Die Aufklärung des Funklochproblems Ihrer ehemaligen Ministerpräsidentin hat doch länger gedauert als die Beantwortung der hier gestellten Fragen. Das ist doch das Faktum.
Pauschalierungen und Unterstellungen sind einfach unerträglich, und sie sind hier auch immer nur auf der Basis von der Unterstellung, dass Informationen vorenthalten würden, getätigt worden.
Herr Engstfeld, Sie haben 160 oder 161 Fragen gestellt, und Sie von der SPD hatten 107 Fragen gestellt. Davon haben Sie im Rechtsausschuss – das haben Sie selber konstatiert – ganz viele beantwortet bekommen.
Die beiden Minister haben Rede und Antwort gestanden, und zwar in einem Stil, der Ihnen von der SPD in früheren Auseinandersetzungen gut zu Gesicht gestanden hätte.
Sie haben sich in der Ausschusssitzung geeinigt und gesagt: Wir reduzieren und stellen euch die Fragen noch einmal. – Das ist seitens Herrn Engstfeld und der SPD erfolgt. Die beiden Minister antworteten innerhalb von 48 Stunden. Schneller geht es bei einer dreistelligen Anzahl von Fragen nicht. Vor diesem Hintergrund ist es völlig in Ordnung, dass dann subjektiv nicht alle Fragen so beantwortet werden, wie man sich das wünscht.
Das ist Ihre Wahrnehmung. Die Frage, die Sie vorher gestellt haben, ist mit Sicherheit nicht ordentlich beantwortet worden; da gebe ich Ihnen recht. Aber dann muss man daran arbeiten. Das ist doch der Prozess, in dem wir uns gerade befinden.
Mit Verallgemeinerungen kann es jedenfalls nicht weitergehen. Wo Probleme sind, müssen wir handeln. Es müssen systemische Verbesserungen eingeführt werden. Schließlich handelt es sich nicht, wie behauptet, um die Erstinhaftierung dieses Herrn,
Er wurde dort genau registriert. Er ist in diesem Fall nicht zuerst in Kleve, sondern in Geldern inhaftiert gewesen. Das sind alles Punkte, wo man genau nachgucken muss.
Ich möchte Sie auffordern, diese Politamnesie endlich sein zu lassen. Sie haben uns fünf Jahre lang etwas anderes vorgelebt und tun jetzt so, als sei das alles unglaublich.
Die Berufskrankheit, die Herr Wolf hier auslebt, indem er versucht, aus einem Parlament ein Gericht zu machen, finde ich nicht in Ordnung.
Sie haben sich mit Ihrem Auftritt gerade selber blankgezogen, diese Oberlehrerhaftigkeit und diese Selbstgefälligkeit. Selbstgefälligkeit – das habe ich Ihnen schon im Ausschuss gesagt –
Was hier passiert, ist nicht in Ordnung. Wir müssen alle Fakten auf den Tisch legen und von Vorverurteilungen absehen. Das ist für Juristen eigentlich sowieso ein No-Go, aber das muss ich Ihnen ja nicht sagen.
Ich kann mir nur wünschen, dass wir die Informationen seitens der Ministerien weiterhin in der Weise bekommen, wie es in den letzten Tagen der Fall war. Ich bedanke mich dementsprechend bei Herrn Minister Biesenbach und Herrn Minister Reul. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Dr. Bergmann. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Aymaz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Fall des zu Unrecht inhaftierten und vor fast zwei Wochen verstorbenen Amed A. ist noch nicht geklärt. In diesem Justiz- und Polizeiskandal sind noch viele Fragen offen. Es fängt bei der unrechtmäßigen Inhaftierung an. Es betrifft die Ursache des Brandes in dem Haftraum. Es betrifft die hierzu unternommenen Ermittlungsmaßnahmen. Es betrifft aber auch die Art und Weise, wie diese Landesregierung mit den Hinterbliebenen des Opfers umgeht.
Herr Minister Reul, Sie haben sich in der Sondersitzung des Rechtsausschusses und des Innenausschusses am vergangenen Freitag öffentlich für die Fehler, die in Ihrem politischen Verantwortungsbereich erfolgten, entschuldigt. Angesichts der Dramatik dieses Falles war das auch wichtig und richtig.
Mit welcher Intention Sie aber gestern in der Fragestunde einen absolut nicht vergleichbaren Verwechslungsfall aus Essen erwähnten, ist mir vollkommen unverständlich. Das sei nur am Rande erwähnt, Herr Minister Reul.
Herr Minister Biesenbach, Sie sprechen davon, dass Ihnen dieser Fall unter die Haut geht. Das will ich Ihnen gerne glauben. Aber es macht mich schon fassungslos, mit welcher Empathielosigkeit Sie hier eben gestanden haben und salopp ausführten, dass die syrische Botschaft informiert worden sei. Es muss Ihnen doch bekannt sein, dass Amed A. ein Geflüchteter war, einer, der vor dem Assad-Regime geflüchtet war und in unserem Land Schutz gesucht hat. Dafür ist nicht die Vertretung von Assad zuständig, sondern Sie sind für seinen Schutz zuständig.
Ja, ich finde es ein Armutszeugnis, dass es Ihnen auch drei Wochen nach dem Brand nicht gelungen ist, den in NRW lebenden Vater des Verstorbenen zu kontaktieren, über den Vorfall zu informieren, und dass zumindest bis gestern weder Sie, Herr Reul, noch Sie, Herr Biesenbach, sich an die Angehörigen des Amed A. gewandt haben.
Angesichts der Tatsache, dass ein Mensch in unrechtmäßiger Gefangenschaft des Staates derart schwer verletzt wurde, dass er zu Tode kam, wäre es da nicht angebracht, sich Ihrerseits persönlich an die Angehörigen, zumindest an den in NRW lebenden Vater zu wenden, Ihr Mitgefühl und Ihre Anteilnahme auszudrücken und sich für die Fehler im Namen der Landesregierung persönlich zu entschuldigen?
Ich sage Ihnen: Es ist wirklich nicht sehr schwer, den Kontakt zu dem Vater von Amed A. herzustellen, ihn ausfindig zu machen. Mir zumindest ist das in kürzester Zeit gelungen.
Es gibt in dieser Sache nicht mehr viel gutzumachen. Sorgen Sie jetzt aber dafür, dass nicht nur der hier lebende Vater, sondern auch die fluchtbedingt sich in der Türkei befindende Mutter des Verstorbenen Abschied von ihrem Sohn nehmen kann und er würdevoll nach den Vorstellungen seiner Angehörigen bestattet werden kann. Sorgen Sie dafür, dass seine Eltern eine Stelle finden, an die sie sich wenden kön
nen. Und stellen Sie endlich sicher, dass sich die Angehörigen auch an diese Landesregierung wenden können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Mensch ist gestorben, der nicht hätte sterben müssen, der auch nicht hätte sterben dürfen unter solchen Umständen. Er war vermutlich ein Syrer; wir wissen es nicht genau. Er wurde aufgegriffen, als er an einem See in Geldern vier Frauen sexuell belästigte. Er war bereits vorher mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Der Minister des Innern berichtete uns vom Verdacht des Raubes, vom Verdacht der Bedrohung, vom Verdacht des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, vom Verdacht auf Körperverletzung, vom Verdacht auf Leistungsmissbrauch. Wir vermuten, dass der mutmaßliche Täter Amed A. heißt. Auf seiner Sparkassenkarte findet sich allerdings ein anderer Name.
Nachdem nun die Polizei am Badesee in Geldern die Frauen von dem Belästiger befreien konnte, ihn stellte und, wie es üblich ist, seine Daten durch den Computer jagte, ergab es sich, dass ein vermutlich in Hamburg lebender Mann aus Mali oder Mauretanien oder von irgendwoher – auch hier wieder wissen wir nichts Genaues –, der sich mit mehreren Identitäten in Deutschland aufhält, sich unter anderem zufällig oder nicht – auch das wissen wir nicht – mit dem gleichen Namen wie der verstorbene vermutliche Syrer gemeldet hatte.
Wir wissen auch nicht, ob der Mann aus Mali oder Mauretanien oder sonst woher kam und ob er unter diesen diversen Identitäten vielleicht mehrfach Sozialbezüge kassierte.
Was wir hingegen wissen, ist, dass ihn die Staatsanwaltschaft Hamburg per Haftbefehl suchte, dass er wegen mehrfachen Diebstahls verurteilt war und eine Haftstrafe anzutreten hat.
Individuelle Fehler bei der Aufnahme des vermutlichen Syrers kamen hinzu. So fiel die vermutliche, zufällige oder auch nicht zufällige Namensgleichheit nicht auf und wurde wohl auch nicht proaktiv aufgeklärt.
Ich will an dieser Stelle sagen, dass ich dem Minister Reul dafür danke, dass er um Entschuldigung gebeten hat. Denn eines ist klar: Niemand will, dass in unseren Gefängnissen Menschen sterben – auch nicht, wenn es sich dabei um eine mögliche Selbsttötung handelt. Auch das wissen wir noch nicht ganz genau so, wie wir vieles in diesem Fall nicht genau, manches vermutlich nie in Erfahrung bringen werden.
dass wir so wenig wissen über die Menschen, die in unser Land kommen, die sich hier legal oder illegal aufhalten und – wie in diesem Fall – mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt kommen, ja, sogar dafür verurteilt werden.
Immer wieder erleben wir im Zuge von Unglücksfällen oder Straftaten, bei denen sogenannte Flüchtlinge beteiligt waren – sei es als Opfer, als Täter oder als Zeugen –, dass ganz nebenbei immer wieder herauskommt, dass sie sich unter diversen Aliasnamen mehrfach angemeldet haben, zum Teil mehrfach soziale Bezüge kassieren, dass ihre Geburtsdaten variieren. Mal sind sie 15, mal 25 Jahre alt, mal haben sie im Sommer Geburtstag, mal im Winter und viele eben am 1. Januar irgendeines Jahres. Mal kommen sie aus Mali, dann aus Mauretanien oder gleichzeitig aus Syrien. Meine Damen und Herren, es ist ein absolutes Chaos. Es ist nicht hinnehmbar und kann nicht dem Anspruch eines zivilisierten Landes entsprechen, dass wir nicht wissen, wer auf welchem Wege in unser Land kommt und was er hier tut.