Politik hat die Pflicht, zu Ende zu denken, was ihre Entscheidungen bewirken. Es kann und darf bei der Energiewende nicht darum gehen, kurzfristig Trophäen zu präsentieren, um Umfrageprozente zu gewinnen. Es geht jetzt darum, die Volkswirtschaft einer der größten Industrienationen der Erde umzustellen.
Wir Christdemokraten in Bund und Ländern wollen Bürger und Wirtschaft auf diesem Weg mitnehmen. Wir wollen, dass diese Operation am offenen Herzen unserer Volkswirtschaft dauerhaft gelingt.
Es klingt so einfach, die Kosten für CO2 ad hoc massiv anzusetzen, um den Menschen das Autofahren abzugewöhnen. Aber spielen wir das doch mal durch: Millionen von Bürgern in Nordrhein-Westfalen sind auf das Auto angewiesen, auf dem Land, aber auch in der Stadt. Investitionsentscheidungen sind getroffen worden. Oft sind Darlehen abzuzahlen.
Ein sofortiger vorzeitiger Austausch des gut gebrauchten Pkw hin zu einer kleineren Motorisierung, zu Elektromobilität oder Wasserstoff ist für Otto Normalverbraucher nicht möglich.
Davon abgesehen muss man ernsthaft eine Frage stellen: Ist die vorzeitige Verschrottung mehrerer Millionen mit viel CO2-Ausstoß hergestellter Fahrzeuge auf einen Schlag eigentlich ein positiver oder ein negativer Beitrag zum Klimaschutz?
Gleiches gilt für die Fuhrparks von Handwerkern oder im ÖPNV, die noch nicht abgeschrieben sind. Sollen Zigtausende gut erhaltene Busse und Züge vorzeitig verschrottet und ersetzt werden?
Mit ihren krassen Forderungen erhaschen die Grünen vielleicht Applaus in ihrer Szene, vielleicht sogar ein Prozentpünktchen in den Umfragen; ihre Forderungen würden aber Millionen von Familien, Berufspendler, Rentner, Nahverkehrsbetriebe, Handwerker und Landwirte in finanzielle Schwierigkeiten stürzen, weil sie ihre Fahrzeuge so kurzfristig nicht austauschen können und nicht jedes Dorf im 10-MinutenTakt an Bus und Bahn angeschlossen werden kann – und das wissen Sie ganz genau.
Auch der Industrie mit ihren rund 1,4 Millionen Beschäftigten allein in Nordrhein-Westfalen müssen wir eine realistische Chance geben, vernünftig in klimafreundliche Technologie zu investieren.
Es ist ganz einfach: Werden Unternehmen jetzt mit einem zu hohen CO2-Preis geschwächt, gehen sie unter oder sie verlassen das Land samt ihres CO2Ausstoßes. Nur wirtschaftlich starke Unternehmen investieren in Klimaschutz und Arbeitsplätze vor Ort, und das ist unser Ziel.
SPD und Grüne haben 2016 den Leitantrag zum Braunkohleabbau bis 2045 verabschiedet und für NRW 2013 mutlose 25 % CO2-Reduktion bis 2020 beschlossen, Totalausfall beim Photovoltaikausbau, mickriger Radwegeausbau, keine Stadtbahnsanierung, keine Reaktivierung von Eisenbahnstrecken, dafür eine massive Klagewelle gegen ihre eigene Windkraftpolitik. Die Klimaschutzbilanz der rot-grünen Landesregierung bis 2017 ist eine große Enttäuschung. Sie hatten Ihre Chance. Sie haben sie nicht genutzt.
Dafür überschlagen Sie sich jetzt mit werbewirksamen Forderungen: massive CO2-Steuer, sofortiges Verbot von Ölheizungen, Verbot von Verbrennungsmotoren. Die neuesten Verbotsideen der Grünen machen den Menschen Angst und treiben einen Keil in die Gesellschaft.
Die Wissenschaft warnt uns zu Recht vor Klimakipppunkten, und hier ist Entschlossenheit gefragt. Es gibt aber auch gesellschaftliche Kipppunkte, und auch deren Eintreten müssen wir alle verhindern.
Die SPD wiederum hat Klimachaostage eingeläutet: jeder gegen jeden. Die SPD-Landtagsfraktion fällt mit der heute hastig eingebrachten Forderung nach einer CO2-Steuer, mit der man keine CO2-Mengen steuern kann, und dem Einfrieren der Pendlerpauschale den eigenen Bundesministern Schulze und Scholz, dem Bundesfraktionsvorsitzenden Mützenich und Malu Dreyer in den Rücken und Millionen Berufspendlern in Nordrhein-Westfalen gleich mit.
Wie wir hören, ist nun doch ein Einsparziel für 2040 im Entwurf des Klimaschutzgesetzes von Ministerin Schulze, das heute durch das Bundeskabinett gegangen sein soll, und das ist richtig so.
Der Investitionsvorlauf der Industrie für großtechnische Anlagen beträgt 20, 30 Jahre. Politik muss Unternehmen Planungssicherheit geben, wenn wir von ihnen millionenschwere Investitionsentscheidungen für Klimaschutz und Energieeffizienz wollen.
Der Rahmen ist gesetzt; jetzt kommt es auf die Details an. Jetzt ist es wichtig, dass folgende Punkte im Klimapaket enthalten sind, damit die Energiewende gelingt:
die Stärkung der Sektorkopplung, die deutliche Absenkung der EEG-Umlage und der Stromsteuer auf das europäische Minimum, die Abschaffung des 52Gigawatt-Deckels für Photovoltaik, wie von uns im Bundesrat gefordert, der Abbau der steuerlichen und regulatorischen Hemmnisse für den Mieterstrom, die Abschaffung der doppelten Abgabenbelastung von Energiespeichern, klare Rahmenbedingungen für Gaskraftwerke für dunkle und windstille Tage, die unbürokratische steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung, die faire Lastenteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Der CO2-Handel muss unbedingt europaweit erfolgen, um Stahl-, Aluminium-, Zement-, Chemie-, Glas- oder Papierherstellung nicht ins Ausland zu vertreiben.
Die jährliche Überprüfungsklausel muss aktiv genutzt werden, um mit jedem Jahr bei unserem Zieldreieck besser zu werden: Bewahrung der Schöpfung, Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Arbeitsplätze sowie bezahlbare Energie für Familien und Unternehmen.
Vielen Dank, Herr Rehbaum. – Es gibt eine Kurzintervention zu Ihrer Rede, angemeldet von der AfD-Fraktion. Die wird Herr Loose durchführen; damit hat er das Wort. Sie werden, wie ich sehe, vom Platz aus antworten, Herr Rehbaum. – Bitte schön, Herr Loose.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Rehbaum! Die Bewahrung der Schöpfung – ja, das wollen wir als AfD. Wenn nicht wir, wer eigentlich dann?
Sie alle verschwenden Gelder, Milliarden. Sie haben in der Vergangenheit schon 200 Milliarden für die sogenannte Klimarettung verschwendet, ohne eine einzige Tonne CO2 zu reduzieren. Das geht auch noch auf die nächste Generation über, die die EEGUmlage in den nächsten 20 Jahren bezahlen muss.
Wir empfehlen, sich die Schöpfung vor Ort anzuschauen. Wir wollen zum Beispiel keine Kinderarbeit im Kongo für den Abbau von Kobalt für Elektroautos. Wir wollen keine Wasserverschwendung in Südamerika bei der Gewinnung von Lithium für Elektroautos. Wie wollen keine Hölle auf Erden – wie es so schön beschrieben wird – beim Abbau von Neodym in China.
Damit könnten wir zur Bewahrung der Schöpfung beitragen. Das Einzige, was Sie machen, ist, stur immer nur auf CO2 zu gucken und die Menschen in der Welt im Stich zu lassen. – Danke schön.
Herr Kollege Loose, Sie haben die Frage nach den Rohstoffen und den Abbaumethoden für Batterien angesprochen. Weil das Thema „Recycling“ für Akkus ein so wichtiges Thema ist, hat das Bundesforschungsministerium den Zuschlag für Batterieforschung und -fertigung nach Nordrhein Westfalen gegeben und mit 500 Millionen Euro unterstützt. Die nordrhein-westfälische Landesregierung packt noch mal 200 Million Euro drauf.
Der zentrale Punkt, warum der Zuschlag nach Nordrhein-Westfalen ging, ist, dass dort das Thema „Recycling“ ganz oben auf der Prioritätenliste steht. Genau das ist die Antwort auf Ihre Frage, wie wir die
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Rehbaum, alle Achtung, ich muss schon sagen. Sie sind doch Sprecher im Wirtschaftsausschuss. Sprechen Sie mal mit Ihrem Wirtschaftsminister. Sie greifen das Klimaschutzgesetz der rot-grünen Landesregierung an. Ihr Minister sagt, durch das Gesetz hätten wir 27 % eingespart – und Sie sagen hier, wir hätten nichts getan.
Dass Sie im Bereich von Energie- und Klimaschutzpolitik ein Irrfahrer sind, wussten wir schon lange, aber heute haben Sie es noch mal unter Beweis gestellt.
Kein roter Faden, keine klare Linie. Sie ruhen sich auf dem aus, was Rot-Grün hier beschlossen hat, und sagen heute, es sei eine Irrfahrt gewesen.
Sie haben nach zweieinhalb Jahren nichts vorzuweisen, blockieren die Windkraft und reden von Photovoltaik an Baggerseen. Dann stellen Sie sich hier hin und sagen, Sie hätten einen Kompass. – Null. Gar nichts. Wenn, fahren Sie immer vor die Wand mit einem wahrscheinlich nicht mal ordentlichen Diesel, Herr Rehbaum. Das ist Ihre Antwort auf die Klimafrage hier in Nordrhein-Westfalen.
Ich will Svenja Schulze hier ausdrücklich loben und habe ihr gestern Abend bei einem Telefonat noch gesagt: Wenn du mit Söder und mit Seehofer verhandeln musst, gehört dir die Solidarität der SPDFraktion, denn da scheitern wichtige Maßnahmen im Bau- und im Verkehrsbereich und nicht an der Ministerin, die versucht, Klimaziele für alle Sektoren zu organisieren, wie wir sie notwendigerweise auch im Land brauchen. Sprechen Sie mal mit denen. Oder reden Sie mit denen genauso um den heißen Brei herum, wie hier in der Debatte?
Weil die Debatte der letzten Tage und Wochen sehr emotional war, will ich es noch mal darauf herunterbrechen, welche Aufgaben wir eigentlich haben und worüber wir eigentlich reden.