Denn die zentrale Frage lautet doch: Wer bedroht hier eigentlich wen? Wird Europa wirklich von mörderischen Fanatikerbanden, von Heerscharen gewalttätiger Fundamentalisten und um sich schießenden Religionsverwirrten bedroht?
Nein, natürlich nicht. Die haben doch gar keine Chance gegen die hochgerüsteten Sicherheitsapparate hier in Europa.
Wenn jetzt Sonderermittlungsbefugnisse ausgeweitet und Richtervorbehalte ausgesetzt werden, ist jenes aufgeklärte, emanzipierte und mutige Europa von innen angegriffen, das wir eigentlich schützen wollen. Wenn jetzt europäische Bombenteppiche auf syrische Zivilisten fallen, dann ist das offene, das friedliche und das tolerante Europa bedroht.
Meine Damen und Herren, Sie müssen sich folgende Frage beantworten: Sollen die Opfer von Paris für ein ängstliches Europa gestorben sein, ein Europa, das Sicherheit nur vorgaukelt und gleichzeitig die Sicherheitsbehörden mit Befugnissen jenseits der von so verteidigten Rechtsstaatlichkeit ausstattet?
Unsere Antwort ist ein klares Nein. Denn wie eine Antwort lauten muss, hat Norwegen nach den Attentaten von Anders Breivik gezeigt. Die Antwort der Norweger war: mehr Demokratie und mehr Freiheit.
Wenn wir uns bis zur absoluten Sicherheit hin überwachen wollen, verlieren wir genau diese Freiheit. Deswegen fordern wir mit unserer eigenen Resolution ebendiese Antwort, eine Antwort, die Menschen tatsächlich schützt, die der Radikalisierung vorbeugt, die Flüchtlinge begrüßt und die die eigenen Verantwortungen benennt.
Nordrhein-Westfalen muss auch weiterhin stehen für Frieden, für Freiheit, für Vielfalt, für Toleranz und gegen jegliche Ausgrenzung. Nous sommes unis! – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne und am Stream! Die Taten von Paris waren abscheulich. Die Täter sollen mit allen gebotenen Mitteln verfolgt und bestraft werden. Die Opfer betrauern wir zutiefst.
Doch dürfen wir uns von den Mördern nicht einschüchtern lassen, deswegen nicht unsere Freiheit einschränken und nicht unsere Bereitschaft verringern, Asyl zu gewähren. So habe ich diese Resolution der vier Fraktionen gelesen. Dieser Resolution kann ich mich daher auch inhaltlich voll anschließen.
Doch eine Sache kommt mir tatsächlich zu kurz: Die meisten Opfer von Terrorismus gibt es im Nahen Osten, im Irak, in Syrien, in Afghanistan oder in den Krisengebieten Nordafrikas. Sie dürfen nicht als Opfer zweiter Klasse angesehen werden. Wir müssen uns gegen den Terrorismus wenden, nicht nur, wenn er in Europa stattfindet. Die Getöteten in diesen Ländern sind nicht weniger wert als die im Westen. Daher danke ich den Piraten für ihre ergänzende Resolution.
Am Entstehen und an der Verbreitung von Terrorismus trägt leider auch der Westen Mitschuld. Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, soziale Ungleichheit zwischen Norden und Süden, geostrategische sowie wirtschaftspolitische Interessen als Grund für Krieg, einseitige Parteinahme gegen Kurden, nicht zuletzt der völkerrechtlich fragwürdige Irakfeldzug sowie die illegalen Drohnenangriffe durch die USA sind mit ursächlich dafür.
Die Serie an Kriegen im Nahen und Mittleren Osten hat die Situation bislang nur verschärft und verschlimmert. Leidtragende sind immer die Menschen vor Ort. Daher habe ich große Sorge vor einem weiteren Kriegseinsatz in Syrien. Aus großer Höhe Bomben auf ein Land zu werfen, wird den Terrorismus nicht besiegen. Das ist ein wenig so, als würden Sie mit der Bratpfanne im Restaurant nach einer Fliege werfen. Mit viel Glück treffen Sie sie, aber sehr viel wahrscheinlicher landet die Pfanne in einer Vitrine oder gleich am Kopf eines Gastes.
Meine Damen und Herren, wir müssen angesichts der vielen Menschen auf der Flucht Verantwortung für die Fluchtursachen übernehmen. Wir dürfen bei Völkermord und Vertreibung auch nicht einfach wegsehen. Das sind die wahren Gründe, warum wir uns für die Menschen in Syrien und gegen Daesh engagieren müssen.
Doch es darf keine nationalen Alleingänge geben, bei denen jedes Land überwiegend seine eigenen, meist wirtschaftlichen oder geostrategischen Interessen verfolgt. Wenn es einen militärischen Einsatz geben soll, dann nur mit internationalem Mandat, unter internationalem Kommando, mit einem klaren, vorher definierten Ziel und einem Plan, wie man das erreichen will. Einen weiteren, nicht enden wollenden militärischen Alptraum darf es nicht geben. – Herzlichen Dank.
Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Generalkonsul! Meine Damen und Herren! Wir alle sind immer noch erschüttert über die feigen Terrorattentate von Paris. Berichte und Bilder lassen uns nicht los. Unser Entsetzen und unsere Wut nehmen nicht ab. Unser Mitgefühl gilt denen, die Opfer sind, sowie ihren Freunden und Angehörigen. Wir hoffen und beten für die vielen und zum Teil schwer Verletzten.
In Paris wurden jene getroffen, die gerade dabei waren, ihr Leben zu genießen: beim Abendessen mit Freunden oder beim Konzert. Der Angriff erfolgte absichtlich an jenen Orten, für die Paris als Stadt der Lebensfreude steht wie keine andere Stadt in Europa. Das Attentat hätte jeden und jede treffen können.
Es war ein Angriff auf uns alle, ein Angriff auf die Freiheit, auf unsere offene Gesellschaft, auf das Leben selbst. Die Terroristen wollten damit Angst und Unsicherheit schüren. Würden wir jetzt in Panik verfallen, hätten sie ihr Ziel schon erreicht.
Deshalb: So schwer es ist, jetzt kommt es darauf an, besonnen zu reagieren. Ich bin daher dankbar für diese Debatte und die gemeinsame Resolution der vier Landtagsfraktionen. Herr Marsching, wenn ich das einwerfen darf: Ich kann Ihrer Interpretation der Textstellen nicht folgen. Das möchte ich deutlich sagen.
Wir zeigen damit gemeinsam, dass wir einen klaren Kopf behalten. Wir machen klar, dass wir unsere Freiheit gemeinsam verteidigen – entschlossen, aber besonnen. Wir zeigen, wir stehen an der Seite
Frankreichs. Deutschland und Frankreich, Nordrhein-Westfalen und Frankreich – das ist mehr als wirtschaftliche Kooperation, mehr als politischer Schulterschluss in Europa. Es ist eine gewachsene, eine tiefe Freundschaft, getragen nicht nur von den politisch Handelnden, sondern von den Bürgerinnen und Bürgern selbst. Deshalb stehen wir Seite an Seite.
Auch Deutschland befindet sich im Fokus des internationalen Terrorismus. Die Gefährdungslage ist insgesamt unverändert hoch. Auch wenn konkrete Hinweise auf bevorstehende Anschläge zurzeit nicht vorliegen, nehmen wir jeden Hinweis ernst. Wir gehen ihm konsequent und gewissenhaft nach. Das ist aus Gründen unserer Sicherheit geboten.
Aber die Anschläge von Paris und die Spuren der Attentäter zeigen auch, Sicherheit ist in unserer Welt nicht teilbar. Gegen die Bedrohung des internationalen Terrorismus reichen nationale Maßnahmen allein nicht aus. Deshalb müssen unsere Sicherheitsbehörden künftig noch stärker mit unseren internationalen Partnern zusammenarbeiten, insbesondere in Europa.
Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern nehmen die Gefährdungslage sehr ernst und werden mit allen Mitteln des Rechtsstaates entschlossen gegen den Terror vorgehen.
Die Landesregierung hat die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen veranlasst. Wir haben nach den Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo reagiert, indem wir die operativen Fähigkeiten des Verfassungsschutzes und Staatsschutzes ausgebaut haben. Die Sicherheitsbehörden sind hochsensibel, reaktionsfähig und in ständigem Kontakt mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der anderen Länder.
Westfalen unseren Dank auszusprechen dafür, dass sie jeden Tag den Schutz der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger übernehmen und für unsere Werte einstehen, dafür, dass sie bei ihrem Einsatz für unser aller Sicherheit täglich großen Belastungen und auch großen Gefahren ausgesetzt sind.
Was sie für uns alle leisten, ist oft mehr als Pflichterfüllung und verdient unsere größte Anerkennung. Herzlichen Dank von hier aus.
Es ist schon mehrfach gesagt worden: Bei allen Sicherheitsmaßnahmen wird es eine 100%ige Sicherheit nicht geben können. Trotzdem dürfen wir uns nicht verunsichern lassen. Wir müssen wachsam bleiben, dürfen aber nicht in Angst verfallen und uns einschüchtern lassen; denn sonst hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht.
Wir wissen, wir dürfen nicht erst dann ansetzen, wenn sich Menschen bereits radikalisiert haben. Deshalb sind vor allem präventive Ansätze wichtig. Ich gebe Ihnen ausdrücklich recht, Herr Kollege Lindner: Dazu gehört es, Integration so zu gestalten, dass sie erfolgreich sein kann. Da müssen wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen; und das werden wir.
Zu den präventiven Ansätzen gehören auch unsere Programme „Wegweiser“ oder das Aussteigerprogramm „Islamismus“- eine Alternative zu Fanatismus, Hass und Gewalt aufzuzeigen. Prävention ist aber nicht nur eine Aufgabe der Sicherheitsbehörden, sondern der Gesellschaft insgesamt.
Meine Damen und Herren, eines ist ganz wichtig – und deshalb steht dies auch klar in der gemeinsamen Resolution der vier Fraktionen –: Wir dürfen die berechtigte Debatte über Sicherheit und Bekämpfung von Terrorismus nicht mit der Diskussion über die Flüchtlingspolitik vermischen. Die vielen Tausende von Menschen, die in den vergangenen Wochen und Monaten zu uns gekommen sind und die in Zukunft noch kommen werden, fliehen in großer Zahl vor dem Terror und der Gewalt in den Heimatländern und suchen bei uns Schutz. Diese Menschen sind Opfer des Terrors und nicht Täter – häufig ist das so.
Wer die Flüchtlinge jetzt unter Generalverdacht stellt, betreibt das Geschäft der Terroristen, die die Integration der Flüchtlinge bei uns sabotieren wollen. Er spielt damit den Feinden der Demokratie in die Hände.
Meine Damen und Herren, es ist wirklich gut für die politische Kultur in unserem Lande, dass in diesem Haus darüber Einigkeit besteht. Die Demokratie und die Freiheit können aus einer solchen Bewährungsprobe wie den Attentaten von Paris gestärkt hervorgehen.
Auch ich erinnere an die Worte des ehemaligen norwegischen Ministerpräsidenten, der nach dem Anschlag auf der Insel Utøya gesagt hat: Ihr werdet unsere Demokratie und unser Engagement für eine bessere Welt nicht zerstören. Wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Unsere Antwort lautet: mehr Demokratie, mehr Offenheit und mehr Menschlichkeit.
Und das gilt auch für uns. Wir halten zusammen – mit Mut, Offenheit und Toleranz für die Freiheit und für ein friedliches, offenes, vielfältiges NordrheinWestfalen. – Vielen Dank.