Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Wir wissen natürlich, dass es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, besonders schwerfällt, den Eigenheimbesitzern in NordrheinWestfalen zumindest einmal eine kleine Verschnaufpause zu gönnen. Erst in der letzten Legislaturperiode haben Sie ja die Grunderwerbsteuer „großzügig“ – so will ich es einmal bezeichnen – angehoben. Vielerorts wurden außerdem die

Grundsteuern massiv erhöht. Man könnte eine ganze Liste weiterer Belastungen und böser Überraschungen für Hauseigentümer aufführen. Ich denke dabei unter anderem an das geplante LandesErneuerbare-Wärme-Gesetz für Altbauten – um wirklich nur eine weitere Überraschung zu nennen. Ich will und darf meinen Redebeitrag an dieser Stelle auch nicht mit Aufzählungen bis in den Abend ausdehnen.

An der verpflichtenden Dichtheitsprüfung festzuhalten beweist: Sie wissen überhaupt nicht, was die Vorhaben, die Sie politisch im Landtag in Düsseldorf beschließen, vor Ort konkret bewirken. Das wissen Sie insbesondere nicht in Bezug auf das, was es für das Portemonnaie der Bürgerinnen und Bürger bedeutet.

Darum ist unsere Gesetzesinitiative heute umso wichtiger. Eine Regelung, die die Umwelt nicht spürbar schützt, dafür aber gerade Bezieher von kleinen und mittleren Einkommen zusätzlich zu den gerade schon genannten „Wohltaten“ belastet, muss endlich ersetzt werden.

Meine Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen beschreitet mit der Dichtheitsprüfung im Moment einen Sonderweg. Wir sind das letzte Flächenland in Deutschland, das an einer landesweit verpflichtenden Dichtheitsprüfung mit starren Fristen festhält.

Wir, die Fraktionen von CDU und FDP, wollen diesen Sonderweg im Interesse der Bürgerinnen und Bürger schnellstmöglich verlassen. Unsere Gesetzesinitiative als Vorschlag ist die entsprechende Wegbeschreibung. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Glückwunsch zur ersten Rede, Herr Höne. Herzlichen Dank. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Schmeltzer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Irgendwie hat mir auch etwas gefehlt in den letzten Wochen und Monaten. Ich weiß nicht, ob es unbedingt die Redebeiträge von CDU und FDP zur Dichtheit waren. Gefehlt hat mir heute mindestens der impulshafte Wortbeitrag von Kanal-Kai. Aber vielleicht ist das ja ein Staffelstab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Höne, Glückwunsch zur Jungfernrede. Das ist das eine. Kein Glückwunsch zu den Inhalten. Denn sie knüpfen bei Herrn Abruszat an.

(Zurufe von der FDP: Oh!)

Wir wissen nicht, was die Vorhaben bewirken. Der Herr Kollege von der CDU hat eben schon dargelegt, wie die Historie war. Ja, die Historie beginnt 1995 mit der Landesbauordnung. Wir wissen ja alle, Herr Hovenjürgen, dass seitdem Menschen in diesem Jahr im guten Wirken auf ein Landesgesetz die Prüfungen durchgeführt haben, in den letzten Jahren im Übrigen mehr als natürlich direkt nach 1995. Von daher wissen wir, Herr Höne, was diese Vorhaben bewirken. Wir wissen, dass die Kosten, die Sie immer anführen, nicht der Realität entsprechen. Wir wissen mittlerweile auch, dass die Abfallrohre inzwischen sogar mehr kaputt sind, als der Kollege Ellerbrock und der Kollege Uhlenberg seinerzeit als Umweltminister dieses Landes im Jahre 2006 noch vermutet haben.

Als ich den Tagesordnungspunkt, zu dem hier heute debattiert wird, gelesen habe und festgestellt habe, dass der Gesetzentwurf eins zu eins der gleiche ist wie zu Beginn dieses Jahres, habe ich mir überlegt nach der Studie des Plenarprotokolls vom

26. Januar: Sollst du nicht einfach hingehen und sagen, das, was ich am 26. Januar gesagt habe, war sachlich und fachlich richtig, und das ist nachzulesen.

Aber ich denke, auch der Anstand insbesondere den neuen Kolleginnen und Kollegen gegenüber, aber auch der neuen Fraktion gegenüber, die ja

zumindest parlamentarisch erstmalig mit diesen Dingen betraut wird, gebieten es, dass man noch einige Ausführungen macht.

Gerne wird hier von CDU und FDP behauptet, dass die Landesregierung einen Beschluss des letzten Jahres von SPD, Grünen und CDU – Herr Hovenjürgen hat es eben wieder getan, unwahrheitsgemäß – nicht umgesetzt habe. Das ist falsch. Am 8. Dezember vergangenen Jahres hat der Umweltminister die drei Fraktionen – zumindest die Verantwortlichen der drei Fraktionen – eingeladen, um genau über diese Punkte zu berichten und nicht zu berichten, was alles nicht geht, sondern dass alles umgesetzt ist.

Herr Hovenjürgen, wären Sie zu diesem Termin gekommen – Sie haben sich ja dem Termin verweigert nach dem Motto: was ich nicht hören will, höre ich mir auch nicht an –, dann hätten Sie auch die Situation gehabt, dass Sie genau vom Gegenteil überzeugt worden wären.

Gerne behaupten CDU und FDP, die rot-grüne Koalition würde ausschließlich der Handwerkerlobby nachgeben und es ginge uns gar nicht um den Grundwasserschutz. Das ist ebenso falsch.

Gerne behaupten CDU und FDP, dass ihr Vorgehen der Sache nach mit den Linken damals gemeinsam angegangen wurde. Das ist ebenso falsch. Die Linken haben nie das Begehren des Grundwasserschutzes bei den Funktionsprüfungen infrage gestellt, sondern haben vielmehr abgezielt auf Kosten und soziale Aspekte.

Fakt ist: Mit dem uns heute vorliegenden Gesetzentwurf von CDU und FDP verlassen Sie den Vorsorge- und Besorgnisgrundsatz, den Sie eben noch angesprochen haben. Dieser hat insbesondere im Bundes- und im Landeswasserrecht eine herausragende Bedeutung. Unter anderem sprechen auch deswegen sowohl der Bundesumweltminister auf seiner Internetseite – er gehört der CDU an – als auch der Bundesbauminister in einer eigens aufgelegten Broschüre – er gehört der CSU an – von der Verpflichtung zur Dichtheitsprüfung.

Nachdem der damalige Landesumweltminister

Uhlenberg die Änderung des Landeswassergesetzes vehement vertreten hat, hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, von wie vielen Undichtigkeiten im Land auszugehen ist. Dies wird zwischenzeitlich durch die bereits zu Tausenden durchgeführten Überprüfungen nicht nur ausdrücklich belegt, sondern zum Großteil auch deutlich überschritten.

Im Übrigen stimmt das natürlich nicht, Herr Hovenjürgen. In dem Gesetzentwurf stand nichts von Ein- und Zweifamilienhäusern. Das zeigt, dass Sie trotz langjähriger Parlamentszugehörigkeit nach wie vor nicht in der Lage sind, Gesetzentwürfe zu lesen.

Es ist bedauerlich, dass die beiden ursprünglichen Gesetzentwürfe mit den damit begonnenen Verfah

ren nicht weitergeführt wurden und dass die damit im Zusammenhang stehende im April vorgesehene Sachverständigenanhörung auch nicht durchgeführt wurde.

Herr Schmeltzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hovenjürgen?

Aber sehr gerne.

Das habe ich mir gedacht. Bitte schön, Herr Hovenjürgen.

Herr Schmeltzer, bei Ihrer gewerkschaftlichen Rhetorik lassen Sie mich einmal eine Frage stellen: Ist Ihnen bekannt, dass im Wahlkampf, der gerade zurückliegt, die Frau Ministerpräsidentin erklärt hat, sie könne sich sehr wohl vorstellen, dass Einfamilienhäuser – Omas klein Häuschen, so war ihre Formulierung – von der Dichtheitsprüfung ausgenommen werden?

Unabhängig davon, dass ich hier keine gewerkschaftliche Rhetorik betreibe, sondern als Parlamentarier rede, aber ein gewerkschaftlicher Hintergrund nie verkehrt sein kann, ist mir bekannt, dass die Ministerpräsidentin so etwas in Aussicht gestellt hat.

Ich hoffe, Ihnen ist ebenso bekannt, dass sich eine ähnliche Formulierung im Koalitionsvertrag widerspiegelt. Da steht drin: Wir prüfen. – „Wir prüfen“ ist nichts anderes als „man kann sich vorstellen“. Von daher warten wir doch erst einmal die Dinge ab, die da kommen, Herr Hovenjürgen.

Mir ist aber auch bekannt, dass Sie in Ihrem Wahlkreis ganz offensichtlich mit dem Kanal-TÜV nicht wirklich gepunktet haben. Sonst hätten Sie Ihren knappen Vorsprung von knapp 200 Stimmen aus 2010 nicht mit über 5.000 Stimmen ins Negative umgekehrt. So viel ist mir auch bekannt bei der Angelegenheit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir diese eigentlich für April geplante Anhörung jetzt hoffentlich irgendwann bekommen werden, dann werden wir Sachverständige hier haben, die deutlich machen werden, dass der vorliegende Gesetzentwurf der CDU ein Entwurf des Blendens ist, der sowohl dem Bundesrecht bezüglich der Betreiberverantwortung widerspricht als auch der Tatsache, dass Sie nur bei Neuanlagen und nur bei begründetem Verdacht prüfen lassen wollen, was dem Vorsorgeprinzip entgegensteht.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

In der Regel ist doch, Herr Kollege Rasche, davon auszugehen, dass Neuanlagen – das unterstelle ich

dem deutschen Handwerk – dem Stand der Technik entsprechen und somit auch funktionsfähig sind.

So ist es auch beim Auto. Trotzdem muss das neue Kraftfahrzeug drei Jahre, nachdem es gekauft wurde, zum TÜV. Später muss es nach zwei Jahren zum TÜV, und zwar immer und nicht erst, wenn ein Verdacht vorliegt. Oftmals wurden Autos beim TÜV schon ohne Verdacht des Eigentümers aus dem Verkehr gezogen. Das war auch gut so.

So ist es auch bei Heizungsanlagen und ihren Kaminen. Da wird nicht der Kamin geprüft, wenn der Rauch eine komische Farbe hat. Oder anders: Es ist so lange alles in Ordnung, solange weißer Rauch aufsteigt.

Nein, es wird regelmäßig vom Schornsteinfeger überprüft, beides übrigens mit regelmäßig entsprechenden Gebühren. Die regelmäßigen Abstände sind deutlich geringer als die, die wir bei der Funktionsprüfung vorsehen.

Vorsorgeüberprüfungen sind das – Vorsorge zum Wohle der Gesundheit der Menschen. So wie es beim Pkw um vorsorgenden Unfallschutz und bei der Heizung um vorsorgenden Schutz unserer Luft geht, geht es bei der Funktionsprüfung von Abwasserkanälen um vorsorgenden Schutz des Grundwassers – im Übrigen ganz im Sinne Ihrer Bundesregierung.

Was haben uns die letzten Monate gezeigt? Zum Gewässerschutz wollen alle stehen, aber dafür tun wollen nur wenige etwas. Ebenso haben wir festgestellt, dass die 396 Gebietskörperschaften in unserem Land unterschiedlich agieren. Dort, wo Aufklärung seit Jahren betrieben wird – übrigens: das ist der überwiegende Teil in unserem Land –, funktioniert das Gesetz in seiner Umsetzung. Fristen sind mal angepasst, mal nicht; Verunsicherung herrscht bei den Eigentümern und über die eventuellen Sanierungskosten.

Dies alles gilt es gründlich aufzuarbeiten, und zwar so, wie wir es auch schon in den letzten zwei Jahren praktiziert haben: in einem ständigen Austausch mit den Menschen – Betroffene zu Beteiligten machen.

Wir werden, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart ist, eine dem Gewässerschutz verpflichtete Vorsorgepolitik gemäß dem Wasserhaushaltsgesetz fortsetzen.

Die Verlässlichkeit der Landespolitik – Herr Höne, Sie haben sie angesprochen – ist durch Sie durchbrochen worden. Herr Ellerbrock und Herr Uhlenberg – ich habe es eben gesagt – haben hier massiv auf den Grundwasserschutz hingewiesen, als Sie 2006 das Gesetz geändert haben. Sie haben in der letzten Legislaturperiode diese Verlässlichkeit der Landespolitik gebrochen.

Uns ist wichtig, dass wieder Verlässlichkeit da ist, dass ein fairer Ausgleich zwischen den Betroffenen und dem Gewässerschutz hergestellt wird.

Es ist uns wichtig, bürgerfreundliche und soziale Lösungen zu erarbeiten, die insbesondere bei eventuellen Sanierungen der Abwasserleitungen soziale Härten und Ungerechtigkeiten verhindern. Wir werden aber auch darauf drängen, dass eine bundeseinheitliche Regelung, also eine Verordnung zum Wasserhaushaltsgesetz, schnellstmöglich auf den Weg gebracht wird – so wie es auf der Bundesebene vom Bundesumweltminister angekündigt wurde, so wie es auf der Internetseite des Bundesumweltministers zu lesen ist.

Der Bundesumweltminister macht sich zurzeit einen schlanken Fuß. Er muss da auch seiner Verantwortung nachkommen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass dies bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hinausgezögert wird – immer mit Blick auf NordrheinWestfalen.

Meine Damen und Herren, Grundwasser macht nicht an Landesgrenzen halt. Sich an Niedersachsen zu orientieren, ist auch bei der Funktionsprüfung falsch. Herr Höne, Sie haben das Fracking angeführt. Wer Fracking, wie das in Niedersachsen durch einen FDP-Minister geschieht, bis zur Unendlichkeit zulässt und somit die Trinkwasserverschmutzung in Kauf nimmt, ist bei der Dichtheitsprüfung ein schlechter Ratgeber. Sie können nicht das eine mit dem anderen verbinden und sich nur auf Nordrhein-Westfalen beziehen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich freue mich, dass der Kollege Biesenbach jetzt im Saal ist – er wird auch gleich das Wort ergreifen –; denn nach der nochmaligen Lektüre der Plenardebatte vom 26. Januar dieses Jahres ist es mir ein besonderes Bedürfnis, Herr Biesenbach, Sie noch einmal anzusprechen. Bei vielen haben Sie damals den Eindruck erweckt, von unseren Abwasserkanälen gehe keine Gefahr aus. Ich bin mir sehr sicher, dass das bei der anstehenden Sachverständigenanhörung widerlegt werden wird. Herr Sagel hat Sie damals wie folgt interpretiert: Sie wollten zurück ins Mittelalter; wir bräuchten überhaupt keine Abwasserkanäle mehr.