Protokoll der Sitzung vom 25.11.2020

Das andere ist die Unterscheidung zwischen Zerlegung, Verarbeitung und Veredelung; der Kollege Neumann hat es bereits angesprochen. Aber er hat im Grunde genommen keine sachliche Auseinandersetzung in Bezug auf das geführt, …

Die Redezeit.

… was Veredelung bedeutet und welche Auswirkungen der Gesetzentwurf haben würde.

Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Wir sind gespannt, wie die Diskussion in Berlin weitergehen wird.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Preuß. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Kollege Mostofizadeh.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Laumann hat in der letzten Plenardebatte ziemlich klare Worte gefunden, Herr Kollege Preuß, wie mit dem Gesetzentwurf umzugehen ist, der im Bundestag vorgelegt wird.

Er hat ausgeführt, wenn es nach ihm geht, könnte der Gesetzentwurf genau so verabschiedet werden, wie er dem Bundestag vorliegt. Er habe das auch in einer Präsidiumssitzung seiner Partei ausgeführt, ließ er das Parlament von Nordrhein-Westfalen wissen. Und wenn das in der Sitzungswoche des Bundestages nicht gelöst werden könne, führte Herr Minister Laumann weiter aus, dann müsse halt der Landtag von Nordrhein-Westfalen einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen – er meinte die demokratischen Fraktionen – verabschieden, um ein klares Signal nach Berlin zu schicken.

Wenn das größte Bundesland, aus dem immerhin der größte Fleischproduzent kommt, sich in dieser Frage klar positioniert, dann ist das auch ein klares Signal an den Deutschen Bundestag. Das hat nichts mit dem zu tun, was der Kollege Preuß eben ausgeführt hat, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen, Herr Minister Laumann, mache ich Ihnen folgenden Vorschlag: Wir haben heute den ersten Plenartag, Mittwoch. Schreiben Sie – das wird kein Problem sein – einen kurzen Text auf. Dann können wir morgen gemeinsam darüber beraten und am Freitag hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen genau einen solchen Antrag verabschieden,

(Zuruf von Andreas Keith [AfD])

wenn FDP und CDU es so ernst meinen, wie sie es in den Plenardebatten immer suggerieren. Wir sind sofort dabei.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Preuß, ich will an dieser Stelle nochmals sehr klar sagen, dass man mit einem Punkt aufräumen muss: Diese Fleischindustrie – die jetzt wieder ein bisschen niedlich daherkommt – ist verant

wortlich für einen der größten Coronaausbrüche, der in Nordrhein-Westfalen stattgefunden hat. Sie ist verantwortlich für sehr viele Verfehlungen, die Minister Laumann angeführt hat. Diese Fleischindustrie ist für Billionenverluste verantwortlich, die durch den Shutdown wahrscheinlich zustande gekommen sind.

Diese Exportzahlen zeigen – ich komme gleich noch mal dazu –, dass diese Fleischindustrie nicht nur dem Ansehen von Nordrhein-Westfalen, sondern ganz sicher auch den Beschäftigten in der Fleischindustrie schadet, da diese zum Teil nicht nur unter unwürdigen Bedingungen arbeiten müssen, sondern auch unter solchen untergebracht werden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen möchte ich noch etwas zu diesen sogenannten Spitzen sagen, wegen derer man Leiharbeit angeblich bräuchte. Fakt ist, dass Deutschland gerade in diesem Jahr – und Nordrhein-Westfalen wird ganz vorne mit dabei gewesen sein – einen massiven Aufwuchs des Exports hatte; 15 % allein im ersten Quartal dieses Jahres. Selbst im Monat April, Herr Minister, wurde trotz Corona wegen der dortigen Schweinepest genauso viel Schweinefleisch nach China exportiert wie im Vorjahreszeitraum.

Es ist ein Märchen der Fleischindustrie, zu behaupten, die Leiharbeit für die Spitzen im Sommer zu brauchen. Sie brauchen sie, um den Export nach China und in die Welt zu finanzieren – darum geht es.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Der Minister hat selber ausgeführt, wie man damit umgehen könnte, Herr Kollege Preuß. Wir können Arbeitszeitkonten schaffen, feste Verträge schließen und zusätzliches Personal einstellen. All das ist von der Fleischindustrie nicht gewollt. Dabei geht es nicht nur um die Schlachterinnen und Schlachter, sondern auch um die Zerlegung. Das ist das gleiche System, in dem auch die gleichen Mengen produziert werden. Beschäftigte, die gerade den Mindestlohn erhalten, sollen dafür sorgen, dass Milliardenexporte finanziert werden können. Das ist es, worüber wir hier heute reden. Ich lasse mich nicht vom Pfad abbringen, und ich lasse mich von der Fleischindustrie auch nicht einlullen.

Deswegen sagen wir ganz klar: Eine solche Verwässerung des Gesetzentwurfs, wie Herr Heil sie vorgelegt hat, lehnen wir in Nordrhein-Westfalen eindeutig ab. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir auch klar Richtung Berlin funken.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Zurück zu dem, was diese Landesregierung geäußert hat. Frau Heinen-Esser, die in Nordrhein-Westfalen für Landwirtschaft zuständige Ministerin, hat im Juni sehr klar gesagt: Von der Schlachtung bis zum

Ladentisch müsse es eine einheitliche Regelung geben, ohne Werkverträge und ohne Leiharbeit. Es dürfe keine Unterscheidung zwischen Veredelung und Schlachtbetrieb geben.

Das ist eigentlich die Position dieser Landesregierung, weshalb es richtig ist, was die Kolleginnen und Kollegen aufgeschrieben haben: Der Minister rudere zurück; er vertrete nicht mehr seine Position von vor zwei Wochen.

Herr Kollege Preuß hat unter Verrenkungen versucht darzulegen, dass man darüber im Detail reden müsse. – Nein, Herr Kollege, im Detail müsste man darüber reden, dass Kollege Heil, möglicherweise aufgrund von Druck im Kabinett, nicht alles durchsetzen kann, was eigentlich sein müsste. Über die 50Personen-Grenze könnte man ja noch reden, aber in diesem Gesetzentwurf ist zum Beispiel auch das Thema „Unterbringung“ nicht zufriedenstellend geregelt. Auch die Zugriffsrechte, die Minister Laumann hier eingefordert hat, also in die Wohnunterkünfte hineingehen bzw. aufsichtsrechtliche Möglichkeiten durchsetzen zu können, sind in diesem Gesetzentwurf nicht geregelt.

Ich stimme ihm trotzdem zu, weil das natürlich ein wichtiger Fortschritt ist. Was aber nicht geht – und diesbezüglich wird die FDP wahrscheinlich gleich die größten Verrenkungen aufs Parkett bringen –,

(Henning Höne [FDP]: Wie Sie sich bei den Grünen immer über die FDP freuen!)

ist, im Juni zunächst zu behaupten, der große Arbeiterführer zu sein, der in der Fleischindustrie aufräumen wolle, nur um dann einige Monate später zu sagen: Ich bin froh, dass jetzt wenigstens ein paar von diesen Baronen zurückgepfiffen werden.

Es gibt keinen sachlichen Grund dafür, Leiharbeit und Werkverträge bei der Veredelung zu erlauben. Der einzige sachliche Grund ist, dass die Fleischbarone sich in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion durchgesetzt haben und die SPD im Bundestag eben nicht aufsteht. Deswegen hoffe ich, dass wir die Kolleginnen und Kollegen der SPD unterstützen können; die Grünen werden einem Gesetzentwurf zustimmen. Er muss jetzt schnell kommen, und Nordrhein-Westfalen muss deutlich erklären, dass wir hier klare Kante zeigen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Lenzen.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! So langsam wundert mich nichts mehr. Wir als Freie Demokraten

müssen uns nicht verrenken, wir haben das Thema nicht zum ersten Mal auf der Tagesordnung. Ich kann die differenzierte Position, die wir innehaben, gerne noch mal darlegen, aber ich denke, das ändert nichts an der rein ideologisch getriebenen Position von SPD und Grünen, die, ohne letztlich Argumente zu haben, einfach sagen: Wir möchten Zeitarbeit und Werkverträge verbieten – Punkt. – Richtige Argumente gegen die Zeitarbeit kamen heute wieder mal nicht – reine Fehlanzeige.

(Vereinzelt Beifall von der FDP – Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Als wir vor zwei Wochen darüber diskutierten, gab ich folgenden Hinweis: Eigentlich gehört das in den Koalitionsausschuss in Berlin, da müssten SPD und CDU/CSU es regeln. – Aber stattdessen diskutieren wir es im Rahmen einer Aktuellen Stunde wieder hier im Landtag.

Arbeitsminister Laumann weist zu Recht auf Bedenken hin – das greift auch der im Antrag erwähnte „Westpol“-Bericht auf –: Was ist mit saisonalen Arbeitsspitzen? Was ist mit den Wurstfabriken? Was ist mit dem Bereich der Fleischveredelung?

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das stimmt doch einfach nicht! Beleg das doch mal mit Zahlen!)

Herr Kollege Mostofizadeh, dass Sie die Themen „Schlachtung“, „Zerlegung“ und „Veredelung“ in einen Topf werfen, zeugt von fehlender Sachkenntnis, aber das ist nicht mein Problem.

(Vereinzelt Beifall von der FDP – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das ist falsch! – Zuruf von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Minister Laumann wies zu Recht darauf hin, die Themen „Werkverträge“ und „Zeitarbeit“ differenziert betrachten zu müssen. – Ich sage hier für die Freien Demokraten immer wieder, dass man das nicht alles in einen Topf werfen kann. Gerade in der Fleischveredelung könnte man die Zeitarbeit weiterhin erlauben, wenn auch auf Grundlage einer Vereinbarung mit Tarifpartnern. Wir haben eben gehört, dass das bei der Zeitarbeit klar geregelt ist. SPD und Grüne liefern aber keine Argumente, weil sie letztlich keine haben.

Es bleibt unbestritten, dass wir eine differenzierte Lösung brauchen. Es gilt auch für uns Freie Demokraten, den Missbrauch in der Branche eindämmen zu wollen. Im Gegenzug wollen wir aber auch nicht alle Betriebe unter Generalverdacht stellen. Für einen fairen Wettbewerb in einer Marktwirtschaft gilt nämlich immer noch, dass man zwar Missstände bekämpfen, gleichzeitig aber auch schauen muss, wie man übermäßige Regulierungen vermeiden kann.

Menschenwürdige Arbeitsbedingungen und eine konsequente Durchsetzung des geltenden Rechts

sind nicht verhandelbar. Ich habe für die Freien Demokraten schon mehrfach klargestellt, dass auch wir Verstöße gegen den Arbeitsschutz, das Arbeitszeitgesetz und das Mindestlohngesetz in keiner Weise akzeptieren. Das geht nämlich nicht nur zulasten der Beschäftigten, sondern auch zulasten derjenigen Betriebe, die sich an die Regeln halten. Genauso wichtig ist es aber, zu schauen, wo wir regulieren und eingreifen wollen und wo es aus unserer Sicht vielleicht nicht erforderlich ist.

Ich gehe jetzt konkret auf die Vorschläge der FDP im Bund und den Ländern ein. Wir haben den Vorschlag unterbreitet, die Werkvertragsgestaltung so zu regeln, dass der auftraggebende Betrieb für die Einhaltung des Arbeitsschutzes und der Standards bei den betrieblichen Unterkünften zuständig ist. Das kann man über eine Nachunternehmerhaftung klar regeln. Auch wir haben erkannt, dass eine missbräuchliche Verwendung von Werkverträgen nicht zu akzeptieren ist und wir das in einer sozialen Marktwirtschaft nicht gelten lassen können.

Ein weiterer konkreter Vorschlag zielt darauf ab, die Zusammenarbeit der Kontrollbehörden auf Bundesebene, Länderebene und in den Kommunen zu verbessern. Außerdem sind wir für die verpflichtende Vorgabe einer digitalen Arbeitszeiterfassung.

Diese Vorschläge haben wir immer wieder unterbreitet. Man merkt im Diskussionsprozess, dass diese Punkte von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und unserem Arbeitsminister zu Recht aufgegriffen werden.

Wir brauchen außerdem Bußgelder, die wehtun. Wenn jemand bewusst gegen bestehende Regeln verstößt, dürfen diese nicht einfach in der Kalkulation mitlaufen können, sondern sie müssen denjenigen auch treffen.

Wir haben in der Debatte immer wieder gemerkt, dass gerade SPD und Grüne ein undifferenziertes Verbot von Werkverträgen und Zeitarbeit fordern. Die Anhörungen im Bundestag und hier im Landtag haben aber wichtige Aspekte aufgegriffen und gezeigt, dass man unterscheiden muss.