Herr Finanzminister, Ihre hilflose Sparliste in Höhe von 172 Millionen € ist unambitioniert und ideenlos. An vielen Stellen passen Sie einfach bislang zu hoch geplante Ausgaben den tatsächlichen Istwerten an. Es fehlt aber an strukturellen Konsolidierungsmaßnahmen. Wo bleibt der Aktionsplan zum Bürokratieabbau? Wann kommt ein Standardbefreiungsgesetz? Wo bleibt ein sinnvolles Personaleinsatzmanagement? Wo bleibt die Strukturreform Ihrer Landesbetriebe? Sie haben da noch viele ungelöste Baustellen.
Privatisierungen reduzieren die wirtschaftlichen Risiken für den Steuerzahler. Sie wollen aber einen größeren Staatsanteil in Nordrhein-Westfalen. Gerade noch interessieren Sie sich dafür, Hafenanteile in Duisburg zu erwerben – all das natürlich mit Geld, das dringend für die Haushaltssanierung benötigt wird. Dabei ist der Staat nicht der bessere Unternehmer.
Wohin Ihre Politik führt, kann man an der Abwicklung der WestLB eindrucksvoll sehen. Wäre der Landtag schon vor zwölf Jahren dem Vorschlag der FDP-Landtagsfraktion zur materiellen Privatisierung der WestLB gefolgt, dann wäre den nordrheinwestfälischen Steuerzahlern dieses Milliardengrab erspart geblieben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir haben die Landesregierung in diesem Haushaltsberatungsverfahren dreimal gefragt, welche konkreten Lasten neben den 5 Milliarden € für den Rettungsschirm bei Phoenix noch auf NRW zukommen. Bis heute haben wir keine Antwort darauf erhalten.
Hinzu kommt das traurige Schicksal der Portigon AG als Rechtsnachfolger der WestLB. Herr Finanzminister, wir werfen Ihnen persönlich nicht das Filzsystem zu Zeiten von Friedel Neuber vor. Das wäre unredlich. Das behandeln wir noch im parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Sie tragen vor diesem Parlament aber schon die volle politische Verantwortung für Ihre Restrukturierung der letzten zwei Jahre. Als einzige heute im Landtag vertretene Fraktion hat die FDP alle Entscheidungen Ihres Modells abgelehnt,
nämlich die Eckpunkte 2011 und Ihr Gesetz 2012. Das geschah aus gutem Grund. Wir haben immer die Zweifel an Ihrem Geschäftsmodell dargestellt. Wir haben kritisiert, in welchem Maße Sie die Lasten überproportional auf die Steuerzahler des Landes NRW abgeladen haben.
Heute wissen wir: Die Portigon AG muss nach bereits im letzten Jahr erfolgtem Personalabbau in beträchtlicher Größenordnung weitere 1.700 Stellen streichen, weiß aber nicht, wie. Herr Finanzminister, Sie haben sich als Minderheitseigentümer danach gedrängt, für 90 % des Personals einzustehen. Das liegt dann schon in Ihrer Verantwortung.
Wenn man schon als Minderheitseigentümer 90 % des Personals übernimmt, braucht man wenigstens ein Konzept, welches man den Menschen anbietet, um einen sinnvollen Arbeitseinsatz zu organisieren. Es ist ein bundesweites Novum, dass ein Betriebsrat klagt, weil Arbeitnehmer unterfordert sind, da sie keine Aufgaben mehr haben. Dabei schaffen Sie munter Hunderte neue Stellen im Landesdienst, am liebsten in der Umweltverwaltung, ohne für diejenigen zu sorgen, für die Sie auf Dauer ohnehin die Verantwortung tragen.
Der einzige Streitpunkt besteht in der Frage, wie viele Mitarbeiter nicht ausgelastet sind. Ver.di kann den Eindruck des arbeitslosen Einkommens nicht im Raum stehen lassen und sagt, es seien „nur“ 25 % und nicht mehr. 25 % von 2.600 Stellen sind 650 Menschen, 650 Beschäftigte, die Sie bezahlen, die qualifiziert sind und arbeiten wollen, von Ihnen aber keine Arbeitsaufgaben bekommen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist auch ein Fall für den Landesrechnungshof.
Portigon-Chef Voigtländer hat dazu öffentlich erklärt, das Problem mit dem Personalabbau sei, dass – ich darf zitieren – „zum Teil die falschen Mitarbeiter gegangen sind und teilweise die falschen Mitarbeiter noch da sind.“
Wissen Sie, was das für die Motivation der verbliebenen Arbeitskräfte bedeutet, wenn man da zu den „Falschen“ gehört? Was bedeutet das für die Akquise neuer Kunden, wenn die diesen Eindruck bekommen, wer da noch arbeitet? Was bedeutet das für Ihre Bemühungen, private Investoren zu finden, damit im Jahre 2016 nicht sofort die Liquidation von Portigon erfolgt?
In Ihrem Koalitionsvertrag sagen Sie auf Seite 6 unter dem Titel „NRW setzt auf gute Arbeit …“, dass Sie sich nicht damit abfinden wollen, dass der Anteil unsicherer Arbeit immer größer wird. Wir fragen Sie: Gilt diese hehre Anspruch denn nur für Private und nicht auch für die öffentliche Hand? Wir erwarten nun von Ihnen statt freundlicher Worte konkrete Taten, die unser Land voranbringen – in allen Politikfeldern, aber insbesondere auch in der Haushaltspolitik. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Witzel, Sie schaffen es immer wieder, einen bei dem, was Sie vortragen, fassungslos zu machen.
Ich erinnere mich dunkel – eigentlich relativ hell –, dass zwischen 2005 und 2010 eine Freie Demokratische Partei als Fraktion die Regierung mit gestellt und auch Regierungsmitglieder abgestellt hat. Ich erinnere mich auch dunkel, dass 2010 FDP und CDU im Bund regiert haben und den Restrukturierungsplan, der an die EU gegangen ist, als Bundesregierung nicht nur mit unterschrieben, sondern auch mit zu verantworten haben. Dass Sie mit den Folgen der WestLB-Abwicklung jetzt so gar nichts mehr zu tun haben, kann auch nur Ralf Witzel in seinem Konglomerat darstellen.
Sie sind die einzige Fraktion, die so dreist ist und trotz Verantwortlichkeit in verschiedenen Feldern ohne jede Haftung munter daherschwafelt und mit dem ganzen Thema nichts zu tun hat.
Herr Kollege Witzel, eines kommt noch hinzu: Sie haben es in einer Plenardebatte geschafft, den BLB-Skandal als größten Bauskandal des Landes
zu schildern – dabei will ich Ihnen uneingeschränkt zustimmen –, und zwar so, als ob Sie damit nichts zu tun haben. Aber Ihre Kabinettsmitglieder, Herr Wolf und Herr Pinkwart, haben sogar persönlich zugestimmt, dass dieses passiert. So dreist und unverantwortlich zu handeln, kann nur Ihnen passieren.
Ich komme zu einigen Punkten, die Herr Kollege Optendrenk in seiner Rede vorgetragen hat. Sie haben – das finde ich auch aller Ehren wert, da möchte ich Herrn Zimkeit zustimmen –, sich die Mühe gemacht, etliche Vorschläge für den Landeshaushalt vorzutragen.
Aber wenn man sich die Substanz ansieht, schmilzt der Berg binnen Sekunden nicht zu einer Maus, sondern zu einem minimalen Schneebällchen zusammen, weil es technisch schon nicht geht.
Sie haben seinerzeit unter anderem vorgeschlagen, das Schweizer Steuerabkommen mit 547 Millionen € in den Landeshaushalt einzurechnen. Das ist schlicht kalter Kaffee, und Sie haben dies auch im HFA nicht mehr beantragt.
Sie haben 250 Millionen € Einsparung von Studiengebühren eingerechnet. Das ist technisch nicht möglich und schmilzt auch zusammen. Das gilt auch für die 150 Millionen € für die Kita-Gebühren.
Von Ihren Vorschlägen bleibt also nicht viel übrig. Aber einige Erkenntnisse – ich komme gleich zur sozialen Bewertung der Vorschläge – haben wir doch mitgenommen. Sie haben zugestanden – deswegen ist es auch gut, konkret zu werden –, dass die 350 Millionen €, die wir im Stärkungspakt bereitgestellt haben, genau die richtige Summe sind, nachdem Sie zwei Jahre hier im Landtag Zeter und Mordio geschrien haben, dass das viel zu wenig Geld sei. Jetzt erkennen Sie, dass mehr Geld angesichts der Haushaltslage nicht möglich ist, und konstatieren das mit Ihrem Vorschlag ausdrücklich.
Die Pirouetten, die Sie bei Studiengebühren – das haben wir Ihnen mehrfach vorgetragen –, bei KitaGebühren, aber jetzt auch beim Stärkungspakt, schlagen, müssen Sie schon zur Kenntnis nehmen. Ich appelliere an Herrn Kollegen Kuper und andere aus dem Kommunalbereich, das künftig in ihren Haushaltsreden zu berücksichtigen und ihre Anfeindungen der letzten zwei Jahre zumindest abzustellen.
Zur Finanzverwaltung kritisieren Sie den Einsparvorschlag, die Oberfinanzdirektionen zusammenzulegen. Es war diese rot-grüne Landesregierung, die mit einer ihrer ersten Maßnahmen dafür gesorgt hat, dass es im Bereich der Steuerprüfer und der Steuerfahndung zu einem Aufwuchs gekommen ist. Endlich gibt es wieder eine Perspektive in der Finanzverwaltung. Es werden nicht nur mehr Leute, sondern auch höherqualifizierte Leute eingesetzt, weil deutlich mehr auf die Ausbildung gesetzt wird. Das möchte ich noch einmal festhalten.
Eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, lasse ich mir heute auch nicht nehmen: Mit dem Haushalt 2010, spätestens 2011 ist im Landtag ein echter Politikwechsel eingeläutet worden. Wir haben gegen den erbitterten Widerstand von CDU und FDP hier im Landtag strukturell 1 Milliarde € mehr für die Kommunen bereitgestellt – die Linke hatte damals noch mehr gefordert –, und heute tun Sie so, als ob das noch zu wenig wäre und wir viel mehr tun müssten.
Was Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, aber weiterhin tun, ist, einen großen Batzen Ihrer Vorschläge im Dunkeln zu verstecken. Sie schlagen vor, im Bereich der Förderprogramme im ersten Jahr 5 %, aufwachsend auf 20 %, einzusparen. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, das zu berechnen – weil Sie ja nie so ganz genau sagen, was Sie wollen. Wenn wir die freiwilligen Programme nehmen, kommen wir auf ein Volumen von 1,2 Milliarden €. Bei diesen 1,2 Milliarden € sind schon allein 380 Millionen € für den offenen Ganztag bei den Grundschulen.
Wenn Sie auf die Summen kommen wollen, nämlich 116 Millionen €, sind es nicht 4 %, sondern 9 % respektive im Endausbau 45 %, wenn wir uns auf diese 1,2 Milliarden € beziehen. Das würde zum Beispiel bedeuten, dass bei JeKi von 10 Millionen nur noch 5,5 Millionen € übrig bleiben, dass beim Kinderjugendförderplan, wenn Sie die größere Variante nehmen, nicht mehr 100 Millionen €, sondern nur noch 60 oder 80 Millionen € übrig bleiben, je nachdem, wie man rechnet.
Wenn Sie den großen Batzen einrechnen, also auch die landesgesetzlichen Aufgaben, was Sie im HFA ausdrücklich gesagt haben, kommen wir auf 2,9 Milliarden. Dann sind aber zum Beispiel 1,2 oder 1,3 Milliarden € Ersatzschulfinanzierung dabei.
Sind Sie der Auffassung, 260 Millionen € bei der Ersatzschulfinanzierung zu streichen? Dann aber offenes Visier, lieber Kollege! Dann ab auf die Straße und sagen, wir wollen bei diesen Schulen 260 Milli
onen € einsammeln, einen Antrag machen bzw. einen Gesetzentwurf vorlegen, wo das drinsteht, und sich nicht verstecken und sagen, Rot-Grün könnte nicht sparen!