Protokoll der Sitzung vom 14.11.2018

Und vor allem: Wo war Ihr Einsatz, Herr Ministerpräsident, für Nordrhein-Westfalen in Berlin? – Völlig verfehlt!

Die Autokonzerne haben Millionen ihrer Kunden betrogen. Die Menschen sind sauer. Alle Dieselfahrer sind sauer; wir alle bekommen diese Zuschriften. Sie sind sauer, wenn sie sehen, was die Automobilkonzerne in den USA an Schadenersatz leisten und an Ersatzleistungen bringen müssen. Sie müssen Fahrzeuge zurücknehmen.

(Zuruf von der CDU)

Deutschland hat in diesem Bereich nichts getan – im Gegenteil: Noch hier in diesem Parlament haben es CDU und FDP abgelehnt, eine Initiative zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts zu ergreifen. Sie lassen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land allein die Zeche zahlen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Die Menschen hier in Nordrhein-Westfalen sind gleich dreimal gekniffen: Nicht nur dass sie das versprochene umweltfreundliche Auto nicht bekommen haben; sie haben auch einen rapiden Wertverlust ihrer Fahrzeuge feststellen müssen. Solche Fahrzeuge sind nahezu unverkäuflich. Wenn man sich gedacht hat: „Wenn ich das Auto nicht mehr verkaufen kann, dann fahre ich es wenigstens noch bis zum Schluss“, dann wird das demnächst auch nicht mehr möglich sein.

Verstehen Sie das unter einer gerechten Lastenverteilung in einer Gesellschaft, Herr Ministerpräsident? Ist das „Maß und Mitte“? – Ich glaube, wohl kaum.

(Beifall von der SPD)

Kein anderes Bundesland ist so stark von diesen Maßnahmen betroffen. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, Herr Ministerpräsident, sich an die Seite der Bundesumweltministerin zu stellen und für Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller zu kämpfen.

Das haben Sie nicht getan. Im Augenblick haben Sie in Berlin offenbar parteiinterne Sachen zu regeln. Kümmern Sie sich um die Bedürfnisse der Menschen in Nordrhein-Westfalen, nicht nur um die Ihrer Partei in Berlin.

(Beifall von der SPD)

In nur fünf Monaten werden alle Diesel-Pkw mit der Euronorm 4 und ältere Modelle möglicherweise mit Fahrverboten belegt sein. Ab dem 1. September gilt das dann übrigens auch für Fahrzeuge mit der Euronorm 5.

Allein in Köln werden dann rund 90.000 Bürgerinnen und Bürger vom drohenden Fahrverbot betroffen sein. Ihnen wird es untersagt sein, zur Arbeit zu fahren oder die Kinder zur Kita zu bringen. Handwerker kommen nicht mehr zur Baustelle oder zu ihren Kunden. – Es ist ein Desaster. Es ist ein soziales, ein ökonomisches und wegen des zu erwartenden Verkehrschaos auch ein ökologisches Desaster.

Köln und ganz Nordrhein-Westfalen brauchen jetzt einen Notfallplan. Diesen Notfallplan erwarten wir von der Landesregierung. Lassen Sie mich zum Schluss einige wenige Beispiele nennen, was in einem solchen Notfallplan drinstehen könnte:

Erstens. Die Automobilkonzerne müssen kurzfristig die Hardwarenachrüstung für die betroffenen Fahrzeuge organisieren und bezahlen.

(Beifall von der SPD)

Wir haben es gerade schon gehört: Namhafte Firmen, die die Produkte für die Umrüstung produzieren, kommen aus Nordrhein-Westfalen. Das wäre Wirtschafts- und Industrieförderung auch für Nordrhein-Westfalen.

Zweitens. Für die Fälle, in denen eine Nachrüstung nicht möglich ist, müssen die Hersteller den Geschädigten einen adäquaten Ersatz zur Verfügung stellen.

Auch darüber hinaus müssen wir nachdenken. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat für Köln schon Vorschläge unterbreitet. Haben Sie sich damit einmal beschäftigt?

Wie bleiben die Menschen in dieser Region mobil, falls das Fahrverbot tatsächlich kommt? Welche Ersatzfahrzeuge gibt es? Haben Sie mal darüber nachgedacht, für die Betroffenen eine kostenlose ÖPNV

Nutzung anzubieten oder den Umstieg auf das EBike dort, wo es möglich und sinnvoll ist, zu ermöglichen und zu unterstützen, wie vom DGB gefordert?

Drittens. Liebe Landesregierung, starten Sie zusammen mit dem Bund eine Großoffensive für den öffentlichen Personennahverkehr. Hier geht es um Milliardeninvestitionen in Busse und Bahnen und die Einführung eines 365-Tage-Tickets, das für 1 Euro am Tag freie Fahrt mit dem ÖPNV gestattet. Das wären mal vernünftige Ansätze dieser Landesregierung.

(Beifall von der SPD)

Mit der Ruhe, der Untätigkeit muss es vorbei sein. Herr Laschet, handeln Sie im Interesse der Menschen nicht nur in Köln, sondern in ganz NordrheinWestfalen! Es ist Zeit zu handeln – tun Sie etwas! – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kutschaty. – Für die CDU hat nun der Abgeordnete Deppe das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kutschaty, ich habe festgestellt, Sie sind in der Opposition angekommen.

(Widerspruch und Lachen von der SPD)

In der Opposition, genau. Und da werden Sie bleiben.

(Beifall von der CDU – Widerspruch von der SPD)

Sie haben Ihre Redezeit dazu benutzt, vor allem Kritik zu üben.

(Zurufe von der SPD)

Keinen einzigen realisierbaren Vorschlag haben Sie heute hier gebracht. Das ist das Kennzeichen Ihrer Politik.

(Marc Herter [SPD]: Wer schreibt Ihnen denn so etwas auf, Herr Deppe? – Weitere Zurufe von der SPD)

Das Verwaltungsgericht in Köln hat dem Vernehmen nach, nach dem, was die Medien gemeldet haben – auf die Begründung warten wir ja noch –, darauf abgestellt, dass die Grenzwerte 2010 einzuhalten waren. Jetzt haben wir das Jahr 2018. Die Prognose für das Jahr 2019 lautet, dass sie immer noch nicht eingehalten werden.

(Christian Dahm [SPD]: Das hätten Sie heute Morgen korrigieren müssen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wer war denn von 2010 bis jetzt in der Regierung? – Sieben Jahre Sie, ein Jahr wir.

(Frank Müller [SPD]: Ist das eine Begründung für das Nichtstun? – Weitere Zurufe von der SPD)

Also, was soll das? Sie können das, was Sie jetzt sagen – die Regierung hätte ihre Hausaufgaben nicht gemacht –, genauso auf sich beziehen.

(Zurufe von der SPD)

Ein Wort noch an die Kollegen der Grünen. Herr Klocke, einen Tag nach dem Urteil in der letzten Woche hat der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim die Landesregierung von Baden-Württemberg zu einem Zwangsgeld verurteilt, weil sie den Luftreinhalteplan von Stuttgart noch nicht in der Form erlassen hat, wie sich das Gericht das vorgestellt hat.

Das heißt, die baden-württembergische Landesregierung ist von den Gerichten schon einen wesentlichen Schritt weitergetrieben worden als wir hier in Nordrhein-Westfalen.

(André Stinka [SPD]: Das droht Ihnen auch!)

Sie können sich natürlich hinstellen und sagen: Wenn Herr Kretschmann versucht, Fahrverbote zu verhindern, ist das gut; wenn Herr Laschet das tut, ist es schlecht. Aber das Ergebnis haben Sie in Stuttgart vom Verwaltungsgerichtshof geliefert bekommen.

(Zuruf von Frank Müller [SPD])

Meine Damen und Herren, diese ständigen Schuldzuweisungen führen doch überhaupt nicht weiter. Ich weiß gar nicht, was diese Debatte hier soll.

(Zuruf von Frank Müller [SPD] – Marc Herter [SPD]: Aber die Dieselfahrer wissen, was die Debatte soll!)

Regen Sie sich nicht so auf! – Was die Menschen von uns allen erwarten – dazu gehören alle –,

(Zuruf von Frank Müller [SPD])

ist doch: Wie vermeiden wir – Sie haben es eben selbst beschrieben; Bonn ist übrigens auch nicht viel besser als Köln, auch wenn es da nur Streckenfahrverbote sind –, dass es in diesen Städten zum Kollaps kommt? Das ist doch die entscheidende Frage.

(Christian Dahm [SPD]: Beantworten Sie das doch mal!)