Protokoll der Sitzung vom 08.10.2020

(Beifall von der FDP und der CDU)

Danke schön, Herr Lürbke. – Jetzt spricht für die AfD-Fraktion Herr Wagner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben ja jetzt wieder ganz viel darüber gehört, dass wir Studien brauchen. Da wird auch immer gerne eine Studie herbeizitiert, die den Extremismus und Rassismus in der Mitte unserer Gesellschaft verortet. Das ist die Leipziger Studie aus dem Jahr 2018.

(Zuruf: Oh Gott!)

Genau diese Studie zeigt, wie der Extremismusforscher Eckhard Jesse sagt, dass das Zustandekommen der Studie in Teilen unseriös ist. Warum ist das so? Weil es eine große Spannbreite zwischen Ergebnis und Interpretation gibt. Die Ergebnisse einer gesellschaftswissenschaftlichen Studie werden interpretiert – und je nachdem, wie man sie interpretiert, kommt man am Ende zum gewünschten Ergebnis. Das hat mit Wissenschaftlichkeit allerdings nicht allzu viel zu tun.

Von daher: Hören Sie endlich auf, in diesem Zusammenhang darüber zu reden, dass wir die Wissenschaft bemühen müssen. Gerade Gesellschaftswissenschaften sind in diesem Zusammenhang in höchstem Maße manipulativ.

In Hamburg soll nun eine Polizeistudie zu Rassismus starten. Dort will man also erforschen lassen, wie es zu Vorurteilen von Polizisten kommen kann. Wie kann es überhaupt zu Vorurteilen kommen? Möglicherweise durch eine falsche Politik. Beispielsweise kann es zu Vorurteilen kommen, indem man in zu kurzer Zeit zu viele von den Falschen unkontrolliert in ein Land lässt. Das kann nämlich Vorurteile gegenüber denjenigen schüren, die hier in übergroßer Mehrzahl rechtschaffen und rechtmäßig leben, meine Damen und Herren. So kann man auch Vorurteile schaffen.

Über die Studie, die in Hamburg im nächsten Jahr ins Werk gesetzt werden soll, wurde in den Hamburger Messehallen im Rahmen eines zweitägigen Symposions mit dem Titel „Mit Sicherheit für die Demokratie – Strategien gegen Radikalisierung“ diskutiert.

Was ist dabei nicht geschehen? Was hat man dabei nicht getan? Man hat dazu nicht die Polizeigewerkschaften eingeladen. Die hat man außen vor gelassen. Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hamburg, Joachim Lenders, kritisiert das völlig zu Recht. Wenn es in einer Studie um mehr Transparenz und Offenheit in den Reihen der Polizei gehen soll, aber die Polizeigewerkschaften ausgeschlossen werden, dann sind kritische Stimmen ganz offensichtlich nicht erwünscht, und es ist im rot-grün

regierten Hamburg durchaus klar, dass das nicht erwünscht ist.

Lieber Herr Sieveke, Sie haben eben erwähnt, dass die CDU für die demokratische Rechte stehe. Da stelle ich mir nach wie vor die Frage, wie Sie darauf kommen, die Überschrift Ihres Antrags „Sicherheitsbehörden konsequent gegen rechte Strömungen immunisieren“ lauten zu lassen. Damit spielen Sie genau das Spiel, das Grüne, Linke und zu großen Teilen auch die SPD spielen.

So hat beispielsweise die rot-rot-grüne Koalition in Berlin, diesem Failed State, 2019 eine Datenbank angelegt, in der – ich zitiere – Straftaten von Polizisten aus rechtspolitischen Motiven heraus erfasst werden sollen. Es geht also nicht um rechtsextremistische Motive, nicht einmal um rechtsradikale, sondern um rechtspolitische. Rechtspolitische Motive werden also mit Straftaten und Extremismus gleichgesetzt, und Sie lassen sich auf dieses Spiel ein. Meine Güte! Die CDU ist nur noch ein Abklatsch alter, guter Zeiten, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Angesichts dessen, was Sie vorhin zu Extremismus und Radikalismus gesagt haben, muss ich Ihnen – ich weiß gar nicht, warum; Sie sind Berufspolitiker und müssten die Definition eigentlich kennen – gerne noch mal Nachhilfe geben. So schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung bzw. der Bundesverfassungsschutz zur Abgrenzung zwischen Rechtsradikalismus oder Radikalismus überhaupt und Extremismus relativ klar:

„Als extremistisch werden die Bestrebungen bezeichnet, die gegen den Kernbestand unserer Verfassung – die freiheitliche demokratische Grundordnung – gerichtet sind. Über den Begriff des Extremismus besteht oft Unklarheit. Zu Unrecht wird er häufig mit Radikalismus gleichgesetzt.“

Das ist das, was Sie tun. – Es heißt dort weiter:

„Radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. Auch wer seine radikalen Zielvorstellungen realisieren will, muss nicht befürchten, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird; jedenfalls nicht, solange er die Grundprinzipien unserer Verfassungsordnung anerkennt.“

Damit haben wir es ja sehr häufig auf der linken Seite zu tun. Nur, diese Schwammigkeit, dieses Verwischen der Begriffszuordnungen, der Begriffsbestimmungen ist etwas, was dem linken Spektrum in diesem Hause in die Karten spielt. Dass Sie das unterstützen, hätte ich von Ihnen nicht erwartet.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Wagner. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache und somit auch der Aktuellen Stunde angelangt.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Wir stimmen erstens ab über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/11144 – Neudruck. Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die SPDFraktion stimmen zu. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, AfD sowie die beiden fraktionslosen Kollegen Herr Pretzell und Herr Langguth stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Die gibt es nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 17/11144 – Neudruck – mit breiter Mehrheit des Hohen Hauses abgelehnt.

Zweitens stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/11285. Wer stimmt dieser Entschließung zu? – Die SPD und die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, AfD sowie die beiden Fraktionslosen Herr Langguth und Herr Pretzell stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Sehe ich nicht. Damit ist auch der Entschließungsantrag Drucksache 17/11285 mit breiter Mehrheit des Hohen Hauses abgelehnt.

Drittens stimmen wir ab über den Entschließungsantrag von CDU und FDP Drucksache 17/11290. Wer stimmt dieser Entschließung zu? – Die CDU und die FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der AfD und der beiden Fraktionslosen Herr Pretzell und Herr Langguth ist der Entschließungsantrag Drucksache 17/11290 mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen angenommen.

Ich rufe auf:

3 Das Wahlalter ab 16 bei Landtagswahlen muss

jetzt kommen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/11173

Die Aussprache ist eröffnet, und ans Pult tritt für die SPD-Fraktion Herr Wolf.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es im Landtag bis heute nicht geschafft, mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit eine Verfassungsänderung auf den Weg zu bringen, um das Wahlalter ab 16 zu beschließen.

Obwohl wir das Thema hier seit sieben Jahren diskutieren und trotz eines sehr klaren Votums der FDP auf ihrem Landesparteitag 2018, die sich für die Absenkung des Wahlalters ausgesprochen hat, hat sich

nichts bewegt. Wer mich länger kennt, weiß, dass ich Max Weber immer wieder gerne zitiere: Politik ist das Bohren dicker Bretter. – Ich schlage vor, wir schrauben einen anderen Bohrer drauf. Vielleicht funktioniert es dann. Deswegen haben wir uns dafür entschieden, das Thema heute noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.

Ich habe den Bundesparteitag der FDP sehr genau verfolgt. Herr Dr. Stamp hat dort sehr klar angekündigt, sich für das Ziel „Wahlalter ab 16“ einzusetzen.

(Beifall von Gordan Dudas [SPD])

Insofern hoffe ich, wir haben mit ihm einen weiteren Handwerker gefunden, der beim Bohren dieses Brettes jetzt hilft.

Ich frage mich aber, warum wir diesen Umweg über eine Bundesinitiative, über das Votum eines Bundesparteitags oder über einen sehr, sehr lauten Tweet #ÜberwältigendeMehrheit gehen, bevor sich hier in Nordrhein-Westfalen etwas ändert. Auch die Jungliberalen haben das sehr, sehr deutlich gemacht. Sie haben appelliert und gesagt: Ein Zeichen des Respekts, ein Zeichen des Ernstnehmens junger Menschen und ein Beitrag für Generationengerechtigkeit – all das kann das Absenken des Wahlalters sein. – Das unter dem Hashtag #MissionAufbruch auf Twitter zu vermelden, klingt schon sehr nach Aktionismus.

Daran werden wir Herrn Dr. Stamp und seinen euphorischen Tweet gerne messen.

In der ganzen Tiefe und Breite haben wir das Thema hier – ich sagte es bereits – ausführlich in der Verfassungskommission diskutiert. Wir haben hier mehrere Initiativen eingebracht, die immer wieder auch mit den Stimmen der FDP abgelehnt worden sind.

Während wir hier Jahr über Jahr erneut darüber diskutieren, ändert sich die Beteiligung junger Menschen in anderen Regionen. Meine Kollegin Frau Müller-Witt hat beim letzten Mal auf Österreich hingewiesen. Wir können uns auch andere Bundesländer anschauen. So machen Schleswig-Holstein, Bremen oder Brandenburg ebenfalls gute Erfahrungen damit, junge Menschen früher zu beteiligen.

Wenn man sich die Studie der Otto-Brenner-Stiftung über die Bundesländer Brandenburg – Wahlalter ab 16 – und Sachsen – Wahlalter ab 18 – anschaut, stellt man fest, dass diese sehr deutlich das Argument widerlegt, dass es 16- und 17-Jährigen an der erforderlichen Reife fehle.

Auch heißt es dort, dass sich die Chance, junge Menschen zu Hause oder in der Schule gezielt auf eine Wahl vorzubereiten, nur in einem sehr engen Zeitfenster bietet, nämlich kurz vor dem Auszug von zu Hause und dem Verlassen der Schule.

Ein Absenken des Wahlalters schafft also Chancen, junge Wahlberechtigte mit Politik in Verbindung zu

bringen. Ein Absenken ist kein Selbstläufer; das räume ich ein. Wir alle müssen gemeinsam dafür sorgen, dass sich junge Menschen interessieren, Mitverantwortung tragen und sich beteiligen und auch erlernen, dass ein kompetenter Umgang mit Populismus notwendig ist, weil ihnen Populismus und Polemik überall begegnen, spätestens wenn sie ihr Smartphone einschalten.

Es geht um das Gefragtwerden, um das Mitreden bei Entscheidungen, die die Zukunft und die Lebensbedingungen junger Menschen gestalten und beeinflussen.

Der Beschluss der FDP auf Bundesebene zeigt deutlich, dass zumindest Teile oder vielleicht sogar die gesamte FDP bereit ist, nicht länger zu warten. Ich möchte Sie daher auffordern: Geben Sie dieses deutliche Signal an die Bedenkenträger in Ihren eigenen Reihen weiter. Geben Sie sich jetzt einen Ruck, und treten Sie mit uns gemeinsam für ein Wahlalter ab 16 ein! – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Wolf. – Es spricht Herr Schick für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf, Sie haben gerade von einem Bohrer gesprochen. Ich habe hier aber eher einen Ventilator erlebt, der jede Menge heiße Luft verteilt hat.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Es gab keine neuen Argumente.

(Beifall von der CDU – Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Sie stimmen also zu?)

Vielmehr haben Sie nur noch einmal wiederholt, was wir schon seit längerer Zeit von Ihnen hören. Eigentlich sollte Herr Herter sprechen. Dem hätte ich wenigstens zur Wahl gratulieren können. Zu dieser Rede kann ich Ihnen garantiert nicht gratulieren.