Protokoll der Sitzung vom 14.09.2012

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist der erste Teil dieses Tagesordnungspunkts erledigt. Wir sind am Schluss der Beratung.

Zur Einbringung des Entwurfs für das Gemeindefinanzierungsgesetz erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Jäger das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute über den Entwurf für das Gemeindefinanzierungsgesetz 2012. Mit diesem Gesetz werden wir den Kommunen in NordrheinWestfalen weiter helfen, ihre Handlungsfähigkeit und ihre Gestaltungsfähigkeit zurückzubekommen. Das war die Leitidee der Gemeindefinanzierungsgesetze in den Jahren 2010 und 2011, und es ist auch die Leitidee in dem Gesetzentwurf des Jahres 2012.

Es ist Schluss damit, dass der Landesfinanzminister seine klebrigen Finger in die kommunalen Kassen steckt und diese zur Konsolidierung des eigenen Haushalts räubert.

(Beifall von der SPD)

Es ist Schluss damit, dass das Gemeindefinanzierungsgesetz zur Konsolidierung des Landeshaushalts 300 Millionen € vorsieht. Auch das ist in dem Entwurf für das Gemeindefinanzierungsgesetz des Jahres 2012 geheilt.

Es ist auch Schluss damit, dass die Schlüsselzuweisungen das Geld zwischen den 396 Kommunen nach völlig veralteten Datensätzen des Jahres 1999 verteilen. Wir haben darauf geachtet, dass wir das ifo-Gutachten und die Empfehlungen der ifoKommission, an der alle Fraktionen beteiligt waren, konsequent umsetzen. Damit wird die Wirklichkeit der Soziallasten in den Kommunen abgebildet. Wir werden diese Daten zeitnah und aktuell zugrunde legen, wenn es darum geht, die Soziallasten in den Kommunen durch Schlüsselzuweisungen des Landes auszugleichen.

Ein wichtiger Punkt ist die deutliche Erhöhung der Finanzausgleichsmasse. Im Entwurf für das GFG 2012 steigt das Finanzierungsvolumen, das den Kommunen in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung steht, um noch einmal 500 Millionen €. Damit erhalten die nordrhein-westfälischen Kommunen ein Plus von 6,31 %. In der Summe sind das 8,4 Milliarden €: die höchste Summe in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen für unsere Kommunen. Das ist auch gut so; denn sie brauchen es dringend.

Weitere 350 Millionen € stellen wir im Rahmen des Stärkungspaktes zur Verfügung. Damit wird klar: Diese Landesregierung stellt den Kommunen nahezu 9 Milliarden € zur Verfügung, damit sie ihre wichtigen Aufgaben finanzieren können. Auch das ist gut so.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegt Ihnen auch ein Antrag der FDP-Fraktion zur Einführung einer Staffelung der fiktiven Realsteuerhebesätze vor. Ich darf darauf aufmerksam machen, die FDP sagt selbst – nach dem Gutachten von Prof. Droege –, dass hier eine wohlbegründete Entscheidung zu erfolgen habe. Tatsache ist, dass das nicht im Rahmen der Beratung über einen Antrag, der

eben mal auf den Tisch gelegt wird, beschlossen werden kann.

Gleichwohl – das bietet diese Landesregierung an – werden wir auch diese Frage der Gerechtigkeit der fiktiven Hebesteuersätze gutachterlich überprüfen lassen. Dies haben wir so mit den kommunalen Spitzenverbänden abgesprochen; denn es geht uns darum, das Gemeindefinanzierungsgesetz gerecht zu gestalten. Neben der Berücksichtigung der aktuellen Daten bei den Soziallasten ist auch die gutachterliche Bewertung verschiedener Komponenten im Gemeindefinanzierungsgesetz ein Weg, um am Ende diese Transparenz und diese Gerechtigkeit herzustellen.

Meine Damen und Herren, dieses GFG ist ein gutes Gesetz für die nordrhein-westfälischen Kommunen. Wir gehen ganz konsequent unseren Weg weiter, ihnen durch finanzielle Entlastung die Gestaltungsfähigkeit und die Handlungsfähigkeit zurückzugeben. Damit unterscheiden wir uns eklatant von der alten Landesregierung. Wir beraten den Entwurf für das GFG auf Augenhöhe mit den Vertretern der Kommunen, berücksichtigen ihre Probleme und versuchen, diese im Rahmen unserer Möglichkeiten zu lösen.

Als Letztes habe ich eine Bitte an das gesamte Plenum: Die kommunale Finanzausstattung ist nicht ausreichend. Wir haben darüber häufig genug beraten. Die eigentliche Ursache liegt darin, dass den Kommunen bundesweit – auch in NordrheinWestfalen – Sozialaufgaben aufgebürdet werden, die sie mit ihrer Finanzausstattung schlichtweg nicht finanzieren können.

Es ist gut, dass diese Bundesregierung ab 2014, was die Lösung der Frage betrifft, wie wir die Kommunen in der Grundsicherung entlasten können, für die Leistungen an Menschen aufkommt, die zu wenig Rente erhalten. Das ist gut, aber es ist zu wenig, und es kommt zu spät. Die Regelung im Fiskalpakt, nämlich die Absichtserklärung, auch die Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung über den Bundeshaushalt mitzufinanzieren, ist wichtig, weil der Bund mit seiner Gesetzgebungskompetenz in seinem eigenen Haushalt die Dynamik der eigenen Beschlüsse spüren muss.

Ich glaube, dass wir 2011 in diesem Plenum richtigerweise gemeinsam beschlossen haben, dass derartige Leistungen zukünftig vom Bund zumindest mitzutragen sind. Das sollten wir auch weiterhin gegenüber Berlin thematisieren. Es geht um unsere Kommunen, um deren Finanzausstattung und um deren Gestaltungsfähigkeit. Es muss unser Auftrag sein, auch in Berlin für deren Rechte einzutreten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich eröffne die Beratung. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Hübner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat möchte auch ich mich ausdrücklich bei Herrn Minister Jäger für die Einbringung des Entwurfs des 2012er Gemeindefinanzierungsgesetzes bedanken. Er hat viele wichtige Aspekte angesprochen. Ich will das nur noch ergänzen; denn wir befinden uns mindestens schon in der dritten Aussprache zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2012.

Wir haben den Entwurf im Dezember letzten Jahres eingebracht und hatten am 14.03. dieses Jahres morgens noch die Gelegenheit, das eine oder andere Wort darüber zu verlieren, bevor wir den Landtag dann einvernehmlich aufgelöst haben.

Ich möchte noch einmal herausgreifen den Soziallastenansatz und die Abmilderungshilfe.

Zum Soziallastenansatz: Sie können dem Gemeindefinanzierungsgesetz entnehmen, dass rechnerisch nach der Regressionsanalyse der Soziallastenansatz eigentlich bei 17,76 Bedarfssatzpunkten liegen müsste. Wir haben im Jahre 2011 bereits festgestellt, dass er auf 15,3 Bedarfssatzpunkte in dem Jahr hätte steigen müssen.

Wir haben uns dann dazu entschieden – das ist auch völlig richtig in der Vorlage des Ministeriums –, zu sagen, wir belassen es bei den 15,3 Bedarfssatzpunkten und ergänzen das um eine Abmilderungshilfe für die Städte, die überraschenderweise darunter zu leiden haben. Aber um Planungssicherheit zu geben, belassen wir es bei der Höhe von 15,3 Punkten.

Ich halte das Verfahren für absolut richtig. Es ist zwar rechnerisch etwas höher, aber da sind wir auch den Kommunen verpflichtet, Rechtssicherheit zu schaffen und vor allen Dingen Planungssicherheit zu schaffen. Deshalb ist es auch das richtige Signal, bei den Punkten entsprechend zu bleiben.

Das Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 – da muss ich Herrn Minister Jäger ausdrücklich unterstützen – beendet im Ergebnis auch den kommunalen Raubzug durch die Gemeinden, den Schwarz-Gelb in den Jahren von 2005 bis 2010 begangen hat. 3 Milliarden € – die sind hier schon öfter genannt worden – sind den Kommunen bewusst entzogen worden. Wir haben Konsolidierungsbeiträge als kommunale Familie für den Landeshaushalt leisten müssen. Das ist beendet worden. Das ist auch gut so.

Die Abmilderungshilfe wird ja letztlich nur für das Jahr 2012 zur Anwendung kommen. Es war aber ein gutes Signal. Jetzt sind wir alle im Verfahren dazu verdammt, das 2012er GFG möglichst schnell zu verabschieden. Denn alle Kämmereien haben damit geplant, genauso wie mit den Eckdaten, die für das

Jahr 2013 bereits bekannt sind. Da bitte ich Sie alle recht herzlich um ein zügiges Verfahren, um eine zügige Anhörung zu dem Thema „GFG 2012“.

Ich möchte damit schließen, dass ich mich auch ausdrücklich der Meinung von Ralf Jäger anschließe zum Thema der fiktiven gestaffelten Hebesätze. Darüber haben wir in der Tat schon häufiger beraten. Dass das nicht so ganz einfach ist, wissen Sie, glaube ich, auch. Mit dem Ansatz, den Sie hier gewählt haben, einmal eben mit einem Antrag dafür zu sorgen, kann man vielleicht im Heimatkreis ein bisschen Werbung machen und Stimmung erzeugen.

Aber gestehen Sie uns zu, dass wir dem Antrag heute in der Art und Weise natürlich nicht zustimmen können und ihn auch nicht zustimmungsfähig finden, weil die Probleme, die Sie da aufgeführt haben, ja in der Tat schwierig sind, weil es ja auch bei gestaffelten fiktiven Hebesätzen dazu kommen würde, dass die großen kreisangehörigen Städte vermutlich stärkere Profiteure werden und die kleineren kreisangehörigen Städte eher benachteiligt werden. Dann ist die Frage, in welcher Höhe, bei welchen Grenzen Sie das einsetzen werden. Es gibt viele weitere Fragen. Aber ich denke, das wissen Sie alles selbst und es handelt sich hier eher um einen Show-Antrag.

Also, meine Damen und Herren: In Summe lassen Sie uns ein schnelles Verfahren wählen, so schnell es möglich ist. Die Planungssicherheit haben die Städte verdient. Die Politik gegenüber den Städten hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren kolossal verändert. Wir setzen das mit diesem GFG fort.

Ich bitte um zügige Beratung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und Sigrid Beer [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Hübner. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Kuper.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Städte in Nordrhein-Westfalen befinden sich in einer hundsmiserablen Finanzlage. Wenn nur noch 35 von 396 Städten einen echten Haushaltsausgleich schaffen, dann ist das eine Katastrophe. Mit einem kameralistisch ermittelten Minus von rund 2 Milliarden € sind wir im Bundesvergleich mittlerweile Vorletzter.

Da muss man sich fragen: Geht das allen Kommunen in Deutschland so? Dann wird man feststellen: Nein. So ist es nicht. Wir liegen hier in NordrheinWestfalen gegen den Bundestrend, wo ein positives Echo von 2,5 Milliarden € erwartet wird.

Es gibt durchaus Kommunen, zum Beispiel in Ländern wie Baden-Württemberg, die in diesem Jahr mit einem Gesamtsaldo leben können. In mehr als der Hälfte der Bundesländer wird bei den Kommu

nen ein positives Echo ausgewiesen. Also muss man die Ursachen in NRW tiefer hinterfragen. Dann ist es zu einfach, dann ist es zu kurzsichtig und auch zu durchsichtig, meine Damen und Herren, nur den Bund als Schuldigen in NRW auszumachen.

In meiner langjährigen Funktion als Vorsitzender des Städte- und Gemeindebundes und da speziell des Finanzausschusses in Düsseldorf wie auch in Berlin kenne ich aus den dort gemachten Analysen mehrere Ursachen der kommunalen Finanzkrise in NRW,

a) beispielsweise den in NRW höchsten bundesweiten Kommunalisierungsgrad. Das heißt, wir sind das Bundesland mit den vergleichsweise meisten auf die Kommunen übertragenen Aufgaben.

b) Natürlich gehören dazu auch die Sozialkosten, wobei der Bund und die Bundesregierung die Not der Kommunen sehen und sie allein im Jahre 2013 um 3,1 Milliarden € entlasten, wobei aber auch da zu klären ist, warum und ob in Einzelfällen die Kosten pro Fall in NRW teilweise höher sind als in anderen Bundesländern.

(Beifall von der CDU)

c) sind es sicherlich die immensen Schulden und d) auch die Einführung des NKF mit allen Abschreibungen, aber auch mit den Pensionslasten, welche natürlich die Fehlbeträge der Kommunen erhöhen.

e) ist es aber auch das Verhalten der Politik oder Aufsichtsbehörden, wo letztlich durch Rücksichtnahme, Zögerlichkeit oder politische Entscheidungen die Vorgaben der Haushaltssicherung oder der Nothaushalte nicht richtig oder nicht rechtzeitig umgesetzt wurden.

f) sind es sicherlich auch im Einzelfalle die Entscheidungen in Kommunen, wo aufgrund fehlender Kostentransparenz Investitionen getätigt wurden, die heute die Ergebnisrechnung belasten.

Es lassen sich noch viele Gründe anfügen.

Daher ist es dringend geboten, dass Sie sich als Regierungsfraktionen intensiver mit dieser Themenpalette beschäftigen. Sie sollten dort an vielen Hebeln ansetzen, Sparpotenziale heben, anstatt immer nur allein nach dem Bund zu rufen. Angesichts der bundesweiten Vergleichswerte ist deutlich: Auch wir müssen unsere Aufgaben und Hausaufgaben in NRW machen.

Eines steht fest: Mit diesem GFG lösen Sie nicht die Finanzprobleme der kommunalen Familie. Mit diesem GFG verteilen Sie Mangel, aber ungleich. Sie zeigen Ihr Herz für die kreisfreien und großen Städte im Land, aber dafür entziehen Sie Ihre Zuneigung den mittleren und den kleinen Kommunen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Mit der heutigen Debatte wird die Frage nach einem transparenten, nachvollziehbaren und gerechten GFG nötig. Die heutige Berechnungsmethode der

Schlüsselzuweisungen ist nicht gerecht. Beseitigen Sie den Zirkelschluss, der insbesondere in den Anwendungsbedingungen der Regressionsanalyse