Protokoll der Sitzung vom 24.05.2016

(Beifall von der CDU und der FDP)

Zur Wahrheit gehört auch – das macht es leider noch komplizierter –, dass es einige Verordnungen oder Regelungen, die jetzt in Kraft treten, schon vorher gab. Es wird also heute einiges beklagt, was immer schon galt. Vielleicht haben es nicht alle angewandt, aber es galt schon. Einen rechtlichen Standard gab es in bestimmten Teilen schon. Manchmal ist es eben nichts Neues. Beispielsweise mussten schon bislang Personendaten nicht für jedermann zugänglich aufbewahrt werden. Es gab auch Informationspflichten und Bußgeldparagrafen.

Lassen Sie uns daher darauf konzentrieren – das ist auch berechtigt –, dass die EU bei den Informationspflichten und Bußgeldhöhen Verschärfungen eingeführt hat und es einen Spielraum in den Bereichen nur begrenzt gibt.

Rechtlich ist die Sache klar; da soll man sich nichts vormachen. So gehe ich davon aus, dass die LDI genauso wie früher bei der Festlegung von Bußgeldern den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einhält. Das wäre ja ein Punkt, wo man ganz konkret helfen kann.

Ich glaube auch, dass es in dem engen Rahmen, den der Bundesgesetzgeber zur Verfügung hat,

Handlungsspielräume gibt. Insofern finde ich es gut, dass von der Bundesregierung Signale kommen, man wolle die Handlungsspielräume nutzen, um zum Beispiel den bürokratischen Aufwand in Grenzen zu halten. Um so etwas geht es jetzt und nicht um Grundsatzdebatten. Diese sind durch.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Es geht um praktische Hilfen für Ehrenamtler, mittelständische Organisationen und Wirtschaftsbetriebe.

Deshalb finde ich es gut, dass heute darauf aufmerksam gemacht wird. Ich bin auch dankbar dafür, dass die Bundesregierung deutlich macht, dass sie bereit ist, diese Handlungsspielräume auszunutzen, zu prüfen und zu klären. In dem Maße müssen wir uns auch darum bemühen, und zwar da, wo wir jeweils zuständig sind. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Für die SPD hat die Kollegin Kapteinat das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Nach der bisherigen Debatte frage ich mich mehr denn je, was wir hier heute tun. Seit ziemlich genau zwei Jahren steht fest, dass am 25. Mai 2018 die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft tritt. Parallel zu Ihrer Amtsübernahme wurde die neue Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes verabschiedet. Der Gesetzentwurf zur Anpassung hier vor Ort ist erst im März ins Plenum eingebracht worden, im April haben wir hoppladihopp eine Anhörung gemacht, und heute Nachmittag – ein Blick in die Tagesordnung hilft – führen wir die Debatte zum Gesetzentwurf hier vor Ort.

Die Dringlichkeit ist also überhaupt nicht zu erkennen. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Sie oder Frau Merkel glauben, dass sich die EU-Datenschutz-Grundverordnung innerhalb von wenigen Tagen ändern wird, wenn es zuvor in der EU Jahre gebraucht hat.

In diesem Zusammenhang ist mir aber auch nicht ganz klar, welche Einschätzung der Bundeskanzlerin hier geteilt wird. Aber dazu hat ja bereits mein Kollege Hübner ausgeführt. Denn das, was heute Vormittag hier geführt wird, ist eine Scheindebatte.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Heute Nachmittag gibt es die Möglichkeit, tatsächlich etwas zu tun. Heute Nachmittag haben

Sie die Möglichkeit, Einfluss auszuüben. Heute Nachmittag können Sie zugunsten der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen etwas tun. Die Anhörung hat Ihnen genug Hinweise gegeben, was dringend notwendig wäre und was man ändern sollte. Wenn ich sehe, dass heute, am Tag der Entscheidung, um 10 Uhr noch kein Änderungsantrag vorgelegen hat und im Laufe der Aktuellen Stunde ein Änderungsantrag vorgelegt wird, dann ist das schon ein Unding und eine Unverschämtheit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vom zeitlichen Rahmen einmal abgesehen, geht es aber auch um die Örtlichkeit und die Frage, was wir hier tun. Ihr Bundesminister von der CSU, Herr Seehofer, hätte Zeit gehabt, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren und ihnen Ratschläge und Hinweise an die Hand zu geben, wie sie damit umgehen können, sie zu unterstützen. Was macht er stattdessen? – Irgendwelche anderen populistischen Debatten zu sachfremden Themen führen. Danke dafür!

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Wie eben Frau Freimuth richtig festgestellt hat, ist die Datenschutz-Grundverordnung nicht schlecht. Vielmehr ist sie ein wichtiger Baustein zum Schutz der persönlichen Daten eines jeden Einzelnen. Aufgabe von Seehofer wäre es gewesen, dafür zu sorgen, dass die Bürgerinnen und Bürger gut informiert werden, dass eine verbraucherfreundliche Anwendung erfolgt, dass insbesondere Ehrenamtliche, Vereine und kleine Unternehmen die notwendige Unterstützung erhalten. Passiert ist allerdings nichts.

Was will Frau Merkel, was wollen Sie denn jetzt tun? Was ist eilbedürftig? Und ist das von Ihnen im Antrag zitierte geöffnete Fenster nach den letzten Äußerungen des Regierungssprechers eigentlich noch offen? Ich habe es nicht verstanden. Bei einer zweijährigen Planungsphase wird kaum die nahende Inkraftsetzung Grund für die Dringlichkeit sein.

In der Debatte ist deutlich geworden, dass wir offensichtlich noch einmal klären müssen, was die Datenschutz-Grundverordnung europarechtlich eigentlich bedeutet. Eine Verordnung gilt grundsätzlich unmittelbar. Im Übrigen ist es eine Verordnung und keine Richtlinie.

Gleichzeitig gibt es aber Verordnungen, die einzelne Artikel haben, die eben die Anpassung an nationales Recht vorsehen oder zumindest ermöglichen. Das bedeutet, dass die Nationalstaaten einen Gestaltungsspielraum haben, der im Rahmen der europarechtlichen Verordnung gegeben wird und den man kennen und nutzen sollte oder nutzen muss.

Deshalb sprechen wir sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene von Öffnungsklauseln. Aber auch eine deutsche Bundeskanzlerin kann nur im Rahmen

dieser bestehenden Verordnung agieren. In Bereichen, in denen die Verordnung keinerlei Öffnungsklausel vorsieht, hilft auch keine angstmachende Stellungnahme der deutschen Bundekanzlerin. Sie zaubert auch bestimmt keine zusätzlichen Öffnungsklauseln hervor. Aber das scheint ja bei der Bundesregierung selbst angekommen zu sein.

Ich persönlich finde es sehr bedenklich, wenn die Kanzlerin lieber Panik vor der Datenschutzverordnung schürt, als konkret zu helfen versucht.

(Zurufe von der CDU)

Ist Frau Merkel etwa nicht von der Kompetenz und dem Augenmaß der Datenschutz- und Aufsichtsbehörden überzeugt? – Vielleicht, liebe CDU-Kollegen, klären Sie einmal parteiintern, was Sie eigentlich wollen. Hier und heute ist der falsche Zeitpunkt.

(Beifall von der SPD)

Für die CDU hat Herr Dr. Optendrenk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die Ausführungen der Kolleginnen und Kollegen der SPD mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen. Herr Hübner, Sie sagten, die Sorgen der Menschen in diesem Land seien ganz andere, als sich zur Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung zu positionieren. Das hat mich schon sehr erstaunt. Ich weiß, dass es Hunderttausende Menschen gibt, die in Vereinen, Organisationen, Verbänden, kleinen und mittelständischen Unternehmen große Sorgen haben, ob das, was da geregelt wird …

(Michael Hübner [SPD]: Genau das habe ich gesagt, Herr Kollege!)

Dann ist es aber tatsächlich so, Herr Kollege Hübner, dass das sehr wohl ein wichtiges Problem in Nordrhein-Westfalen und für die Menschen ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn wir hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen dieses Thema, das viele Hunderttausend Menschen in Nordrhein-Westfalen gerade beschäftigt, ernst nehmen und ihre Sorgen zum Thema machen, dann ist damit die Erwartung auch an eine Partei verknüpft, die in Berlin mit Regierungsverantwortung trägt, dass sie möglicherweise ein gemeinsames Signal an unsere gemeinsamen Koalitionskollegen in Berlin gibt, damit sie etwas ändern.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Michael Hüb- ner [SPD])

Der Bundestag hat – auch jetzt und in Zukunft – die Möglichkeit, die Öffnungsklauseln, von denen die Kollegin Kapteinat eben gesprochen hat, zu nutzen.

(Michael Hübner [SPD]: Was ändern Sie denn jetzt? Schlagen Sie doch mal vor!)

Wenn man zu dieser Veränderung kommen möchte, dann ist es gerade angesichts der Debatten in Berlin ein wesentlicher Impuls, aus dem größten Bundesland ein Signal der Geschlossenheit zu geben.

(Beifall von der CDU)

Wenn Sie hier durch die Art und Weise, wie Sie mit den Sorgen der Menschen und dem Anliegen dieser Aktuellen Stunde umgehen, ein solches Signal einfach kaputt machen, dann ist das unverantwortlich und nicht bürgernah.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Michael Hüb- ner [SPD])

Ich möchte Ihnen gerne Folgendes sagen: Wir haben hier im Landtag im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens, von dem eben die Rede war, heute Abend zu der Frage zu entscheiden, was öffentliche Stellen in Nordrhein-Westfalen im Bereich der DatenschutzGrundverordnung zu regeln haben.

(Zuruf von Lisa-Kristin Kapteinat [SPD])

All das, was aber hier in der Aktuellen Stunde in Rede steht, können wir als Landesgesetzgeber nicht regeln. Und, Frau Kapteinat, ich hätte erwartet, dass Sie die Zuständigkeitsordnung im Föderalismus nicht verhohnepipeln!

(Beifall von der CDU)

Ich muss davon ausgehen, dass Sie persönlich wissen, dass wir es hier alleine nicht regeln können.

(Lisa-Kristin Kapteinat [SPD]: Das habe ich doch gesagt!)

Wenn Sie hier trotzdem den Eindruck erzeugen, dass wir das hier heute Abend regeln könnten, dann ist das schlicht eine Irreführung der Bevölkerung!

(Beifall von der CDU)