Protokoll der Sitzung vom 24.05.2019

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Golland, eines können Sie nicht wegdiskutieren. Ich möchte Sie einladen, sich mal mit diesen Jugendlichen zusammenzusetzen und mit ihnen zu reden. Dass Sie sich vielleicht nicht vorstellen können, wie das ist, wenn man kontrolliert und stigmatisiert wird, das kann ich mir vorstellen. Diese Jugendlichen erleben das aber jeden Tag.

Ich stimme Ihnen sogar zu, dass wir ein integrationspolitisches Problem haben. Wir haben natürlich ein Problem, wenn eine große Bevölkerungsgruppe hier lebt, keinen festen Aufenthaltstitel hat und nur geduldet ist. Das kann man erst mal nicht leugnen.

Herr Golland, allerdings ist ein Problem die Frage, was wir mit den Leuten machen sollen. Sie würden wahrscheinlich am liebsten alle Leute abschieben. Aber wohin denn? – Das ist doch genau das Problem. Deshalb leben die Leute ja seit Generationen – in der zweiten oder dritten Generation – hier und sind hier geboren. Deshalb leben sie hier in Deutschland. Damit müssen wir doch umgehen. Wir brauchen doch eine Lösung für das Problem. Diese Lösung kann doch nur eine integrationspolitische Lösung sein.

Herr Golland, aber das wollen Sie aber nicht sehen. Sie setzten nur einseitig auf Repressionen. Das ist zu kurz gesprungen.

(Beifall von den GRÜNEN)

An diesem Bericht ist außerdem wichtig – also noch mal der Verweis auf den Bericht; lesen Sie ihn sich durch –, dass all diese Tabellen eindeutig zeigen, dass eine Vielzahl an Straftaten von wenigen Angehörigen einiger Familien begangen wird.

(Daniel Sieveke [CDU]: Gegen wen?)

Eine Zahl, die in dem Bericht steht, besagt, dass gut 6 % – 6 %! – der Tatverdächtigen für über 30 % der Straftaten verantwortlich sind. Das zeigt mir doch eins, nämlich dass man nicht alle Personen unter einen pauschalen Generalverdacht stellen kann – ganz im Gegenteil. Deshalb ist es so wichtig, gezielt vorzugehen und Straftaten zu bekämpfen. Genau das wollen wir als Grüne. Wir wollen, dass der Rechtsstaat handelt und Straftaten bekämpft. Aber hören Sie endlich auf mit dem pauschalen Generalverdacht! Das bringt uns überhaupt nichts. Wir brauchen beides – die Bekämpfung von Straftaten, aber auch Integrationspolitik.

(Daniel Sieveke [CDU]: Ihre moralischen Be- lehrungen! – Zuruf von Gregor Golland [CDU] – Gegenruf von Josefine Paul [GRÜNE]: Das ist Ihnen ja völlig fremd!)

Also reden Sie nicht nur, handeln Sie endlich, damit wir der Probleme Herr werden.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU – Gegenrufe von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Pfeil.

(Unruhe – Glocke)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Schäffer, durch die bisherigen Äußerungen von FDP und CDU wird kein Pauschalverdacht geäußert, sondern ganz konkret auf den Lagebericht und damit

auch auf die darin aufgeführte Clankriminalität verwiesen. Dazu wird Stellung genommen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die AfD hat das natürlich wie immer pauschalisiert. Davon muss man sich komplett distanzieren. Aber letztendlich – Herr Wolf, da ist es doch egal, ob es das erste oder das zweite Lagebild ist – haben wir mit diesem Bericht die Informationen bekommen, die uns eigentlich seit Jahren fehlten.

(Sarah Philipp [SPD]: Nein, das ist nicht egal! – Josefine Paul [GRÜNE]: Das ist nicht egal, wenn man das behauptet!)

Durch diesen Bericht können wir jetzt tätig werden, insbesondere in einem Bereich, den wir eben auch angesprochen haben: präventiv zu arbeiten.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Wir sind schon vorher aktiv geworden! – Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Frau Paul, hören Sie mir doch zu! Um präventiv zu arbeiten, fehlten uns doch die Daten.

Uns wird in dem Lagebericht genau mitgeteilt, seit wann überhaupt Datenerhebungen durchgeführt werden. Um wissenschaftlich zu forschen, um weiter in diesem Bereich Hintergründe erforschen und präventive Maßnahmen ergreifen zu können, brauchen wir doch weitere Maßnahmen.

(Sven Wolf [SPD]: Und der zweite Schritt? Jetzt in die Zukunft gucken!)

Die ersten Maßnahmen sind doch schon ergriffen worden. Sie werden uns allen zustimmen, dass Verstöße gegen die freiheitliche Rechtsordnung, gegen Eigentum und körperliche Unversehrtheit und gegen die Freiheit des Einzelnen zu ahnden sind. Da sind wir alle dagegen.

(Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte kämpfen dagegen an und sind tätig in diesem Bereich. Ja, Frau Schäffer, auch da wird die eine oder andere Untersuchung durchgeführt, die möglicherweise nicht zum Erfolg geführt hat. Aber sie soll doch die Clankriminalität, die hier Thema ist und bekämpft werden soll, bekämpfen.

Über die Definition im Lagebild, was Clankriminalität überhaupt ist, haben wir schon gesprochen. Ich möchte noch einmal auf zwei wesentliche Punkte hinweisen, was Alexander Brockmeier eben auch schon gemacht hat. Es ist psychologisch, was das Ganze zusammenhält: zum einen eine gemeinsame familiäre oder ethnische Herkunft derjenigen, die davon betroffen sind, und zum anderen eine fehlende Akzeptanz des deutschen Rechts- und Wertesystems. Diese beiden Punkte bilden die Grundpfeiler

dieser Clans, die sich ganz konkret gegen die deutsche Rechtsordnung richten. Dagegen muss man ankämpfen.

Die Frage, ob man hier im Kindesalter schon etwas unternehmen kann, beantwortet der Bericht im Moment nicht. Er kann sie auch noch nicht beantworten. Aber genau an dem Punkt müssen wir anknüpfen. Da fangen doch die präventiven Maßnahmen an, die hinterher unter anderem zur Auflösung der Clans führen können. Aber das sind nicht die einzigen Punkte. Weitere Punkte sind:

Das Austrocknen sämtlicher krimineller Geldströme; das wurde auch schon genannt. Das wird aber auch durchgeführt.

Konsequente ordnungsbehördliche und strafrechtliche Verfolgung jeder einzelnen Ordnungswidrigkeit ohne jegliche Toleranz. Das wurde schon benannt, es wird auch durchgeführt.

Erweiterung und Ausbau der interbehördlichen Fallkonferenzen sowie die Identifizierung und Bewertung jedes einzelnen Mitglieds der Clanfamilie gehören weiterhin dazu. Das ist der Punkt, über den bisher gar nicht gesprochen wurde. Das ist aber ein sehr wesentlicher Punkt, dass nämlich – Frau Schäffer hat es gesagt – ganz wenige Personen für sehr viele Straftraten verantwortlich sind. Und genau da müssen wir ansetzen.

(Sven Wolf [SPD]: 10 % Intensivtäter, das gab es auch vorher schon!)

Genau das gibt das Lagebild wieder, Herr Wolf. Da müssen wir weiter ansetzen. Bisher hatten wir da zu wenig. Wir müssen auch jetzt den Bereich weiter ausbauen. Das sehe ich nach dem Lagebild auf jeden Fall so.

Der Bundesinnenminister hat den erfolgreichen Kampf gegen die Clans in NRW beobachtet. Seit einiger Zeit befasst sich auch die Ständige Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder mit diesem Thema. Der Bundesinnenminister hat nunmehr erklärt, Clankriminalität zur Chefsache machen zu wollen. Es ist unsere Aufgabe, dass wir alle gemeinsam das Projekt angehen und bei konsequenter Bekämpfung der Clanstrukturen hier in NRW und auch im ganzen Bundesgebiet klarmachen: Nicht jeder Clanangehörige ist kriminell. Aber wer kriminell ist, den müssen wir erwischen, und den erwischen wir auch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine Sache ist noch besonders wichtig. Ich habe es eben schon einmal gesagt. Es geht hier nicht allein um das Gewaltmonopol des Staates und die Bekämpfung von Kriminalität – nein, es geht um mehr. Es geht auch darum, Betroffenen zu helfen. In diese Clanstrukturen werden Kinder geboren und wachsen dort auf, die von Anfang an kaum eine Chance haben, sich

außerhalb des Familienclans ein eigenes Leben aufzubauen. Und genau da müssen wir ansetzen, und genau da fehlen uns im Moment die Mittel, die Informationen und auch das Wissen, wie wir da reinkommen. Deswegen müssen wir mehr Wissen erlangen und in diesem Bereich forschen.

Die Innen- und Gesellschaftspolitik der NRWKoalition ist so ausgerichtet, dass Probleme offen benannt werden, konsequent angegangen und nachhaltig gelöst werden. Mit diesem Lagebild sind wir genau dabei. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Pfeil. – Für die AfD-Fraktion hat noch einmal Herr Kollege Wagner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hab mir gerade überlegt: Bereitest du jetzt eine zweite Rede vor, oder machst du das einfach reaktiv wie Kollege Ganzke? Zwei Dumme, ein Gedanke – das haben wir richtig gemacht.

(Frank Müller [SPD]: Herr Ganzke ist schon sehr klug!)

Herr Panske, Sie haben in Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass die Clankriminalität nicht etwa 2015 vom Himmel gefallen sei. Ja, da haben Sie recht. Das macht die Sache aber nicht besser. Denn die kriminellen Clanstrukturen haben sich bereits vor 30 Jahren etabliert. In 30 Jahren haben die in dieser Zeit verantwortlichen Parteien hier in Deutschland – CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen – nicht viel mehr getan als wegzuhören und wegzusehen. Das ist das Problem, mit dem wir es heute zu tun haben.

(Beifall von der AfD)

Wenn ich vorhin vom Jahre 2015 gesprochen habe, dann hat das einen sehr guten Grund. Denn wir sind jetzt dabei, die gleichen Fehler zu machen, die wir vor 30 Jahren gemacht haben.

Im Rahmen der Zuwanderungswelle seit 2015 haben die kriminellen Libanesen-Clans junge Migranten als Drogendealer verpflichtet, die jetzt wiederum das Geschäft auf eigene Rechnung machen, um höhere Gewinne zu erzielen. Und so entstehen bereits jetzt neue Clanstrukturen wie die „Schwarze Axt“ aus Nigeria oder wie „Al-Salam-313“, eine schiitisch-islamistische Gruppierung, die ebenfalls in der Clankriminalität tätig ist. Das sind Strukturen, die sich seit 2015 langsam etablieren.

Wenn wir heute wiederum aus politischer Korrektheit heraus diese Etablierung krimineller Clanstrukturen,

die seit 2015 stattfindet, ausblenden, dann machen wir nichts, aber auch gar nichts besser, als Sie es vor 30 Jahren getan haben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Lieber Kollege Wolf, es ist wirklich ein starkes Stück, Berlin als Synonym für die erfolgreiche Bekämpfung der Clankriminalität hinzustellen. Was ist denn in Berlin passiert? – Da hat man tatsächlich einen Clangipfel abgehalten. Wissen Sie, wann? – Im Herbst 2018, 29 Jahre nachdem sich vor allen Dingen in Berlin diese Strukturen verfestigt haben.