Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Aus Gesprächen mit Betroffenen und Unternehmen, denen wir uns stellen mussten, haben wir mitnehmen dürfen, dass die Argumentation der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen nicht belastbar und deshalb auch nicht haltbar war. Wir haben deshalb in der vergangenen Legislaturperiode einen Gesetzentwurf eingebracht, der eine bürgerfreundliche und der Situation angepasste Lösung anbot.

Die regierungstragenden Fraktionen von SPD und Grünen haben die Situation ebenso eingeschätzt und von daher selbst auch einen neuen Gesetzentwurf eingebracht, nach dem unter anderem zum Beispiel Ein- und Zweifamilienhäuser von der Untersuchungspflicht ausgenommen werden sollten.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Stimmt nicht!)

Herr Schmeltzer schreit schon wieder in der üblichen Art und Weise.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Weil Sie in der üb- lichen Art und Weise Unwahrheiten sagen!)

Es wurde ja sogar diskutiert, Herr Schmeltzer, Häuser bzw. Haushalte mit unter 200 m³ freizustellen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: In welchem Ge- setz stand das, Herr Hovenjürgen?)

Das hätte dann dazu geführt, dass der Zuzug der Schwiegermutter die Dichtheitsprüfung ausgelöst hätte.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU)

Aber das wiederum, meine Damen und Herren, ist dann ja nicht zum Tragen gekommen. Insofern waren Ein- und Zweifamilienhäuser von der Prüfung ausgenommen.

Wir haben, wie gesagt, nach den vielen Gesprächen und Diskussionen tragfähige Hinweise auf Belastung von Grundwasser nicht erkennen können. Deswegen war es konsequent und richtig, den seinerzeit eingebrachten Gesetzentwurf heute noch einmal in der gleichen Konsequenz einzubringen.

Bevor Sie, Herr Schmeltzer oder Herr Markert, die Dinge gleich wieder intensiv darstellen wollen, will ich Ihnen schon im Vorfeld aufzeigen, wie die Dichtheitsprüfung überhaupt entstanden ist.

Das Jahr 1994 – SPD-Alleinregierung – führte zur Änderung der Bauordnung des Landes NordrheinWestfalen. Der damals mit Drucksache 11/7153 vorgelegte Gesetzentwurf besagte, dass die Dichtheit von nichtkontrollierbaren Abwasserleitungen in wiederkehrenden Abständen von 20 Jahren überprüft werden sollte.

In der darauffolgenden Legislaturperiode legte die rot-grüne Landesregierung im Jahre 1999 eine Än

derung der Landesbauordnung vor, die dafür Fristen setzte. Hier ist das Jahr 2015 dasjenige, das letztendlich den Druck auslöste. In Wasserschutzgebieten sollte die Prüfung schon bis 2005 abgewickelt sein.

In der 14. Legislaturperiode wurde das Landeswassergesetz durch die CDU/FDP-Koalition im Jahre 2007 novelliert. In diesem Zusammenhang wurden mit Datum 6. Dezember 2007 die in Rede stehenden Bereiche aus der Bauordnung herausgenommen und sinnvollerweise in § 61 a Landeswassergesetz überführt, der dann letztendlich der sogenannte Dichtheitsparagraf wurde, über den so intensiv diskutiert wurde und wird.

In der 15. Legislaturperiode hat dann Herr Minister Remmel am 5. Oktober 2010 einen Erlass zur Umsetzung des § 61 a des Landeswassergesetzes herausgegeben. Dieser Erlass wiederum hatte zur Grundlage eine gemeinsame Beschlussfassung von SPD, Grünen und CDU, die letztendlich dazu führen sollte, dass wir eine bürgerfreundliche Umsetzung des Dichtheitsparagrafen 61 a erreichen.

Wir als Union haben uns allerdings wegen mangelnder Umsetzung im Hause nicht mehr in der Lage gesehen, diesen Weg mitzugehen; offensichtlich erfolgte mehr Behinderung als konstruktive Umsetzung. Erst als die Union erklärte, dass sie diesen Weg nicht mehr mitgehen wolle, kam Bewegung in die Sache. Es wurde noch einmal nachgebessert, aber auch diese Nachbesserung blieb unzureichend. Insofern kam es am Ende zu einem eigenen, von CDU und FDP eingebrachten Gesetzentwurf. Damit haben wir, glaube ich, richtig gehandelt.

Ich möchte Sie hier in diesem Hause, da wir alle gemeinsam einen Bedarf für Änderungen erkannt haben, bitten, diese bürgerfreundlich und umsetzbar zu gestalten, um vor allen Dingen eine Rechtsakzeptanz zu erreichen, und auf der Grundlage unseres Gesetzentwurfs in die gemeinsamen Beratungen einzusteigen. Ich freue mich darauf, dass wir gemeinsam daran interessiert sein werden, hier schnellstmöglich Rechtssicherheit zu schaffen. Wir haben hierfür eine Grundlage gelegt. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Hovenjürgen. – Für die FDP-Fraktion spricht nun zu einem älteren Inhalt ein neuer Kollege. Es ist seine erste Rede. Ich freue mich immer, wenn ich sagen kann „Jungfernrede“, was für uns Männer ja nicht ganz so gewöhnlich ist. Herr Höne, Sie haben zum ersten Mal das Wort. Viel Freude daran!

(Beifall von der CDU und der FDP – Verein- zelt Beifall von den GRÜNEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der nordrhein-westfälischen Umweltpolitik hat es in den letzten Monaten – der Landtagswahlkampf hat es noch einmal belegt – kaum ein anderes Thema gegeben, das die Gemüter der Bürgerinnen und Bürger landesweit so sehr erhitzt hat wie das Thema „Dichtheitsprüfung“.

(Zuruf von der FDP: Sehr richtig!)

Denn die festgeschriebene Prüfung privater Abwasserkanäle mit starren Fristen wird von den Bürgerinnen und Bürgern in Nordrhein-Westfalen in dieser Form einfach nicht akzeptiert. Das zeigen unter anderem die vielen Bürgerinitiativen, die sich zu diesem Thema bereits gegründet haben und immer noch gründen und die weiterhin aktiv sind – aus Sicht der FDP-Fraktion völlig zu Recht!

(Beifall von der FDP)

Auch können wir feststellen, dass die Dichtheitsprüfung in ihrer bisherigen Form mit einer generellen Pflicht zur Überprüfung aller Hausanschlüsse weder ökologisch sinnvoll noch ökonomisch vertretbar ist.

(Beifall von der FDP)

Denn der drohende ökonomische Aufwand für den einzelnen Hausbesitzer steht in absolut keinem Verhältnis zum ökologischen Nutzen. Außerdem stellt die Prüfung die Hauseigentümer unter einen aus unserer Sicht nicht gerechtfertigten Generalverdacht und ist auch in unseren Kommunen wegen verschiedenster Rechtsunsicherheiten nur schwer umsetzbar.

Die FDP-Fraktion im Landtag NRW hat diese Probleme in der vergangenen Legislaturperiode erkannt und sich konsequent dafür eingesetzt, den sogenannten Kanal-TÜV endlich abzuschaffen.

Ende Dezember letzten Jahres hatten meine Kolleginnen und Kollegen zusammen mit der CDU dazu eine Initiative gestartet, die die Umwelt in ausreichendem Maße schützt, dabei zugleich aber praktikabel ist.

Gleichzeitig würde dieser Entwurf dafür sorgen, dass – aus unserer Sicht ein ganz besonders wichtiger Punkt – „Hauseigentum“ für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen überhaupt bezahlbar bleibt.

(Beifall von der FDP)

Sie wissen es: Wegen der Auflösung des Landtags am 14. März konnte das Gesetzgebungsverfahren nicht abgeschlossen werden.

Meine Damen und Herren, wir als FDP haben den Menschen in unserem Land während des Wahlkampfes das Versprechen gegeben, sie bei diesem Thema und den Problemen nicht im Regen stehen zu lassen. Maßnahmen zum Umweltschutz müssen immer verhältnismäßig sein. Wohneigentum muss

bezahlbar bleiben. Darum haben wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion dieses Thema gleich zu Beginn dieser Legislaturperiode wieder auf die Agenda gesetzt.

Schaut man sich den rot-grünen Koalitionsvertrag an, kommt die erneute Einbringung keine Minute zu früh: Von der – lassen Sie es mich so sagen – „behutsamen Annährung“ an eine vernünftige und praktikable Regelung, wie sie der eben auch schon vom Kollegen Hovenjürgen erwähnte Verordnungsentwurf II des grünen Umweltministers Remmel im Januar 2012 vorsah, wollen SPD und Grüne nun ganz plötzlich nichts mehr wissen. Für die Bürgerinnen und Bürger und die Kommunen in unserem Land sieht Verlässlichkeit anders aus, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Und es hilft im Übrigen nichts, lediglich an der Fristenregelung etwas zu verändern und die Fristen nach hinten zu schieben, wie Sie das im Koalitionsvertrag unter anderem vorsehen. Denn wenn man schon in die falsche Richtung fährt, ist die Geschwindigkeit irrelevant. Dann bringt es nämlich nichts, etwas langsamer zu fahren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Unser Gesetzentwurf hingegen geht in genau die richtige Richtung. Denn er sieht eine Dichtheitsprüfung für Neuanlagen, bei wesentlichen baulichen Veränderungen und immer dann, wenn eine wirklich begründete Gefahr für den Boden oder das Grundwasser besteht, vor. Damit steht unser Entwurf voll im Einklang mit dem das Wasserrecht durchziehenden Vorsorgeprinzip. Die erforderlichen Maßnahmen – insbesondere zum Schutz des Grundwassers – müssen selbstverständlich ergriffen werden.

Das setzt aber voraus, dass undichte Leitungen tatsächlich und generell zu einer nennenswerten Grundwassergefährdung führen. Und genau dieser wissenschaftliche Nachweis – Kollege Hovenjürgen hat es gerade erwähnt – wurde aus unserer Sicht bislang nicht ausreichend geführt. Mit allgemeinen Mutmaßungen, mit denen im Moment gearbeitet wird, kommen wir aktuell nicht weiter. Schließlich müssen auch die Besonderheiten eines jeden Einzelfalls ausreichend berücksichtigt werden. Denken Sie zum Beispiel an die konkreten Bodenverhältnisse.

Auf der Grundlage eher allgemeiner Mutmaßungen will die rot-grüne Koalition die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen aber finanziell erheblich belasten. Sie wollen den Bürgern wieder einmal in die Taschen greifen. Auch hier zeigt sich, dass beim Thema „Dichtheitsprüfung“ die Verhältnismäßigkeit nicht stimmt.

An dieser Stelle werden Sie, Herr Minister Remmel, sicherlich noch weitergehen und den wasserrechtli

chen Besorgnisgrundsatz bemühen. Den haben Sie ja auch in den Koalitionsvertrag einfließen lassen.

(Hans Christian Markert [GRÜNE]: Zu Recht!)

Der Grundsatz findet sich nämlich beim Thema „Unkonventionelle Erdgasförderung“ bzw. „Fracking“. Dort, lieber Herr Kollege, wo Chemikalien in den Untergrund verpresst werden, ist dieser Grundsatz angebracht und dringend geboten, aus unserer Sicht aber nicht bei privaten Abwasserleitungen.

„Viel hilft viel“ ist bei der finanziellen Belastung der Bürgerinnen und Bürger eben nicht der richtige Weg. Beim selbstverständlich notwendigen Schutz der Umwelt dürfen wir die Menschen und insbesondere deren Akzeptanz für einzelne Maßnahmen im Umweltschutz nicht aus dem Blick verlieren.

Denn auch die finanziellen Belastungen der Hauseigentümer müssen angemessen berücksichtigt werden. Zum Beispiel geht es um die Kosten der Prüfung und einer möglichen Sanierung. Denken Sie an junge Familien, die die monatlichen Raten gerade abstottern können, oder Rentner, die sich überhaupt nur unter großen Mühen ein Häuschen haben leisten können. Gerade für diese Gruppen mit kleinen und mittleren Einkommen stellt das eine unkalkulierbare und damit auch unsoziale Belastung dar.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir wissen natürlich, dass es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, besonders schwerfällt, den Eigenheimbesitzern in NordrheinWestfalen zumindest einmal eine kleine Verschnaufpause zu gönnen. Erst in der letzten Legislaturperiode haben Sie ja die Grunderwerbsteuer „großzügig“ – so will ich es einmal bezeichnen – angehoben. Vielerorts wurden außerdem die