Protokoll der Sitzung vom 26.04.2013

(Beifall von der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, man geht dann ja sämtliche Debatten noch einmal durch, um eine Landesregierung an dem zu messen, was ihre führenden Akteure in der Vergangenheit gesagt haben. Ich habe eine Bemerkung gefunden, die, wie ich finde, wie keine zweite treffend ihre Rolle und ihre Kompetenz in dieser Frage charakterisiert. Ich zitiere:

Sie haben keinen Seismografen, der Vorbeben erkennt, kein Frühwarnsystem für wirtschaftliche Probleme. Sie haben keinen Plan. Sie haben kein

Konzept und keine Strategie für die Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen. – Das hat Hannelore Kraft 2008 gesagt. Sie hat seinerzeit seherische Fähigkeiten bewiesen; denn selten hat Hannelore Kraft besser ins Schwarze getroffen als mit dieser Charakterisierung ihrer eigenen Wirtschaftspolitik.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Lindner. – Nun spricht für die Fraktion der Piraten Frau Brand.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Nachdem wir am Freitagmorgen dieser Sondersitzung noch zugestimmt und sie mitbeantragt hatten, bin ich inzwischen ziemlich sauer.

Ich habe am Wochenende zwei sehr interessante Telefonate geführt. In einem Telefonat mit einem Mitarbeiter des Opel-Konzerns in Bochum und einem Telefonat mit einem GM-Manager aus Rüsselsheim habe ich Informationen erhalten, die mich in meiner Einschätzung doch sehr irritieren. Leider hatten die Herren im Vorfeld nur die üblichen Verdächtigen angesprochen. Man bedankte sich aber ausdrücklich dafür, dass ich den Kontakt gesucht habe. Wir werden auch weiterhin im Kontakt bleiben.

Natürlich werden Parlamentstage immer dazu genutzt, kernige Aussagen zu machen und die politische Gegenseite anzugreifen. Dass aber die aktuelle Debatte zum Thema „Opel“ dazu genutzt wird, auf Kosten der Bochumer und der Opelaner zu punkten, ist für mich nicht akzeptabel.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Fakt ist: Jede einzelne Fraktion – mit Ausnahme der Piraten – hat bereits vor der Abstimmung zum Sanierungsplan gewusst, dass bei einem negativen Ergebnis zunächst einmal die Aussage steht: In Bochum ist definitiv und komplett Schluss!

Im Vorfeld fanden sowohl mit der Landesregierung als auch mit der CDU-Fraktion und der FDPFraktion Gespräche statt, in denen das sonnenklar herausgestellt wurde. Die Empörung der beiden Oppositionsparteien am Freitag zum Ende des Werks 3 ist ein billiges und lautes Wahlkampfgetöse.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das alles lässt diese Veranstaltung hier zu einem Politikzirkus verkommen, der den Menschen nicht hilft.

Minister Schneider, Sie haben sich am Freitag gegenüber der Presse erstaunt über die Schließung von Werk 3 geäußert. Reden die Herren Minister

nicht miteinander? Was für eine Kommunikation innerhalb der Regierung ist das denn?

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Da sieht man’s!)

Meine Damen und Herren, wir können nicht sagen: Lassen wir die Karawane ziehen! – Aktuell laufen die Verhandlungen zwischen Bochum und GM zum Projekt „Bochum Perspektive 2022“. Bochum wird an diesem Projekt mit 51 % beteiligt sein, GM mit 49 %. Entgegen anderer Befürchtungen, die geäußert wurden, will man für die Flächen gar nicht viel Geld haben. Der Konzern ist nur an einem zukunftsweisenden Plan für die Nutzung interessiert. Man möchte nämlich verhindern, dass irgendein Unternehmen kommt und sagt: Hey, wir geben Euch 1.000 Arbeitsplätze! – Aber nach drei Jahren sind die wieder weg.

Das Management distanziert sich ausdrücklich von der Schlüssel-auf-den-Tisch-lege-Praxis, wie sie vor vier Jahren Nokia praktiziert hat. Hoffen wir einmal, dass das ernst gemeint ist!

Nicht große Summen, sondern lediglich ein ordentliches Konzept ist die Forderung von GM an die Stadt. Dabei gibt es in Bochum bei den Verantwortlichen rund um unsere Bürgermeisterin Ottilie Scholz leider noch ein Zögern und eine gewisse Unentschlossenheit. Aber, warum ist das so? – Das dauert alles deshalb so lange, weil 60 km entfernt in Düsseldorf einige Politiker der Fraktionen suggerieren, es gäbe noch besonders viel Verhandlungsmasse.

„Bochum Perspektive 2022“ ist kein Wenn-dannProjekt bezüglich des Erhalts irgendwelcher OpelArbeitsplätze. Jede Behauptung, die etwas anderes sagt, ist absichtlich falsch oder basiert auf Unwissen.

(Beifall von den PIRATEN)

Meine Damen und Herren, wir dürfen hier keine Scheindebatte führen.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir warten bereits seit vier Jahren auf das, was Politik jetzt noch für Bochum tun kann: Investitionen in eine zukunftsorientierte Arbeitsmarkt- und Weiterbildungspolitik, und zwar mit den bereits vorhandenen Gewerbeflächen. Wir brauchen nicht noch irgendwelche Äcker umzupflügen. Denn den

newPark braucht an dieser Stelle kein Mensch.

(Beifall von den PIRATEN – Karl-Josef Laumann [CDU]: Doch!)

Weg von der Bettelei um Industriearbeitsplätze, Umbau der Stadt zu einem innovativen Technologiestandort. – Glück auf!

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Brand. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Kollege Schmeltzer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn man sich das von der Zuschauertribüne oder, wie es die Piraten sagen würden, im Stream anhört und …

(Beifall von den PIRATEN – Zurufe von den PIRATEN: Hey!)

Ich war während einer Plenarsitzung einmal krank. Da war ich der Einzige, der im Stream war.

… das mit dem abgleicht, was zum Beispiel in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 22.03., der im Anschluss an eine Plenarsitzung stattgefunden hat, abgleicht, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass das nicht in Übereinstimmung zu bringen ist.

Am 22.03., als der Minister uns gemeinsam in der Wirtschaftsausschusssitzung informiert hat, hatten wir eine sehr verantwortungsvolle Runde über alle Fraktionen hinweg. Die Verantwortung lag bei den regierungstragenden Fraktionen ebenso wie bei den Oppositionsfraktionen. Ich muss sagen: Es war eine gute Diskussion. Der Minister hat auch aus den Reihen der Opposition für sein Vorgehen – für das bisher Geleistete und für das dort von ihm Angekündigte – Zustimmung bekommen.

Was hier heute seitens der Opposition aufgeführt wurde, ist ganz kleines populistisches Schauspiel.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn sich jemand wie Herr Laumann – Herr Laumann, wir kennen uns nun schon einige Tage – hier hinstellt und Herrn Duin und Herrn Römer Attacken vorwirft, dann hat er sich nicht daran erinnert – oder er kann sich auch nicht daran erinnern –, was er selbst hier am Freitagmorgen gesagt hat, und er kann sich am wenigsten daran erinnern, welch unsägliches Schauspiel der Kollege Wittke hier geboten hat.

(Beifall von der SPD)

Da waren nicht einmal alle Zwischenrufe von ihm im Protokoll verzeichnet. Jeder hat hier gute Ohren.

Ist es denn Attacke, wenn ein Minister und ein Fraktionsvorsitzender sich daran begeben, die Legendenbildung, die Sie versuchen, ins Land zu bringen, zu widerlegen? Ist es nicht eher von Ihnen ein Aufblasen, weil Sie es nicht geschafft haben, Verantwortung an der richtigen Stelle zu übernehmen? Ist es nicht eher so, dass es Ihnen peinlich ist, dass Sie dem Minister in der von mir genannten Sitzung des Ausschusses vom 22.03. zugestimmt haben?

Herr Minister hat zu Recht aus dem Brief von Adam Opel zitiert, in dem deutlich stand, dass das unterbreitete Angebot natürlich unter dem Vorbehalt der

Zustimmung zum Tarifvertrag stand. Da muss man doch nicht studiert haben, Herr Laumann, um festzustellen, dass ein Angebot, wenn es nicht angenommen wird, nicht bis zum Sankt-NimmerleinsTag Bestand hat.

Letztendlich war die Konsequenz, dass Arbeitslosigkeit auch für 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Warenverteilzentrums drohte. Die Veröffentlichung im Internet in „DerWesten.de“ hat es einen Tag später schon auf den Punkt gebracht. Ich habe nur manchmal das Gefühl: Lesen und Verstehen, Herr Laumann, passt bei Ihnen an gewissen Stellen nicht zusammen. Deswegen brauchen Sie da sicherlich bessere Zuarbeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wie war es denn? Die Frustration der Mitarbeiter entstand doch insbesondere deswegen, weil Ankündigungen in der Vergangenheit, weil Versprechen aus der Vergangenheit ständig nicht eingehalten wurden.

Ich sage Ihnen ganz deutlich, Herr Laumann: Das reicht bis in Ihre Regierungszeit zurück. Ich erinnere mich sehr gut an das Schauspiel. Sie führen immer wieder an, dass Ihr Ministerpräsident damals in Detroit war, vergessen aber, daran zu erinnern, dass er bei GM erst einmal gar nicht hineingekommen ist und dann – wie gnädig! – in der Pressezentrale einen Termin bekommen hat. Woran ich mich aber am meisten erinnern kann, ist das Pressefoto, auf dem er Autos aus dem Schnee geschoben hat. Das waren die Erfolge von Detroit!

Er hat dann – so glaubte er zumindest – auch noch einmal „Erfolge“ – in Anführungsstrichen –, vorweisen können – im Übrigen zu einem Termin, wo er eigentlich schon gar nicht mehr gewinnen konnte, nämlich am 16. Juni 2010. Damals sagte er und die Staatskanzlei schrieb – damals saß er da noch, war aber sicherlich schon am Packen –: Wenn wir nicht den langen Atem gehabt hätten, wäre es nicht zu diesem Ergebnis gekommen. Rüttgers betonte, dass in NRW nicht nur der Zafira gebaut werde, sondern auch Entwicklungsarbeit für die Elektromobilität geleistet werden soll. Das habe Reilly ihm und Wirtschaftsministerin Christa Thoben gesagt.

Was ist denn aus diesen Gesprächen geworden? – Gar nichts ist daraus geworden!

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Packen Sie sich an Ihre eigene Nase, Herr Hovenjürgen. Da ist genug zum Packen.