Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Kollegin Schäffer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Minister, wir werden morgen sicherlich noch mal über das Thema „Studien“ und wer wann was gesagt hat diskutieren. Ich freue mich schon darauf.
Ich würde aber gerne die Gelegenheit nutzen, auch hier eine Frage zu stellen. Sie haben gerade gesagt, dass Sie sich vorstellen könnten, wissenschaftliche Expertise zu einzelnen Fragestellungen einzuholen. Können Sie sich denn auch vorstellen, für den
Bereich des Verfassungsschutzes wissenschaftliche Expertise einzuholen, oder beziehen Sie das nur auf die Polizei?
Frau Schäffer, ich antworte gerne schnell und direkt. Bei dieser Frage bin ich etwas unsicher, da bin ich ehrlich. Wir haben uns momentan vorgenommen, den Bereich der Polizei zu untersuchen. Ich meine, damit haben wird zunächst einmal genug zu tun.
Das war kein Nein, aber es ist auch kein Ja. Ich denke, dass man das von den Problemen, die auf dem Weg noch auftauchen, abhängig machen muss. Manchmal ist es klug, nicht schon vorher genau zu wissen, was man alles macht. Manchmal muss man offen sein und darf weder „Nein“ noch „in jedem Fall“ sagen.
Bezüglich der Polizei haben wir uns jetzt einen Auftrag gegeben, der für Herrn Reichel-Offermann und seine fünf Leute klar ist. Ich kann Ihnen sagen, dass es hier die Offenheit gibt, das zu tun. Ob es in dem anderen Bereich überhaupt eine Notwendigkeit gibt, werden wir später sehen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Sehr geehrter Herr Minister, haben Sie Anhaltspunkte dafür, dass einzelne Mitglieder der Chatgruppen sonstige Straftaten begangen haben könnten? Wenn ja, welche sind das?
Die Antwort ist einfach und klar: bisher nicht. Dazu muss ich aber kurz etwas erklären: Wir werten die beschlagnahmten Asservate sukzessive aus. Dabei könnten morgen oder übermorgen neue Erkenntnisse herauskommen. Nach heutigem Stand gibt es keinen Hinweis darauf.
Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Dudas von der SPD-Fraktion.
Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Ihnen diese Vorfälle nicht erst seit Kurzem oder seit heute bekannt. Deswegen frage ich Sie: Wann sind Ihnen die rechtsextremistischen Aktivitäten der verdächtigen Mitarbeiter jeweils das erste Mal aufgefallen?
Bei der Polizei ist der Fall relativ klar. Immer dann, wenn Fälle aufgetaucht sind, habe ich die öffentlich bekannt gemacht; vielleicht erinnern Sie sich an Hamm, Essen oder Bielefeld.
Es gab ein wenig Unklarheit über die Frage, ob wir die Vorfälle im Zusammenhang mit den Observanten im Verfassungsschutz rechtzeitig bekannt gemacht haben. Ich denke, ich darf, ohne Geheimnisbruch zu begehen, darauf hinweisen, dass es im Dezember des vergangenen Jahres eine Sitzung eines Gremiums gab, das es nicht gibt, in der das präzise erklärt wurde.
Ich verstehe nicht, warum mir alle den Vorwurf machen, dass wir nichts erklärt hätten. Das war vor fast einem Jahr, und es ging um genau dieses Problem beim Verfassungsschutz. Wenn ich böse wäre, was ich nicht bin, könnte ich den Vorwurf, dass ich nichts gesagt hätte, in eine Frage umkehren: Wer hat nicht zugehört?
Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Körfges von der SPD-Fraktion.
Herr Minister, ich möchte unmittelbar an die letzte Frage anknüpfen. Ich war selbst bei der Veranstaltung, über die wir hier nicht näher reden können, anwesend. Mir stellt sich folgende Frage: Warum haben Sie sich nicht dazu veranlasst gesehen, zu einem späteren Zeitpunkt über dieses Gremium hinaus die Öffentlichkeit oder zumindest Teile des Parlaments zu informieren?
Weil es für die Frage, wie Personal im Verfassungsschutz behandelt wird, klare Regeln gibt. Dafür ist genau dieses Gremium gedacht. Herr Freier und ich waren beide in diesem Gremium und haben es dort vorgetragen – ich weiß gar nicht mehr, wer welchen Part übernommen hat. Insofern haben wir es damit denen, bei denen die Notwendigkeit besteht, dass sie es wissen, kundgetan.
Ich habe soeben außerdem einen Hinweis erhalten, der mir weiterhilft: Im Januar dieses Jahres habe ich es im Innenausschuss übrigens auch benannt, aber wenig präzise.
Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Frau Kollegin Spanier-Oppermann aus der SPD-Fraktion.
Herr Minister, vielen Dank. – Ich möchte einmal auf das Thema „offene Haftbefehle gegen Angehörige der rechten Szene“ zu sprechen kommen. Kann man da einen Bezug zu den Ermittlungen rund um die Chatgruppen herstellen? Gibt es Anhaltspunkte für solche Bezüge?
Nein. Ich will aber auch hier hinzufügen: Wir sollten vorsichtig sein mit abschließenden Bewertungen. Das gilt an allen diesen Stellen.
Erst einmal sind die Asservate sichergestellt worden. Das ist der erste Schritt. Dann werden die Daten gesichert. Erst danach werden sie ausgewertet. Was da am Ende herauskommt … Ich habe in dieser Hinsicht interessante Erfahrungen in einem anderen Themenbereich, nämlich Kindesmissbrauch. Ich würde sagen: Lassen Sie uns in aller Ruhe abwarten und sie gründlich arbeiten lassen.
Ich hoffe, dass das nicht der Fall ist. Ich kann es zum heutigen Zeitpunkt aber logischerweise nicht ausschließen. Bis jetzt gibt es dafür aber keinen Hinweis.
Vielen Dank, Herr Minister. – Die nächste Frage stellt Ihnen Herr Kollege Baran aus der SPD-Fraktion.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Minister, wir haben gerade über Studien gesprochen. Ist denn beabsichtigt, in einer Studie – vielleicht auch in der laufenden Studie – andere Sicherheitsbehörden wie zum Beispiel den Justizvollzug, Vollstreckungsbeamte der Kommunen oder vielleicht auch Mitarbeiter der Flüchtlingsunterkünfte mit unter die Lupe zu nehmen? Das wäre ja eigentlich auch im Interesse eines Innenministers.
Bei uns im Land Nordrhein-Westfalen gibt es bisher keine Absicht dazu. Wir haben, denke ich, mit dem anderen Thema jetzt reichlich zu tun.
Ich habe aber gestern der Presse entnommen, dass der Bundesinnenminister angeregt hat, darüber nachzudenken, so eine Untersuchung für den gesamten öffentlichen Dienst zu machen. Das könnte dann eine Antwort auf Ihre Frage sein.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Minister, anschließend an die Frage, die ich vorhin gestellt habe: Welche Disziplinarmaßnahmen wurden gegen die vier betroffenen Mitarbeiter im Verfassungsschutz bzw. im Innenministerium bislang verhängt?
Die Disziplinarverfahren laufen noch. Eines ist abgeschlossen; das habe ich aber öffentlich schon gesagt. Drei laufen noch. Sie sind … Nein, ich kann mich nicht dazu äußern, wie sie ausgehen. Das muss man abwarten. Drei Disziplinarverfahren laufen also noch, eines ist abgeschlossen.
Vielen Dank. – Ich greife einen Hinweis auf: Es ist heute auch zulässig, neben dem Herrn Minister Platz zu nehmen. – Nun hat als nächste Fragestellerin Frau Kollegin Müller-Witt das Wort. Bitte sehr.
Vielen Dank. – Herr Minister, Sie haben mitgeteilt, dass die drei betroffenen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Videos mit islam- bzw. fremdenfeindlicher Konnotation verschickt hatten. Was wurde auf diesen Videos gezeigt, und wer waren die Empfänger dieser Videos?
Die eine Frage kann ich leicht beantworten: Empfänger war diese Chatgruppe, die existierte, eine überschaubare Chatgruppe.
Die Inhalte waren fremdenfeindliche Bilder und Postings. Vielleicht kann ich dazu ein wenig hinzufügen. Das ist allerdings ganz schwer in Worte zu fassen. Sie sind im Vergleich zu den Postings, die wir in Essen/Mülheim hatten, weniger gravierend. Sie sind aber trotzdem nicht in Ordnung. Sie haben eine andere … Der Chef des Verfassungsschutzes sagt immer: Das in Mülheim war Hardcore.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben bisher immer darauf hingewiesen, dass die Selbstreinigungskräfte der Polizei sehr wichtig sind, was das Korrektiv angeht. Sind Sie der Meinung, dass nach den jetzt bekannten Vorgängen dieser Hinweis ausreicht? Oder denken Sie, dass weitere Maßnahmen
Ich bin und war nie der Auffassung, Herr Abgeordneter, dass das ausreicht. Da bitte ich zu unterscheiden.
Erster Punkt: Wir haben disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen diejenigen ergriffen, die uns bekannt gemacht worden sind. Die 38, zu denen im Moment noch, sagen wir einmal, Hinweise vorliegen, werden geprüft, und dann wird auch dagegen entsprechend disziplinarrechtlich oder strafrechtlich vorgegangen.
Zweiter Punkt: Die Behörde Essen/Mülheim – es sind zwei Städte, aber es ist eine Behörde – wird im Rahmen einer Sonderinspektion genau angeschaut.
Dritter Punkt: Wir haben einen Sonderbeauftragten eingesetzt, der sich mit der Frage befasst, welche Konsequenzen wir daraus ziehen. Wir müssen ja beides machen: Wir müssen die Fehler aufdecken und diejenigen, die sich falsch verhalten, auch sanktionieren; aber wir brauchen fast gleichzeitig auch Lösungen für die Probleme. Wir versuchen, das parallel zu machen.
Mit „Selbstheilungskräften“ meine ich Folgendes – das ist vielleicht ein bisschen das falsche Wort –: Ich glaube, auf Dauer ist es in einem so großen Personalkörper wie der Polizei mit insgesamt 50.000 Menschen die beste Methode, wenn jeder auf jeden aufpasst und jeder sich verantwortlich fühlt. Das meine ich damit. Es dürfte keinen Kontrollmechanismus geben, der so perfekt ist, dass er das bei so einer großen Gruppe hinkriegt. Es wird darauf ankommen, dass wir bei allen in der Polizei sicherstellen – ich glaube, bei den allermeisten ist es schon sichergestellt –, dass sie ein klares Bewusstsein dafür haben, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist und was ein Fehler ist und dass sie einen Fehler auch benennen.
Da spielt natürlich auch das Führungspersonal eine besondere Rolle. Deshalb habe ich mir vorgenommen – das ist relativ aufwendig, aber wird gemacht –, mit den 3.500 Führungskräften in den – ich sage es einmal ein bisschen bildhaft – unteren Ebenen in direkten Kontakt zu kommen und Einzelgespräche zu führen; denn ich erwarte von ihnen, dass sie diese Aufgabe wahrnehmen.