Etwas zu tun, weil man es tun möchte, ist obendrein erwiesenermaßen deutlich produktiver, als etwas zu tun, weil man sonst nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann.
Wir müssen – um es noch einmal zu wiederholen – dringend weg von diesem Bild. Machen Sie sich frei von einem Weltbild, das Nichterwerbstätige ausgrenzt. Lassen Sie uns die Gesellschaft neu denken – eine Gesellschaft, die Teilhabe für alle zu jedem Zeitpunkt ermöglicht, in der alle vom Wohlstand profitieren, in der beinahe alle für das Gemeinwohl anpacken, nicht weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen.
Finden Sie endlich den Mut, die Zukunft zu planen, und zwar langfristig: bei der Braunkohle und auch bei den Arbeitsplätzen. Finden Sie den Mut, über die Legislaturperiode hinaus zu planen.
Herr Laschet, Sie sprachen vorhin von der Kraftwerkstechnik, die weltweit führend sei. Ich muss aber leider sagen: Kohlekraftwerke sind Auslaufmodelle.
Das hilft Ihnen nicht weiter. China hat im letzten Jahr so viele PV-Panels verbaut wie der Rest der Welt zusammen. Selbst China erkennt, dass der Ausstieg aus der Kohlekraft notwendig ist.
Mit der Atomkraft ist das so eine Sache; Sie haben die Verlängerung erst herbeigeführt und sie dann mir nichts, dir nichts wieder umgeschmissen. Ich bin gespannt, was Sie das im Bund kosten wird.
Sie sagten, die Grünen leiten den Ausstieg aus der Braunkohle ein. Das ist das, was die Grünen intern postuliert haben. Davon waren wir sehr überrascht, und Sie anscheinend auch. Es passt aber in der Debatte einfach nicht zusammen, einerseits darauf hinzuweisen, dass die Grünen so etwas postulieren, und andererseits das Gespenst vom Ende der Braunkohle an die Wand zu malen.
Dieses Gespenst gibt es nicht. An der Verstromung der Braunkohle ändert sich nichts. Wie Herr Priggen eindeutig gesagt hat: Es ist eine Reaktion auf die Effizienzgewinne; insofern gibt es keinen verfrühten Ausstieg aus der Braunkohle.
Sie wollen Verlässlichkeit – das wollen wir auch. Vor allem wollen wir dies für die Bürger. Von daher begrüßen wir diesen Schritt natürlich, auch wenn, wie Sie korrekt sagen, das Ganze mit der heißen Nadel gestrickt ist und wir von dieser Entscheidung und der Pressekonferenz sehr überrascht waren.
Herr Lindner, Sie sagten gerade, NRW sei ein energiepolitischer Geisterfahrer. Das finde ich sehr bemerkenswert. Ich muss Ihnen aber sagen: Sie sind der Geisterfahrer. Sie fahren bei der Energiewende permanent zurück. Sie sind die Partei, die permanent auf die Energiewende schießt, und die sich noch nicht einmal zu schade ist, sich als Ökopartei zu stilisieren, was geradezu lächerlich ist.
Sie malen hier das Aus für die Braunkohle an die Wand. Auch das entbehrt jeglicher Grundlage. Ich weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen, ob das nur ein normales Spielchen der Opposition ist oder was auch immer. Gott mit Ihnen – ich verstehe Sie nicht!
Sie sagen: Gabriel erreicht noch nicht einmal die Dämpfung des Strompreisanstiegs. – Das ist korrekt. Das erreicht er nicht. Und warum nicht? Weil er immer noch die Industrie im Auge hat, weil die Industrie in dieser Politik das Wichtigste ist und nicht der Bürger. Und das ist schlecht.
Herr Römer sagte, damit hätten wir Sicherheit für zwei Jahrzehnte. Auf dem Papier stimmt das theoretisch, aber ich glaube nicht an diese Sicherheit, weil ich persönlich davon ausgehe, dass die Energiewende deutlich schneller geht.
Ich möchte Ihnen sogar dafür danken, dass Sie sagten: Es kommt darauf an, frühzeitig zu planen. Nichts anderes fordern wir seit der letzten Aktuellen Stunde zu Garzweiler. Wir fordern diese Planung. Bitte, machen Sie sie! Wir sind dabei; wir helfen Ihnen gerne. Machen Sie bitte die Planung!
Und, Herr Priggen, es war mir noch wichtig, Ihnen zu sagen: Wir stellen natürlich die Leitentscheidung überhaupt nicht infrage – kein Thema. – Vielen Dank.
Es hat mich in der Debatte doch sehr erschrocken, dass die Beiträge der Opposition weitgehend faktenfrei waren.
Wenn Sie denn mal Fakten eingeführt haben, waren sie von mangelnder Faktenkenntnis geprägt. Gänzlich ignoriert haben Sie die rechtlichen Rahmenbedingungen. Ich komme im Einzelnen dazu und fange mit den Fakten an, die nicht richtig dargestellt worden sind:
Herr Laschet hat einen Brief von fünf ostdeutschen Ministerpräsidenten zitiert und hat ihn gegen Nordrhein-Westfalen verwandt. Dabei sollten Sie wissen, wenn Sie sich mit den Fakten auseinandersetzen, dass die Verhältnisse überhaupt nicht vergleichbar sind, weil die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen vom Eigenstromprivileg profitieren. Insofern ist Nordrhein-Westfalen von einer Regelung, die bisher im Entwurf vorhanden war, aber schon wieder herausgenommen worden ist, überhaupt nicht betroffen.
In der Tat kann man über Umsiedlungsverfahren und letztlich als Landesregierung auch über Genehmigung von Umsiedlungsverfahren nicht reden, ohne die Rechtsgrundlagen zu beachten. Das kam in der bisherigen Debatte bei Ihnen überhaupt nicht vor. Wenn man eine Entscheidung trifft – und man muss sie treffen – mit einer Genehmigung, wird selbstverständlich eine Genehmigung auch mit einer Stellungnahme, die man vorab ins Verfahren gibt, begründet. Darum geht es doch jetzt. Das muss rechtssicher passieren
In jüngster Zeit gab es ja eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Garzweiler. Das Verfassungsgericht hat zum einen eingeräumt, dass der Politik, dem Parlament, der Regierung ein relativer Spielraum hinsichtlich der energiepolitischen Notwendigkeit einzuräumen ist, aber auch betont, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu stärken sind, sie ihre Rechte schon früh ins Verfahren einbringen können und dass zum anderen Entscheidungen nicht abwägungsfrei stattfinden dürfen. Sie müssen angesichts der energiepolitischen Situation immer wieder hinterfragt werden.
Deshalb muss man sich mit den Fakten beschäftigen: Wie hat sich die energiepolitische Situation verändert? Die kann man nicht einfach ausblenden; dazu muss man als Regierung Stellung nehmen. Ich hätte von Ihnen erwartet, auch als Opposition in diesem Land dazu Stellung zu nehmen. Man kann nicht leugnen, dass sich die energiepolitischen, die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit der Genehmigung des Braunkohlenplans Garzweiler II 1995 entscheidend geändert haben.
Also: Wir sprechen über einen veränderten Strommarkt. Der Emissionshandel, die Beschlüsse zur Energiewende auf Bundesebene, die Konzeptionierung der Bundesregierung und die Klima- und Energieziele der Landesregierung sind hinzugekommen, die Auswirkungen auf die Grundannahmen und damit auf die Genehmigung haben.
Ich möchte Ihnen drei Beispiele nennen, mit denen Sie sich auseinandersetzen müssen und die aktuell zu bewerten sind, wenn es um die Grundannahmen geht:
In der seinerzeitigen Genehmigung und in der Konzeption waren als Alternativen für die Braunkohle diskutiert worden: Gas, Importsteinkohle oder Kernenergie. Das ist verworfen worden.
Auch ein verstärkter Ausbau der erneuerbaren Energien ist diskutiert worden. Damals hat man die Prognose zugrunde gelegt, dass in NordrheinWestfalen im Jahre 2020 2,5 Terawatt aus erneuerbaren Energien produziert werden. Fakt ist, dass 2012 aus erneuerbaren Energien 15 Terawattstunden in Nordrhein-Westfalen produziert werden – das 6-fache. Diese Tatsache kann man bei einer Betrachtung der Grundannahmen nicht einfach ignorieren, Herr Laschet.
Zum Zweiten war in der seinerzeitigen Genehmigung die Bedeutung von Garzweiler II insbesondere zur Erzeugung von öffentlichem Grundlaststrom – zur Deckung des Sockels – gekennzeichnet. Nun hat sich die Energiewirtschaft aber weiterentwickelt. Wir sprechen von einem Umbau unseres Systems. Die traditionelle Aufteilung konventioneller Stromerzeugung in Grund-, Mittel- und Spitzenlast wird nämlich abgelöst. Wir sprechen heute von einem
System, das auf Erneuerbaren basiert, sodass die Residuallast durch konventionelle Kraftwerke abzudecken ist. Das ist eine Veränderung der Grundannahmen. Auch dazu muss eine Landesregierung sich verhalten.
Ich will einen letzten Punkt nennen. Seinerzeit ist die Braunkohle in der Genehmigung als der heimische Energieträger schlechthin gekennzeichnet worden. Ja, das ist richtig, sie ist auch heute der größte heimische Energieträger mit einem Anteil von 26 %. Aber wir haben einen fast gleich großen heimischen Energieträger mit 24 %: die erneuerbaren Energien. Auch dazu muss eine Landesregierung in einer Stellungnahme das Wort ergreifen und diese Tatsachen bei einer Genehmigung berücksichtigen. Und dazu muss auch eine Opposition Stellung nehmen.
Dankenswerterweise hat Herr Laschet darauf verwiesen, welche Beschlüsse er aus der Vergangenheit trägt und wo er Verantwortung übernimmt. Ich meine allerdings, wir sollten noch einmal über die Verlässlichkeit reden, mit der Sie bestimmte Beschlusslagen verfolgen, Herr Laschet. Sie haben zum Beispiel nicht erwähnt, dass Sie und die CDU in der Großen Koalition 2005 bis 2009 und anschließend in der schwarz-gelben Regierung daran beteiligt waren, dass es eine Laufzeitverlängerung geben sollte. Sie haben den Atomausstieg bekämpft.
Das ist auch ein Grund dafür, warum wir heute nachholen müssen, was Sie hätten machen müssen, nämlich das System ausbauen. Das ist sträflich vernachlässigt worden.
Herr Laschet, wenn wir über „Verlässlichkeit“ reden, gehört auch dazu, dass Sie für ein Energiekonzept Verantwortung übernehmen, das Sie in einer Bundesregierung mitgetragen und mitbeschlossen haben und das heute noch gilt. Zur Wahrheit und Klarheit gehört auch: In diesem Energiekonzept steht, dass es prognostisch bis 2030 eine Halbierung der Braunkohleverstromung geben wird. Das müssen Sie den Menschen sagen, wenn Sie über die Beschlüsse, die heute noch gelten, reden. Das steht nämlich dort drin. Aber wie soll das umgesetzt werden? Auch dazu muss eine Landesregierung bei einer Genehmigung Stellung nehmen. Auch an der Stelle muss es Verlässlichkeit geben, wenn man sich an Fakten orientiert.