Die Fragen der Großen Anfrage müssen von der Landesregierung endlich ehrlich und umfassend beantwortet werden. Deshalb haben wir bereits beantragt, dass die Große Anfrage im Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend weiter und intensiver beraten wird. – Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Asch.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Familienpolitische Leistungen sind Leistungen, die Familien befähigen, ihre
wichtige, schöne, aber oftmals auch schwierige Aufgabe zu meistern und zu bewältigen. Wir wissen, Erziehungskompetenz von Eltern tradiert sich in unseren Zeiten nicht automatisch von Generation zu Generation, und deswegen ist es wichtig, dass Eltern Austausch haben, dass sie Begleitung haben, dass sie Unterstützung haben. Eltern müssen in ihrer Rolle gestärkt werden. Denn Eltern zu sein bedeutet heute auch oft, unsicher zu sein. Die besten Eltern sind manchmal überfordert.
Wir setzen mit unserer rot-grünen Familienpolitik Schwerpunkte – Schwerpunkte eindeutig im Bereich der Chancengerechtigkeit. Wir setzen den Schwerpunkt, dass die benachteiligten Kinder eine Chance bekommen, ihre Potenziale in unserer Gesellschaft zu entwickeln, und dass sich Armut, die oftmals ein großes Thema gerade in Familien mit mehreren Kindern ist, nicht vererbt.
Wir setzen auf eine Politik, die auch sozial benachteiligten Familien eine Teilnahme an Bildungsangeboten ermöglicht. Hier ist zum Beispiel das von der rot-grünen Landesregierung ins Leben gerufene Programm „Elternstart NRW“, im Rahmen dessen Eltern mit Säuglingen von Beginn an gebührenfreie Unterstützung, Beratung und gegenseitigen Austausch geboten wird, zu nennen.
Wir haben die Familienzentren gerade in den benachteiligen Stadtteilen ausgebaut. Dort werden die Familien gestärkt, um ihre zahlreichen Aufgaben wirklich gut bewältigen zu können. Auch an benachteiligte Familien richtet sich das Angebot „plusKITA“. Seit dem Zweiten KiBiz-Änderungsgesetz finanzieren wir mit 55 Millionen € gerade dort die Einrichtungen – wir stärken sie personell –, wo besonders viele arme, benachteiligte Kinder betreut werden.
Last, but not least nenne ich das Modellprojekt „Kein Kind zurücklassen!“. Damit werden die Netzwerke, die wichtige Arbeit für besseren Kinderschutz und für die Armutsprävention leisten, kommunal gestärkt.
Meine Damen und Herren, wir setzen natürlich auch auf Geschlechtergerechtigkeit. Auch das ist ein wesentliches Thema unserer rot-grünen Familienpolitik. Wir wollen den vielen Frauen, die mehr arbeiten wollen, und den Vätern, die mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen, ermöglichen, dies auch zu tun.
Deswegen ist es ein ganz wichtiges Thema. Das muss man immer wieder sagen. Der Quantensprung im U3-Ausbau – 85 % Aufwuchs bei den Betreuungsplätzen – ist eine Stärkung von jungen Familien, weil es ihnen ermöglicht, die wichtige Erziehungsarbeit mit dem Beruf in Einklang zu bringen.
Meine lieben Kolleginnen, ich möchte hier jetzt nicht alle 131 familienpolitischen Leistungen, die in diesem Bericht auch alle aufgezählt sind, noch einmal
erwähnen. Deswegen habe ich mich jetzt auf diese Bereiche beschränkt. Aber ich finde, man kann in dieser Woche nicht über Familienpolitik reden, ohne über Herrn Schäuble zu sprechen. Das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden.
Natürlich sind wir alle froh, dass das Betreuungsgeld jetzt gekippt ist, eine Maßnahme, die als Bildungsverhinderungsmaßnahme wirken sollte und die Eltern unterstützt hat, ihr Kind gerade nicht in der Kita fördern, bilden und betreuen zu lassen. Das ist gut so. Aber gleichzeitig den Geldbetrag, der dafür im Haushalt für Familien reserviert war – dieser Betrag war für Kinder und Familien reserviert –, jetzt nutzen zu wollen, um Haushaltslöcher zu stopfen, das ist zutiefst familienfeindlich.
Das ist keine Politik für Familien, sondern das zeigt nur ein weiteres Mal, dass Herrn Schäuble seine schwarze Null im Haushalt wichtiger ist als angeblich ein Kernbereich von CDU-Politik. Das war einmal die Familienpolitik. Da ist die CDU jetzt gelandet. Ich finde es schändlich und empörend, dass es nicht gelingt, diese Millionen Euro den Ländern zu geben, damit wir das, was hier die CDU-Fraktion permanent reklamiert, nämlich mehr Ressourcen in die Kindertagesstätten zu geben, endlich einmal mit Unterstützung aus Berlin umsetzen können.
An dieser Stelle frage ich mich: Wo ist eigentlich die CDU-Fraktion aus Nordrhein-Westfalen? Permanent wird in Anträgen mit vielen warmen Worten beschworen, die Kitas brauchen mehr Ressourcen. Wo ist Herr Laschet, der Landesvorsitzende, der hiesige Fraktionsvorsitzende, wenn es darum geht,
das auch einmal in Berlin zu reklamieren? Er gibt sonst zu jedem Thema seinen Senf dazu, aber wenn es um nordrhein-westfälische Familien und Kinder geht, dann ist von Herrn Laschet nichts zu hören.
Man kann hier als Opposition viel behaupten, aber in Berlin muss man sich behaupten. Das gelingt der CDU-Fraktion hier aus dem Landtag deutlicherweise nicht, meine Damen und Herren, und das finde ich empörend.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst gestatten Sie mir noch ein Vorwort. Ein anderes TShirt kann ich heute leider nicht mehr bieten. Die Notlösung, dass Frau Brand mir eine Bluse von sich leihen wollte, hilft uns allen heute leider Gottes nicht weiter. Ich hoffe allerdings, dass zwei Tage nach der großen Flüchtlingsdebatte hier im Landtag auch heute noch „Refugees welcome“ sind.
Wie auch immer, wir beschäftigen uns mit der Großen Anfrage der FDP-Fraktion. Es ist schon viel gesagt worden. Ich bin immer ein bisschen beunruhigt, aber ich muss natürlich meinen Kollegen Vorrednern der CDU- und der FDP-Fraktion im Wesentlichen recht geben. Wir haben hier eine Antwort der Landesregierung vorliegen, die in ganz vielen Fällen eigentliche Antworten wirklich schuldig bleibt.
Was tut diese Landesregierung ganz konkret für eine gelingende Familienpolitik? Wissen Sie, was die Familien in unserem Land benötigen? Wissen Sie, was ihnen schadet? Sind Sie in der Lage, unsere Familien in eine gute Zukunft zu führen? Wissen Sie, wie Ihre Leistungen, die Sie einbringen, tatsächlich wirken? – Nein, Sie wissen es nicht. Sie schreiben sogar in der Großen Anfrage über viele Seiten schwarz auf weiß, dass Sie dies nicht können und nicht wissen.
An dieser Stelle noch einmal danke, Marcel Hafke und deiner Fraktion, für die Große Anfrage. Wir haben im Ausschuss schon mehrfach über die Evaluationen gesprochen – immer erfolglos, denn eine Bereitschaft war nie da. Hier haben wir die Antworten noch einmal schwarz auf weiß. Wir haben da durchaus viel Übereinstimmung. Es gibt aber auch fachpolitische Dissense. Das ist völlig okay. Du hast vorhin die Beitragsfreiheit im Kindergarten und in Kitas angesprochen. Das sehen wir als Piratenfraktion ganz anders: Bildung muss grundsätzlich kostenfrei sein.
Diese Landesregierung weiß nicht, was sie mit ihrer Familienpolitik bewirkt. Wir haben das in den Ausführungen von Rot-Grün hier wieder gehört. Es wird von plusKITA geredet. Wir haben sogar von Bundespolitik eine ganze Menge gehört. Ja, das, was Schäuble im Bund vorhat, ist Mist. Das ist doch keine Frage. Aber es steht nicht in der Großen Anfrage und gehört nicht zur Debatte über die landespolitischen Maßnahmen.
Unterm Strich dieser Großen Anfrage bleibt festzuhalten: Bei der Vielzahl der familienpolitischen Leistungen hier in Nordrhein-Westfalen sind zwei Leistungen wirklich fachlich wie politisch klar und zielführend evaluiert. Wir werden im Ausschuss noch die Gelegenheit haben, darüber zu reden. Dann können wir gerne über jede einzelne politische Maßnahme diskutieren und uns austauschen. Die
Ich möchte allerdings auch noch einmal auf die Haushaltsdebatte von gestern zurückkommen. Mein Kollege Marsching hat auf die vielen Schwachpunkte im Bereich der Digitalisierung hingewiesen. Selbst auf Nachfrage gab es nichts Konkretes seitens der Ministerpräsidentin. Die Ministerpräsidentin hielt die Haushaltsdebatte für den falschen Raum. So sagte sie bezogen auf die Frage der Digitalisierung.
Auch in Ihrem Ministerium, Frau Ministerin Schäfer, hat das groß ausgerufene NRW 4.0 offenbar keinen Platz. Lediglich zwei landespolitische Maßnahmen beziehen sich hierauf. In Bezug auf die Förderung der virtuellen Beratungsstelle beschreiben Sie lediglich Ziele. Bei der Familienbildung sprechen Sie von zu entwickelnden Zukunftskonzepten zu Familie 2.0. Sie hinken der Debatte fünf bis vielleicht zehn Jahre hinterher.
Wir Piraten fordern Transparenz, eine Evaluation familienpolitischer Leistungen, die diesen Namen verdient. Wir fordern die Abschaffung der Armut benachteiligter Familienformen. Wir fordern die Abschaffung von Kinderarmut und die umfassende Implementierung der UN-Menschenrechtskonvention über die Rechte der Kinder in der Verfassung Nordrhein-Westfalens, die Bereitschaft, innovativen Förderkonzepte wie der Kindergrundsicherung oder dem bedingungslosen Grundeinkommen eine Chance zu geben.
Ein umfassendes Konzept der Familienbildung für digitale Kompetenz und Bildung aller Familienformen aus allen Bevölkerungsschichten in diesem Land ist überfällig.
Mit uns Piraten wird das Land Nordrhein-Westfalen in die digitale Revolution 4.0 eintreten können. Die offene Frage bleibt, Frau Ministerin Schäfer: Was wollen Sie und Ihr Ministerium tun, um die Familien in Nordrhein-Westfalen auf NRW 4.0 vorzubereiten? Vielleicht hören wir etwas dazu. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Mit der Großen Anfrage 15 hat die FDP-Fraktion die Landesregierung aufgefordert darzulegen, welchen Beitrag 31 Programme und Projekte des Landes zu bestimmten familienpolitischen Zielen leisten.
Diese Ziele, die in der Großen Anfrage im Einzelnen benannt werden, entsprechen exakt den Zielen, die
die Bundesregierung für ihre Gesamtevaluation familienpolitischer Leistungen formuliert hat. Offensichtlich ist die FDP-Fraktion der Meinung, dass sich Ziele und Methodik der Gesamtevaluation des Bundes ohne Weiteres auf die Landesebene übertragen lassen.
Ja, so haben Sie es doch formuliert in Ihrer Eingangsbemerkung. Aber an der Stelle irren Sie, denn bei der Gesamtevaluation auf Bundesebene wurden mit enormem Aufwand einige wenige Leistungen untersucht, die sich von denen des Landes grundlegend unterscheiden.
Der Bund gewährt anders als das Land in erster Linie monetäre Leistungen, die einzelnen Familienmitgliedern individuell zufließen oder sie bei steuerlichen Regelungen finanziell entlasten. Solche familienpolitischen Interventionen üben natürlich unmittelbaren und direkten Einfluss auf ein Gesetzesziel aus, wie zum Beispiel die Erhöhung des Haushaltseinkommens durch eine finanzielle Transferleistung.
Beim Elterngeld kann man das ja noch untersuchen und evaluieren, aber das beitragsfreie Kitajahr trifft alle Eltern, die ihre Kinder in eine Kita schicken, und das ist ein absoluter Entlastungsbeitrag. Ich frage mich, warum ich das dann noch einmal evaluieren soll. Das weiß ich auch von vornherein, Herr Hafke. Da brauche ich keine Evaluation. Das ist doch evident, und das liegt doch auch auf der Hand.
Demgegenüber werden auf Landesebene – jetzt noch einmal der Unterschied – vor allem Maßnahmen mit der familienpolitischen Infrastruktur gefördert, wie zum Beispiel Beratungs- oder Bildungsangebote.
Lieber Herr Düngel, da bin ich der Meinung, dass diese Beratungs- und Bildungsangebote in direkter Kommunikation stattfinden sollten. Da bin ich nicht der Meinung, dass man hier noch einmal die große Digitalisierung üben muss, weil es ganz wichtig ist, dass sich Menschen an dieser Stelle auch begegnen.