Wir können aber garantieren, meine ich, dass die demokratischen Parteien zu 100 % solidarisch sind, wenn Angriffe und Drohungen von Rechtsextremen erfolgen.
Wir sollten aber nicht nur – das ist mir auch wichtig – gegenüber Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern solidarisch sein, sondern auch gegenüber allen anderen Personen,
die aufgrund ihres Engagements für Flüchtlinge, aufgrund ihrer Herkunft, aufgrund ihrer Sexualität oder
aufgrund ihrer Religion zur Zielscheibe von rechtsextremem Hass werden. Da sind wir als Demokratinnen und Demokraten gefragt.
Ich finde es wichtig, dass wir in den Austausch gehen. Lassen Sie uns darüber diskutieren, was wir tatsächlich auf Landesebene gemeinsam ganz konkret unternehmen können, um die demokratischen Bewerberinnen und Bewerber bei der Kommunalwahl zu unterstützen, damit der Hass nicht überhandnimmt. Wir haben Sie als demokratische Fraktionen eingeladen. Lassen Sie uns darüber diskutieren, damit wir konkret werden und diesem Hass Einhalt gebieten. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die AfD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Wagner das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Boss, ich bin Ihnen für Ihre Rede tatsächlich außerordentlich dankbar; denn vieles, wenn nicht alles von dem, was Sie gesagt haben, kann ich so unterschreiben.
Denn immer noch gibt es in unserer Gesellschaft Personen, die meinen, dass Gewalt ein legitimes Mittel der politischen, gar der alltäglichen Auseinandersetzung sei. Es sind wenige; es sind Asoziale; es sind Feinde unserer Ordnung. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, sie zu bekämpfen. Es ist die Aufgabe der Polizei, sie zu fassen, und es ist Aufgabe der Justiz, sie zu verurteilen.
Nein zu Bedrohungen gegen Bürgermeister, egal welcher Partei sie angehören und egal, was die Täter vermeintlich motiviert;
Nein zu Linksextremisten, die bei G20, im Hambacher Forst, in Connewitz oder in den teils durch Steuergelder finanzierten sogenannten Autonomen Zentren randalieren;
Nein aber auch zu denen, die mit der Gewalt, und sei es nur mittels Bedrohung, ihr parteipolitisches Spiel treiben.
Es ist Zeit, dass alle Seiten verbal abrüsten und dass damit aufgehört wird, unliebsame Meinungen mundtot zu machen. Das Recht auf die freie Rede und den Austausch unterschiedlicher Positionen darf auch nicht durch einige wenige Extremisten an den Universitäten ausgehebelt werden.
Dass dort oder von dort Vorträge von Thomas de Maizière, CDU, Thilo Sarrazin, SPD, oder Alice Weidel, AfD, oder von Wissenschaftlern wie Jörg Baberowski oder Bernd Lucke mit Gewalt verhindert werden, darf nicht zugelassen werden, meine Damen und Herren.
Die Liste an weiteren Beispielen ist lang; sie ist zu lang. Da ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Diaby, dessen Wahlkreisbüro gerade erst angegriffen wurde. Da sind die Anschläge auf AfD-Wahlkreisbüros sogar mit Bomben. Da ist der Bürgermeister von Kamp-Lintfort, der, bedroht, schon einen Waffenschein beantragen wollte. Da ist die stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt Hagen, Lisa Kristin Radke, die mittels Steckbrief, auf dem Foto und Adresse abgedruckt waren, bedroht wurde. Dieser Steckbrief wurde im ganzen Viertel verteilt. Die Kommune hat nicht einmal darauf reagiert. – Wie gesagt: Die Liste ist lang; sie ist zu lang.
Und Sie, Herr Wolf, beginnen Ihre Rede mit spaltenden Worten: Ihre Opfer seien nicht allein. Und unsere Opfer? Bleiben die allein? Kümmert sich jeder nur um seine Leute? Das ist doch der falsche Weg. Wir alle sollten alle Opfer nicht alleinlassen.
Wir alle sollten uns gegen alle Täter richten. Nur so überwinden wir die Spaltung unseres Gemeinwesens.
Es geht um die Überwindung einer Spaltung des Gemeinwesens, die den anderen nicht hypomoralisch verurteilen soll, sondern versucht, ihn sachlich zu entkräften, und die offen ist für die Perspektive des anderen, die offen ist für den Kompromiss. Es muss Schluss damit sein, dass Menschen wegen ihrer persönlichen Erfahrungen und ihrer politischen Meinung ausgegrenzt werden, dass ihre Reden und ihre Veranstaltungen gewaltsam verhindert werden, dass sie bedroht und angegriffen werden.
Dafür benötigen wir eine neue Diskussionskultur, die die Lage entspannt und sich nicht von dem zum Teil rabiaten und anonymen Umgang im Netz beeinflussen lässt, sondern von freiheitlichem Denken geprägt ist.
Meine Damen und Herren, es gibt doch Themen, die sich nun wirklich nicht zur Ausgrenzung und für parteitaktische Spielchen eignen. Hier blicke ich nur auf den Antisemitismus, ganz egal, ob er nun von links, von rechts oder in religiöser Ummantelung daherkommt. Da verbieten sich doch Instrumentalisierungen bis hin zu hetzerischen Unwahrheiten wie denen, mit denen Herr Kutschaty unlängst in der „WAZ“ zitiert werden musste. Herr Kutschaty fabuliert allen Ernstes und bei vollem Wissen um die Unwahrheit, dass wir hier als AfD-Fraktion antisemitisch seien.
Das ist nicht nur ekelhaft. Es heizt doch das gegenseitige Aufschaukeln noch weiter an. Wer Ihre Unwahrheit glaubt,
tritt dann bei der nächsten AfD-Veranstaltung mit dem Gefühl an, tatsächlich gegen Nazis vorzugehen, was natürlich völliger Unsinn ist.
Unsere Leute, die wissen, dass das von Ihnen Propagierte die Unwahrheit ist, werden sich darin bestätigt sehen, dass die Hetze von Ihnen ausgeht, und, wenn Sie nicht reflektieren, Ihnen mehr oder weniger unfreundliche Mails schreiben. Fast könnte man meinen, Sie legten es darauf an. Das wäre zutiefst unmoralisch.
Herr Laschet, wenn Sie die AfD – ich zitiere – „bis aufs Messer“ bekämpfen wollen – danke, dass Sie mir zuhören –, dann verrutscht doch auch bei Ihnen die Sprache. Müssen wir denn wirklich mit derart gewalttätigen Worten übereinander herfallen?
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich nehme da meine Partei gar nicht aus. Aber die Frage ist ja nicht, ob ich mich um Reflexion und Selbstkritik bemühe, sondern, ob wir alle das wollen. Das ist die Frage, meine Damen und Herren.
Natürlich ist das politische Geschäft kein Ponyhof. Streit im Sinne eines Wettbewerbs um die besten Ideen ist ja auch produktiv. Er soll auch gerne so hart, aber eben mit Substanz geführt werden, wie dies selbst zwischen Strauß und Wehner möglich war.
Aber Demokraten von links bis rechts müssen zeigen, dass sie sich bei aller Unterschiedlichkeit, die ja gut und richtig ist, auf die wesentlichen Spielregeln einigen können. Es darf niemanden geben, der Linksradikale verharmlost, niemanden geben, der Neonazis verharmlost, und niemanden geben, der Islamisten verharmlost. Genauso darf es niemanden geben, der Gewaltverharmloser verharmlost. Ich denke da, liebe Kollegen von der SPD, auch an die Rote Hilfe.
Lassen Sie uns doch für diese fundamentalen Spielregeln einen Pakt schließen – einen Pakt des AntiTotalitarismus, einen Pakt für zivilisierte Umfangsformen und gegen Ausgrenzung. Zeigen wir als Landtag, dass wir hier ein Vorbild für unsere Gesellschaft sein können, dass wir weniger moralisieren und den Streit in der Sache und um Ideen in den Vordergrund stellen.