Protokoll der Sitzung vom 16.10.2013

Der zunehmende Fachkräftemangel stellt für den öffentlichen Dienst des Landes eine besondere Herausforderung im Wettbewerb mit privaten Angeboten um die besten Köpfe dar.

Vor diesem Hintergrund erstaunen die aktuellen Planungen des Landes, die dringend benötigte Zielgruppe der angehenden Diplom-Finanzwirte zukünftig mit einer provisorischen Unterbringung während der gesamten mehrjährigen Studienzeit im Schloss Nordkirchen ansprechen zu wollen.

Wie die Landesregierung mit LT-DS 16/3889 bestätigt, sollten zukünftige Steuerinspektoren aufgrund unterlassener Baumaßnahmen bald in einem Containerdorf untergebracht werden. Dem Vernehmen nach stehen den Anwärtern dort in angemieteten Wohncontainern bald beispielsweise selbst im Bereich der sanitären Einrichtungen nur Gemeinschaftsanlagen wie Duschräume zur Mehr-Personen-Nutzung zur Verfügung.

Da der Finanzminister das Ziel ausgegeben hat, auf Dauer die Anwärterausbildung an der FHF Nordkirchen zu verstetigen, ist die Entscheidung für dieses Provisorium unverständlich. Auf längere Sicht dürfte der schon lange geplante Anbau nicht nur adäquater für die Nutzung durch die Betroffenen sein, sondern auch wirtschaftlicher im Betrieb.

Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, dass Jugendvertretung, Personalvertretung und Schwerbehindertenvertretung sich nach den Angaben des Finanzministers mit dieser Art der Unterbringung und Ausstattung für die kommenden Jahre einverstanden erklärt haben. Daher sind für das Parlament alle Einzelheiten und Umstän

de dieser Einigung interessant, mit der es dem Finanzminister gelungen ist, die Zustimmung der Personalvertretungsgremien in dieser Frage zu erlangen.

Wie besteht die Finanzverwaltung mit den zukünftig geplanten Ausbildungsangeboten für ihre Steueranwärter den Wettbewerb um die besten Köpfe?

Ich bitte Herrn Minister Schneider in Vertretung für Herrn Minister Dr. Walter-Borjans um die Beantwortung dieser Frage. – Bitte schön, Herr Minister.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Finanzverwaltung stellt bei der Aufgabenerfüllung an sich selbst und damit auch an ihre Beschäftigten sehr hohe Ansprüche. Entsprechend intensiv und qualitativ hochwertig werden unsere Nachwuchskräfte ausgebildet.

Zudem hat die Landesregierung zur Einhaltung der Schuldenbremse 2020 einen ehrgeizigen Konsolidierungspfad eingeschlagen. Zusätzliche Ausgaben sind in jeder Hinsicht auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen.

Die Möglichkeit eines Erweiterungsbaus in Nordkirchen wurde geprüft. Die Überprüfung ergab, dass die Jahresmiete für einen Neubau fast doppelt so hoch wäre wie die Kosten für die Anmietung der in Rede stehenden Container. Darüber hinaus wäre eine mietvertragliche Bindung über zehn bis 15 Jahre zwingend.

Die Einstellungszahlen wurden in den vergangenen Haushaltsjahren verstetigt ausgewiesen. Grundlage sind jährlich aktualisierte Berechnungen zur demografischen Entwicklung. Ziel ist es, diese Verstetigung fortzusetzen. Die konkreten Zahlen werden jedoch im Rahmen des jeweiligen Etataufstellungsverfahrens verhandelt. Aktuelle Entwicklungen sind hierbei zu berücksichtigen.

Vor diesem Hintergrund muss die Möglichkeit erhalten bleiben, auf abweichende Einstellungszahlen zu reagieren.

Die Unterbringung von etwa 50 Studierenden in Containern ist aber nicht nur die wirtschaftlichste Lösung. Beim Fragesteller löst die Bezeichnung „Container“ offenbar eine Assoziation aus, die zu einer unzutreffenden Vorstellung über die Form der Unterbringung führt. Die etwa in den Niederlanden schon intensiver genutzten Container sind durchaus komfortable Wohneinheiten, die massiv gebauten Unterkünften in puncto Größe, Ausstattung und Wärmedämmung in nichts nachstehen. Für die schnelle und flexible Bereitstellung von studentischem Wohnraum sind sie sehr gut geeignet.

Im Frühjahr dieses Jahres fand eine Besichtigung von Wohncontainern statt. Die Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung war dabei. Nach über

einstimmender Einschätzung der Teilnehmer ist der angestrebte Standard der Unterbringung absolut vertretbar.

Die Größe der Container liegt etwas über der üblichen Zimmergröße. Sie werden so durch Flurelemente verbunden, dass ein Gebäude mit innenliegendem Treppenhaus entsteht. Die Container sollen mit Gipskartonwänden, Glasfasertapeten und Linoleumböden ausgestattet werden. Sie sind gut isoliert und beheizt und verfügen über große Fenster.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Sanitäre Gemeinschaftsräume sind bereits heute Standard in großen Teilen der Schlossunterbringung, so zum Beispiel im Bereich der Orangerie, des Ostflügels, des Westflügels und des Erbprinzenflügels und in der Villa Altendorf im Schloss Nordkirchen.

Die Verteilung der Studierenden auf die unterschiedlichen Unterkünfte erfolgt in einem rollierenden System. Keine Anwärterin und kein Anwärter ist während der gesamten Ausbildungszeit in einem Wohncontainer untergebracht.

Die Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung war von Anfang an in die Überlegungen einbezogen und hat sie positiv begleitet.

Das formelle personalvertretungsrechtliche Anhörungsverfahren mit dem Hauptpersonalrat wird in Kürze eingeleitet.

Insgesamt kann die Finanzverwaltung im Wettbewerb um die besten Bewerber damit überzeugen, dass sie eine qualitativ sehr hochwertige Ausbildung bietet, dass sie die Anwärter bereits zu Anfang gut bezahlt, dass sie in den letzten Jahren nahezu alle Anwärter übernommen hat, die die Laufbahnprüfung bestanden haben, und dass sie nach der Ausbildung auch vielfältige Einsatzmöglichkeiten bietet.

Der Studiengang der angehenden Diplom-Finanzwirtinnen und -Finanzwirte wird aufgrund der Unterbringung eines kleinen Teils der Studierenden in Containerunterkünften seine Attraktivität nicht verlieren. – Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister. – Nun hat sich als Erster der Fragesteller selbst gemeldet. Herr Kollege Wedel, bitte schön.

Vielen Dank, Herr Minister, auch für die Ausführungen. Die Landesregierung betont in der erwähnten Landtagsdrucksache 16/3889, dass sich die drei Interessenvertretungen der Beschäftigten, also Jugendvertretung, Personalvertretung und Schwerbehindertenvertretung, mit der Containerlösung einverstanden erklärt haben. Diese Aussage ist in der Sache erstaunlich und wird auch von Gremienmitgliedern bestritten. Wann haben je

weils die drei von Ihnen erwähnten Gremien offiziell in ihren jeweiligen Sitzungen die Zustimmung zu diesem Vorgehen beschlossen und Ihnen mitgeteilt?

Ich habe eben darauf hingewiesen, dass das konkrete Mitbestimmungsverfahren mit dem Hauptpersonalrat eingeleitet wird. Entsprechende Beschlüsse liegen nach meiner Kenntnis bisher nicht vor. Alle Vorgespräche mit den von Ihnen genannten Gremien haben aber gezeigt, dass mit einer Zustimmung in jedem Fall zu rechnen ist.

Danke schön, Herr Minister. – Herr Ellerbrock hat eine Frage.

Herr Minister, wenn Sie sagen, dass Vorgespräche stattgefunden haben und die Landesregierung daraus den Eindruck gewonnen hat, dass man mit einer Zustimmung rechnen könne, mag ich das ja glauben. In der Antwort der Landesregierung wird aber ein anderes Tempus verwendet. Dort ist dargestellt: liegt vor. – Was stimmt denn nun?

Es stimmt das, was ich eben ausgeführt habe. Die Verfahren – das habe ich ja eben mündlich noch einmal erläutert – sind eingeleitet. Man kann aber damit rechnen – das ist keine juristische Größe, weil das Verfahren noch nicht beendet worden ist –, dass die Zustimmung erfolgt.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Also stimmt die Antwort der Landesregierung nicht?)

Nein, die stimmt auch. Ich habe Ihnen doch eben erläutert, das Verfahren ist eingeleitet worden. Es ist noch nicht zu Ende gebracht worden.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Die Landesregie- rung hat aber gesagt, die liegt vor! Die mag zukünftig vorliegen! Die liegt derzeit also nicht vor? Also ist die Antwort der Landesregierung falsch!)

Das kann ich an dieser Stelle nicht bestätigen.

(Lachen von der CDU)

Nein!

Vielen Dank, Herr Minister. – Das war jetzt sehr großzügig von mir, Herr Ellerbrock. Das wissen Sie. Sie hätten sich eigentlich noch einmal für eine Frage melden müssen. – Jetzt haben wir als Nächstes Frau Freimuth auf der Liste. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich habe eine Nachfrage. Mich würde interessieren: In welchen anderen Ausbildungsbereichen bzw. Unterbringungsfragen der Landesregierung wird denn ebenfalls über eine Containerlösung nachgedacht?

Ich kann Ihnen diese Frage abschließend nicht beantworten. Diese Lösung wird allerdings durchaus in Erwägung gezogen, wenn es Platznot gibt. Natürlich. Aber im Moment gibt es keine vergleichbaren Fälle.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Witzel hat eine Frage. Bitte schön, Herr Witzel.

Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir die Gelegenheit zu einer ersten Nachfrage geben.

Herr Minister Schneider, ich habe eben mit Interesse gehört, wie Sie die in Drucksache 16/3889 getätigte Aussage der Landesregierung, die Mitbestimmungsgremien hätten sich einverstanden erklärt, auch in Ihrer Tradition als DGB-Vorsitzender sehen und in Ihren heutigen Erklärungen zurechtgerückt haben. Das fand ich bezeichnend.

Ich möchte Sie deshalb zur Attraktivität des öffentlichen Dienstes wie folgt fragen: Auch angesichts des Fachkräftemangels wird es immer schwieriger, qualifizierte Nachwuchskräfte zu gewinnen. Trotz des Doppeljahrgangs gibt es kaum eine größere Bewerberauswahl für die Finanzverwaltung. Für die Rekrutierung zuständige Stellen berichten sogar parallel, dass sich die Qualität der Bewerberprofile in den letzten Jahren verschlechtert hat.

Deshalb lautet meine Frage: Ist die Maßnahme einer dauerhaften Unterbringung von Fach- und Führungsnachwuchskräften der Finanzverwaltung in Containern eine geeignete Maßnahme, die Attraktivität bei zukünftigen Bewerbern zugunsten eines Eintritts in den Landesdienst zu steigern?

Ich kann Ihnen sagen: Die Attraktivität der Ausbildung wird nicht darunter leiden, dass vorübergehend Anwärterinnen und Anwärter, die in Nordkirchen ihre Ausbildung durchlaufen, in diesen Containern, die wirklich von einer bemerkenswerten Qualität sind, untergebracht werden.

Zu Ihrer ersten Einlassung: Wir wissen, dass Gremien einverstanden sind. Das formale Verfahren wird jetzt in Gang gesetzt. Das sind zwei Dinge, die man unterscheiden muss. Darauf habe ich hingewiesen. Das entspricht auch nach Nachfrage den

Realitäten. Das ist kein Widerspruch zu dem schriftlich Ausgewiesenen.

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Ellerbrock, Sie haben sich zu Ihrer zweiten und letzten Frage gemeldet. Bitte schön.

Herr Minister, ich habe Ihren beredten Äußerungen vernommen, dass der Komfort dieses Containerdorfes erheblich ist und es sich dabei letztlich um eine positive Sache handelt. Das nehme ich jetzt so hin.

Dann ist aber Ihre zweite Äußerung für mich unverständlich, in der Sie betonen, kein Auszubildender müsse die gesamte Ausbildungszeit im Containerdorf verbringen. Wenn das eine so tolle Wohnung wäre, könnte er auch die ganze Zeit dort verbringen, und man bräuchte kein Umzugssystem zu organisieren.