013 das tun, wovor sich CDU und FDP drücken. Wir werden weitere Konsolidierungsschritte vornehmen und dort anpacken, wo Sie pfeifen und sich vom Acker machen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Nun spricht für die FDP-Fraktion der Kollege Witzel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor Nordrhein-Westfalen liegen wahrscheinlich fünf Jahre rot-grüner Regierungszeit. Das sind fünf verlorene Jahre für Haushaltskonsolidierung und Generationengerechtigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Insofern ist auch der Haushalt für das Jahr 2012 enttäuschend,

(Widerspruch von Hans-Willi Körfges [SPD])

Herr Körfges, alleine schon in formaler Hinsicht: Wir beschließen einen Haushalt, der, wenn er im Amtsblatt veröffentlicht wird, bereits zu elf Zwölftel vollzogen ist. Sie wissen doch, dass es deswegen keinen Sinn macht, hier für einen strukturellen Konsolidierungsausgleich kleine einzelne Änderungsanträge vorzulegen. Hätten wir das gemacht, hätten Sie uns doch mangelnde Seriosität vorgeworfen.

(Beifall von der FDP)

Aber, Herr Kollege, freuen Sie sich nicht zu früh. Das kommt 2013.

Inhaltlich ist dieser Haushalt natürlich auch eine Enttäuschung, denn er forciert die Staatsschuldenkrise. Rot-Grün hat eben leider nichts aus nationalen wie internationalen Entwicklungen und Erkenntnissen gelernt. Ob Sozialticket, Gratisstudium oder beitragsfreie Kita-Jahre: Unter dem Denkmantel einer vermeintlich sozial-präventiven Politik machen Sie Wahlgeschenke und Staatsexpansionen immer nur auf Pump.

(Beifall von der FDP)

Damit nehmen Sie insbesondere der jungen Generation jeden zukünftigen Gestaltungsspielraum. Die Konsequenzen unterlassener Strukturreformen bezahlt die heutige Jugend in den Folgejahren umso bitterer, ohne die Verantwortung für die Ausgangslage jemals getragen zu haben. Fairness, meine sehr verehrten Damen und Herren, sieht anders aus.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])