Die Salafismusprävention „Wegweiser“ und das Aussteigerprogramm Islamismus – Minister Reul hat Anfang der Woche die aktuellen Zahlen bekannt gegeben – setzen auf viele wichtige Werkzeuge: politische Bildung, Elternarbeit, Wertevermittlung, die Zusammenarbeit mit Experten.
Wir müssen es schaffen, dass die eigene Gesinnung hinterfragt wird, bevor es zu spät ist. Dazu müssen wir das Problem an seiner Wurzel packen und Hassprediger hart verfolgen.
Gerade bei jungen Menschen ist es wichtig, auf die Eltern und auf Freunde zuzugehen, sie zu informieren, zu helfen, gegenzusteuern. Die Programme bieten Schulen Hilfe an, wie sie auf aufkommende islamistische Tendenzen reagieren müssen.
Wichtig ist aber auch die Arbeit in den Justizvollzugsbehörden. Gefängnisse dürfen kein Herd der Radikalisierung sein. Ganz wichtig: Es muss bekannt sein, was hinter den Türen passiert, was dort gepredigt wird. Dazu müssen wir islamische Organisationen in die Pflicht nehmen.
Erstens. Dort, wo Abschiebungen in die Herkunftsstaaten möglich sind, müssen sie unverzüglich geschehen. Da, wo es in begründeten Fällen möglich ist, die doppelte Staatsbürgerschaft zu entziehen, beispielsweise bei IS-Heimkehrern, muss auch das passieren.
Zweitens. Wir müssen mit den deutschen Gefährdern umgehen können, sie überwachen und den Ausstieg aus der Szene forcieren, und wir müssen dafür Sorge tragen, dass sich niemand in Deutschland radikalisiert.
Islamisten pervertieren Religion, um Hass zu verbreiten. Das hat nichts mehr mit Religionsfreiheit zu tun. Wir dürfen uns nicht von Strukturen unterwandern lassen. Wir dürfen nicht dulden, dass es neben dem deutschen Rechtssystem eine religiöse Ordnung gibt, die unser Grundgesetz ablehnt.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wermer. – Als nächste Rednerin hat Frau Aymaz für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Einen Hinweis zum Verfahren: Die Landesregierung hat ihre Redezeit überzogen, sodass wir das auch bei den Rednern entsprechend großzügig handhaben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Ich finde es erst einmal gut, dass wir hier weitestgehend eine sehr sachliche Debatte zu einem sehr, sehr wichtigen Thema führen. Das Thema ist tatsächlich für uns Demokratinnen und Demokraten von besonderer Bedeutung. Es geht hier um Menschenleben, es geht hier aber auch um unsere Werte, um unsere emanzipatorischen Werte der Freiheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie.
Gerade deshalb bin ich etwas verwirrt und irritiert, Herr Minister Stamp, aber auch Frau Kollegin Wermer, dass Sie hier mit populistischen Sprüchen vor allen Dingen gegen uns Grüne agieren.
Es lohnt sich immer wieder, genau hinzugucken, was wir Grüne schon 2017 gesagt haben und was jetzt auch Robert Habeck, Irene Mihalic und auch Konstantin von Notz sagen. Wir sagen: Abschiebungen ja, wenn die Rechtsstaatlichkeit weiterhin gewahrt bleibt.
Dass das nicht einfach ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, das haben wir auch hier in NRW sehr wohl deutlich gesehen. Da ging es schon fast nicht mehr um die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit, Herr Minister Stamp, da ging es schon fast um eine Grauzone.
Das dürfen wir nicht zulassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Islamisten, die gerade unsere Demokratie und unsere Rechtsstaatlichkeit im Blick haben, dafür sorgen, dass wir uns von unseren Grundwerten verabschieden. Das geht nicht. So geht der Kampf gegen Islamismus nicht.
(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Fami- lie, Flüchtlinge und Integration)
Es ist auch wichtig, immer wieder darauf zu achten, Themenbereiche nicht miteinander zu vermengen. Wenn man genau hinschaut, warum die Anzahl der Haftplätze für Abschiebungen noch mal erweitert wird, stellt man fest, dass das ganz viel mit EU-Recht zu tun hat, und es hat ganz wenig – eigentlich fast gar nichts – mit der Fragestellung „Kampf gegen Islamismus“ zu tun. Einige Vorrednerinnen und Vorredner haben klargemacht, wie komplex es ist, gerade wenn wir über Abschiebungen reden.
Als eine, die seit Jahren immer wieder auf die Gefahren auch des politischen Islams und des Islamofaschismus hingewiesen hat, befriedigt es mich nicht und verleiht es mir auch kein Sicherheitsgefühl, dass jetzt Menschen in ein Land abgeschoben werden, dessen Staatspräsident es noch nicht einmal schafft, sein Bedauern über die Anschläge in Frankreich zum Ausdruck zu bringen.
Dieser Staatspräsident spielt sogar eine große Rolle bei der Ausrüstung von Islamisten. Deshalb beruhigt es mich nicht, dass Gefährder von hier in diese Länder abgeschoben werden, wobei wir nicht wissen, wie mit ihnen tatsächlich verfahren wird.
Also bleiben wir weiter dran, für Rechtsstaatlichkeit, vor allem aber auch dafür zu sorgen, dass Gefährder tatsächlich im Blick behalten und für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden; auch das ist alles noch nicht geschehen.
Herr Minister Stamp, dass Sie jetzt doch Syrien ins Spiel gebracht haben, überrascht mich, denn Sie haben immer sehr klar darauf hingewiesen, dass es mit Autokraten wie Assad keine Abkommen geben darf.
Ich wünsche mir sehr, dass Sie auch weiterhin bei dieser Haltung bleiben. Einen Kampf gegen Islamisten kann es nicht mit Autokraten und Kriegsverbrechern geben. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin etwas irritiert über die beiden Wortbeiträge der Grünen,
denn ich hätte mir eine klare Positionierung dazu gewünscht – eben habe ich es angesprochen –, wie man zu Abschiebungen von Gefährdern und schweren Straftätern wie Mörder, Vergewaltiger und Kinderschänder nach Afghanistan steht.
Die Kolleginnen Schäffer und Aymaz haben das nett umschifft. Wenn das Auswärtige Amt feststellt, das sei von der Lage her möglich, weil es befriedete Gebiete in Afghanistan gibt, sodass man dorthin rechtsstaatlich abschieben kann, dann müssen sich auch die Grünen klar positionieren. Wenn man das will und es rechtsstaatlich auch möglich ist, muss man auch einmal hier im Hause klar sagen, dass man Gefährder und schwere Straftäter sehr wohl dorthin abschieben kann. Sie haben ganz galant versucht, das zu umschiffen.
Die Koalitionsfraktionen, aber auch die SPD sind schon klarer aufgestellt. Etwas mehr Klarheit halte ich für ganz wichtig. Diese Gelegenheit wurde eben nicht genutzt; es bleibt bei den Zwischenrufen.
Vielleicht hören wir gleich noch etwas von der Kollegin Walger-Demolsky. Sie haben in Ihren Antrag so schön geschrieben, man sollte ein unbefristetes Aufenthalts- und Einreiseverbot rechtlich prüfen. Sie können es gerne noch einmal nachlesen und es mir gleich am Pult bestätigen: Das gibt das Gesetz schon her.
Schauen Sie mal in § 11, § 54 Abs. 1 und § 58a Aufenthaltsgesetz; dort ist genau geregelt, dass man schon gegen Gefährder und Straftäter ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot verhängen kann. Sie brauchen also rechtlich nichts mehr zu prüfen, wie es in Ihrem Antrag steht, denn das gibt das Gesetz schon her.
(Markus Wagner [AfD]: Was nützt das beste Gesetz, wenn es keiner kontrolliert? – Weite- rer Zuruf von Gabriele Walger-Demolsky [AfD])
Herr Wagner, also wirklich. Sie fordern, etwas rechtlich zu prüfen, was das Gesetz schon hergibt. Ich bin zwar kein Jurist, aber an dieser Stelle gibt es doch gar nichts mehr zu diskutieren.
Die Debatte war weitestgehend sachlich. Ich kann aber noch einmal festhalten: Ich wünsche mir von den Grünen etwas mehr Klarheit zu Abschiebungen nach Afghanistan.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lenzen. – Frau Abgeordnete Walger-Demolsky hat für die Fraktion der AfD das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herrn! Da ich etwas Zeit gewonnen habe, möchte ich durchaus zum Ausdruck bringen, dass ich mich sehr darüber gewundert habe, wie diese Aktuelle Stunde formell überhaupt zugelassen werden konnte. Was ist hier wirklich aktuell?