Wir brauchen verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen. Wir brauchen die Verankerung von Supervision auch als Maßnahme der Verantwortung und Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beschäftigten.
Das sind nur wenige Beispiele, weil die Redezeit einfach nicht ausreicht. Aber ich erwarte von dieser Regierungskoalition, dass sie sich unsere Vorschläge anschaut, dass sie sie prüft und dass sie sie einbezieht.
Herr Reul, Sie haben in der letzten Debatte an die Gemeinsamkeit appelliert. Wir sind sehr gerne bereit, mitarbeiten. Das haben wir Ihnen schon gesagt. Aber ich erwarte dann auch, dass unsere Vorschläge mindestens genauso ernsthaft überprüft werden und Sie sie mit in die Überlegungen einbeziehen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schäffer. – Als nächster Redner hat Herr Abgeordneter Dr. Katzidis für die Fraktion der CDU das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben, liebe Verena Schäffer, bei vielen Dingen Konsens – auch, was die heutige Thematisierung dieses so wichtigen Themas angeht, nachdem in der letzten Woche neuerliche Fälle bei unseren Behörden bekannt geworden sind.
Wir haben auch einen uneingeschränkten Konsens, wenn es darum geht, dass rechtsextreme, rassistische und auch sonstige diskriminierende und menschenverachtende Tendenzen in unseren Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen nichts, aber auch wirklich gar nichts zu suchen haben.
Ich glaube, das macht auch die Nulltoleranzpolitik unseres Innenministers in dem Bereich sehr deutlich. Wir sprechen zweifelsfrei nicht mehr von Einzelfällen. Der Kollege Kutschaty ist jetzt nicht da. Er hat es gestern auch gesagt. Da haben wir sogar mit der SPD Konsens.
Aber dann hört es auch schon auf, zumindest was die SPD angeht. Herr Kutschaty hat unserem Innenminister gestern ja auch vorgeworfen, in diesem Skandal keine gute Figur zu machen. Er hat hier weiter dargestellt – ich zitiere –:
„Wir können das Problem nur dann lösen, wenn wir es beim Namen nennen, … systematisch aufklären und dann systematisch handeln.“
Ich hätte mir gewünscht, dass Sie – und jetzt spreche ich ausdrücklich nur die SPD an – in Ihrer Regierungszeit nur mal ein einziges innenpolitisches Problem beim Namen genannt hätten. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie nur mal ein einziges innenpolitisches Problem systematisch aufgeklärt hätten. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie nur mal bei einem einzigen innenpolitischen Problem in Ihrer Regierungszeit systematisch gehandelt hätten. Das war alles nicht der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Unser Innenminister macht eine sehr gute Figur und muss auch heute noch einiges aufarbeiten, was in der früheren Zeit nicht aufgearbeitet wurde. Gerade die Tatsache, dass jetzt mehr Fälle bekannt werden, zeigt doch, dass wir kein strukturelles Problem haben, dass das Verantwortungsbewusstsein in der Polizei gestärkt wird und dass die bisherigen Maßnahmen unseres Innenministers auch wirken. Insbesondere die klare Haltung stärkt eine verantwortliche Fehler- und vor allem Führungskultur.
Uns ist es wichtig, genau an der Stelle anzusetzen. Das ist der entscheidende Faktor, um auch nachhaltig zu wirken und eine wirksame Bekämpfung dieser Tendenzen hinzubekommen.
„Notwendig ist eine neue Arbeitskultur, die anerkennt, dass z. B. selbstkritisches Denken kein Zeichen von Schwäche ist, sondern dass nur derjenige bessere Arbeitsergebnisse erbringt, der aus Fehlern lernt und lernen will. Zentral ist dabei die Diskurs- und Kritikfähigkeit, d. h. es muss eine ,Fehlerkultur‘ in den Dienststellen entwickelt werden. Reflexion der eigenen Arbeit und Umgang mit Fehlern sollte daher Gegenstand der polizeilichen Aus- und Fortbildung werden. Mithilfe des Einsatzes von Supervision als Reflexions- und Beratungsinstrument für Polizeibeamten sollen die Erfolge der individuellen Bildungsmaßnahmen geprüft und nachhaltig gesichert werden.“
Dieses Zitat stammt aus dem Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 2013 von Seite 861.
Frau Kollegin Schäffer, da sind wir im Übrigen vollständig beieinander. Deswegen haben wir in unseren Entschließungsantrag genau das an der einen oder anderen Stelle erwähnt und konkrete Maßnahmen daraus aufgenommen, die wir jetzt auch umsetzen wollen.
Das war genau das, was Herr Professor Dr. Grumke in seiner Stellungnahme im Innenausschuss unmissverständlich klargemacht hat – nämlich, dass wir Polizistinnen und Polizisten mit einer gefestigten demokratiestabilen Haltung und vor allen Dingen Verantwortung brauchen.
Genau das haben wir offensichtlich auch. Die ersten Ergebnisse der Umfrage bei der Polizei in Hessen zeigen doch sehr deutlich, dass wir gefestigte demokratische Strukturen in der Polizei haben, dass wir also kein strukturelles Problem haben.
Die Ergebnisse sind nach meiner Überzeugung auch durchaus auf Nordrhein-Westfalen übertragbar, weil beide Länder die zweigeteilte Laufbahn und ein vergleichbares Bildungsniveau haben.
Dort wurde deutlich, dass 97 % der Befragten die parlamentarische Demokratie eher oder voll und ganz für die beste Staatsform halten, zwei Drittel sogar voll und ganz. Die rechten und linken Ränder bei der Polizei in Hessen sind erfreulicherweise nur sehr marginal ausgeprägt: rechts 1,7 %, links 2 %. Noch deutlicher kann ein Ergebnis kaum ausfallen.
Unsere Polizistinnen und Polizisten sind nach meiner Überzeugung nicht nur systemrelevant, sondern insbesondere auch Systemgarant.
Die Umfelder-Studie, die Sie in Ihrem Antrag, Frau Kollegin Schäffer, ansprechen, ist im zweiten Durchgang ausgeweitet worden und wird sicherlich weitere Erkenntnisse bringen. Das dokumentiert auch, was
Sie angesprochen haben: Die Haltung junger Kommissaranwärter zum Zeitpunkt ihres Eintritts in die Polizei entspricht in dem Maße den fremdenfeindlichen Haltungen, wie sie auch im Gesamtbild der Gesellschaft vorherrschen. In der Ausbildung sinkt dieses Niveau aber stark. Dadurch sieht man, dass das Niveau der Ausbildung, des Bachelorstudiengangs entsprechend gut ist.
Daran müssen wir auch nach dem Dienst weiter arbeiten. Das geht aber nur mit Fortbildung, mit Supervision – dies ist bereits angesprochen worden – und nicht mit einer Langzeitstudie, die das Problem nicht löst.
Keiner verschließt sich im Übrigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die jetzt schon in der nordrheinwestfälischen Polizei weit verbreitet sind und auch weiter genutzt werden.
Nur: Wir müssen jetzt das Problem lösen. Wir wollen eine verantwortungsvolle Führungs- und Fehlerkultur. Wir wollen, dass unsere Polizistinnen und Polizisten auch nach innen die Verantwortung übernehmen, die sie nach außen haben. Wir wollen keinen falschen Korpsgeist.
Genau deshalb haben wir auch unseren Entschließungsantrag mit konkreten Maßnahmen eingebracht. Außerdem wollen wir – das geht auch aus unserem Entschließungsantrag hervor – dieses Thema regelmäßig auf der Agenda haben. Wir wollen wissen, ob und wie die getroffenen Maßnahmen wirken, damit man im Laufe der Zeit entsprechend nachjustieren und nachbessern kann.
Wir werden alles dafür tun – ich glaube, darin besteht hier Konsens –, dass wir diejenigen, die nicht auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen, aus den Sicherheitsbehörden rausbekommen und sie im Idealfall gar nicht erst hineinlassen. Dazu müssen wir zukünftig sicherlich auch noch einmal über die Einstellungsmodalitäten reden.
Ich hoffe, wir bekommen das hin. Ich würde es mir wünschen – da bin ich auch wieder bei Ihnen, Frau Kollegin Schäffer –, dass wir wirklich konstruktiv – wir haben auch bilateral besprochen, was weitere Maßnahmen in der Zukunft angeht – zusammen daran arbeiten, das eine oder andere noch auf den Weg zu bringen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. Katzidis. – Als nächster Redner hat für die FDP-Fraktion Herr Abgeordneter Kollege Lürbke das Wort.
vorweggeschickt: Ich finde es gut, dass wir dieses wichtige Thema hier in einer ruhigen, sachlichen Atmosphäre und in einer konstruktiven Diskussion besprechen. Es ist angemessen, das so zu tun.
Ich will für die FDP-Fraktion noch einmal deutlich bekräftigen, dass wir jeglichen rechten Tendenzen in unserer Gesellschaft im öffentlichen Dienst und in unseren Sicherheitsbehörden ganz entschieden entgegentreten.
Die aktuellen Fälle sind wie ein Stich ins Herz der NRW-Polizei. Sie sind ein Bärendienst für alle tadellosen Beamten, die rund um die Uhr für Recht und Ordnung eintreten und unsere Gesellschaft schützen.
Trotz aller Dramatik ist es mir deswegen auch wichtig, dass in all diesen Debatten, die wichtig sind und die wir führen müssen, und in der Öffentlichkeit kein schiefes Bild entsteht. Unsere Polizei in NordrheinWestfalen ist eine demokratische, rechtsstaatliche und werteorientierte Polizei.
Sie besteht im Wesentlichen aus pflichtbewussten, engagierten Beamten, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Unsere Beamten schwören einen Eid darauf.
Den wenigen, die meinen, ihren geschworenen rechtsstaatlichen Eid mit Füßen treten und dumpfen Parolen nachrennen zu müssen, haben wir unübersehbar den Kampf angesagt.
Wer solch einen menschenverachtenden Dreck postet wie in Mülheim, wer das in Chats verbreitet, wer sich nicht an die Regeln hält, der hat in dieser NRWPolizei auch nichts zu suchen.
Diese Personen stehen nicht für die 50.000 Beschäftigten bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Diese Dienstgruppe in Mülheim nannte sich „Alphateam“. Ich will es einmal in aller Deutlichkeit sagen: Das war nicht das Alphateam der NRW-Polizei, das war das Spalterteam der NRW-Polizei.
Im Nachgang der bekannt gewordenen Fälle in Mülheim hat sich eine Vielzahl von Beamtinnen und Beamten gemeldet, die stinksauer sind, die empört sind, die wütend auf diese Umtriebe ihrer Kollegen sind.
Diese tadellosen Polizeibeamten sorgen tagtäglich für die Sicherheit auf unseren Straßen. Diese Debatten und Diskussionen machen es ihnen natürlich nicht leichter. Deswegen sage ich – das hört man in diesen Tagen seltener; und ich sage es aus echter Überzeugung –: Ich bin stolz auf unsere Polizei in Nordrhein-Westfalen.