Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Deshalb, Herr Kufen, müssen Sie sich an dieser Stelle erklären. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Für die CDU-Fraktion spricht der Kollege Kufen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Remmel hat mittlerweile das Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ entdeckt und uns gesagt: Sie wollen nur Gespräche führen. – Aber Gespräche wollen doch auch Sie führen, Herr Remmel. Tun Sie doch nicht so, als würde Ihre Politik Gespräche ersetzen!

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Insofern ist es doch nur folgerichtig, was wir im Koalitionsvertrag verabredet haben.

Wir haben auch die Rahmenbedingungen klar beschrieben, unter denen wir diese Gespräche zu führen haben. Es gilt ganz klar das Verursacherprinzip. Reden Sie sich an der Stelle doch nicht heraus und machen nur Ablenkungsmanöver! Ganz klar ist doch, dass – ich greife Ihr Bild auf – die Folie, die wir heute beschrieben haben, nicht mit dem Antrag der Piraten endet.

Eines ist aber auch klar bei allen Debatten, die hier geführt werden: Niemand hat mehr Wissen über das Thema, über das der „SPIEGEL“ schreibt, als das, was jetzt im „SPIEGEL“ steht. Das ist der eigentliche Punkt.

Wir reden über einen Artikel, den wir alle gelesen haben. Wir diskutieren in der Aktuellen Stunde darüber. Dann kommt plötzlich Herr Markert mit einer großen Verschwörungstheorie daher – diese Theorie war bisher eher bei den Piraten angesiedelt – und sagt: Das ist der große Coup; das war der Testballon.

Ich traue nicht einmal den Energieversorgern ernsthaft zu – Sie wahrscheinlich auch nicht –, dass sie so einen Testballon eine Woche vor der Europawahl starten lassen und damit diese Idee aufs Pferd heben wollen.

(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Für Sie war das Thema „NSA“ vor Kurzem auch noch eine Verschwörungstheorie! – Weitere Zurufe)

Das war natürlich ein sehr schlechter Testballon; denn die Debatte ist offensichtlich in eine ganz andere Richtung gelaufen, als es wahrscheinlich beabsichtigt war. Nach meinem Eindruck war es gerade die Absicht dieses Testballons, diese Debatte nicht zu führen.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Herr Kufen, die- se Debatte hat es hier nie gegeben! Merken Sie sich das! – Heiterkeit von den PIRATEN)

Ich will bei alledem noch einmal deutlich machen: Unabhängig davon, zu welchem Modell wir hinterher kommen, unabhängig davon, welche Rechtsform wir wählen, werden die Energieversorgungsunternehmen nicht in der Lage sein, die Rückstellungen einfach eins zu eins zu überführen, ohne ihre eigenen Wirtschaftlichkeit zu gefährden.

(Minister Johannes Remmel: Aha!)

Deshalb brauchen wir die Gespräche, Herr Minister. – Die Frage ist auch: Sind die Rückstellungen adäquat? Sind sie gesichert? Und wie hoch sind sie denn?

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Aha!)

Da kann ich nur Herrn Matthes vom Öko-Institut zitieren, der erklärt, er gehe davon aus, dass es realistische Zahlen seien, weil die Energieversorgungsunternehmen gar kein Interesse daran hätten, sich arm und klein zu rechnen.

Insofern will ich die Zahlen nennen, die ich vorhin aufgrund der kürzeren Redezeit nicht ausführen konnte. Der Rückbau eines einzigen Kernkraftwerkes kostet, grob geschätzt, zwischen 500 Millionen und einer Milliarde €. Bei ursprünglich 21 Kernkraftwerken belaufen sich die Kosten somit auf einen Betrag zwischen elf und 21 Milliarden €, der vermutlich bis 2030 benötigt wird, weil der Rückbau zehn bis 15 Jahre dauert.

Nun gibt es nicht wenige, die sagen, das sei zu wenig.

(Hans Christian Markert [GRÜNE]: Ja!)

Ich habe gerade noch einmal nachgeschaut.

(Hans Christian Markert [GRÜNE]: Green- peace-Gutachten!)

So geht das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft von anderen Zahlen aus, und zwar von 34 Milliarden €. Darin ist aber die Endlagerung enthalten. Insofern liegen die Zahlen am Ende doch relativ eng zusammen. Vor allen Dingen unterscheiden sie sich nicht so, dass Sie sie hier wie eine wilde Horde am Ende der Rede einbringen müssen.

(Zuruf von Hanns-Jörg Rohwedder [PIRATEN])

Ich will Folgendes deutlich machen: Diese Debatte wird weiter geführt. Die Große Koalition hat dazu den Fahrplan festgelegt, und zwar sehr klug und sehr verantwortlich. Wir sind gut beraten, uns an diesen Gesprächen im Interesse Nordrhein

Westfalens zu beteiligen und nicht auf Testballons, von wem auch immer, zu reagieren. „SPIEGEL“Artikel vor Wahlen sind kein Ersatz von Politik. Das ist die Simulation von Politik, hilft aber in der konkreten Frage keinem Einzigen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Reden Sie einmal mit Herrn Bouffier! Er ist doch Ihr Parteikollege!)

Vielen Dank, Herr Kollege Kufen. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

2 Der Schulkonsens als Motor der Schulent

wicklung in Nordrhein-Westfalen – Erste Bilanz der Veränderung der regionalen Schulangebote

Unterrichtung durch die Landesregierung

Der Chef der Staatskanzlei hat mit Schreiben vom 5. Mai 2014 mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtigt, zu diesem Thema zu unterrichten.

Diese Unterrichtung erfolgt durch Frau Ministerin Löhrmann. Ich erteile hiermit Frau Ministerin Löhrmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor nahezu drei Jahren haben CDU, SPD und Grüne einen wegweisenden schulpolitischen Konsens für unser Land vereinbart, für den zuvor in einem breit angelegten Prozess in der

Bildungskonferenz mit zahlreichen Akteuren aus der Zivilgesellschaft der Boden bereitet wurde.

Unser Ziel war es, den bildungspolitischen Herausforderungen vor dem Hintergrund zurückgehender Schülerzahlen und des veränderten Schulwahlverhaltens der Eltern zu begegnen. Wir wollten und mussten ein vielfältiges, zukunftsfestes Schulsystem für unsere Kinder und Jugendlichen dauerhaft gewährleisten.

Ein Zitat: Im Mittelpunkt stehen die Kinder als Gewinner dieses Konsenses. – Das war seinerzeit die Botschaft des damaligen Landesvorsitzenden der CDU, Norbert Röttgen, die Ministerpräsidentin Kraft und ich bis heute uneingeschränkt teilen: Die Gewinner sind die Kinder. Wir alle gemeinsam haben am Ende eines sehr konstruktiven, vertrauensvollen und zielorientierten Prozesses eine faire Einigung erzielt. Ein Leitsatz: Im Mittelpunkt stehen die Kinder, nicht die Strukturen.

Als Kernstück des Schulkonsenses haben wir die Handlungsspielräume der kommunalen Schulträger erweitert. Sie haben damit die Möglichkeit, die beste Schule vor Ort zu gestalten und umfassende wohnortnahe Schulangebote zu erhalten, die Wege zu allen Bildungsabschlüssen eröffnen. Deshalb haben wir im Schulgesetz mit der Sekundarschule eine neue Regelschulform des längeren gemeinsamen Lernens verankert und die Gründung von Gesamtschulen – Bedarf und Elternwille vorausgesetzt – erleichtert.

Karl-Josef Laumann hat sehr großen Wert darauf gelegt, wie kommunalfreundlich unsere Entscheidung gewesen ist. Sein Fazit – ich zitiere erneut –: Politiker sind nicht nur in der Lage, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern auch, Neues zu erschaffen.

Meine Damen und Herren, mit diesem Prozess in der Bildungskonferenz und dem politischen Prozess, den wir gemeinsam vorgenommen haben, haben wir einen jahrzehntelangen, erbittert geführten ideologischen Streit in Nordrhein-Westfalen befriedet und den Weg für eine pragmatische Schulentwicklung vor Ort frei gemacht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dass und wie dieser Schulkonsens wirkt, zeigt der Ihnen vorliegende Bericht, der einem Parlamentsauftrag folgt, in einer ersten Bilanz.

Meine Damen und Herren, wir haben die bisher vorliegenden Daten zur Veränderung der Schullandschaft im Bereich der Sekundarstufe I seit dem Schulkonsens umfassend ausgewertet. Soweit

möglich, haben wir auch die bereits absehbaren Entwicklungen zum Schuljahr 2014/2015 berücksichtigt.

Der Schulkonsens enthält viel mehr. Er enthält das Grundschulkonzept, das hier heute aber nicht berücksichtigt wird. Er enthält Absenkungen von Klas

senbildungswerten für bestehende Gymnasien, Gesamtschulen und Realschulen, die aber natürlich noch nicht bewertet werden können, weil sie noch nicht zwei Jahre greifen.

Wir können feststellen: Der Schulkonsens wirkt in einem Maße, das unsere Erwartungen übertrifft. Sage und schreibe 197 Schulträger – das ist fast genau die Hälfte aller Kommunen in NordrheinWestfalen – haben sich erfolgreich aufgemacht, ihre Schullandschaft nachhaltig neu zu ordnen. Das lässt sich an den vielen Neuerrichtungen von Schulen des längeren gemeinsamen Lernens seit dem Jahr 2012 ablesen. Es ist wirklich so gewesen, dass offensichtlich ein Korken aus der Flasche gezogen worden ist. Anders ist diese große Zahl nicht zu erklären. Dass sich die Hälfte der Gemeinden Nordrhein-Westfalens in irgendeiner Weise daran beteiligt und hier mitmacht, ist ein grandioser Erfolg und ein grandioses Ergebnis.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Lassen Sie mich einige zentrale Aspekte des Berichts hervorheben.