Protokoll der Sitzung vom 31.01.2014

Sie haben hier einen Finanzbericht vorgelegt, quasi regierungsamtlich, in dem steht, Sie haben 1 Milliarde Konsolidierungsbedarf, wenn alles gutgeht, wenn es keine Wagnisse gibt, wenn keine größeren konjunkturellen Einbrüche geschehen,

(Stefan Zimkeit [SPD]: 800 Millionen €!)

wenn keine Ideen auf Regierungsseite mehr aufkommen, noch mal mit der „sozialen Gießkanne“ durch die Gegend zu ziehen.

Die Deutsche Bundesbank – darauf hatte ich Sie dieser Tage hingewiesen – sagt, Sie müssten, um spätestens zum allerletzten Termin, 2020, den Haushaltsausgleich hinzubekommen, einen Puffer in Ihrer Kalkulation haben; denn es könnten auch unwägbare Dinge passieren. Die Schuldenbremse ist keine unverbindliche Preisempfehlung. Sie ist ein Minimum dessen, was Sie zu erreichen haben.

Deshalb müssen Sie nicht nur eine Planung haben, die eine schwarze Null für 2020 vorsieht, sondern Sie müssen auch noch einen Puffer in Ihren Planungen anlegen, für den Fall, dass nicht alles ideal verläuft, dass nicht mehr die Rekordsteuereinnahmen der letzten Jahre als warmer Regen unser Land beglücken, so wie das bei Ihnen in den letzten Jahren der Fall gewesen ist. Deshalb brauchen wir genau diese strukturellen Maßnahmen.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Ein Letztes. Sie ziehen ja gerne den Vergleich mit der Vorgängerregierung. Das ist genau der Unterschied: Bezogen auf die damaligen Verhältnisse der akuten internationalen Wirtschafts- und Finanzmarktkrise gab es ganz andere Annahmen, was die Refinanzierungskosten des Staates angeht, was die Belastungen für Kreditzinsen und Tilgung angeht und natürlich auch die Steuereinnahmen. Allein in den Schätzungen zwischen dem Haushalt 2009 und 2010 infolge der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise mussten wir mit über …

Herr Kollege, Ihre Redezeit.

… 5 Milliarden € weniger Steuereinnahmen rechnen. Deshalb können Sie sich dieses Jahr nicht allein herausgreifen.

(Beifall von der FDP)

Sie haben heute ganz andere Bedingungen: über 10 Milliarden € Steuereinnahmen mehr! Und dem muss endlich auch Ihre Haushaltspolitik in Nordrhein-Westfalen gerecht werden.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin es ja gewohnt, dass Herr Kollege Witzel auf Argumente nicht eingeht, sondern das abspult, was er sich aufgeschrieben hat. Doch ich will es trotzdem – zumindest, Herr Witzel, damit es im Sachzusammenhang steht – noch mal erklären.

Ich habe vorhin vorgetragen – dazu haben Sie nichts gesagt, haben keinerlei Versuch unternommen, das argumentativ zu widerlegen –, dass Sie einen Wunschzettel in der Größenordnung von 2 Milliarden € für diesen Landeshaushalt aufgeschrieben haben.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist falsch! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Die Zahlen habe ich eben genannt; die werde ich jetzt nicht wiederholen. Also: kalte Progression, Personalbesoldung, Stärkungspakt, Grunderwerbsteuer, Inklusion, Konnexität. Ich könnte diese Liste noch verlängern; das waren jetzt nur die wichtigsten Brocken.

(Zurufe von der FDP)

Ihr habt eben schon zehn Minuten geredet. Vielleicht bin ich jetzt mal dran.

Zwischenrufe sind schon möglich.

(Jochen Ott [SPD]: Das wird den Herrn Witzel verwirren! – Beifall von der SPD)

Herr Kollege Witzel, die größte Nummer ist, dass Sie Anträge in der Größenordnung von, ich glaube, 150 Millionen globale Minderausgaben on top auf das vorschlagen, was unser Finanzminister für diesen Landeshaushalt vorgeschlagen hat,

(Ralf Witzel [FDP]: Minderausgaben, ja!)

Aber dem Landesfinanzminister und der Koalition ins Stammbuch schreiben, dass globale Minderausgaben des Teufels sind. Wie schizophren sind Sie denn eigentlich?

(Beifall von der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Das haben wir nicht gesagt!)

Um deutlich zu machen, wo bei Ihnen nur noch Ideologie unterwegs ist:

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist unwahr, einfach nur unwahr!)

Sie haben eben zur Wirtschaftspolitik Argumente angeführt. Nehmen wir mal die Energiepolitik. Die schwarz-gelbe Bundesregierung – Sie sind nicht nur abgewählt worden, Sie sind sogar aus dem Bundestag herausgeschossen worden – hat im Jahre 2011 ein Atomverlängerungsgesetz gemacht. Und 2012 haben Sie ein dann Atomausstiegsgesetz gemacht, das jetzt dazu führt, dass Milliarden Investitionen nicht möglich sind und die großen Energiekonzerne – in Klammern: daran haben sie ein Stück weit selbst Schuld – in die Knie gehen.

Und Sie sprechen von Entfesselungseffekten für die Wirtschaft! Sie sind ideologisch verblendet! Das ist alles, was Sie sind.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- ruf von Christian Lindner [FDP])

Vielleicht mal konkret, was Sie in diesem Landeshaushalt wirtschaftspolitisch vorschlagen: Sie

schlagen im Wesentlichen vor, Flughäfen, die wir nicht brauchen, und halböffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel Messen noch stärker zu subventionieren. Das macht die FDP aus. Von Wirtschaftspolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich bei Ihnen ernsthaft nichts erkennen.

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Herr Kollege Schmitz, ich will Ihnen mal deutlich sagen, was uns an der Stelle trennt. Sie haben uns vorgeworfen, dass die Rentenpläne der Grünen teurer werden als das, was CDU und SPD hierzu vorschlagen.

Der Unterschied ist – in der Sache wird dazu Frau Kollegin Maaßen noch vortragen –: Die Grünen haben im Gegensatz zu Ihnen ein Finanzierungskonzept mit Milliarden Steuermehreinnahmen vorgelegt zugunsten der Menschen in diesem Land, die ungefähr 30.000 € bis 40.000 € verdienen, und haben auch gesagt, woher das Geld dafür kommen soll.

Sie sagen nicht, wo das herkommen soll, sondern Sie belasten die Beitragszahlerinnen. Das sind die, die zwischen 1.000 und 4.000 brutto verdienen. Das finde ich sozial ungerecht. Das unterscheidet uns, Herr Kollege Schmitz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte Ihnen noch einen Hinweis zu den rosa Zellen geben. Früher haben wir über rote Zellen gestritten, heute sind es rosa Zellen. Es handelt sich offensichtlich nicht um rosa Zellen, sondern um die Farbe „Cool-Down-Pink“. Ich habe mich darüber eben noch mal aufklären lassen. Diese Farbe, Herr Kollege Schmitz, ist genauso teuer wie weiße Farbe. Und die Anstriche erfolgen immer nur dann, wenn sowieso ein Anstrich erfolgen muss. – Das war also ein ganz schlechtes Beispiel, Herr Kollege. Erst sachkundig machen und dann den Vorwurf in den Raum stellen!

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Aktuelle Stunde hat wenig Neues gebracht, außer dass die FDP erneut versucht hat, ihr Potpourri abzuziehen. Dabei hat sie sich allerdings selbst entlarvt und deutlich gemacht, dass sie für den Wunschzettel in Höhe von 2 Milliarden € keine entsprechenden Gegenvorschläge darlegen kann.

(Widerspruch von Ralf Witzel [FDP])

Sie sind nicht geeignet, dieses Land zu führen. Gott sei Dank sitzen Sie auf der Oppositionsbank. Und das soll auch noch lange so bleiben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Schulz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und zu Hause! Ich fand nicht, dass es ganz wenig Neues gab, Herr Kollege Mostofizadeh. Immerhin wissen wir, dass wir die Milchproduktion erhöhen können, dann wird das hier schon laufen.

(Allgemeine Heiterkeit)

Es fehlt in der Tat ein bisschen der Ansatz. „Solide Haushaltskonsolidierung statt Steuererhöhungen – Nordrhein-Westfalen braucht seriöse Finanzpolitik!“ – wir können dieses Thema eigentlich jeden Tag diskutieren, tun das im Prinzip auch, mindestens einmal im Jahr im Rahmen der Haushaltsberatungen.

Ich möchte aber auf den eigentlichen Anlass für diese Aktuelle Stunde zurückkommen: das Interview. Damit hat sich der Herr Finanzminister eben auch noch mal auseinandergesetzt, und er hat vorgetragen, was der eigentliche Hintergrund ist.

Ich möchte auf das zurückkommen, was nicht gesagt worden ist, nämlich dass der Landesfinanzminister Nordrhein-Westfalen möglicherweise durchaus mit einem berechtigten Interesse fordert, dass die Grundsteuern erhöht werden. Denn auch da sind die Ausnahmen natürlich begrenzt.

Wir hatten 2013 im Bund mit 570 Milliarden – das durften wir gerade erfahren – Rekordsteuereinnahmen. Möglicherweise werden sie im Jahr 2014 noch höher liegen. Allein das sollte ausreichen, von allen Ländern aus – nicht nur von Nordrhein-Westfalen aus – vermehrt den Griff in die Bundeskasse zu versuchen, sprich: den Arm nach Berlin zu strecken und zu sagen: Gebt mal! – Gerade aus dem Blickwinkel NRWs ist das nicht ganz uninteressant, zumal ja die SPD jetzt mit in der Bundesregierung sitzt. Zwar besetzt die SPD nicht das Finanzressort, aber der Koalitionspartner wird ja möglicherweise die Hand öffnen, um NRW etwas zu geben.

Das wird zum Beispiel auch von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangt, wie wir jüngst zum Beispiel im Zusammenhang mit der Schulsozialarbeit erfahren durften. Das ist ein ganz interessantes Thema. Das hatten wir im Rahmen der Haushaltsberatungen auf den Tisch gebracht. Das wurde aber – ich sage mal – „niedergestimmt“. Und keine drei Monate später kommen die Grünen und sagen: Hey, wir haben etwas entdeckt! Schulsozialarbeit wird nicht finanziert! Uns fehlen 120 Millionen. Die fordern wir jetzt mal vom Bund.