Protokoll der Sitzung vom 17.03.2017

(Holger Ellerbrock [FDP] nickt.)

Kollege Ellerbrock nickt sogar. Dann wissen Sie es ja auch. Ihre Behauptung, wir hätten ein so massives Problem beim Erwerb von Wohneigentum, dass wir jetzt die Grunderwerbsteuer senken müssten, stellen wir eindeutig infrage.

Vonseiten der FDP beantworten Sie auch nicht die Frage, wie eine solche Senkung kompensiert werden soll. Die Grunderwerbsteuer ist eine der wenigen Steuern, die die Länder überhaupt erheben können. Da wird dann auf den Bund verwiesen.

Wir haben diese beiden Erhöhungsschritte doch nicht gemacht, um Leute zu drangsalieren. Als wir 2010 die Landesregierung übernommen haben, war die Neuverschuldung die höchste, die das Land Nordrhein-Westfalen je hatte. Wir lagen bei fast 7 Milliarden € zusätzlicher jährlicher Neuverschuldung. In den letzten Jahren haben wir sie heruntergeführt. Da die Grunderwerbsteuer eine der wenigen Möglichkeiten ist, den Landeshaushalt überhaupt ein wenig an

zureichern, haben wir diese beiden Erhöhungsschritte gemacht. Diesen Teil der Wahrheit sollten Sie dann auch entsprechend erwähnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Bei der Zahl der Baugenehmigungen für Wohneigentum in Nordrhein-Westfalen gibt es in den letzten 15 Jahren keinen signifikanten Unterschied. Sie liegt immer bei knapp 20.000 gebauten neuen Eigentumshäusern in Nordrhein-Westfalen; mal sind es 17.000; mal sind es 19.000. Es sind immer knapp unter 20.000. Zu sagen, die Erhöhung der Grunderwerbsteuer habe dazu geführt, dass Menschen keine Eigentumshäuser mehr bauten, ist also faktisch einfach falsch, lieber Kollege Ellerbrock.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schemmer zu?

Ja, lasse ich zu.

Bitte schön, Herr Kollege Schemmer.

Herr Klocke, Sie erzählen uns gerade, wie viel Eigentum erworben wird.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Auch gebaut wird!)

Gebaut und erworben wird. – Das mag für einen besserverdienenden Teil in Nordrhein-Westfalen durchaus auch gelten.

(Marc Herter [SPD]: Was ist das denn?)

Für die Normalverdiener in Nordrhein-Westfalen, die eigentlich auf öffentliche Förderung angewiesen sind, sowohl im Eigentumsbereich als auch im Mietwohnungsbereich, haben Sie aber die Eigentumsförderung sowohl gegenüber den rot-grünen Zahlen von 2004 als auch gegenüber den schwarz-gelben Zahlen von 2009 um 97 % reduziert – nicht auf 97 %, sondern um 97 %. Das bedeutet: Wir haben gerade noch 2,5 % der Eigentumsförderung, die wir vor sieben, aber auch vor zwölf Jahren hatten.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Und trotzdem gleichbleibende Bauleistungen!)

Jetzt die Frage, bitte.

Also noch einmal: Was wollen Sie tun, damit auch der Normalverdiener in der Lage ist, unter den von Ihnen verteuerten Rahmenbedingungen Grund zu erwerben und Eigentum für sich selber zu schaffen?

Vielen Dank, Herr Kollege Schemmer.

Lieber Kollege Schemmer, diese Debatte haben wir ja schon im Ausschuss geführt. Die Eigenheimzulage hat die Bundesregierung 2006 unter CDU-Führung abgeschafft. Das waren nicht die Grünen, und das war auch keine rot-grüne Regierung.

(Bernhard Schemmer [CDU]: Ich habe über- haupt nicht über die Eigenheimzulage gespro- chen!)

Auf Bundesebene wird ja derzeit überlegt, ob man zum Beispiel so etwas wie ein Kinderdarlehen oder Tilgungsnachlässe für kinderreiche Familien einführt. Entsprechende Vorschläge werden gerade von Bundesbauministerin Hendricks erarbeitet. Da können wir als Bundesland schauen, ob es vonseiten der Bundesregierung solche Vorschläge gibt. Es ist auch keine Aufgabe des Landes, das einzuführen. Vielmehr ist das die Aufgabe des Bundes.

Um es aber noch einmal zu betonen: Die Eigenheimzulage ist in Ihrer Regierungszeit abgeschafft worden. Wir finden das grundsätzlich inhaltlich richtig. Aber das haben Sie als CDU zu verantworten.

Und jetzt werfen Sie mir in Ihrer Frage vor, dass wir die Rahmenbedingungen verteuert hätten? Was Sie da sagen, ist doch grundfalsch!

(Beifall von den GRÜNEN – Bernhard Schem- mer [CDU]: In NRW! Davon reden wir!)

Nein, wir reden über die Grunderwerbsteuer. Ich habe eben begründet, warum wir die Grunderwerbsteuer heraufgesetzt haben, nämlich um Möglichkeiten für Einnahmesteigerungen des Landes zu gewährleisten. Das ist in den letzten Jahren erfolgt. Aber es hat eben nicht zu dem geführt, Herr Schemmer, wovon Sie sprechen.

(Britta Altenkamp [SPD]: Herr Schemmer hat etwas im Kopf? Interessant!)

Herr Schemmer, was Sie eigentlich im Kopf haben – und das ist auch der grundsätzliche Unterschied zwischen der Regierungskoalition und der Opposition, jedenfalls der CDU –: Sie wollen wieder im ländlichen Raum auf der grünen Wiese Bauflächen ausweisen, damit die Leute dort Eigenheime bauen. Damit werden die Leute aber hinter die Fichte geführt; denn die Eigenheime, die dort entstehen, haben in 20, 30 Jahren überhaupt keinen Wert mehr. Unterhalten Sie sich doch einmal mit Vertretern der Immobilienwirtschaft. Wir haben einen großen Drang in die Metropolen und in die Städte. Das wird sich in den nächsten 30, 40 Jahren nicht ändern.

Wenn wir heute den Menschen im ländlichen Raum wieder raten – im Münsterland oder in Ostwestfalen –, auf der grünen Wiese ein Eigenheim zu bauen,

dann erreichen wir damit doch überhaupt nicht das, für das Sie immer zu kämpfen vorgeben, nämlich eine Anlage in Betongold, damit die Leute eine vernünftige Altersvorsorge haben. Diese Eigenheime im ländlichen Raum haben nämlich überhaupt keinen Wert. Schon heute haben die Leute kaum eine Chance, ein Haus in Ostwestfalen oder im Münsterland zu einem vernünftigen Preis zu verkaufen. In 30, 40 Jahren wird das noch schlimmer sein.

Sagen Sie den Menschen also bitte die Wahrheit. Das ist keine Geldanlage. Es ist auch keine Altersvorsorge, die hier angespart wird.

(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Das war die Beantwortung der Frage.

Jetzt sehe ich gerade, dass meine Redezeit auch zu Ende ist.

Ja, die Redezeit ist jetzt um. Es liegt aber eine Kurzintervention vor. Das heißt, dass Sie danach noch weitersprechen können.

Dann warte ich die Kurzintervention einmal ab.

Gut. – Es liegt eine Kurzintervention von Herrn Witzel vor.

Dass ich zu dieser Ehre komme, ist schön.

Bitte schön, Herr Witzel.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Klocke, das liegt natürlich an Ihren Ausführungen, die an unterschiedlichen Stellen wenig sachkundig waren.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Ach so! Na ja; Sie sind ja der Spezialist für Sachkunde! Ich habe in den sieben Jahren ja erlebt, dass Sie bei Sachkunde immer ganz oben stehen! – Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Weil das genau so ist, weise ich Sie darauf hin, dass Ihre Ausführungen zu den finanzpolitischen Zielen völlig unzutreffend sind. Sie haben bei der letzten Stufe der Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 5 % auf 6,5 % kommuniziert, Sie bräuchten 400 Millionen € für den Landeshaushalt.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist wieder mal ge- logen, Herr Witzel! Lesen Sie doch mal die Wortprotokolle, die Sie immer beantragen!)

Diese Mehreinnahme von 400 Millionen € im Vergleich zu der früheren Situation würden Sie heute erzielen, wenn Sie im Jahr 2017 auf die letzte Erhöhung um 1,5 % verzichteten. Das heißt: Sie könnten die Hälfte Ihrer Beinahe-Verdopplung sofort rückgängig machen und würden die von Ihnen artikulierten finanzpolitischen Ziele durch die laufenden Steuereinnahmen trotzdem erreichen – es sei denn, Sie wollten uns hier erzählen, dass Steuererhöhungen für die Grünen ein Selbstzweck und damit schon ein Wert an sich sind.

Bei der Frage der Zinsen handelt es sich ökonomisch um zwei Seiten einer Medaille. Genauso, wie Sie für die Kreditaufnahme weniger zahlen müssen, brauchen Sie natürlich auch länger für das Ansparen, wenn es keine Habenzinsen mehr gibt. Insofern ändert sich da unter dem Strich gar nichts – es sei denn, dass Sie an große Erbschaften denken, die direkt für den Immobilienerwerb verwendet werden. Ansonsten besteht eine Proportionalität zwischen Haben- und Sollzinsen; sie entwickeln sich immer entsprechend.

Vielen Dank, Herr Witzel. – Bitte schön, Herr Klocke.

Sehr geehrter Herr Witzel, für Grüne sind Steuereinnahmen nie Selbstzweck, auch wenn Ihr Spitzenkandidat das in seinen wolkigen Wahlkampfreden gerne behauptet.

Ich würde gerne zusammenfassend zu Ihrem Antrag Folgendes sagen: Wir werden ihn ablehnen. Allerdings enthält der Antrag zwei Punkte, die es wert sind, weiter diskutiert zu werden.

Der erste Punkt sind die Share Deals. Das habe ich schon erwähnt.

Der zweite Punkt ist die Frage der Erwerbsnebenkosten. Herr Ellerbrock hatte in seiner Rede eben einen Schlenker drin, den ich es wert finde, weiterzuführen; es geht um Notarkosten und andere Nebenkosten. Wer heute Wohneigentum erwerben will, ist mit einer Vielzahl von Nebenkosten konfrontiert. Darüber sollten wir grundsätzlich einmal reden und schauen, wie man sie reduzieren kann. Dann wird es wahrscheinlich noch mehr Leute geben, die in Wohneigentum investieren.

Der Antrag, den Sie stellen, springt zu kurz.