Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

Ich glaube, wenn Sie diese Zusammenhänge sehen, Herr Römer und Herr Duin, und sich dann vorstellen, wie Sie gerade in diese Debatte eingestiegen sind, dann macht das deutlich, was Sie haben: Sie haben in Wahrheit ein schlechtes Gewissen,

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Stefan Zimkeit [SPD]: … im Ge- gensatz zu Ihnen!)

weil Sie die Verlierer in dem Poker um OpelStandorte in Deutschland sind, und zwar in einem Umfang, den ich selber nicht für möglich gehalten habe, dass am Ende gar nichts bleibt, dass Sie nichts nach Hause bringen, dass Sie völlig versagt haben. Und das weiß auch jeder in diesem Land.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ich behaupte, dass das daran liegt – den Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen –, dass das Thema „Opel“ in der Landesregierung nicht die nötige Relevanz gehabt hat; denn sonst hätte dieses Ergebnis besser ausgesehen.

(Zuruf von der SPD: Sie meinen 2010!)

Und das Symbol der Relevanz des Themas „Opel“ in dieser Landesregierung ist, dass am Donnerstag in einer Opel-Debatte der Arbeitsminister lieber in Berlin ist, um als siebter Redner einer Bundestagsdebatte aufzutreten, anstatt in einer Opel-Debatte zu sein. Da wird die Relevanz dieses Themas in Ihrem Kabinett deutlich.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Lebhafte Zurufe von der SPD)

Deswegen möchte ich zum Schluss noch einmal sagen, dass es trotz aller Bewertungen über die Rolle der Landesregierung in den letzten Monaten, die ja kaum erkennbar ist, hier im Landtag weiterhin eine Einheit gibt. Ja, wir wollen möglichst viel Opel in Bochum erhalten. Wir wollen, dass die miteinander reden. Wir sind der Meinung, dass das, was damals sinnvollerweise im Tarifvertrag stand, auch heute sinnvoll sein muss. Dafür sollte aber letzten Endes die Landesregierung eine Brückenbauerfunktion übernehmen, und der sollten Sie sich auch nicht verwehren, selbst auf die Gefahr hin, dass man keinen Erfolg hat. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN – Leb- hafte Zurufe von der SPD – Zuruf von der SPD: Das war zu dünn, Herr Laumann!)

Vielen Dank, Herr Kollege Laumann. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Kollege Priggen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Laumann, als Allererstes will ich Ihnen sagen: Wenn sie jemanden zitieren, dann sollten Sie sich nicht angewöhnen, falsch zu zitieren und falsche Dinge zu behaupten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Sie haben eben behauptet, Minister Duin hätte gesagt, die Zukunft des Logistikzentrums sei offen. Das ist nicht richtig. Er hat ganz korrekt angesprochen: Es gibt keine Klarheit über die Fragen des Logistikzentrums.

(Lachen von der CDU – Zuruf von Christian Lindner [FDP] – Armin Laschet [CDU]: Es gab Klarheit!)

Nein, nein. Das, was er gesagt hat, ist völlig richtig. Das wissen Sie ganz genau.

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Nein, nein. Hören Sie auf! Sie wissen es ganz genau: Es gibt seit Monaten Gespräche darüber, ob bei den drei Flächen von Opel Bochum die Flächen 2 und 3 für andere Zwecke zur Verfügung gestellt werden und ob das Logistikzentrum auf die Fläche 1 kommt. Das mündet in diesen Tarifvertrag, in dessen Zusammenhang man sogar diskutiert hat, dass es 150 Arbeitsplätze zusätzlich gibt.

Dann ist vom Pressesprecher von Opel – lange vor unserer Debatte – die Meldung gekommen, wie richtig zitiert worden ist, dass nicht nur die vorhandenen über 3.000 Arbeitsplätze, sondern auch die rund 400 im Logistikzentrum infrage stehen. Von daher wussten wir alle, anders als es ausverhandelt war, dass hier wesentlich mehr in der Gefahr ist, nicht mehr zum Zuge zu kommen. Das hat er ehrlich benannt. Wenn er sagt, die Zukunft ist unklar, heißt das nichts anderes, als dass man darum ringen muss, damit das nicht abgeschafft, sondern so, wie ursprünglich vereinbart, ausgebaut wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Laumann, ich will das im Interesse der Beschäftigten ganz sauber trennen. Was Sie gesagt haben, ist richtig, dass ganz klar gelten müsse, dass das, was im Tarifvertrag zwischen IG Metall und Konzernleitung ausgehandelt worden ist, vernünftig war, und dass das, was betriebswirtschaftlich und betrieblich vernünftig für Opel war, nämlich das Wa

renvertriebszentrum auszubauen und die Teilefertigung dorthin zu holen, nach wie vor gelten muss und dass keinerlei Bestrafungsaktion gegen Bochum laufen darf. Das würde ich auch an jeder Stelle unterstützen. Es muss unser Ziel sein, dies jetzt tatsächlich in Bewegung zu setzen.

Ich habe die Rede des Wirtschaftsministers noch einmal Wort für Wort durchgelesen. Ich fand, es war eine sehr maßvolle und nüchtern beschreibende, richtige und in allen Punkten zutreffende Rede, um das einmal ganz klar zu sagen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die Diskussion darum, dass die SPD ein schlechtes Gewissen haben müsste, ist völlig albern. Ich finde das vor dem Hintergrund der Diskussion um Opel völlig daneben. Die Diskussion um Opel führen wir hier seit Jahren. Ich bin 13 Jahre in diesem Hohen Haus. Wir haben sehr viele Opel-Diskussionen geführt, als wir und als Sie in der Regierung waren. Es war immer klar, dass der Opel-Standort Bochum für den Opel-Konzern ein Standort mit Schwierigkeiten ist, und zwar auch im Vergleich zu den anderen. Er hat Schwierigkeiten im Gesamtportfolio und auch hinsichtlich dessen, was man dort fertigt. Das wussten wir. Deswegen braucht niemand ein schlechtes Gewissen zu haben.

Die entscheidende Frage ist, ob man sich der Aufgabe stellt, ganz konsequent für Bochum herauszuholen, was herauszuholen ist, für die Menschen, die da beschäftigt sind, um möglichst viel von Opel und an Nachfolgebeschäftigung an diesem Standort zu haben, oder ob man es für eine ganz vordergründige populistische Debatte nutzt, wie das eben von Ihnen in weiten Teilen gemacht worden ist.

Die ganze Diskussion ist doch ein Stück weit unehrlich, wie Sie sie anzetteln, wenn Sie dem Wirtschaftsminister – das hat der Kollege Haardt beim letzten Mal gemacht – vorwerfen, er habe nicht alles öffentlich gemacht, was in den letzten neun Monaten diskutiert worden ist. Das kann er nicht. Das wissen wir alle, die wir über Opel diskutieren, die ganze Zeit, weil es in allererster Linie – das muss man doch klar sagen, und auch das ist in der Rede von Herrn Duin enthalten gewesen – eine Frage des Konzerns und der Arbeitnehmervertretung ist, darüber zu reden, wie sie das machen. Wir haben mit einem gewissen Respekt diese Diskussion zu begleiten und zu verfolgen, aber wir müssen auch akzeptieren, dass die zunächst ihre Entscheidungen treffen. Die Landesregierung ist dann zur Unterstützung da.

Bis zu dem ausgehandelten Tarifvertrag und bis zu der Abstimmung in den Betrieben hätte niemand hinausgehen und sagen können: Wir wollen bei den einzelnen Teilflächen von Opel in Bochum dieses oder jenes anders machen. Das wäre doch gar nicht gegangen. Insofern kann man nur vernünftig vorarbeiten und das so machen, wie es gemacht

worden ist. Das kann man dann in der Folge auch weitermachen.

Man muss auch ehrlich sagen: Wenn es so ist, dass bei Opel jeder Auszubildende im dritten Lehrjahr über mehr Betriebszugehörigkeit verfügt als die gesamte Managementspitze, dann wirft das ein Licht auf das, was vom Konzern her bei Opel in den letzten 15 Jahren gemacht worden ist.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Man muss kein Opel-Fahrer sein – ich fahre seit 30 Jahren VW –, um zu sagen, Opel hat immer vernünftige, gute und zuverlässige Autos gebaut, die in Deutschland hohe Absatzzahlen gefunden haben. Es ist aber auch so, dass gerade das Management vom Mutterkonzern in den USA ganz grobe Fehler gemacht hat und gegenüber Opel unfair gewesen ist. Stellen Sie sich vor, Volkswagen dürfte keine Autos in den USA verkaufen, keine Autos in China und in Asien. Diese internationalen Märkte braucht man heute. Wenn einer deutschen Autofirma das verwehrt und ihr gesagt wird, sie dürfe nur in Europa und in Russland Autos verkaufen, dann macht man ihr genau die Zusatzmöglichkeiten, um Geld zu verdienen und Innovationen zu entwickeln, kaputt. Darunter leidet Opel seit Jahrzehnten. Das muss auch für die Zukunft von Opel insgesamt bei uns in Deutschland durchbrochen werden. Opel hat diese Chance auf den Märkten nie gehabt.

Gleichzeitig sind Überkapazitäten aufgebaut worden. Das haben wir auch diskutiert, und das wissen wir. Das war auch in Ihrer Regierungszeit der Fall. Insofern wussten wir alle, dass dieses Problem im Raum steht. Wer 1,6 Millionen Autos fertigt und bestenfalls 1,1 Millionen absetzt und jetzt, wie die IG Metall gesagt hat, nur 50 % Auslastung hat, befindet sich in einer sehr schwierigen Situation.

Dann nützt der ganze vordergründige Angriff gegen den Wirtschaftsminister überhaupt nichts. Jetzt kommt es darauf an, mit Zähigkeit und Akribie in Bochum auf den drei Teilflächen mit dem Konzern zusammen, der ja Eigentümer ist, das herauszuholen, was für Bochum herauszuholen ist, und dafür zu sorgen, dass da Beschäftigung entsteht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Laumann, das geschieht nicht durch das, was Sie beim letzten Mal und eben hier gemacht haben. Dadurch sind wir keinen Meter weitergekommen.

Das muss man anders machen. Der Wirtschaftsminister hat uns in der letzten Sitzung des Plenums angeboten, jede Woche einen Jour fixe durchzuführen. Er hatte dazu heute zum ersten Mal eingeladen. Die einzige Fraktion, die nicht gekommen ist, war die CDU. Alle anderen Fraktionen waren vertreten. Auch wenn Herr Lindner nicht konnte, war immerhin Herr Brockes da. Das war völlig in Ordnung. Es kann immer einmal sein, dass jemand nicht kann. Dann kommt eben jemand anderes aus der

Fraktion. Aber von der CDU-Fraktion ist keiner gekommen. Das zeigt: Vordergründig fahren Sie eine billige Attacke, aber da, wo man vertraulich reden kann, sind Sie nicht vertreten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das geht so nicht weiter.

Ich will auch ganz klar sagen: Ich begrüße bestimmte Punkte, die Sie angesprochen haben – es ist nicht alles verkehrt –, weil wir einfach versuchen müssen, alles das, was wir für Opel herausholen können, herauszuholen.

Aber die Art, wie Sie das jetzt hier gemacht haben, die ist nicht in Ordnung. Sie sind nach meinem Gefühl schon über die Weiche hinaus. Die Frage, ob wir hier konsensual und konstruktiv etwas für den Standort tun, hätten Sie anders beantworten müssen, nämlich durch ein Zugehen auf uns mit der Frage:

(Zurufe von Karl-Josef Laumann [CDU], Jo- sef Hovenjürgen [CDU] und Lutz Lienenkäm- per [CDU])

Können wir ein gemeinsames Signal für Opel geben?

Sie haben hier eben das Gegenteil getan. Das ist dann so. Das muss man dann nüchtern zur Kenntnis nehmen.

Das heißt nur für mich, in dem weiteren Prozess, die verhärteten Fronten – sie sind verhärtet; das hat Herr Duin richtig beschrieben – aufzubrechen, um in einen Dialog zwischen Konzernleitung, Betriebsrat, IG Metall und den Beschäftigten kommt. Denn jetzt stehen da auch noch 420 Leute aus dem Warenverteilzentrum, die aus allen Wolken gefallen sind und für die sich die Zukunftsfrage stellt.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Diese Arbeit muss von der Landesregierung mit Unterstützung der Fraktionen geleistet werden.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Herr Lienenkämper, Ihre Fraktion fällt nach dem, wie Sie hier auftreten, bei dieser Aufgabe erkennbar aus. So ist es leider. Dann müssen wir anderen die Arbeit eben erledigen. – Danke schön.

(Langanhaltender Beifall von den GRÜNEN und der SPD)