Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wissen seit der gestrigen Fragestunde: Das Problem des Rassismus ist viel größer.
Ihre Blitzabfrage, Herr Minister Reul, hat gezeigt, dass es weitere Verdachtsfälle im Finanzministerium, im Schulbereich und auch in der Justiz gibt.
Erst auf unsere Nachfrage haben Sie gestern eingeräumt, dass das Problem deutlich größer ist, als bisher von Ihnen dargestellt. Wollen Sie jetzt weiter jeden Tag tröpfchenweise neue Fälle schildern? Das wäre dann eine Aufklärung in Salamitaktik.
Herr Reul, Sie in der Regierung müssen jetzt anfangen, miteinander zu reden; denn das Problem umfasst ganz offensichtlich viele Häuser. Haben Sie Herrn Minister Biesenbach mal gefragt, wie groß das Problem in der Justiz sein könnte?
Haben Sie mit Minister Stamp über die Flüchtlingseinrichtungen gesprochen, mit Ministerin Scharrenbach über die Kommunen? Herr Lürbke hat die Jobcenter angesprochen.
Beziehen Sie auch die Feuerwehr und die Rettungsdienste ein? Wir wissen, dass die AfD den Feuerwehrverband kapern will.
Herr Staatssekretär Dr. Heinisch war zu Recht empört, als er hörte, dass der Feuerwehrverband in Thüringen Björn Höcke einlud. Das geht wirklich nicht.
Selbst der MAD hat für die Bundeswehr einen Leitfaden erarbeitet, um deutlich zu machen, wie man dort rechtsextremistische Tendenzen erkennen kann.
Aber die zentrale Frage bleibt: Wie bleiben die Beschäftigten in allen Behörden und in allen Ministerien immun gegen Vorurteile und Hetze gegen unsere Demokratie?
Herr Reul, als Sie im August dieses Jahres den Bericht zur Clankriminalität vorgestellt haben, haben Sie einen sich selbst entlarvenden Satz gesagt, nämlich:
„Ich bin mir bewusst, dass die Gefahr besteht, ausländerfeindliche Ressentiments zu bedienen und ganze Familien in Sippenhaft zu nehmen. Das ist ein Problem. Aber die Chancen sind größer als die Risiken.“
In dieselbe Richtung geht die Broschüre des Innenministeriums gegen Clankriminalität. Da heißt es zum Beispiel:
„Natürlich sind keineswegs alle Mitglieder, die einem Clan zuzuordnen sind, kriminell. … weil grundlegende Denkmuster häufig auch bei Familienmitgliedern verankert sind, die nicht kriminell auffällig sind und zum anderen weil auch bei Kenntnis über Kriminalität einzelner Familienmitglieder der Rest schweigt.“
Wir haben uns den besonderen Wert des Rechtsstaats erkämpft. Ein zentraler Baustein – im Gegensatz zum Unrechtsstaat – ist die Unschuldsvermutung. Außerdem gibt es im Strafverfahren keine Verantwortung, weil man der Familie eines Kriminellen angehört. Alles andere wäre Sippenhaft.
Als Sozialdemokrat und Jurist muss ich das hier sehr deutlich zurückweisen; denn ich fühle mich Fritz Bauer und Gustav Radbruch verpflichtet.
Dieser Satz ist auch ein handfester Bruch unserer Verfassung; denn in unserem Grundgesetz – Art. 6 – hat die Familie eine besondere Stellung. Das gilt auch für Ausländer. Niemand muss seine eigene Familie belasten. Wer das in Abrede stellt, der stellt den Rechtsstaat in Abrede.
In der „NRZ“ habe ich im Kommentar von Herrn Toussaint ein sehr treffendes Bild gefunden. Der Autor bezieht sich auf Malerarbeiten und das Abtönen mit Farbe: „Ein kleiner Tropfen Schwarz reicht aus, um zwölf Liter blütenweißer Farbe zu brechen“. Ich teile diese Metapher; denn bei der Frage der Gefahr für uns und unsere Gesellschaft ist selbst ein einzelner Fall ein Fall zu viel. Wir alle sind es unserer Demokratie und unserer Verfassung schuldig, dass nirgendwo nur ein Feind unserer Demokratie innerhalb unseres Staates arbeitet.
Leutheusser-Schnarrenberger zur Antisemitismusbeauftragten zu berufen, war eine sehr gute und kluge Entscheidung. Dann müssen Sie ihr jetzt aber auch zuhören. Ihre Presseerklärung von dieser Woche machte das sehr deutlich – ich zitiere sie –:
„Um der Gefahr eines weiteren Vertrauensverlustes zu begegnen, müsse mit großer Ernsthaftigkeit schonungslos und unabhängig aufgeklärt werden.“
„Vor vielleicht unangenehmen Erkenntnissen darf man nicht zurückschrecken. Das ist kein Generalverdacht gegenüber den Behörden, sondern notwendig, um mit Transparenz wieder Vertrauen herzustellen. Es kann auch notwendig werden, strukturelle Maßnahmen zu ergreifen.“
Herr Lürbke, auch die Jungen Liberalen haben längst erkannt, dass eine unabhängige Studie, eine umfassende Untersuchung notwendig ist.
Reden Sie nicht, schaffen Sie doch endlich die Strukturen, sodass unsere Beamtinnen und Beamten sich melden können.
Das haben die bisherigen Beispiele und Hinweise doch gezeigt. Lassen Sie uns doch gemeinsam das große Potenzial der jungen Polizistinnen und Polizisten in unserem Land nutzen, die mit einer klaren Haltung für unsere Demokratie und für die Gerechtigkeit ihren Dienst leisten. – Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Wolf. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der AfD Herr Abgeordneter Wagner das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der gesamten westlichen Welt haben wir es gegenwärtig mit einem Angriff von links auf unsere Ordnung und ihre Hüter, die Polizei, zu tun. Sie sei angeblich pauschal rassistisch und von Rechtsextremisten unterwandert. Die Zahlen beweisen, dass das nicht stimmt. Ganz einfach: Das stimmt nicht. Die Zahlen beweisen das.
Deswegen sage ich eines gleich am Anfang ganz klar und eindeutig: Unsere Polizei beschützt uns alle. Sie beschützt Reiche, Arme und die in der Mitte, sie beschützt Männer, Frauen und Kinder und sie beschützt Menschen jeglicher Herkunft und jeglichen Glaubens. Denn unsere Polizei ist eine Polizei des Rechtsstaats.
Ich danke unserer Polizei für ihre Arbeit. Ich danke den Frauen und Männern in unseren Einsatzkräften, die tagtäglich mit den kriminellen Seiten der Menschheit konfrontiert sind. Sie erleben das Leid von Opfern, sie erleben die Täter. Als reiche dieser Arbeitsalltag nicht schon aus, werden sie nun auch noch Angriffen aus dem politisch medialen Komplex ausgesetzt, müssen sich Generalverdächtigungen gefallen lassen.