stärken damit die Sozialpartnerschaft. Denn wir sagen ganz klar: Es soll für die Bereiche gelten, in denen Tarifverträge abgeschlossen werden, und nicht für andere.
Wir haben also die Gewerkschaften mit im Boot. Wir haben die Arbeitgeber mit im Boot. Das ist doch das, was wir wollen. Wir möchten eine starke Tarifpartnerschaft haben, damit diese beiden Sozialpartner miteinander vereinbaren können, wie das Arbeitszeitrecht umgesetzt wird.
Ich bin eben schon kurz auf die voranschreitende Digitalisierung eingegangen. Natürlich ist es so, dass sich die Arbeitswelt ändert. Wir haben keine Arbeitszeiten mehr mit einer Anwesenheit von nine to five, man steht am Band, baut Maschinen zusammen, lackiert Autos und Ähnliches, sondern wir haben eine ganz große Bandbreite.
Im Rahmen der Digitalisierung haben wir die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten. Wir haben das in der Enquetekommission relativ ausführlich diskutiert; ich gehe gleich noch einmal auf die öffentliche Anhörung der Enquetekommission zur Sozialpartnerschaft ein.
Deswegen verstehe ich nicht, dass Sie sich dagegen wehren. Nehmen Sie doch die Digitalisierung als ein Zukunftsprojekt, das wir gestalten müssen. Sie versuchen das zu verweigern, aber das wird nicht funktionieren. Die Politik hat doch die Möglichkeit, hier zu gestalten, und darauf müssen wir auch eingehen.
Der nächste Punkt ist die Work-Life-Balance, die Vereinbarung von Familie und Beruf. Eine pflegebedürftige Mutter zu Hause, ein Kind, das in den Kindergarten gebracht bzw. betreut werden muss, vielleicht Verantwortung im ehrenamtlichen Bereich, all dies erfordert Zeit, die ich gerne flexibel gestalten können würde. Ich brauche die Möglichkeit, mal abends zu arbeiten oder mich um Privates zu kümmern. Auch das ist ein Punkt, der in der Bundesratsinitiative vorgesehen ist.
„Wir wollen die Chancen der Digitalisierung nutzen und deshalb über eine Bundesratsinitiative das Arbeitszeitgesetz flexibilisieren. Die innerhalb der Vorgaben der europäischen Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung vorhandenen Spielräume wollen wir nutzen und die Tarifpartner innerhalb dieses Rahmens eigene Regelungen treffen lassen.“
Das ist genau das, was in der Bundesratsinitiative gefordert ist. Wir setzen also das um, was die Koalition fordert, und Sie tun jetzt so, als hätte Sie etwas vollkommen Unerwartetes getroffen.
Wir haben schon letztes Jahr im Januar eine Plenardebatte zur Flexibilisierung der Arbeitszeit geführt. Da haben wir die Argumente alle schon ausgetauscht. Ich gehe jetzt nicht noch einmal darauf ein, was wir damals gemacht haben, weil das schon erledigt ist.
Ich möchte aber noch einmal kurz auf die darauffolgende Anhörung eingehen. Da sagte Michael Hermund vom DGB, es gäbe ein Problem da, wo Arbeitnehmer keinen Tarifvertrag haben, bei Tarifverträgen aber nicht. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
„Ausnahmen gibt es, auch sehr gute Ausnahmen, und zwar überall da, wo wir über Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen kollektive Regeln schaffen konnten. Dort wurde aufbauend auf dem vorhandenen Gesetz Kollektivrecht geschaffen, um Sicherheit auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in dieser Branche, in diesem Betrieb zu bekommen.“
Deswegen machen wir doch in der Bundesratsinitiative ganz klar den Vorbehalt der Sozialpartnerschaft. Wir sagen: nur da, wo es tarifgebunden ist.
„Kein Mensch, definitiv auch nicht die Arbeitgeberverbände, will den Schutz der Arbeitnehmer, den das Gesetz bietet, aufheben …“
In der Anhörung der Enquetekommission sagte Johannes Pöttering, unternehmer nrw, zur Zukunft der Tarifpartnerschaften:
„Wenn eine Welt differenziert wird, dann kommt es noch mehr darauf an, dass nicht der Gesetzgeber sozusagen alle über einen Kamm schert, sondern man dann schaut, was die einzelnen Branchen brauchen.“
In Ihrem Antrag schreiben Sie – das finde ich das Allerschärfste –, dass über das Vorhaben der Landesregierung bis dato nicht informiert wurde, weshalb Sie die Aktuelle Stunde beantragt haben.
In der Plenardebatte am 18. Januar, aus der ich eben schon berichtete, hat der Minister selber den Passus aus unserem Koalitionsvertrag, den ich eben zitiert habe, zitiert. Er hat deutlich gemacht, dass dazu eine Initiative gestartet werden soll.
Es gab die Arbeitsplanung des MAGS, die im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales verteilt worden ist, über die auch gesprochen worden ist. Auch darin steht, dass eine Bundesratsinitiative geplant ist.
Der letzte und entscheidende Punkt ist, dass der Ministerpräsident am 12. Januar das Haus schriftlich informiert hat, dass diese Bundesratsinitiative eingebracht wird. Ich bin daher sehr erstaunt, dass Sie nichts davon wussten. Vielleicht müssen Sie dafür sorgen, dass Ihre E-Mail-Postfächer auch entsprechend durchgesehen werden. – Danke sehr.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schmitz, es ist schon beeindruckend, wie Sie die Probleme der Arbeitswelt verniedlichen und als Randthemen, als völlig hergeholt, als kapitalistische Merkwürdigkeiten der Sozialdemokraten darstellen.
Ich kann Ihnen nur aus eigener Erfahrung sagen: Was nutzt mir die Digitalisierung im Pflegealltag? Die Arbeit, Herr Kollege Schmitz, müssen immer noch die Menschen machen. Das ist ein harter Job. In der Art und Weise, wie Sie eben geredet haben, machen Sie sich ein Stück weit lustig darüber.
In dem Antrag, der jetzt in den Bundesrat eingebracht wurde, Herr Kollege Arbeitsminister, postulieren Sie Dinge nebeneinanderher – ich habe mir die Bundesratsdrucksache extra herausgesucht –, die so widersprüchlich sind, dass sie einfach nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. Da werden Sie Ihrem Anspruch, eine vernünftige und sachgerechte Arbeitsmarktpolitik zu machen, keineswegs gerecht. Das werde ich anhand eines Zitats belegen, Herr Minister Laumann.
Hier steht, dass „die Möglichkeit einer flexiblen Anpassung … zum Erhalt und weiteren Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit“ notwendig sei und dies gleichzeitig mit dem „Schutz der Gesundheit in Einklang gebracht“ werde. Das sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe.
Wenn wir die Schicht nach zwölf Stunden Arbeit nicht beenden können, weil schlichtweg nicht genug Fachkräfte da sind, was soll dann so ein Postulat? Sie müssen dafür sorgen, dass die Arbeitsstrukturen so sind, dass die Arbeit gemacht werden kann, und dürfen nicht an den Arbeitszeitgesetzen rumfummeln.
Vielleicht betrachten Sie das auch einmal aus der Sicht der Betroffenen, Herr Kollege Schmitz. Die FDP sagt, die Veränderungen der Arbeitszeiten im Gaststättengewerbe seien die Folge der Digitalisierung. Was das sachlogisch miteinander zu tun hat, kann ich nicht nachvollziehen.
Das Lieblingsbeispiel der FDP ist die Hochzeitsfeier, die statt zehn Stunden zehneinhalb Stunden dauert. Ich kann Ihnen nur sagen: Eine fähige Arbeitszeitplanung würde dafür sorgen, dass dann eben zwei Schichten da sind. Das kostet natürlich mehr Geld, aber die Frage ist doch, wer am Ende die Zeche zahlt, die Arbeitgeber oder die Beschäftigten mit einem kaputten Rücken sowie die gesetzlichen Krankenkassen, weil die Gesundheitskosten steigen. Das ist nicht fair, das müssen wir regeln. Dafür müssen wir einen Ausgleich hinbekommen.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der CDU – Karl-Josef Laumann, Mi- nister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Re- gen Sie sich doch nicht so auf!)
Die Situation in der Altenpflege – Sie wissen das doch ganz gut – ist folgendermaßen: Wir haben in der ambulanten Altenpflege – das schreiben Sie selber auch immer – viel zu wenige Fachkräfte, um die Arbeit zu machen. Es läuft dann so: Man fährt abends die Schicht, manchmal bis 21 Uhr. Dann muss man noch die Dokumentation machen, und es ist 22 Uhr. Morgens um halb sechs sind die Leute wieder am Start, weil jemand ausgefallen ist.
Sie sagen: Das wollen wir nicht nur irgendwie hinnehmen, sondern das muss doch im Rahmen von Flexibilisierung möglich sein, weil die Leute dann möglicherweise auch mehr Geld verdienen. – Das ist nicht das Modell der Zukunft, sondern das ist schlecht für den Arbeitsmarkt. Das ist auch angesichts des Fachkräftemangels in diesem Bereich schlecht. Tun Sie nicht so, als ob man das mit Digitalisierung weghexen könnte, Herr Arbeitsminister.
Aber die Digitalisierung, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, immer wieder ins Felde führen, würde sehr wohl auch für die Pflege ganz massive Möglichkeiten bieten. Ich kenne in In
stitutionen in Bielefeld und anderswo sehr wohl redundant ausgestaltete Dienstpläne, sodass Doppelungen möglich sind und die Arbeitszeitpläne so aussehen, dass man nicht jeden zweiten Tag zum Dienst gerufen wird, obwohl man frei hat.
Es ist mit den jetzigen Arbeitszeitgesetzen sehr wohl möglich, flexibel zu organisieren – für den Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerin und den Arbeitgeber. Dann muss man aber bereit sein, die Bedürfnisse der Beschäftigten nicht nur im Allgemeinen zu akzeptieren, sondern sie zu erforschen, im Einzelnen zu dokumentieren und in den Arbeitsplan einzubeziehen. Das ist moderne und faire Arbeitsmarktpolitik und nicht das, was Sie machen, nämlich zulasten der Beschäftigten immer wieder an den Grenzen der Schutzzeiten herumzufummeln, liebe Kolleginnen und Kollegen.