Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Und die vorgeschlagene Lösung verhindert den Zusammenbruch der WestLB mit unabsehbaren Folgen auch für die wirtschaftliche Entwicklung Nordrhein-Westfalens. Im schlimmsten Fall könnte der Zusammenbruch der WestLB wieder zu einer neuen Finanzkrise führen. Auch dies gilt es auf jeden Fall zu verhindern.

Die 1 Milliarde € ist also sinnvoll eingesetzt – im Interesse des Landes, der Kommunen und der Be

schäftigten und damit im Interesse der Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Damit die zwischen allen Beteiligten ausgehandelte Lösung, die unter einem erheblichen Zeitdruck durch die EU steht, umgesetzt werden kann, haben die Regierungsfraktionen einen Änderungsantrag eingebracht, der die Umsetzung zwischen Bund und Anteilseignern sicherstellt. Hier sei noch einmal betont, dass sich der Bund mit insgesamt 3 Milliarden € an der vorgeschlagenen Lösung beteiligt.

Auch dies zeigt, wie wichtig eine geordnete Abwicklung der WestLB weit über NRW hinaus ist, und es zeigt, dass das Land Nordrhein-Westfalen ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt hat. Dafür auch dem Minister und dem Ministerium einen herzlichen Dank!

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

Das Gesetz setzt die vom Landtag beschlossene Eckpunktevereinbarung 1:1 um. Es sichert den fairen Lastenausgleich zwischen Land und Sparkassen. Es wird durch die Bundesregierung unterstützt, und es findet die Zustimmung der Beschäftigten. Und das für uns Allerwichtigste: Es wendet Schaden vom Land Nordrhein-Westfalen ab. Deswegen appelliere ich an die Opposition, insbesondere an die CDU, die die Eckpunktevereinbarung mit beschlossen hat, dieses Gesetz mit zu beschließen und den eingeschlagenen Weg zu Ende zu gehen.

Für uns ist klar, dass 1 Milliarde € eine Belastung ist, auch eine Belastung für den Haushalt. Aber für uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kommt es nicht infrage, wegen dieser 1 Milliarde € bei Bildung, bei Kindern und bei Kommunen zu streichen. Dieser Weg kommt für uns nicht infrage.

(Beifall von der SPD)

Kollege Schittges hat es mit großer Offenherzigkeit im Ausschuss erklärt: Die CDU würde diesem Gesetz nicht zustimmen, weil ihre Stimmen zum Beschluss nicht gebraucht würden. – Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, stehlen Sie sich aus der Verantwortung – einer Verantwortung für die WestLB, die auch Sie zu tragen haben.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Zahlreiche Fehler sind bei der WestLB gemacht worden, vor allen Dingen von den verantwortlichen Bankern, aber sicher auch parteiübergreifend im politischen Raum. Wir müssen gemeinsam kritisch nachdenken, welche Fehler begangen worden sind, und daraus für die Zukunft lernen. Jetzt gilt es aber, eine aktuelle Lösung für das jetzige Problem zu finden.

Da bitte ich Sie noch einmal eindringlich und appelliere an alle Beteiligten, die Verantwortung zu übernehmen und diesen Weg mit zu gehen. Es ist der

Weg, der am wenigsten Risiken birgt und der den Schaden vom Land Nordrhein-Westfalen abwendet.

(Beifall von der SPD und Reiner Priggen [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Zimkeit. – Für die CDU-Fraktion spricht der Herr Kollege Sieveke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über die Abwicklung der WestLB AG, die in der Geschichte einstmals das fünftgrößte deutsche Geldinstitut gewesen ist, ohne das es in den 80er- und 90er-Jahren keine große Fusion, keinen Börsengang gegeben hat. Wir reden damit aber leider auch über eine Landesbank, deren Geschichte von Arroganz, Verfilzung und Milliardenverlusten geprägt war.

(Beifall von der CDU)

Sie war das sozialdemokratische Herrschaftsinstrument von Ministerpräsident Johannes Rau. Friedel Neuber bildete seinerzeit gemeinsam mit Johannes Rau und dessen Finanzminister Heinz Schleußer ein regelrechtes Machtkartell, an dem vorbei in Nordrhein-Westfalen über viele Jahre keine Entscheidungen zu treffen waren.

Die Geschichte der WestLB AG ist damit untrennbar mit der Sozialdemokratie in Nordrhein-Westfalen verbunden. Die Lasten und die bis heute nicht endgültig geklärten Risiken der WestLB sind das Erbe der SPD in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es ist schon bemerkenswert, dass der ehemalige Regierungssprecher von Johannes Rau heute als Finanzminister für die Abwicklung der WestLB zuständig ist, gewissermaßen als Abrundung dieser Historie.

Der Finanzminister hat in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses die Beratung zur Eckpunktevereinbarung

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

als Sternstunde der Minderheitsregierung hoch gelobt.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Finanzminister, ich kann mich nur daran erinnern, dass – erstens – SPD und Grüne keine alleinige Mehrheit im letzten Jahr hatten, Sie – zweitens – das Pairing-Abkommen gebrochen haben, weil Sie geglaubt haben, eine eigene Mehrheit zu haben, und – drittens – Sie dann erst auf die CDU zugegangen sind.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Das war keine Sternstunde, das war eine Sonnenfinsternis der demokratischen Kultur.

(Beifall von der CDU)

In diesen finsteren Stunden sind dann die Fraktionsvorsitzenden Römer und Priggen auf die CDU zugegangen und haben mit der Bereitschaft zu ernsthaften Gesprächen Abbitte geleistet. Wir haben damals die handwerklichen Fehler und Versäumnisse der Landesregierung beiseitegeschoben, uns der staatspolitischen Verantwortung gestellt und der Eckpunktevereinbarung dann zugestimmt.

(Martin Börschel [SPD]: Und dann sind Sie davongelaufen!)

Allerdings hat damals unser Fraktionsvorsitzender Karl-Josef Laumann sehr deutlich und bis heute zutreffend gesagt – ich zitiere –:

„Aus staatspolitischer Verantwortung tragen wir das mit. Aus landespolitischer Verantwortung halten wir an unseren Forderungen nach Haushaltskonsolidierung fest. Es gibt in der gemeinsamen Erklärung kein Wort über das Verhalten des Landtags zu den Gesetzen, die demnächst vorgelegt werden müssen. Es gibt heute keinen Blankoscheck für diese Gesetze aus. Meine Fraktion wird Gesetzen nur dann zustimmen, wenn Sie haushaltspolitisch verantwortbar sind.“

(Beifall von der CDU)

Seitdem ist ein Jahr vergangen, ein Jahr, Herr Finanzminister, in dem Sie uns vieles von den schwierigen Verhandlungen, Ihren zahlreichen Nachtschichten, Ihren Reisen nach Berlin und Frankfurt erzählt haben. In einem geschlagenen Jahr war wenig Konkretes dabei, und von Ihren Einschätzungen und Prognosen, Herr Minister, ist so gut wie nichts eingetreten.

Bis heute, noch weniger als zehn Tage vor dem 30. Juni 2012, ist das wichtigste grammatikalische Element Ihrer Ausführungen stets der Konjunktiv. Sie haben uns erklärt, dass man mit umfangreichen Verkäufen rechnen könne. Von Teilbereichen mit mindestens 1.000 Beschäftigten war die Rede. Sie haben uns am 30. Juni 2011 im Plenum erklärt, dass man bis Ende 2016 im ungünstigen Fall mit einem Abbauvolumen von etwa 1.800 Stellen rechnen könne. Auch diese von Ihnen angestellte Prognose ist nicht Wirklichkeit geworden. Es wurde bisher nichts verkauft. Wir gehen weiterhin bei der WestImmo von 400 und bei der Portigon von 3.400 Beschäftigten aus. Hierzu kommen 2.800 Pensionäre und knapp 1.000 freigestellte Mitarbeiter. Das bedeutet allein bei der Portigon von 2013 bis 2016 einen jährlichen Personalabbau von mindestens 600 Mitarbeitern – also jedes Jahr, und das wird ganz schön hart werden.

Entscheidend ist aber: Die CDU-Fraktion wird diesem Gesetz nicht zustimmen, weil sich SPD und

Grüne damals wie heute der dringend notwendigen Konsolidierung der Landesfinanzen verweigern.

(Beifall von der CDU)

Sie haben inzwischen erklärt, dass Sie die Neuverschuldung gegenüber dem gescheiterten Haushaltsentwurf für 2012 um eine Milliarde auf knapp 5 Milliarden € anheben werden. Damit steigt die Neuverschuldung gegenüber 2011 um fast zwei Drittel. Ihr Koalitionsvertrag enthält keinen Hinweis darauf, wie die aktuellen und zukünftigen Lasten der WestLB-Restrukturierung im Landeshaushalt aufgefangen werden sollen. Auf 200 Seiten definieren Sie viele neue Aufgaben und Ausgaben für das Land. Zur WestLB und zur konkreten Konsolidierung des Landeshaushaltes schweigen Sie komplett.

Neben dem politischen Unwillen, zu sparen, kommen obendrauf Ihre ganz persönlichen Rechenkünste. 2011 findet dieser Finanzminister 1 Milliarde € im Haushalt; 2012 vergisst die Koalition 1 Milliarde € im Koalitionsvertrag. Sie wissen, dass Sie mit Ihrer WestLB-Lüge die Wähler klar getäuscht haben.

(Beifall von der CDU)

Sie können noch immer nicht mit Sicherheit sagen, welche Risiken noch in der WestLB schlummern.

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich komme zum Schluss. – Sie haben keinerlei Konzept für die Zukunft des Großteils der Mitarbeiter. Sie wissen, dass die Absicht, nur eine 1 Milliarde € bis 2017 zu sparen, bei einem strukturellen Defizit von über 4 Milliarden € ein Witz ist. Und Sie können sich sicher sein, dass Ihnen die CDU-Fraktion für diese Art der haushaltspolitischen Unverantwortlichkeit keinen Blankoscheck ausstellen wird. Aus Verantwortung für die Zukunft Nordrhein-Westfalens sagen wir heute Nein. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Sieveke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines vorweg: Man sollte sich nach einem solchen Ausrutscher des Kollegen Sieveke mit einer solchen Herleitung fast schon beim Finanzminister entschuldigen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der CDU: Oh!)