In den 90er-Jahren hat sich die WestLB mithilfe von Staatsgarantien, Gewährträgerhaftung, Anstaltslast günstig Kapital besorgt. Mit diesem günstigen Kapital hat sie zu konkurrenzlosen Konditionen Projekte auch mit hohen Risiken finanzieren können – und das weltweit. Die Europäische Kommission hat damals diesen Wettbewerbsvorteil der Westdeutschen Landesbank begrenzt. Schon damals haben sich Konflikte zwischen Düsseldorf und Brüssel angebahnt, die uns bis heute beschäftigen.
Man muss deshalb fragen: Warum wurde die WestLB nicht zu einem Zeitpunkt veräußert, als klar wurde, dass die EU-Kommission dieser Bank keine Zukunft geben würde?
Lieber Herr Finanzminister, in der Retrospektive haben Sie Ihre Position zu einer möglichen Veräußerung der Westdeutschen Landesbank korrigiert. Aber die Argumentation, warum die Westdeutsche Landesbank hätte privatisiert werden müssen, hat zunächst und zumeist nichts mit der Europäischen Kommission zu tun. Im Jahre 2001, als WestLB und NRW.BANK aufgespalten worden sind, haben wir damals als einzige Fraktion dringend darauf gedrungen, die Westdeutsche Landesbank, also eine international tätige Geschäftsbank, zu privatisieren – nicht wegen der Europäischen Kommission, sondern weil es nicht zu unserer ordnungspolitischen Überzeugung gehört, dass der Staat mit dem Geld der Steuerzahler Risiken eingeht.
Ich habe noch in sehr guter Erinnerung, verehrte Kolleginnen und Kollegen – als junger Abgeordneter saß ich da hinten –, wie der damalige Finanzminister Peer Steinbrück an dieses Pult gekommen ist. Er hat sich hier breitbeinig hingestellt – die älteren Abgeordneten haben dieses Bild noch vor Augen – und wollte uns wegen unseres Vorschlags der Lächerlichkeit preisgeben. – Daraus leitet sich für uns kein Trauma ab. Wir kennen ja den Lauf der Geschichte. Aber das zeigt, dass man beim Weltökonomen Steinbrück, Ihrem potenziellen Kanzlerkandidaten, gelegentlich einmal die Luft ablassen muss.
Zwischen 2002 und 2005 hat die WestLB noch einmal 5 Milliarden € Schulden gemacht, weil sie kein Geschäftsmodell hatte. Die Sparkassen haben zwar die Führungsverantwortung für die WestLB beansprucht, sich aber gleichzeitig gegen ein vernünftiges Geschäftsmodell gesperrt. Ich habe noch in guter Erinnerung, wie wir seinerzeit eine vertikale Integration – WestLB und Sparkassen – ins Gespräch gebracht haben. Die Sparkassenseite war dagegen. Deshalb muss man das heute bei der Bewertung Ihres Verhandlungsergebnisses noch einmal in Erinnerung rufen. Diejenigen, die Mehrheitseigentümer waren, die die Führungsverantwortung für die WestLB hatten, haben ihr gleichzeitig ein tragfähiges Geschäftsmodell verweigert.
Die Geschichte der WestLB ist deshalb die Geschichte der verpassten Chancen, aber auch die Geschichte einer Hybris der Politik über NordrheinWestfalen hinaus.
Zweite fachliche Bemerkung: Wir können uns glücklich schätzen – das ist ein Standortfaktor für Deutschland –, dass unser Finanzsektor auf drei Säulen ruht: auf privaten Banken, auf Genossen
schaftsbanken und auf Sparkassen. Die Sparkassen sind unverzichtbar für die Finanzierung des Mittelstands. Die Sparkassen eröffnen auch sozial Schwachen Zugang zu Finanzdienstleistungen. Deshalb brauchen wir starke Sparkassen.
Die Sparkassen sind übrigens hochprofessionell aufgestellt. In den Sparkassen haben kluge Geschäftsleute Verantwortung. Wer das in Zweifel zieht, dem kann ich einen Zeugen benennen, nämlich Norbert Walter-Borjans.
Herr Finanzminister, Sie waren wahrlich nicht zu beneiden um die Aufgabe, die Sie bei der WestLB übernommen haben. Aber wir müssen heute angesichts der vorliegenden Ergebnisse sagen: Dem Verhandlungsgeschick der klugen Sparkassenkaufleute waren Sie nicht gewachsen.
Der Mehrheitseigentümer übernimmt nur 10 % der Belegschaft. Sie entlassen die Sparkassen aus ihrer Verantwortung für die Belegschaft, und das ist für uns nicht akzeptabel.
Sie haben es den Sparkassen ermöglicht, Vermögensbestandteile zur Übertragung in die Verbundbank zu selektieren, mit denen sich die Sparkassen ein günstiges Risikoprofil erarbeiten konnten.
Die Sparkassen durften also die Rosinen herauspicken, und die schlechten Risiken verbleiben beim Land. Ich sage Ihnen das voraus.
Bei der Servicebank, Herr Finanzminister, haben Sie eben in Ihrer Rede gesagt, dass Sie hoffen, noch Vermögensgegenstände verwerten zu können. Das Prinzip Hoffnung leitet Sie mit Blick auf die Perspektive des Landes Nordrhein-Westfalens, mit Blick auf die Interessen der Steuerzahler. Es ist Ihnen hoch anzurechnen, dass Sie das wenigstens ins Vorblatt des Gesetzentwurfs schreiben. Darin steht nämlich: Sich aus der Vorlage möglicherweise ergebende Mehrkosten für den Landeshaushalt können nicht prognostiziert werden. – Das ist der Grund, warum wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können.
Im Übrigen ist es richtig, dass eine Lösung gesucht wurde, ohne das Strukturierungsgesetz des Bundes anzuwenden. Es ist auch richtig, dass es harte Auflagen der Europäischen Kommission gegeben hat, die ein Stück weit auch etwas damit zu tun haben, wie das Land und die WestLB in der Vergangenheit mit der Kommission umgegangen sind. Aber es ist nicht richtig, dass Sie zu dieser Lastenaufteilung zwischen Steuerzahler und Sparkassen gezwungen waren. Es ist nicht richtig, dass Sie den Mehrheitseigentümer aus seiner Mitverantwortung entlassen haben. Gerade weil wir, Herr Finanzminister, in der
Vergangenheit den Sparkassen so weit entgegengekommen sind, nämlich bei der Absicherung des Phoenix-Portfolios, hätten Sie jetzt hart bleiben können.
Eine letzte grundsätzliche Bemerkung: Es gibt zusätzliche Belastungen, die auf den Landeshaushalt zukommen, die, wie Sie in Ihrem Vorblatt schreiben, noch nicht einmal prognostiziert werden können. Während wir diesen Gesetzentwurf beraten, lesen wir, dass es zeitgleich Koalitionsberatungen von SPD und Grünen gibt, bei denen Herr Remmel Verhandlungsrunden platzen lässt, weil er sich weigert, Einsparungen bei seinen Programmen hinzunehmen. Gleichzeitig mit dieser Debatte erleben wir, dass Sie darüber streiten, mit Millionensummen die Beitragsfreiheit bei den Kindertageseinrichtungen auszudehnen, ohne einen nennenswerten sozialpolitischen Effekt zu erzielen. Das ist alles, nur keine seriöse Finanzpolitik.
Es ist eine Politik, bei der mit dem Geld der Steuerzahler der Staat zum Banker und Unternehmer gemacht werden soll, um damit politische Ziele zu erreichen. Das ist nicht die soziale Marktwirtschaft. In der sozialen Marktwirtschaft trägt der Staat Verantwortung für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, aber in der sozialen Marktwirtschaft haben Politiker als Mitspieler in der Wirtschaft nichts verloren, denn sie richten mehr Schaden als Nutzen an. Das ist die Lehre der sozialen Marktwirtschaft. Ludwig Erhard und Otto Graf Lambsdorff sind aktueller denn je. – Ich danke Ihnen.
Wertes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Ehre, heute als erster Pirat im Landtag NRW einen Debattenbeitrag zu halten. Das freut mich.
Das Thema „WestLB“ erfreut mich nicht sonderlich. Was mich aber erfreut, sind die Worte von Herrn Laumann. Herr Laumann, Sie fordern Transparenz. Wir sind die Partei, die auch Transparenz fordert. Das werden wir tun. Wir werden einen Ausschuss zur WestLB fordern. Wie ich Sie verstanden habe, können Sie dem gut zustimmen.
Worum geht es hier inhaltlich? – Inhaltlich geht es nicht um die Restrukturierung, wie Sie es euphemistisch in dem Gesetzentwurf nennen, sondern es geht um die Zerschlagung und um die Abwicklung der WestLB.
Hierzu soll 1 Milliarde € fließen. In der Eckpunktevereinbarung von vor einem Jahr ist vereinbart worden, dass diese 1 Milliarde € dieses Jahr etatreif wird. Deswegen muss ich natürlich der CDU Recht geben. Diese Summe hätte in diesem Haushaltsentwurf 2012 längst aufgeführt werden können.
Das ist nicht geschehen. Das haben Sie intransparent gestaltet. Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Sie sagen, das ist eine eigenfinanzierte Investition. Wir haben in der Kürze der Zeit ein erstes Rechtsgutachten erstellen lassen. Danach ist gar nicht sicher, dass diese Investition als eigenfinanziert durchkommt. Wir werden das weiter untersuchen. Dann greift Art. 83 der Landesverfassung. Das wissen Sie, und das brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Danach darf nämlich die Nettoneuverschuldung nicht höher liegen als der Anteil der eigenfinanzierten Investitionen. Dann müssen wir bei diesem Haushaltsentwurf 2012 konstruktiv im Konsens – dafür stehen wir ein – natürlich deutlich nachbessern.
Wir wollen aber nicht, dass im Bereich Bildung gespart wird. Wir wollen auch nicht, dass im Bereich Jugend und Familie gespart wird. Wir dürfen auch nicht auf Kosten der sozial Schwächeren sparen. Wir hoffen, dass wir mit Ihnen zusammen hier konstruktive Lösungsvorschläge finden.
Diese 1 Milliarde € muss der Steuerzahler zahlen, Ihre Wählerinnen und Wähler. Die lieben Bürger in NRW kommen für eine Garantie auf, die über Umwege irgendwann in der Ersten Abwicklungsanstalt landet. Dort hebelt sie quasi eine Unmenge an toxischen Papieren herbei. Es sollen jetzt auch noch irgendwann griechische Staatsanleihen in der Ersten Abwicklungsanstalt landen, womöglich auch spanische. Die Risikolast, die Sie den Menschen in NRW aufbürden, können Sie doch gar nicht mehr