Meine Damen und Herren, der Geist der Gewaltfreiheit, der sich am 9. Oktober behauptet hat, hat schließlich auch die friedliche Grenzöffnung und den Fall der Mauer ermöglicht. Wenige Tage zuvor, am Abend des 30. September, hatte Hans-Dietrich Genscher den Tausenden DDR-Flüchtlingen in der Prager Botschaft die Ausreise in die Bundesrepublik ermöglicht und verkündet. Auch hier bahnte sich der Wunsch nach Freiheit einen friedlichen Weg.
Diese Gewaltfreiheit hat sich übertragen – auch das gehört zur historischen Betrachtung dazu –: Kein DDR-Grenzer hat in jenen Wochen geschossen. Natürlich muss an die Namen der Maueropfer erinnert werden – deshalb fand ich es auch richtig, sie hier zu
nennen – und das Geschehen weiter kritisch aufgearbeitet werden. Es gehört aber eben auch dazu, dass sich in diesen Tagen die Gewaltfreiheit übertragen hat und auch bei den Grenztruppen die Vernunft und die Menschlichkeit über die Gewalt gesiegt haben.
Die friedlichen und gewaltfreien Massenproteste, die am 9. Oktober in Leipzig ihren Höhepunkt erreichten, trafen auf eine völlig überforderte Clique in der SED, sodass die Mauer am 9. November 1989 dann Geschichte wurde – wir alle kennen die berühmte Pressekonferenz und die Konsequenzen – und die Möglichkeit entstand, die Grenzübergänge ungehindert überschreiten zu können. Dann wurde der Weg frei zur deutschen Einheit, die sich am 3. Oktober vollendete.
Wir feiern als Bundesrepublik Deutschland den 3. Oktober als Nationalfeiertag. Der 3. Oktober als Tag der formalen Vereinigung ist natürlich auch ein nachvollziehbares Datum. Doch muss ich ehrlich sagen, dass ich diese Feiern häufig ein Stück weit als steril empfinde. Der Grund liegt meiner Meinung nach darin, dass der 3. Oktober im Grunde das Ergebnis war – das Ergebnis von dem, was vorher gewesen war, das Ergebnis von vielen mutigen Männern und Frauen auf der Straße und von vielen wichtigen und mutigen politischen Entscheidungen nicht nur im Jahr 1989, sondern die internationale Entspannungspolitik betreffend auch in den Jahren davor.
Der eigentliche Feiertag ist aus meiner Sicht der heutige Tag, der 9. Oktober, als der entscheidende Wendepunkt in der gesamtdeutschen Geschichte. Es ist der Tag, an dem der Mut über die Angst siegte, der Tag, an dem mutige Frauen und Männer der Freiheit den Weg bahnten.
Das soll uns mahnen, den heutigen Tag – anders, als es bisher der Fall ist – in Erinnerung zu bewahren. Das ist ein Auftrag an uns alle, und es ist auch ein Auftrag an die Vertreter der Medien. Als ich heute Morgen das Frühstücksfernsehen gesehen habe, habe ich mich gewundert, welch marginale Randbetrachtung dieser Tag dort erfahren hat.
Er sollte uns aber vor allem auch eine Mahnung in der Frage sein, wie wir insgesamt miteinander umgehen, wie wir uns gegenseitig zuhören. Denn nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Nord und Süd und zwischen den Demokraten in den unterschiedlichen Schattierungen tut es uns gut, einander zuzuhören. Denn Zuhören ist die Grundlage für Dialog, und Dialog ist die Grundlage für Fortschritt in Freiheit. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Stamp. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir nun zur Abstimmung über die beiden vorliegenden Anträge kommen.
Wir stimmen zunächst ab über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/7540. Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die SPDFraktion sowie Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Die AfD-Fraktion. Wer enthält sich? – CDU, FDP, Herr Langguth und Herr Neppe, fraktionslos, enthalten sich.
Damit ist der Antrag Drucksache 17/7540 mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von CDU, FDP und der beiden fraktionslosen Abgeordneten gegen die Stimmen der AfD angenommen.
Wir stimmen zweitens ab über den Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/7608. Auch über diesen Entschließungsantrag ist direkt abzustimmen. Wer stimmt zu? – CDU, FDP, SPD sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten Neppe und Langguth stimmen diesem Entschließungsantrag zu. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und AfD-Fraktion ist der Entschließungsantrag Drucksache 17/7608 einstimmig angenommen.
Mit dem Klimaschutzpaket der Bundesregierung können die Klimaziele nicht erreicht werden – Landesregierung muss sich für Nachbesserungen einsetzen
Die Aussprache ist eröffnet, und als Erste spricht für die grüne Fraktion die Fraktionsvorsitzende, Frau Düker.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Frage steht im Raum: Reicht das sogenannte Klimapaket der Großen Koalition in Berlin aus, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen? Die Antwort lautet schlicht und einfach: Nein, das tut es nicht.
Acht Monate nach Vorlage des Berichts der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ – das ist einen Monat mehr, als die Kommission selber brauchte, um ein Ergebnis zu erarbeiten – haben wir zwar kein Gesetz, das eigentlich notwendig wäre, aber zumindest ein Ergebnis des sogenannten Klimakabinetts. Acht Monate nach Vorlage des Kommissionsberichts kann man dieses Paket nur als Dokument des Politikversagens bezeichnen, denn es ist zulasten der nachfolgenden Generation, und wir werden damit die Klimaschutzziele krachend verfehlen. Das sieht auch eine Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland so. 53 % der Menschen in Deutschland sagen: Das ist unzureichend!
Auch die Wissenschaft ist sich ziemlich einig. Ottmar Edenhofer vom Potsdam Institut sagte bei Anne Will am Sonntagabend danach: Die Klimaziele werden nicht erreicht. Politik ist zwar die Kunst des Möglichen, hat aber versäumt, das Notwendige möglich zu machen. – Das ist an Deutlichkeit nicht zu überbieten.
Bemerkenswert ist, dass an dem Tag, an dem das Klimakabinett das entschieden hat, 1,4 Millionen Menschen in Deutschland auf der Straße standen. Beim Kampf gegen die Atompolitik waren es nicht so viele. Das hat selbst der Kampf um den Atomausstieg nicht geschafft. 1,4 Millionen Menschen auf der Straße setzen sich für mehr Klimaschutz ein. Dieser Rückenwind war eine einmalige Chance, genau das, was von der Wissenschaft und den Menschen im Land erwartet wird, möglich zu machen. Natürlich hat Angela Merkel recht: Es geht um nicht weniger als um eine Menschheitsherausforderung. – Sowohl die Große Koalition in Berlin als auch Schwarz-Gelb hier im Land sind an ihren eigenen Ansprüchen krachend gescheitert.
Weil die Redezeit nicht ausreicht, all das aufzuzählen, was fehlt, nur das aus unserer Sicht Relevanteste:
sung eine Mehrbelastung entsteht, dann muss zwingend eine Pro-Kopf-Rückerstattung erfolgen, um erstens Akzeptanz, zweitens Anreize für eine Einsparung zu schaffen und drittens soziale Brüche zu verhindern. Hier ist etwas konzeptionell grundfalsch angelegt. Im Übrigen hat das Gutachten, das die Regierung selbst in Auftrag gegeben hat, genau das festgestellt, aber es wurde nicht umgesetzt.
Und dann kommt die Pendlerpauschale. Erstens ist die Pendlerpauschale eine Überkompensation und zweitens profitieren die falschen, nämlich die Besserverdienenden, und nicht diejenigen, die wenig Geld in der Tasche haben. Das ist der größte strukturelle Fehler an diesem Klimapaket.
mit einer Bepreisung von 10 Euro an den Start zu gehen. Herr Brockes, Sie kennen doch die Berechnungen. Eine Tonne CO2 wird vielleicht nicht Sie und mich, aber unsere nachfolgenden Generationen 180 Euro Folgekosten kosten. Deswegen sind 10 Euro ein völlig falscher Einstieg in die CO2-Bepreisung. Das reicht auf keinen Fall aus.
Drittens. Ein ganz großer Fehler ist, dass hier mit der Neuausrichtung der Verkehrspolitik nicht begonnen wurde. Es ist ein Sektor, der bei den Klimazielen nicht nur nichts erreicht hat, sondern in dem die Emissionen sogar noch steigen. Gerade in diesem Sektor ist es völlig unzureichend, lediglich eine Mehrwertsteuersenkung im Bereich der Bahn vorzunehmen und die Kfz-Steuer irgendwie an die CO2Emissionen zu koppeln, und das in dieser Pauschalität. Das ist ja nicht verbranntes CO2, sondern das wird auch für ein Auto bezahlt, das vielleicht nicht fährt. Das reicht bei Weitem nicht aus für das, was wir brauchen, um eine Mobilitätswende zu erreichen.
Selbstverständlich braucht es Anreize – davon gibt es viel zu wenige in dem Paket –, aber gerade bei der Mobilitätswende braucht es auch einen ordnungsrechtlichen Rahmen mit einem klaren Fahrplan zur Beendigung des Verbrennungsmotors. Auch hier lautet das Fazit: zu wenig, zu unverbindlich, zu viel Klein-Klein. – Die Bevölkerung und die Wissenschaft sagen zu Recht: Das reicht nicht.
Schön, dass die SPD heute unsere Kritik im Wesentlichen teilt. Unverständlich, liebe Kollegen von der SPD, ist, warum Sie das als Regierungspartei in Berlin nicht umsetzen. Geradezu unverständlich, Herr Pinkwart, finde ich Ihre Äußerung und die des Ministerpräsidenten nach der Vorstellung, dass Sie das alles zu ambitionslos fänden, da fehlten konkrete Impulse, das sei nicht ausreichend. Dann sagen Sie uns doch bitte heute, was Sie im Bundesrat tun, um
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Frau Düker, Sie haben sich eben mit der Pendlerpauschale auseinandergesetzt. Ich hoffe nicht, dass Sie wie Herr Harbeck auch nicht wissen, wie die zustande kommt.
Sie sind ja Düsseldorferin. Ein Großteil der Menschen wohnt jedoch nicht in Kernstädten und in Großstädten. Können Sie dem Haus einmal erklären, warum Menschen, die weite Wege zur Arbeit pendeln, nach Ihrer Aussage zu den Besserverdienenden gehören? Hier verweise ich nur auf das Bergische Land, in dem ich wohne und wo ich sehe, welchen Siedlungsdruck von Menschen wir haben, die sich das Wohnen in Köln nicht mehr leisten können und deshalb weiter von der Stadt wegziehen. Wie kommen Sie zu dem Ergebnis, man würde damit ausgerechnet die Besserverdienenden unterstützen? Die Frage an Sie: Haben Sie nicht zu sehr einen Blick aus der Sicht der besserverdienenden Großstädter?