Apropos Zuhören: Sie haben eine interessante politische Kultur. Denn Ihre PM ging vor dieser Debatte heraus. Sie haben uns allen nicht zugehört. Um 10:20 Uhr war die PM draußen. Da hatten wir noch nicht miteinander diskutiert. Das zur politischen Debattenkultur.
Lassen Sie mich noch einmal in Erinnerung rufen, um was es heute geht. Die bisherige Planungsperspektive aus der Leitentscheidung im Jahr 2016 reichte bis ins Jahr 2045 und weit darüber hinaus. Da ging es um die energiepolitische Notwendigkeit für den Abbau von Garzweiler, Inden und Hambach. Das wurde so festgelegt.
Nun kann diese Zeitspanne deutlich früher enden, die CO2-Emissionen können um bis zu 70 % reduziert werden, und der Hambacher Forst bleibt erhalten. Es gibt viele Seen in Bayern, woher ich komme, wo der Wald direkt an den See grenzt. Das wollte ich nur kurz einmal sagen. Die Tagebauränder sind nicht mehr 100 m, sondern 400 m. Ich frage mich, Frau Brems, ob es so eine Art grünes Vergessen gibt
Noch mal zurück zu der Frage, was der heutige Erfolg ist. Warum ist das für uns so wichtig? – Weil wir einen gesellschaftspolitischen Konsens, einen Kompromiss herbeiführen konnten in einem Gesamtpaket von Maßnahmen, bei der jede einzelne die andere bedingt. So sind Kompromisse aufgebaut. Wenn man hier Rosinen pickt, dann ist es wie mit den Bausteinen eines Turms: Wenn man welche herausnimmt, fliegt das gesamte Gebäude zusammen. – Das gibt nur Verlierer, und das wollen wir nicht.
Aber wer hat das geschafft? – Es waren 28 Menschen aus der berühmten Kohlekommission, die diesen breiten gesellschaftlichen Konsens hart erarbeitet haben, der für Deutschland ein historischer Konsens ist. Das ist eine enorme Leistung.
Es waren 28 Vertreter aus allen Fachgebieten mit vielfältigen Interessen geeint in dem Willen, eine Energiewende herbeizuführen. Da waren Ministerpräsidenten, Bürgermeister, Greenpeace und der BUND, Buirer für Buir, es waren die Arbeitgeber und die Gewerkschaften, es waren die Forschung, die
Träger sozialer Belange, es war auch Reiner Priggen dabei, der früher hier saß, und die Energieberatung von Agora. Sie empfahlen, die Kohleverstromung bis 2038 zu beenden, den Hambacher Forst zu erhalten und eine sozialverträgliche Umsiedlung sicherzustellen. Das sollte man hier noch einmal festhalten.
Nach der Bund-Länder-Einigung am 15. Januar dieses Jahres lag also der Fahrplan vor. Dieser Fahrplan wurde im Sommer in Berlin in Bundesgesetze zum Kohleausstieg und Strukturwandel gegossen. Heute setzt die Landesregierung mit dieser Leitentscheidung für das Rheinische Revier nach sorgfältiger Prüfung diese Bundesgesetze in Handlungsfähigkeit um. Das ist das, was erreicht wird.
Sie sagen, dass Sie jetzt schon wissen, wie die Gerichte entscheiden. Es wundert mich, dass Sie so genau nach vorne blicken können.
Heute geht es um die Straße, die gelegt wird, und der Motor kommt aus der Region. Damit kann die Energiewende, die wir alle fordern, beschleunigt umgesetzt werden. Denn diese Leitentscheidung setzt genau diesen Kompromiss, diesen gesellschaftlichen Konsens, diesen gewollten Richtungswechsel, diesen Fahrplan der Kohleausstiegsgesetze mittels 14 Entscheidungssätzen um und flankiert damit den notwendigen Strukturwandel im Rheinischen Revier ökonomisch, ökologisch und sozial. Das ist die Grundlage, die wir brauchen, denn nur so können wir als Region weiterarbeiten.
Die Leitentscheidung bringt aber noch einen weiteren Punkt hinein, nämlich gelebte Partizipation. Es wurden ganz viele Akteure vor Ort einbezogen: die Tagebauumfeldinitiativen, Kommunen, Zivilgesellschaft, Forschung, Wirtschaft. Alle in vielfältigen Formaten stehen hier im Dialog für die Zukunft, und sie stehen auch für diesen Dialog. Das ist ein einzigartiges Fundament für eine Region, die wahrscheinlich die größte Herausforderung ihres Lebens erlebt, bis 2030 70 % CO2-Ausstoß zu mindern und dazu noch Tausende von Arbeitsplätzen zu schaffen.
Ich möchte noch einige weitere Punkte erwähnen. Im Entscheidungssatz 2 wird der Funktion der Landwirtschaft einen großen Stellenwert eingeräumt. Das ist besonders wichtig für die Region, nicht nur aus Sicht der Landwirtschaft, sondern auch aus Sicht der Landwirtschaftstechnik, denn auch da gibt es Arbeitsplätze zu generieren.
Die langfristige finanzielle Absicherung der sogenannten Ewigkeitslasten des Transformationsprozesses durch RWE wird klar festgelegt. Hier sendet die Leitscheidung ein sehr wichtiges und sehr verlässliches Signal in die Region: Niemals zuvor war RWE so konkret und präzise in die Pflicht genommen worden, und das ist auch gut so. Alle Rückstellungen für die Rekultivierung werden kontrolliert. RWE wird
in 18 Raten bis 2038 entschädigt. Es gibt ein ganz klares Vorgehen mit einem Monitoring: Wenn die vorgegebenen Wiedernutzbarkeitsauflagen nicht erfüllt werden, dann werden die Raten nicht bezahlt. Damit gibt es einen interessanten Hebel, und das ist für die Region sehr wichtig.
Wir erwarten ganz klar von RWE, dass es diese Folgeverpflichtung für die Region zuverlässig, konkret und im Sinne des ehrbaren Kaufmanns erfüllt.
Noch ein kurzes Wort zum Hambacher Forst – der soll ja im Verbund mit dem Merzenicher Erbwald und der Steinhalde erlebbar werden – und damit ein klares Wort an die Ökoaktivisten: Der Forst bleibt; ihr könnt jetzt von den Bäumen kommen und nach Hause gehen!
Neben dem Hambacher Forst kann auch Morschenich-Alt erhalten werden, und Merzenich freut sich auf die großen Entwicklungsperspektiven für diesen Ort.
Wie geht es also weiter? – Es wird ein öffentliches Beteiligungsverfahren geben, und die Region wird die offenen Fragen, vor allem die der Wasserwirtschaft, sorgfältig prüfen und bewerten.
Meine Damen und Herren, die neue Leitentscheidung gibt der Region zwei zukunftsweisende Leitgedanken mit: zum einen Modellregion für Energieversorgung und zum anderen Mobilitätsrevier zu werden. Ich füge hinzu: Dazu kommt die Möglichkeit, eine blühende Seenlandschaft zu werden. Für dieses Zukunftsbild leistet die Landesregierung mit dieser Leitentscheidung einen entscheidenden Beitrag. – Vielen Dank.
Frau Brems, Sie gehen sicherlich davon aus, dass Sie nur noch eine Redezeit von bis zu zwei Minuten haben. Ich bin nicht ganz sicher, ob der Präsident vorhin mitgeteilt hat, dass bei der Einbringung die Redezeit um gut fünf Minuten überzogen wurde. Von daher haben alle Fraktionen diese Zeit. Bitte schön.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin, für diese Information. Sie war tatsächlich noch nicht bei mir angekommen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Zeit dafür nutzen, noch kurz auf ein paar Aspekte einzugehen. Da der Ministerpräsident während meiner Rede dazwischengerufen hat, als ich dazu ausgeführt habe, dass das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz als Grundlage für die Leitentscheidung nicht ausreichend ist, möchte ich Ihnen gerne noch ein Zitat mitgeben.
„Das KVBG regelt die Inanspruchnahme der Dörfer bzw. der Flächen im Geltungsbereich der Leitentscheidung von 2016 nicht abschließend. Sowohl bei der Raumordnung als auch bei der späteren Entscheidung über Grundabtretungen, also Enteignungen, muss die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit erneut abgewogen werden.“
Das ist ein Zitat aus dem Gutachten. – Ich möchte Ihnen genau das noch einmal mitgeben, Herr Ministerpräsident. Wenn Sie hier sagen, ein Bundesgesetz muss doch ausreichen,
dann sage ich: Nein, das tut es eben nicht automatisch, weil es auch noch andere Gesetze gibt, die es einzuhalten gilt. Man muss ganz klar sagen, dass das nicht ausreichend ist. Sie machen es sich zu einfach, indem Sie einfach nur auf den Bund verweisen. Sie müssen hier klare Berechnungen vorlegen, und Sie weigern sich seit zwei Jahren, das zu tun.
Da es einige hier nicht leid werden, immer wieder von diesem Märchen der Eins-zu-eins-Umsetzung zu erzählen, werde ich es nicht leid, dagegenzuhalten.
Doch, Herr Bombis, es ist ein Märchen; denn es gibt dabei zwei Aspekte. Das eine ist, dass selbst die Bundeskanzlerin – das habe ich in dieser Runde auch schon einmal gesagt – im Plenarsaal des Bundestages gesagt hat, eine Eins-zu-eins-Umsetzung sei nie vorgesehen gewesen. Das heißt, es gibt keine Eins-zu-eins-Umsetzung. Da können Sie sich hier doch nicht hinstellen und behaupten, es sei eine. Das ist das Erste.
Das Zweite ist: Ja, die Arbeit der Kohlekommission beruhte auf einem breiten gesellschaftlichen Kompromiss. Ich fand es richtig gut, dass die Menschen damals in großer Breite zusammengekommen sind und einen Kompromiss erarbeitet haben. So weit, so gut.
Aber dann ist etwas passiert. Dann wurde nämlich von der Bundesregierung das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz vorgelegt. Damit war klar – das
haben diejenigen, die von der Umweltseite her in der Kohlekommission waren, auch klar festgestellt –, dass die Bundesregierung diesen Kompromiss aufgekündigt hat, dass es eben keine Eins-zu-eins-Umsetzung gibt und dass es deswegen nicht weitergeht.
Daher können Sie das hier nicht einfach behaupten. Das ist etwas, was diese Bundesregierung und auch diese Landesregierung mit zu verantworten haben. Sie können das nicht uns Grünen in die Schuhe schieben, sondern das ist Ihre Verantwortung, die Sie nicht abschieben können. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Abgeordnete der Grünen, was Sie hier wieder für ein Theater veranstalten! Frau Brems, Sie sagen, die Leitentscheidung leite nicht und entscheide nichts. Das kann ich, ehrlich gesagt, nicht verstehen. Ich bin entsetzt darüber, wie locker Sie damit umgehen und solche Behauptungen hier aufstellen können.