Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

Verantwortung ist auch das Stichwort, wenn es um den Schutz unserer Kinder geht. Hier will ich mit einem Thema beginnen, das uns eint. Die Einrichtung einer Landesfachstelle „Prävention sexualisierte Gewalt“ findet die Unterstützung des gesamten Familienausschusses. Die 7,5 Millionen Euro, die im Landeshaushalt für den Kinderschutz bereitgestellt werden, werden natürlich auch von niemandem angezweifelt.

Ich bin mir aber sicher, hier dürfen wir nicht stehenbleiben. Der SPD war es immer wichtig, dass wir neben dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch eine Kinderschutzkommission einsetzen, die die Strukturen des Kinderschutzes in Nordrhein-Westfalen unter die Lupe nimmt. Darum bin ich froh, dass wir parteiübergreifend die Einsetzung der Kinderschutzkommission beschlossen haben, die seit etwa einem Jahr tätig ist und sich Expertise in diesem Themenfeld erarbeitet.

Schon heute ist klar: Wir brauchen landesweit vergleichbare Qualitätsstandards. Nicht jede strukturelle Verbesserung bedeutet auch Mehrausgaben, aber besserer Kinderschutz wird für das Land auch nicht zum Nulltarif zu haben sein. Lassen Sie mich im Rahmen meiner Haushaltsdebatte nur ein paar Schlaglichter werfen.

Wir haben mit dem System der Frühen Hilfen – durch Bundesgeld gefördert – eine hilfreiche Netzwerkstruktur flächendeckend aufgebaut. Die Träger und Kommunen wünschen sich analog auch etwas für die über Dreijährigen. Es würde dem Land gut zu Gesicht stehen, hier tätig zu werden.

Nur etwa jede fünfte Kita verfügt über ein Kinderschutzkonzept. Hier sollten wir gesetzgeberisch tätig werden, aber die Träger dabei auch personell unterstützen. Das Gleiche gilt für die Ausbildung: Es muss

in Nordrhein-Westfalen selbstverständlich werden, dass in allen Berufen, die sich schwerpunktmäßig mit Kindern befassen, auch der Kinderschutz eigenständiger Lehrinhalt in der Ausbildung wird. Das alles sind Punkte der Prävention.

Landesweit braucht es aber auch für die Opfer – nicht nur sexualisierter Gewalt – Anlaufstellen, in denen sie Beratung und Unterstützung erhalten. Hier ist das Netz in Nordrhein-Westfalen noch zu dünn gewebt – gerade im ländlichen Raum. Hier braucht es mehr Anstrengung des Landes für einen flächendeckenden Ausbau.

Es gibt also eine Menge Ansatzpunkte. In der Kinderschutzkommission arbeiten wir konstruktiv zusammen – ich denke, mit der Landesregierung auch. Ich hoffe, dass sich diese konstruktive Zusammenarbeit noch in dieser Legislaturperiode in weiteren strukturellen Veränderungen und damit auch im Haushaltsplan niederschlägt.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Maelzer. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der CDU Frau Kollegin Abgeordnete Schulze Föcking das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir Menschen mit sexualisierter Gewalt gegen Kinder konfrontiert werden, fällt die Reaktion oft gleich aus: Das kann doch nicht! Nicht hier bei uns! Wirklich? – Doch mussten wir schmerzhaft feststellen: Ja, auch hier bei uns wird Kindern Vernachlässigung, psychische, physische und auch sexualisierte Gewalt angetan.

Es ist kein Zufall, dass immer mehr Fälle öffentlich werden, denn nicht zuletzt bringt die gute Arbeit unseres Innenministers und der Ermittlungsbeamtinnen und -beamten immer mehr Fälle an die Öffentlichkeit. Von daher ist es richtig und so unglaublich wichtig, dass wir uns in dieser Legislaturperiode endlich mit diesem Schwerpunkt auf den Weg gemacht haben.

Dank des Engagements dieser Landesregierung, aller Beteiligten und auch dieser Koalition ist NRW inzwischen Vorreiter für den Kinderschutz. Das zeigt auch meine Rede heute hier: Die Bedeutung des Kinderschutzes hat einen eigenen Raum bekommen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn wir haben gezeigt, dass wir viel bewegen können.

Ich nenne an dieser Stelle beispielweise die Konstituierung der Kinderschutzkommission und die wirklich gute fraktionsübergreifende Zusammenarbeit darin. Ich nenne die Einrichtung des Kompetenzzentrums Kinderschutz im Gesundheitswesen. Vor wenigen Wochen hat auch die neugegründete Landesfachstelle ihre Arbeit aufgenommen, die besonders die freien Jugendhilfeträger unterstützen soll. Auf Bun

desebene haben wir es geschafft, das Verbot von Kindersexpuppen auf die Agenda zu setzen und durch eine Bundesratsinitiative den so wichtigen Datenaustausch zu verbessern. All das sind Puzzleteile auf unserem Weg, ein möglichst sicheres Umfeld zu schaffen, in dem Kinder unbedarft aufwachsen können.

Minister Stamp hat es in der Vergangenheit schon erläutert: Im Haushalt 2020 haben wir erstmals einen eigenen Haushaltsposten für den Kinderschutz geschaffen. Nur ein Jahr später sehen wir: Die Mittel werden dringend benötigt. Die 2,7 Millionen Euro mehr im Etat von 2021, der somit 7,5 Millionen Euro umfasst, sind daher nur konsequent.

Doch das Allerwichtigste ist: Mit diesen Maßnahmen ist nicht Schluss. Wir arbeiten kontinuierlich weiter, denn – meine Damen und Herren, das ist ganz zentral – wir werden leider nie an dem Punkt ankommen, an dem wir sagen können: Unsere Kinder sind zu 100 % sicher. Leider können wir das nicht. Denn in jeder Schulklasse sitzen statistisch gesehen mindestens ein bis zwei Kinder, für die allein sexualisierte Gewalt bittere Realität ist. Deshalb dürfen wir nicht die Augen verschließen, sondern müssen ganz genau hinschauen und handeln. Die Kinder, die vernachlässigt werden oder physische und psychische Gewalt erfahren, sind hier noch nicht einmal inbegriffen.

All diesen Kindern sind wir es schuldig, sie nicht im Stich zu lassen. Daran arbeitet die Landesregierung. Daran arbeiten wir in der Fraktion jeden Tag. Ich möchte auch Sie einladen, diesen Weg weiter gemeinsam mit uns zu gehen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Abschließend möchte ich eines noch in Ihre Richtung, Herr Maelzer, sagen: Ich finde es nicht ganz fair, dem Minister vorzuwerfen, es gäbe die aktuellen Zahlen bezüglich der Kitaschließungen nicht. Denn die Wahrheit ist: Am Montag in der Kinderschutzkommission hat Herr Dr. Weckelmann sogar noch explizit zum letzten TOP ausgeführt: Ich gebe Ihnen noch die aktuellen Zahlen mit auf den Weg. – An dem Tag schien es zumindest so, dass Ihr Interesse diesbezüglich nicht sonderlich groß ist. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulze Föcking. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Herr Abgeordneter Kollege Freynick das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als NRW-Koalition setzen wir uns unverändert für die Verbesserung von Prävention, Schutz von und die Hilfe bei sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ein.

Die Fälle von Gewalt gegen Kinder in Lügde, Bergisch Gladbach und Münster sind widerliche und unerträgliche Verbrechen – allerdings wohl auch nur die Spitze des Eisberges. Die Dunkelziffer an Fällen wird deutlich höher liegen. Deshalb müssen wir weiter entschlossen sein, alle bisherigen Konzepte konstruktiv zu hinterfragen, uns trauen, scheinbar bewährte Prozesse – wo es nötig ist – auf den Kopf zu stellen und diese dann neu auszurichten.

Dieser Wille zeigt sich erfreulicherweise in dem vorliegenden Teilplan des NRW-Familienministers Joachim Stamp und seinem Ministerium. Wir setzen darin einen starken Fokus auf den quantitativen und qualitativen Ausbau der spezialisierten Beratung. Dies umfasst vor allem die Prävention und die Intervention durch zusätzliche Fachkräfte und Beratungsstellen.

Zuschüsse für Projekte, die dem Kinderschutz dienlich sind, erhöhen wir deutlich. Mit einem Gesamtbetrag von 7,5 Millionen Euro für das kommende Haushaltsjahr investieren wir doppelt so viel in den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen wie bisher. Weitere 5,5 Millionen Euro stellen wir dazu als Verpflichtungsermächtigung für die Jahre 2022 bis 2024 im kommenden Haushalt ein. Ich freue mich, dass mit dem erhöhten Budget für das kommende Jahr auch der Aufbau der Landesfachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Jahr 2021 weiter vorangetrieben wird.

Die Landesfachstelle ist ein elementarer Baustein für unsere Bestrebung hin zu mehr Kinderschutz. Sie ist für alle Mitarbeitenden in Kitas, offenen Türen, der Jugendarbeit und allen in der Kinder- und Jugendhilfe ein kompetenter Ansprechpartner zum Thema Kinderschutz. Sie bietet umfangreiche Informationen, Beratung und Fortbildung an und vernetzt und sensibilisiert Fachkräfte und Einrichtungen. Es zeigt sich: Die NRW-Koalition ist entschlossen, den Kinderschutz in unserem Land nachhaltig zu verbessern. Dass alle Kinder behütet, selbstbestimmt und frei von Ängsten aufwachsen können, sind wir unseren Kindern schuldig.

Für mich als Vater von drei noch sehr kleinen Kindern sind Zahlen nur die eine Sache; Strukturen sind da ein ganz anderes Thema. Da werden wir in den nächsten Monaten ganz gezielt hinschauen.

Aufklärung, Prävention, Fortbildung und ein verstärktes Verantwortungsbewusstsein sind wichtige

Schlagwörter, mit denen wir uns in der Kinderschutzkommission des Landtags intensiv beschäftigen. Daher geht abschließend mein Dank auch an die Kolleginnen und Kollegen, die in der Kinderschutzkommission ohne jegliches Parteigeplänkel gemeinschaftlich und konstruktiv mitarbeiten, und an die Akteure, mit denen wir für das Wohl unserer Kinder zusammenarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Freynick. – Weitere Wortmeldungen liegen mir zum Teilbereich a des Einzelplans 07 nicht vor. Das bleibt auch so. Dann schließe ich die Aussprache zu diesem Teilbereich a.

Ich rufe auf:

b) Flüchtlinge und Integration

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der SPD Frau Abgeordneter Kollegin Lux das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ein bewegtes Jahr neigt sich dem Ende zu. Wir hoffen alle, dass das kommende Jahr Besserung bringt.

Besserungen erwarten wir für das kommende Jahr auch in der Integrationspolitik. Dafür muss jetzt mit dem Haushalt gesorgt werden. Aber gelingt Ihnen das auch? Mäßig, würde ich meinen.

Positiv ist, dass viele wichtige Projekte im Rahmen des integrationspolitischen Konsenses der demokratischen Fraktionen weitergeführt werden. Gerade mit Blick auf die rechte Gefahr, auch in den Parlamenten, müssen wir uns vor die Schutzbedürftigen stellen. In dieser Sache weiß ich Sie, Herr Minister Stamp, zweifellos an unserer Seite.

Das gilt auch für das schon vormals von uns eingeführte Kommunale Integrationsmanagement; es hieß damals „Einwanderung gestalten“. Die Erhöhung des Integrationshaushalts, auf die Sie, Herr Minister, so stolz sind, fließt praktisch vollständig hierhin. Sie werden aber verstehen, dass wir einige Dinge kritisch sehen.

In Ihrem dritten Jahr als Integrationsminister warten die Kommunen immer noch auf die nun wirklich von allen geforderte und von Ihnen versprochene Reform des FlüAG. Hier wird eine Einigung für das kommende Jahr in Aussicht gestellt. Ein Zückerchen in Höhe von 110 Millionen Euro, damit die Kommunen stillhalten, ist vorsorglich schon mal im Haushalt eingestellt. Na, wir warten sehr gespannt auf die weitere Entwicklung.

Immer noch wenig – vor allem gemessen an den Zielen, die Sie sich hier gesetzt hatten – passiert in der Frage der Bildung, Ausbildung und Integration von Geflüchteten. „Perspektiven schaffen“ – das war immer Ihr Schlagwort. Ich sage auch gar nicht, dass Sie sich nicht bemüht hätten. Aber herumgekommen ist da leider nicht viel. Von Ihrem Plan, die Schulpflicht auszuweiten, ist definitiv nichts übrig geblieben.

Ja, Sie haben das Programm „Gemeinsam klappt’s“ aufgelegt – ein paar hübsche Notnägel, aber keinesfalls gleichwertig.

Bei der Sozialen Beratung spielen Sie einfach Tetris im Haushalt. Sie verkünden groß, Sie würden die Soziale Beratung um 5 Millionen Euro erhöhen. Dabei etikettieren Sie einfach eine Haushaltsstelle nach dem Motto „rechte Tasche, linke Tasche“ um. Unseren Antrag auf eine echte Erhöhung hat die Regierungskoalition leider schon abgelehnt.

Für Ärger sorgen auch Ihre neuen Förderrichtlinien für die Soziale Beratung. Viele Träger sind entgeistert. Auch uns ist das völlig rätselhaft. Sie wollen die Qualität der Beratung verbessern. Warum Sie dann die Förderansätze fürs Personal herunterdeckeln, fragen sich nicht nur die seit Jahren tätigen sach- und fachkundigen Träger. Wir werden sehr genau beobachten, inwiefern bisherige Träger der Sozialen Beratung nun abspringen, weil sie die Löhne von einem Drittel ihrer Mitarbeiter nicht mehr bezahlen können.

Kritisch ist auch, dass die globale Minderausgabe zum zweiten Mal in Folge besonders hoch ausfällt. Mit dem laufenden Haushalt haben Sie, Herr Minister, die globale Minderausgabe von 22 Millionen Euro in 2019 auf 85 Millionen Euro erhöht. Schon damals war zu fragen, wie und wo Sie im laufenden Haushaltsvollzug diese enormen Einsparungen erbringen wollen. Im nächsten Jahr, Herr Minister, wollen Sie dieses Kunststückchen nun wiederholen. Eine so hohe globale Minderausgabe macht den Haushalt intransparent und darf nicht zur Regel werden.

Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum diesjährigen Beratungsverfahren sagen. Unsere Haushaltsfragen wurden erst kurz vor der Sitzung und in einem ohnehin schon sehr verkürzten Verfahren beantwortet. Ehrlich gesagt, ist so etwas unmöglich. Das Haushaltsrecht ist das parlamentarische Kontrollrecht gegenüber der Regierung, und das gilt gerade in diesen Zeiten.

Mir ist durchaus bewusst, dass die Ministerien wegen der Coronapandemie derzeit unter enormer Belastung stehen. Dennoch: Gerade in Zeiten mit hohem Zeitdruck und ständig wechselnden Regelungsbedarfen ist eine parlamentarische Kontrolle umso wichtiger, und zwar nicht zuletzt für die Regierung.

Dass nur wenig Interesse an parlamentarischer Beratung besteht, zeigt sich auch darin, dass unsere sämtlichen Verbesserungsvorschläge von den Regierungsfraktionen abgelehnt wurden. Wir geben aber die Hoffnung nicht auf. Denn Sie, Herr Minister Stamp, sind doch eigentlich ein ganz verständiger Mensch. Die SPD jedenfalls wird weiterhin an Verbesserungen für die Menschen, die in unserem Land leben, arbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Lux. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der CDU Frau Kollegin Wermer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! NordrheinWestfalen ist der Motor der deutschen Integrationspolitik. Als NRW-Koalition wollen wir deshalb mit unserem Haushalt vor allem eines: Wir wollen dieser Motor bleiben und die wichtigen Initiativen und Kampagnen der letzten Jahre fortführen.