Protokoll der Sitzung vom 01.10.2014

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe heute schon einmal den Hinweis gegeben. Es wäre schön, dass Sie, wenn Sie hereinkommen, sich auch gleich hinsetzen und das möglichst geräuschlos über die Bühne bekommen, damit die Ministerin Ihre Fragen entsprechend beantworten kann und auch Nachfragen gestellt werden können. Also, wir probieren es noch einmal.

Ich knüpfe da noch einmal an: Es ging um die Fächer politische Bildung und darum, dass wir den Comic „Andi 2“ einsetzen, der inzwischen eine Auflage von mehr als 200.000 Heften hat.

Das Thema soll auch in die Fortbildung von Lehrkräften zu Beratungslehrkräften einfließen. Damit ist beabsichtigt, zu erreichen, dass in möglichst vielen Schulen Lehrkräfte tätig sind, denen Beratungs- und Unterstützungssysteme bekannt sind, also außerhalb der Schule, die gegebenenfalls genutzt werden können. Hierzu gehört auch die Zusammenarbeit mit der Polizei und dem Verfassungsschutz.

Zu diesem Konzept wird zeitnah eine Abstimmung mit den Hauptpersonalräten stattfinden, die dann hoffentlich in der ersten Jahreshälfte 2015 erfolgen kann.

Das Thema „Salafismus“ wird demnächst auch in den Notfallordner für Krisenintervention aufgenommen, der zurzeit überarbeitet wird. Lehrkräfte sollen dort Hinweise erhalten, wie sie präventiv und interventiv handeln können und an wen sie sich wenden sollten. Die Veröffentlichung ist für Februar 2015 vorgesehen.

Das Ministerium für Schule und Weiterbildung unterstützt im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit der Landeskoordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren und dem DGB-Bildungswerk das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“. Im Zuge dieses Projektes engagieren sich Schulgemeinschaften aktiv gegen jede Art von Diskriminierungen, insbesondere gegen Rassismus, und fördern Zivilcourage in der Schule und in ihrem Umfeld. Zurzeit arbeiten rund 400 Schulen aus Nordrhein-Westfalen in diesem Netzwerk.

Last but not least will ich nennen: Der islamische Religionsunterricht, der in Nordrhein-Westfalen schrittweise eingeführt wird, bestärkt die Schülerinnen und Schüler in ihrem Bekenntnis und schützt sie auch nach Auffassung der Lehrkräfte vor extremistisch verzerrten Deutungen des Islam. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Zu einer Frage hat sich Herr Dr. Stamp von der FDP gemeldet.

Herr Präsident! Frau Ministerin, möglicherweise ist das akustisch untergegangen, aber ich möchte noch einmal grundsätzlich fragen: Wir haben unserer Anfrage den Artikel „Schule gegen den Dschihad“ aus der „Neuen Westfälischen“ zugrunde gelegt und den Hinweis darauf gegeben, dass in Ihrem Ministerium der Eindruck vorherrscht, dass die Schulen in NordrheinWestfalen relativ gesehen noch Oasen sind. Die

Frage ist: Wie ist Ihre konkrete Einschätzung der Lage an den Schulen, was den Umfang dieses Problems der islamistischen Beeinflussung angeht und die Gefahr für Schülerinnen und Schülern, Opfer islamistischer Beeinflussung zu werden?

Bitte schön, Frau Ministerin.

Sehr geehrter Herr Stamp, dem Ministerium liegen keine konkreten Zahlen darüber vor, inwieweit gewaltbereite Salafisten an den Schulen aktiv sind. Sie wissen, dass, wenn etwas auffällig wird, normalerweise Meldungen „Wichtiger Ereignisse“ stattfinden. Die Schulen sind wie bei anderen Anzeichen krimineller Betätigungen angehalten, bei jedweder extremistischer Form – gewaltbereite und/oder verfassungsfeindliche Formen – und Ausprägung entsprechende Institutionen zu informieren. Dies sind die Polizei, der Staatsschutz der Polizei und der Verfassungsschutz im Innenministerium. In den Notfallplänen ist geregelt, dass, wenn Auffälligkeiten zu beobachten sind, sofort interveniert wird. Ich kann Ihnen sagen, dass nach meiner Kenntnis aktenkundig erst eine einzige WE-Meldung dieser Art erfolgt ist.

Vielen Dank. – Zu einer Frage hat sich Frau Kollegin Gebauer gemeldet.

Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Vielen lieben Dank noch einmal für Ihre Ausführungen, Frau Ministerin. Sie sind auch Präsidentin der KMK. Meine Frage an der Stelle lautet: Gibt es dort schon einen angedachten Austausch zwischen den Bundesländern, um entsprechende Anstrengungen gemeinsam zu unternehmen, bzw. den Blick darauf, wie das die anderen Bundesländer handhaben, um entsprechende Maßnahmen vielleicht einfach zu übernehmen, zu kopieren bzw. den anderen Ländern entsprechend zur Verfügung zu stellen?

Bitte schön, Frau Ministerin.

Sehr geehrte Frau Gebauer, meines Erachtens geht das über die Fragestellung hinaus. Grundsätzlich muss man feststellen, dass die Koordination zu dieser Frage von Extremismus, Gewaltbereitschaft über die Innenministerien bzw. den Verfassungsschutz erfolgt.

Uns ist bekannt – darauf haben Sie in Ihrer Frage auch abgehoben –, dass es in Hessen einen

Schwerpunkt im Rhein-Main-Gebiet sowie Schwerpunkte in Hamburg-Billstedt und Mümmelmannsberg gibt. Die Maßnahmen, die Hamburg und Hessen ergreifen, sind vergleichbar mit denen in Nordrhein-Westfalen. Der Austausch zwischen den Ländern ist natürlich wichtig und immer hilfreich.

Danke schön. – Herr Witzel hat sich zu einer Frage gemeldet.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin Löhrmann, ich denke, wir sind uns einig, dass es wichtig ist, kultursensibel zu reagieren. Außerdem ist es wichtig, dass die Lehrer entsprechende Anzeichen islamistischer Beeinflussung bei Schülern erkennen.

Für den Fall, dass es nicht nur eine Frage der schwierigen Akustik war, sondern wir tatsächlich nichts Näheres zu Ihren Konzeptvorstellungen zur Lehrerfortbildung in diesem Bereich wahrnehmen konnten, lautet meine Frage: Was können Sie in diesem Zusammenhang verbindlich zu Quantität und Qualität von Lehrerfortbildung in diesem wichtiger werdenden Feld mitteilen?

Bitte schön, Frau Ministerin.

Sehr geehrter Herr Witzel, ich bin Ihnen dankbar für die Frage, weil ich jetzt deutlich machen kann, dass es unterschiedliche Angebote gibt, die auch gut nachgefragt werden. Ich möchte einige Beispiele dazu nennen.

Der Verfassungsschutz führt Regionalkonferenzen in den Regierungsbezirken durch. Ich hatte eben schon gesagt, dass in Arnsberg bereits eine solche Konferenz stattgefunden hat, und am 7. November findet eine weitere in Düsseldorf statt.

Darüber hinaus gibt es Fachtagungen wie „jung – krass – (un-)demokratisch – Radikalisierung von Jugendlichen vorbeugen“ des Landesarbeitskreises Jugendhilfe, Polizei, Schule. Diese Veranstaltung hat im September 2013 stattgefunden. Das Schulministerium war an der Organisation beteiligt, und Herr Minister Jäger und ich haben an dieser Veranstaltung teilgenommen, damit für alle Beteiligten deutlich wurde, dass das prominent betrachtet wird.

Zur Zielgruppe gehörten Lehrkräfte, Fachkräfte der Jugendarbeit und Polizistinnen und Polizisten. An dieser Veranstaltung haben 230 Personen teilgenommen.

Ich finde, das zeigt, dass die Landesregierung hierzu schon längerfristig Konzeptionen erarbeitet hat, die nachgefragt werden, und zwar bevor neue Meldungen bekannt geworden sind.

Die Landeszentrale für politische Bildung hat mehrere Veranstaltungen zu den Grenzen zwischen Islam, Islamismus, Salafismus sowie gewaltbereitem Salafismus durchgeführt, zu denen Lehrkräfte eingeladen worden sind. Das Ministerium hat sich an diesen Veranstaltungen aktiv beteiligt.

Ich hatte eben bereits gesagt – vielleicht konnten Sie es akustisch nicht verstehen –, dass das Fortbildungscurriculum für die Beratungslehrkräfte im Frühjahr 2015 vorliegen soll. Anschließend werden Schulungen für Moderatorinnen und Moderatoren erfolgen. Darüber hinaus enthält dieses Curriculum auch Hinweise zum Umgang mit Extremismus. Ziel ist es, dass es in den Schulen jemanden gibt, der weiß, was konkret zu tun ist und welche Einrichtungen einzubeziehen sind. Die Beratungslehrkräfte sollen dann im Grunde eine Art Lotsenfunktion haben, die verschiedene Themen wie Kinderschutz, Cybermobbing und Extremismus umfasst.

Danke schön. – Herr Dr. Stamp hat sich zu einer zweiten Frage gemeldet.

Frau Ministerin, laut Informationen der „Frankfurter Rundschau“ sind allein aus Frankfurt bereits neun Schüler direkt von der Schulbank in den Dschihad nach Syrien und in den Irak gereist. Bei wie vielen nordrhein-westfälischen Jugendlichen hat nach Ihren Erkenntnissen die Schulkarriere eine ähnliche Wendung genommen, und welche Gegenmaßnahmen werden in diesem Zusammenhang ergriffen?

Bitte schön, Frau Ministerin.

Ich bitte um Nachsicht, Herr Abgeordneter, dass ich über Ereignisse, die in Frankfurt stattgefunden haben, in Nordrhein-Westfalen keine Auskunft geben kann und diese somit auch nicht einschätzen kann.

Ich hatte eben ausgeführt – und wir nehmen das selbstverständlich sehr ernst –, dass wir dabei sind, die Schulen zu schulen, damit sie sensibilisiert sind, darauf achten und sachgerecht intervenieren können. Wir gehen dieses Thema genauso wie auch andere Themen systematisch begleitend an, handeln dabei aber nicht aktionistisch. Denn das würde dem ganzen Themenfeld und auch den Schulen nicht guttun, weil dadurch Unruhe geschürt würde.

Danke schön. – Herr Dr. Stamp hat noch eine dritte Frage.

Frau Ministerin, meine letzte Frage: Sie hatten gesagt, es sei erst ein Fall bekannt.

Ich habe gesagt, es hat eine WEMeldung gegeben, soweit es mir bekannt ist. Bitte präzise!

(Reiner Priggen [GRÜNE]: So meinte er es aber!)

Ich will Ihnen überhaupt nichts unterjubeln, sondern möchte ganz präzise nachfragen. Es gibt eine solche Meldung. Allein aus meinem Wahlkreis in Bonn weiß ich, dass das in Bad Godesberg ein dauerhaftes Phänomen ist. Inwiefern kann man die Kommunikation des Ministeriums mit den Schulen nicht aktionistisch, aber zügig verbessern?

Wenn die Beispiele, die Sie kennen, nicht aktenkundig werden, ist es wichtig, dass Sie die Hinweise geben. In dem Fall wäre federführend das Innenministerium dafür zuständig, diesem Unwesen nachzugehen. Uns ist daran gelegen, das Nötige herauszufinden. Wir als Behörden können solche Vorfälle schließlich nur zur Kenntnis nehmen, wenn sie aktenkundig gemacht werden, und zwar von den Lehrerinnen und Lehrern, von den Schulleitungen und von anderen.

Das Beispiel, das uns bekannt geworden ist, hat sich in Mülheim ereignet. Das ist auch durch die Presse gegangen. Dort sollte ein öffentliches Gebet stattfinden. Dazu wird vielfach in den sozialen Netzwerken aufgerufen, die wiederum vom Verfassungsschutz kontrolliert und beobachtet werden. Durch die Intervention ist es gelungen, dass es zu diesem öffentlichen Gebet, das indirekt eine Demonstration auslösen sollte, nicht gekommen ist.

Die Beispiele, die Sie in der Vorbemerkung zu Ihrer Mündlichen Anfrage angeführt haben, sind zwar öffentlich geworden, aber es erfolgte keine WEMeldung dazu. Diese Kommunikation ist aber nicht dem Ministerium, dem Verfassungsschutz oder der Polizei anzulasten. Vielmehr müssen wir alle Aufklärungsarbeit betreiben, damit die Schulen auch guten Gewissens sagen können, dass sie sich damit auseinandersetzen.

Insbesondere was Bonn betrifft, sind wir informiert, dass die dortige Integrationsbeauftragte vor Ort sogar ganz konkrete Fortbildungen anbietet und mit den Schulen zusammenarbeitet. Wir wollen schließlich gemeinsam deutlich machen: Wir wollen die Kinder in unseren Schulen demokratisch bilden, damit sie stark werden und nicht anfällig sind für extremistische Bestrebungen jedweder Art.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Ralf Witzel [FDP]: Doch!)

Herr Kollege, dann müssen Sie drücken. – Bitte schön, Herr Witzel. – Meine Damen und Herren, ich bitte Sie grundsätzlich darum, dass Sie frühzeitig auf den Knopf drücken, damit wir Ihre Wortmeldung entsprechend wahrnehmen können.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Minister Löhrmann, ich möchte noch einmal kurz auf die Angebote des Landes zu sprechen kommen.

Sie vertreten oft den Ansatz einer präventiven Politik. Insofern wird es sicherlich auch für die Schulen von großem Vorteil sein, wenn es in diesem Bereich Angebote gibt und die Schulen vom Land über diese Angebote informiert werden. Daher möchte ich Sie fragen: Inwiefern hat jede Schule bislang automatisch vonseiten des Landes Hilfestellung erhalten bzw. welche ergänzenden Unterstützungen in Problemfällen können Sie darüber hinaus für die Zukunft in Aussicht stellen?

Bitte schön, Frau Ministerin.

Zuerst antworte ich kurz, und dann ergänzt der Innenminister. – Ich hatte eben deutlich gemacht, dass es eine enge Kooperation zwischen Schulen, Polizei und Verfassungsschutz gibt und dass wir dieses Thema bei der ohnehin stattfindenden Überarbeitung des Krisen- und Notfallordners – es gibt die Krisenteams in den Bezirksregierungen – explizit aufnehmen, damit alle Akteure informiert und handlungsfähig sind.