Protokoll der Sitzung vom 17.03.2017

Wenn Sie dem Antrag zustimmen, dann können wir uns auch darüber unterhalten, 480.000 € statt 500.000 € einzusetzen. Daran soll es nicht liegen. Nur, Ihre Taschenspielertricks, den Freibetrag lediglich auf ein riesiges Grundstück umzurechnen, sind eigentlich unwürdig.

Bitte schön, Herr Kollege Weske.

Herr Ellerbrock – mit Verlaub –, was Sie wahrscheinlich meinen, ist doch die Situation, dass die Eltern, Mitte 50, sagen: Wir verkaufen jetzt unser Einfamilienhaus an eine junge Familie, damit die da einziehen und 20 Jahre lang ihre Kinder großziehen kann.

Sie aber wollen doch in Ihrem Antrag die Eigentumsquote erhöhen. Wenn aber die eine Familie ein Haus kauft und die andere Familie ein Haus verkauft, hat sich an der Eigentumsquote in Nordrhein-Westfalen doch überhaupt nichts geändert.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Insofern können Sie selbst feststellen, wer hier mit Taschenspielertricks arbeitet. – Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Weske. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Möbius.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu der Milchmädchenrechnung vom Kollegen Weske, die ja schon erstaunlich war, muss ich feststellen: Da wird jede Milch sauer!

(Beifall von der CDU)

Ich hätte mir gewünscht, dass vielleicht der Kollege Börschel etwas dazu gesagt hätte, der wegen der Grunderwerbsteuererhöhung

(Vereinzelt Beifall von CDU und FDP)

als finanzpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion zurückgetreten ist.

Ich komme auf den Antrag der FDP-Fraktion zurück. In ihrem Antrag zur Wohnungseigentumsbildung zeigt die FDP-Fraktion auf, wie sehr sich hier in Nordrhein-Westfalen die Bedingungen zur Erlangung von Wohneigentum seit dem Jahr 2010 – also seit dem Regierungswechsel – verschlechtert haben. In keinem anderen Bundesland – das ist eben schon gesagt worden – ist die Grunderwerbsteuer höher als in Nordrhein-Westfalen. SPD und Grüne haben in zwei Schritten den Grunderwerbsteuersatz von einst 3,5 % auf nunmehr 6,5 % fast verdoppelt.

Die Erhöhung trifft vor allem diejenigen, die besonders auf die Bildung von Wohneigentum angewiesen sind, nämlich die jungen Familien mit mittlerem und geringerem Einkommen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist sowas von rea- litätsfremd!)

Genau diese Gruppe sieht sich finanziell in der Klemme zwischen steigenden Miet- und Immobilienpreisen, Herr Kollege Zimkeit, den vor allem in den Ballungsgebieten beschränkten Möglichkeiten zur Eigenkapitalbildung und der Sorge vor drohender Altersarmut.

Die Grunderwerbsteuer ist ein lebendiges Beispiel dafür, dass Rot-Grün nach außen immer schön auf sozial macht, in der Praxis aber nichts anderes im Schilde führt, als den Bürgern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Stefan Zimkeit [SPD]: Kitagebühren!)

Es handelt sich um ein weiteres Beispiel dafür, dass diese Regierung links blinkt und tatsächlich rechts überholt. Weitere Beispiele haben wir ja in der gestrigen Debatte gehört.

(Michael Hübner [SPD]: Haben wir! Richtig!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer im Landeshaushalt haben sich seit 2010 – das ist eben schon gesagt worden – auf 3 Milliarden € fast verdreifacht.

Geschont werden allerdings große Firmen und internationale Investmentfonds, die sich durch die sogenannten Share Deals der Grunderwerbsteuerpflicht mit einem indirekten Immobilienerwerb entziehen können. Normale Immobilienerwerber – insbesondere junge Familien, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen – können von dieser Möglichkeit der Steuerersparnis keinen Gebrauch machen. Sie sind durch die rot-grüne Rekordsteuer gleich doppelt getroffen.

Herr Kollege, es liegt eine Frage des Kollegen Zimkeit vor.

Ich möchte jetzt im Kontext vortragen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Oh, wie schade!)

Sie sind also doppelt getroffen, und zwar zum einen, weil sie die höhere Grunderwerbsteuer zahlen müssen, und zum anderen, weil von den Kreditinstituten gefordert wird, dass die Erwerbsnebenkosten – nämlich Notar- und Gerichtskosten, aber eben auch die Grunderwerbsteuer – aus vorhandenem Eigenkapital zu bestreiten sind.

Schaut man sich die Zahlen einmal genauer an, fällt auf, dass sich vor einigen Jahren noch mehr als 25 % der einkommensschwächeren Haushalte ein Eigenheim leisten konnten. Mittlerweile sind es nur noch 17 %. Das ist ein Hinweis darauf, wie unsozial Ihre Politik in diesem Lande ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Eigentlich hätte das niedrige Zinsniveau dazu führen müssen, dass sich der Eigentumserwerb deutlich ausweitet. Das Gegenteil aber ist der Fall. Hinzu kommt noch, dass die rot-grüne Landesregierung die Förderung der Eigentumsbildung gegenüber dem Jahr 2003 um rund 97 % gekürzt hat.

Würden Sie jetzt eine Zwischenfrage des Kollegen...?

Ich möchte die Rede im Zusammenhang vortragen, werter Herr Präsident.

(Zurufe)

Im Jahr 2016 standen – im Vergleich zu den 567 Millionen € unter der CDU-geführten Landesregierung im Jahr 2010 – nur noch 24 Millionen € zur Verfügung. Deutlich gekürzte Eigentumsförderung und stattdessen massive Erhöhung der Grunderwerbsteuer: So sieht soziale Politik von SPD und Grünen in Wirklichkeit aus.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Die Partei der Kitage- bühren!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen die Wohnungseigentumsquote deutlich erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die CDU-Fraktion eine Reihe von Maßnahmen erarbeitet, um insbesondere kleine und mittlere Einkommen in diesem Bereich zu fördern. So soll die soziale Wohnraumförderung zu einem größeren Anteil für die Eigentumsförderung genutzt werden. Familien – insbesondere Mehrkindfamilien – sollen Tilgungsnachlässe erhalten. Ferner soll ein Grunderwerbsteuerfreibetrag geschaffen werden, der den steuerfreien Erwerb eines selbstgenutzten Eigentums zum durchschnittlichen Wert eines Einfamilienhauses ermöglicht. Schließlich wollen wir Familien mit einem Baukindergeld finanziell unter die Arme greifen.

Der Antrag der FDP zielt darauf, einen Grunderwerbsteuefreibetrag einzuführen. Die Gegenfinanzierung für den entstehenden Steuerausfall – immerhin rund 600 Millionen € – soll dann der Bund kompensieren. Dies halten wir für keinen gangbaren Weg. Die FDP verfällt hier leider dem rot-grünen Duktus, ständig nach Geldern aus Berlin zu rufen.

Herr Kollege, die Redezeit!

Wir dagegen schlagen einen anderen Weg vor. Wir wollen die Share Deals abschaffen. Wir wollen dieses Steuerschlupfloch schließen und die so erzielbaren zusätzlichen Steuereinnahmen aus den großen Immobilientransaktionen nutzen, um unser Modell zu finanzieren. Das ist soziale Politik, das ist soziale Verantwortung. Und damit kommen wir sozialer Gerechtigkeit näher. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Möbius. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Klocke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Möbius, das bringen auch nur Sie zustande: in Berlin zwölf Jahre in der Bundesregierung zu sein und uns hier zu erzählen, was man bundespolitisch an rechtlichen Veränderungen herbeiführen sollte.

Bei den Share Deals stimmen wir Ihnen ja durchaus zu. Sie sind der einzige Punkt, den ich in dem FDPAntrag richtig und sinnvoll finde. Leider haben Sie es dann noch nicht mal im Beschlusstext aufgeführt. Sonst hätte man sich ja überlegen können, ob man von den vier oder fünf Forderungen wenigstens einer zustimmt. Es ist richtig, bei den Share Deals muss es eine Änderung geben.

Mein Wissensstand ist – ich vermute, dass der Finanzminister uns das gleich noch erklären wird –, dass sich eine Länderarbeitsgruppe unter Federführung von Hessen und Nordrhein-Westfalen gebildet hat, um genau an dieser Stelle zu rechtlichen Veränderungen zu kommen und sie dem Bundesgesetzgeber vorzuschlagen. Das ist richtig.

Sich aber als Vertreter der CDU – die nun seit über einer Dekade im Bund regiert – hierhinzu stellen und zu fordern, hier müsse man mal gesetzliche Änderungen herbeiführen, das ist schon ein bemerkenswertes Stück aus dem Tollhaus. Damit signalisieren Sie den Leuten: Wir haben eigentlich nichts zu sagen, aber eigentlich – wie auch immer! Also, lieber Herr Kollege Möbius, das war jetzt wirklich voll danebengegriffen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich komme nun zur grundsätzlichen Situation. Das jetzige Zinsniveau – das hat der Kollege Weske vorhin auch gesagt – ist sehr niedrig. Noch nie war der Erwerb von Eigentum so günstig wie heutzutage. Und viele Menschen machen ja auch Gebrauch davon.

Ich habe Ihnen etwas mitgebracht. Das ist nicht von der Hans-Böckler-Stiftung oder von der HeinrichBöll-Stiftung, sondern vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Dabei geht es um die Erwerbsquote bei Wohneigentum in den letzten Jahren. Ich zeige das – hoffentlich mit Erlaubnis des Präsidenten – jetzt einmal.

(Der Redner hebt ein Manuskript in die Höhe.)

Wenn man sich den Kurvenverlauf in den letzten Jahren anschaut, sieht man, dass die Quote eher leicht ansteigend ist. Auf jeden Fall ist sie nicht abfallend.

(Holger Ellerbrock [FDP] nickt.)