Protokoll der Sitzung vom 01.10.2014

Herr Kollege Höne.

Es waren ganz viele Semikolons dazwischen. – Herr Kollege Ott, ich sagte ja gerade: Man muss sich das im Einzelfall genauer anschauen. Mehrweg hat die Vorteile – ich muss sie jetzt nicht alle wiederholen –, die eben angesprochen wurden. In der Weiterentwicklung seit Einführung des Dosenpfands kann es im Einzelfall aber auch vorteilhafter sein, im Bereich Einwegverpackungen unterwegs zu sein.

Sie werden bei mir und auch bei der FDP-Fraktion grundsätzlich offene Türen einrennen, wenn es darum geht, die regionale Wirtschaft, die kleinen und mittleren Betriebe zu unterstützen. Im Bereich Mehrweg fällt mir dann aber auch ein Tanker wie Anheuser-Busch ein. Die, glaube ich, fallen nicht unter die KMU-Definition der Europäischen Union und auch nicht in den Bereich Mittelstandsförderung.

Noch einmal: Ich glaube, die inhaltliche Differenz ist gar nicht so groß. Ich meine nur, in der aktuellen Fassung springt der Antrag ein Stück weit zu kurz, weil er eben – vereinfacht gesagt – nur darauf abzielt, die Mehrwegquote zu steigern, weil dann alles gut würde.

Wir müssen ein bisschen genauer hinschauen und uns im Ausschuss genauer damit beschäftigen. Dann werden wir sicherlich zu Lösungen kommen, die beiden Seiten gerecht werden und nicht nur zu der Frage zurückführen „Wie können wir die eine Quote steigern?“, sondern auch zu der entscheidenden, die lauten muss: „Wie erhöhen wir insgesamt den Anteil von ökologisch vorteilhaften Verpackungen?“ – Das kann durch eine erhöhte Mehrwegquote sein, in anderen Fällen kann es aber auch andere Wege geben.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sagte es gerade schon: Das Thema ist sehr breit und sehr spannend. Es gibt noch spannende Details zu diskutieren. Mit Blick auf die Uhr sage ich einfach nur: Ich freue mich auf die weitere Diskussion. Der Überweisung stimmen wir natürlich zu. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit nutzen, damit das, was der Kollege Deppe hier vorgetragen hat, nicht unwidersprochen stehenbleibt. Es scheint sich zu einem Politikstil Ihrer Fraktion entwickelt zu haben, ein Potemkinsches Dorf aufzubauen, falsches Zeugnis wider den Nächsten abzulegen, um dann mit aller Kraft gegen dieses Potemkinsche Dorf anzurennen und zu sagen, was Sie für ein toller Hecht sind.

(Beifall von der SPD und Norwich Rüße [GRÜNE])

Wer sich ein bisschen in der Umweltpolitik auskennt – das müssten Sie eigentlich, und deshalb unterstelle ich Ihnen, dass Sie das wider besseres Wissen machen –, weiß, dass das Abfallrecht nationales Recht ist und dass wir eine Abgabe auf der Ebene des Landes überhaupt nicht erheben können. Warum denn sonst ist seinerzeit vom Verfassungsgericht das Lizenzentgelt in Nordrhein

Westfalen kassiert worden? Doch aus dem Grund, weil es keine Abgabe auf der Ebene des Landes geben kann: Deshalb ist das eine bundespolitische Debatte.

Hier zu behaupten, mit diesem Antrag solle eine Landesabgabe eingeführt werden, ist genau das politische Moment, das Sie heute den Tag über in vielen Debatten prägen: Sie bauen etwas auf, was aufgebauscht ist, was mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat. Und wenn man genauer hinsieht, dann entpuppt sich das als laue Luft.

Um was geht es im Kern? – Sie haben dankenswerterweise den Koalitionsvertrag schon zitiert. Ich will es noch einmal vollständig tun. Da steht eigentlich schon alles drin:

„Im Rahmen der Ausgestaltung der anstehenden Veränderungen der Wertstofferfassung werden wir uns für wirksame Maßnahmen zur Stärkung der Mehrwegsysteme einsetzen, um insbesondere die mittelständig geprägte Getränkewirtschaft in Nordrhein-Westfalen zu unterstützen. Dazu gehören klare und verbindlich vorgeschriebene Kennzeichnungspflichten für Einweg und Mehrweg sowie neue ökologische und finanzielle Lenkungsinstrumente.“

Genau das ist die Debatte, die wir zurzeit auf Bundesebene führen in Zusammenhang mit der Frage Wertstoffgesetz, in Zusammenhang mit der Frage, ob eine Lenkungsabgabe sinnvoller ist als das, was wir an Gelddruckmaschine und Umwälzmaschine über die Verpackungsverordnung machen und wie wir den Einstieg in eine umfassende Ressourcenwirtschaft finden. Da spielt das Thema Mehrweg natürlich eine entscheidende Rolle, weil da der direkte Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern an der Einkaufstheke im Laden erkennbar ist und da die Bürgerinnen und Bürger auch entscheiden können, wie sie sich verhalten.

Das können sie eben nicht, weil sie nicht umfassend informiert sind. Deshalb wäre es der erste notwendige Schritt, zu einer klaren Kennzeichnung am Produkt zu kommen.

Herr Höne, mich freut es, dass Sie sich zu dieser Kennzeichnung am Produkt bekannt haben. Das hat die letzte schwarz-gelb geführte Bundesregierung eben nicht getan. Nordrhein-Westfalen hat einen Vorschlag der seinerzeitigen Bundesregierung abgelehnt, weil dieser Vorschlag nur eine Kennzeichnung an dem Regal vorgesehen hatte. Das ist der feine, aber entscheidende Unterschied.

Es muss am Produkt gekennzeichnet werden. Wenn dann noch die Kennzeichnung im Laden oder am Regal dazukommt, ist das auch in Ordnung, aber der erste Moment ist am Produkt, um klar zu erkennen: Ist es Mehrweg oder ist es das nicht? Da muss man ja heute suchen, um das herzufinden. Das ist ein zeitlicher Aufwand, den die Verbraucherinnen und Verbraucher oft nicht leisten können.

Zum Zweiten zu der Frage, wie ein solches neues System auf Bundesebene ausgestaltet wird. Wie orientieren wir uns in der Debatte um die Einführung einer Wertstofftonne und der weiteren Fortführung

der Verpackungsverordnung? Das spielt zusammen. Welches Volumen an Rohstoffen betrachten wir? Wo werden entsprechende Möglichkeiten gesehen?

Ich glaube, dass hier in der Tat bedeutende Effekte für die Umwelt, für die Rohstoffsicherung, für einen umfassenden Stoffstromkreislauf erkennbar sind und dass deshalb Mehrweg in vielerlei Hinsicht ein gutes Beispiel für eine gute Umweltpolitik ist, die alles zusammenbringt, nämlich soziale Implikationen – Stichwort: Arbeitsplätze in der Region, und die Umwelt. Es ist auch ein positiver Effekt für das Klima, wenn weniger Verkehrsbeziehungen provoziert werden, und natürlich auch ein Stärkungsfaktor für die regionale Wirtschaft.

Wir wissen alle: Der Mittelstand in NordrheinWestfalen, die Getränkewirtschaft, lebt auch insbesondere von Mehrweg. Wer das auflösen will, ist auch gegen den Mittelstand in Nordrhein

Westfalen – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Jo- chen Ott [SPD]: So ist es!)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/6852 – Neudruck. Wie mehrfach in der Debatte erwähnt worden ist, empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung dieses Antrages Drucksache 16/6852 an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Dieser Ausschuss bekommt die Federführung. Die Mitberatung geht an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ist jemand dagegen? – Nein. Enthaltungen? – Auch nicht. Dann haben wir so überwiesen.

Ich rufe auf:

12 Personalgewinnung des Landes Nordrhein

Westfalen muss der gesellschaftlichen Vielfalt gerecht werden

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/6855

Ich eröffne die Aussprache. Frau Kollegin Güler hat für die antragstellende Fraktion der CDU das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über 20 % der Menschen in unserem Land haben eine Zuwanderungsgeschichte. Und wenn ich nur an Köln denke,

dann ist diese Zahl fast doppelt so hoch. Also gibt es auch hier landesweit Unterschiede.

Doch all das spiegelt sich nicht in unserem öffentlichen Dienst, in unseren Verwaltungen wider. Hier hat es ein Umdenken auf verschiedenen Ebenen gegeben, nicht zuletzt auch wegen des demografischen Wandels und nicht, weil die Einsicht eingekehrt ist, dass diese Menschen in den Verwaltungsebenen eben nicht repräsentativ vertreten sind.

Im Allgemeinen ist es sicherlich begrüßenswert, dass sich die Landesregierung hier Gedanken gemacht hat, sich der Frage gestellt hat, wie dem entgegenzutreten ist. Allerdings halte ich die Antwort, dass man dem Ganzen mit den anonymisierten Bewerbungen ein Stück weit entgegentreten kann, einfach für falsch. Auch wenn ich den guten Gedanken, der dahintersteckt, den ich hier gar nicht unter den Tisch kehren möchte, verstehen und nachvollziehen kann.

Die Kritik an diesem Bewerbungsverfahren oder ganz konkret unsere Kritik an diesen Bewerbungsverfahren kennen Sie. Diese haben wir mehrfach im Landtag, aber auch im Ausschuss kundgetan. Zum einen meinen wir, dass es nicht sein kann, dass gerade die Landtagsverwaltung im Gegensatz zur freien Wirtschaft von den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte verlangt, dass sie ihre Herkunft leugnen, oder von Frauen verlangt, dass sie ihr Geschlecht leugnen, von Menschen mit Behinderungen verlangt, dass sie ihre Behinderungen leugnen. Das kann sich eine Landtagsverwaltung nicht erlauben.

Dieses Instrument mag für die freie Wirtschaft legitim sein, wenngleich ich auch dahinter in Klammern ein Fragezeichen setzen möchte, aber gerade für die Landesregierung sollte es nicht infrage kommen.

(Beifall von der CDU)

Ich kann ein Stück weit verstehen, dass die Landesregierung vielleicht auch darauf zurückgegriffen hat, um das Image zu pflegen. Das kann man durchaus nachvollziehen. Ich denke aber, wenn es um die Menschen geht – um die geht es ja –, dann muss man auf andere Instrumente setzen.

Deshalb haben wir als CDU-Landtagsfraktion zu diesem Thema, ganz konkret zu den anonymisierten Bewerbungsverfahren, eine Anhörung beantragt. Das Ergebnis dieser Anhörung ist unserer Meinung nach sehr deutlich ausgefallen: Dieses Verfahren ist nicht das geeignete Mittel, um mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte für den öffentlichen Dienst zu gewinnen.

Nach diesem Erkenntnisgewinn haben wir diesen Antrag vorgelegt, in dem wir fordern, die Maßnahmen für die Personalgewinnung in unserem Land fortzuentwickeln. Wir schlagen deshalb ganz konkret vor, die Norm DIN 33430 genauer zu prüfen und als Instrument einzusetzen. Diese Norm beschreibt

den fachlichen Minimalstandard der Eignungsdiagnostik, das heißt, wenn Personalauswahlprozesse diesem Standard, der gesetzt wird, entsprechen, kann gewährleistet werden, dass eignungsdiagnostische Entscheidungen fair und diskriminierungsfrei getroffen werden können, damit mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit geeignete Beschäftigte ausgewählt werden.

Wir sind überzeugt, dass die Umsetzung dieser Norm mit den vorhandenen personellen wie finanziellen Ressourcen des Landes möglich ist.

Ebenso fordern wir, dass Personalverantwortliche und Führungskräfte verpflichtet sind, sich in den Fragen der interkulturellen Kompetenz und im Umgang mit kultureller Vielfalt zu schulen.

Wie ich gerade erfahren habe, ist die kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement ebenfalls für diese DIN-Norm.

Unsere konkreten Vorschläge können Sie dem Antrag entnehmen. Wir freuen uns natürlich auf den Austausch im Ausschuss mit Ihnen und hoffen sehr, dass wir hier gemeinsam die beste Lösung finden, damit der Satz „Mehr Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im öffentlichen Dienst“ auch mit Leben gefüllt werden kann. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Güler.- Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Hack.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer -drei sind noch auf der Tribüne. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, der Überschrift Ihres Antrages können wir folgen. Wir freuen uns natürlich auch darüber, dass Sie dieses für unser Land wichtige Thema der Personalgewinnung unter dem Vielfaltsaspekt federführend in unserem Ausschuss, im Integrationsausschuss, verhandeln wollen, ist es doch der Ausschuss, der die Umsetzung des § 6 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes, in dem die weitere interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung festgeschrieben ist, parlamentarisch begleitet und auch kontrolliert.