Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordneter Brems das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir brauchen mehr Unterstützung für die Kommunen bei Klimaschutz und Klimafolgenanpassung. Denn ohne die Kommunen wird der Klimaschutz nicht gelingen. Gerade bei Verkehr, Gebäude und Energie ist es essenziell, dass in den Kommunen das, was an unterschiedlichen Stellen an Zielen ausgerufen wird, auch umgesetzt wird.
Man muss ganz klar sagen: Die Klimakrise ist in den Kommunen schon längst angekommen. Dort – das sieht man an vielen Stellen an den Diskussionen, beim Thema Klimanotstand beispielsweise – merkt man schon heute die Auswirkungen von Hitze und Starkregen. Selbst wenn wir unsere Klimaschutzan
strengungen noch so sehr erhöhen: Diese Auswirkungen werden in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen.
Wir sehen also, dass über Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in den Rathäusern von NordrheinWestfalen diskutiert wird. Aber es ist noch nicht so, dass entsprechendes Handeln folgt. Die Frage ist, warum. Da gibt es in den einzelnen Kommunen viele unterschiedliche Gründe. Wir haben in vielen Kommunen einen Investitionsstau. Wir haben einige Kommunen, die von Altschulden erdrückt werden. Wir haben kleinere Kommunen, die einfach nicht genug Personal haben. An der einen oder anderen Stelle mag es auch an der fehlenden Priorisierung liegen.
Das heißt, es braucht dringend eine Unterstützung durch Bund und Land. Auch der Städte- und Gemeindebund hat sich in den letzten Wochen und Monaten in mehreren Pressemitteilungen genau dazu geäußert. Die letzte Pressemitteilung stammt vom 05.11. Da hat Hauptgeschäftsführer Dr. Schneider aus NRW gesagt: „Mit kurzatmigen Förderprogrammen werden wir langfristige Ziele nicht erreichen.“
Was folgt nun aus dieser Forderung und aus diesen Problemen? – Wir haben in unserem vorliegenden Antrag eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie wir die entsprechenden Kommunen unterstützen können.
Unser erster und größter Punkt ist unser Programm „Gutes Klima 2030“. Darin geht es darum, dass Investitionen in kommunale Klimaschutz- und Klimafolgenanpassungsmaßnahmen umgesetzt werden
können. Wir wollen, dass dafür jedes Jahr 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden, und zwar über die nächsten zehn Jahre. Das wären 5 Milliarden Euro bis 2030 über vom Land zu tilgende Kredite.
Wir wollen, dass ganz flexible, einfache Förderbedingungen dazu führen, dass in den Kommunen das, was eigentlich schon an Ideen da ist, auch endlich umgesetzt wird. Denn dafür ist es jetzt wirklich Zeit. Es ist Zeit, dass Klimaschutz umgesetzt wird, dass Kämmerinnen und Kämmerer das Geld nicht irgendwo liegen lassen, sondern genau dieses Geld dafür nutzen, dass die entsprechenden Maßnahmen endlich in den Kommunen auf die Straße kommen.
Der zweite Aspekt, den wir fordern, ist, dass Konzepte für Klimaschutz und Klimafolgenanpassung noch stärker umgesetzt werden müssen. Wir brauchen hier eine Verpflichtung ab dem Jahr 2022.
Es gibt schon viele Kommunen, die entsprechende Konzepte haben. Aber an manchen Stellen fehlt dann ein entscheidender Punkt, dass die Konzepte
nicht in irgendeiner Schublade verschwinden, sondern dass es eine regelmäßige Überprüfung vor Ort gibt. Es muss geguckt werden, welche Klimaschutzziele man hat, welche Maßnahmen dafür umgesetzt werden und ob das auch geschieht. Und falls das nicht geschieht, muss entsprechend nachgesteuert werden. Denn einfach nur Ziele und entsprechende Maßnahmen in der Schublade zu haben – das wissen wir –, reicht eben nicht. Das kennen wir ja auch aus der nordrhein-westfälischen Ebene.
Dann möchte ich noch weitere Aspekte benennen, die wir auch weiterhin fordern. Wenn wir uns anschauen, welche Förderprogramme wir brauchen, ist es das Erste, dass es in einigen Kommunen schon Klimaschutzmanagerinnen und -manager gibt. Diese werden aber vom Bund maximal fünf Jahre gefördert. Danach ist ganz häufig Schluss. Das heißt, in den meisten Kommunen hört dann die Umsetzung der Klimaschutzkonzepte auf, und deswegen ist unsere Forderung, diese Klimaschutzmanager weiter zu unterstützen, und zwar, solange das vom Bund nicht geschieht, von der Landesebene.
Der zweite Aspekt: Die Klimafolgenanpassung wird in den Kommunen häufig nicht gemanagt, und auch hier brauchen wir entsprechende Personen, die das unterstützen.
Ich möchte auf den großen Komplex der Förderprogramme eingehen. Wir haben in NRW natürlich schon einige Förderprogramme. Einige gibt es schon sehr lange, andere wurden jetzt ergänzt.
Nun müssen wir dahin kommen, dass nicht mehr nicht nur eine Kommune, die besonders gut und schnell ist, eine Unterstützung erhält, sondern jetzt ist es Zeit, dass der Klimaschutz in der Breitenförderung ankommt. Das heißt, bestehende Förderprogramme müssen genau dahin aufgebaut werden. Es reicht eben nicht, so sehr ich beispielsweise Kreise wir den Kreis Steinfurt dafür schätze und toll finde, wie sehr er Vorreiterarbeit geleistet hat, die Programme immer nur in eine bestimmte Region zu bringen, denn dann ist insgesamt für den Klimaschutz in NordrheinWestfalen nicht genug getan, und deswegen brauchen wir eine entsprechende Breitenförderung.
Genauso muss es eben sein, dass bestehende Förderprogramme des Landes überprüft werden. Denn manchmal kann es doch sein, dass entsprechende Förderungen für Kommunen auch dazu führen, dass vor Ort Dinge gefördert werden, die beispielsweise einem bestehenden Frischluftschneisenkonzept oder einem bestehenden Klimaschutzkonzept entgegenstehen. Solche Sachen müssen vermieden werden.
Das heißt, Förderprogramme des Landes dürfen nicht den Klimaschutzinteressen der entsprechenden Kommunen entgegenstehen.
Last but not least – ich habe jetzt nur die größten Punkte herausgenommen – ist für uns auch noch ein Unwetterfonds wichtig. Das heißt, Kommunen, die alles getan haben, von Verwundbarkeitsanalysen über Klimaanpassungskonzepte, und trotzdem unter Extremwetterschäden leiden, müssen unterstützt werden, und genau dafür muss das Land die Unterstützung bieten.
Wir brauchen also diese Bandbreite. Ich freue mich auf eine breite Diskussion hier und in den entsprechenden Ausschüssen und auch darauf, dass wir diese Unterstützung dann hoffentlich auch von Bund und Land bekommen. – Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich mit der ersten Hälfte des Antrages auseinandergesetzt, der – neutral formuliert – Fragen zur Finanzierung von Maßnahmen und zum Klimaschutz in den Kommunen zum Gegenstand hat. Man könnte es auch konfrontativer ausdrücken: Nachdem Sie uns in der Sache nicht widerlegen konnten – siehe Aktuelle Stunde von heute Morgen –, versuchen Sie es nun über den Umweg der Gemeindefinanzierung. Aber auch das überzeugt nicht.
Sie steigen ein mit einer Binsenweisheit: All Business is lokal. Das heißt, die Auswirkungen des Klimawandels sind auch in den nordrhein-westfälischen Gebietskörperschaften angekommen. Allerdings haben die Kommunen auf die Entwicklung des Klimas einen zwar nicht unerheblichen, aber selten unmittelbaren Einfluss, jedenfalls wenn es um CO2-Emissionen geht. Das ist die Quintessenz zweier Klimaschutzkonzepte, die ich in meiner letzten beruflichen Station vor dem Wechsel in den Landtag für eine Stadt mit ca. 50.000 Einwohnern betreut habe.
Die Energieverbräuche in ihrem Gebiet verteilen sich jeweils zu einem Drittel auf die Wirtschaft, die Haushalte und den Verkehr. Ein kleiner Anteil von ca. 2 % blieb übrig, und das sind die kommunalen Einrichtungen, auf die die Stadt unmittelbaren Einfluss hat. In anderen Bereichen sind sie auf die Kooperation, auf Akzeptanz angewiesen, und da sehe in der Bürgerschaft für Ihren Weg alles andere als die Begeisterung, die eben die Herren Stinka und Sundermann reklamiert haben.
Deshalb hat sich besagte Stadt in zwei vom Bund geförderten Teilkonzepten darauf konzentriert, die für ihre Zwecke genutzten Gebäude und die Straßenunterhaltung mit Einsparpotenzialen von 45 % bei Wärme und 39 % bei Strom zu optimieren. Die dafür
erforderlichen Maßnahmen konnten seinerzeit – 2014 bis 2017 – tatsächlich aus finanziellen Gründen nicht alle auf einmal umgesetzt werden. Die Schwierigkeiten lagen allerdings – anders als im Antrag beschrieben – weniger bei den Investitionen als im Aufwand. Die Investitionen lassen sich bei knappen Kassen in kommunalen Haushalten zuweilen einfacher darstellen als die laufende Unterhaltung.
Mittlerweile hat sich die kommunale Finanzausstattung erheblich geändert, sowohl im konsumtiven wie auch im investiven Bereich. Über das GFG 2020 sollen die Kommunen über ein Fünftel mehr Mittel als nach Ihrem letzten GFG erreichen. Von den 47 Millionen Euro, die im Entwurf des Etats für Radwege veranschlagt sind – das ist im Übrigen so viel, wie bisher für Straßenbau vorgesehen war –, sollen den Kommunen 17 Millionen Euro zufließen. Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass die These, es sei vor dem Hintergrund für viele Kommunen in NRW praktisch unmöglich, ihrer Verantwortung für den Klimaschutz nachzukommen, nicht zu halten ist.
Deshalb kann von einem historischen Versäumnis, das Sie uns unter Bezugnahme auf das Klima sozusagen an den Hals hängen wollen, weil wir in den vergangenen zweieinhalb mehr oder weniger fetten Jahren viele, aber noch nicht alle finanziellen Herausforderungen der Kommunen geregelt haben, keine Rede sein.
Dann haben Sie auch noch die Chuzpe, vorzuschlagen, dieses historische Versäumnis gelte es nun in einem sich verschlechternden konjunkturellen Umfeld schnellstmöglich zu beseitigen. Wenn das dann so leicht möglich wäre, stellt sich schon die Frage, warum Sie das in der letzten Legislaturperiode, als NRW unter Ihrer Regierung wirtschaftlich vor sich hin dümpelte, nicht bereits erledigt haben.
Auch die nächste vorgetragene Idee ist nicht viel besser, nämlich mit der Systematik von „Gute Schule 2020“ für gutes Klima 2030 zu sorgen, denn ob weitere Schulden die richtige Antwort auf Fragen sind, bei denen es auch um Nachhaltigkeit geht, darüber kann man auch bei verlockend günstigen Kapitalmarktzinsen geteilter Meinung sein.
Weniger Risiko – gleichwohl nicht minder erfolgreich – ist dann doch die gezielte Förderung von Projekten wie zum Beispiel die Ausrüstung der Caritas mit Elektrofahrzeugen. 24 Stück davon wurden unlängst in meinem Wahlkreis in Betrieb genommen – auch nicht „kurzatmig“, Frau Brems, sondern auf mittlere Sicht –, und jedes einzelne wurde neben dem Umweltbonus des BAFA mit 2.700 Euro aus der Landeskasse gefördert.
wahrscheinlich entfallen, wenn wir kommunale Klimaschutzkonzepte zur Pflicht machen würden. Zudem geht es auch freiwillig. Die meisten Kommunen kennen ihre Potenziale zur Vermeidung von CO2 bereits seit Längerem oder sind sich derer spätestens in den letzten Monaten bewusst geworden. Sie brauchen niemanden, der ihnen sagt, wo es langgeht. Herr Stinka, da haben wir sein anderes Verständnis von kommunaler Selbstverwaltung.
Die Kommunen heben ihre Potenziale in eigener Verantwortung teils auf der Grundlage von Klimaschutzkonzepten, teils in anderem Kontext. Der Kreis, bei dem ich meinen beruflichen Werdegang begonnen habe, erfasst seine Verbräuche an Gas und Strom schon jahrzehntelang akribisch und hat daraus für seine Schulen schon vor Langem – als von Klimaschutzkonzepten noch gar keine Rede war – die entsprechenden baulichen und technischen Konsequenzen gezogen und so tonnenweise CO2 gespart.
Auch die Stadt, in deren Rat ich sitze, hat in den vergangenen Jahren in unterschiedlicher Hinsicht Beträchtliches für den Klimaschutz bewirkt, ohne dafür ein eigenes Konzept zu entwerfen. Sie hat die Mittel, die dafür aufzuwenden gewesen wären, in Fachplanungen oder unmittelbar in Maßnahmen fließen lassen. So geht es auch.
Ich habe in Englisch begonnen und will es auch in Englisch zu Ende bringen. Die Kommunen sind im Weltmaßstab nicht die Big Player auf dem Feld des Klimaschutzes, aber relevante, mündige und kundige Akteure, die mit den vorhandenen Mitteln und ohne Zwang einiges bewirken können. Das Land NRW ist kein Big Spender, der mit der Gießkanne – Sie haben es Breitenförderung genannt – zusätzliche Mittel verteilt, sondern die Kommunen auf einer soliden Basis gezielt unterstützt.
Wiederstehen Sie bitte auch der Versuchung, wie in dem Film „The Big Short“ mit billigem Geld große Räder zu drehen. Damit meine ich gar nicht einmal Windräder, sondern die Finanzierung vermeintlich oder tatsächlich überragender Zwecke auf Pump, denn damit verengen Sie auf der einen Seite die Spielräume für die Zukunft, die sie auf der anderen Seite eigentlich schaffen wollen. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ritter, bei uns Sozialdemokraten hieß es früher immer: Stadt und Land Hand in Hand. Ich glaube, dagegen ist nichts einzuwenden. Wir haben hier aber von Ihnen wieder