Protokoll der Sitzung vom 12.02.2020

die müssen wir dann sicherlich in den nächsten Wochen klären –, sondern um Inhalte.

Man möchte man ja meinen, dass das Thema „Wasserstoff“ in der aufgeheizten energie- und klimapolitischen Diskussion ein Wohlfühlthema sein könnte, sozusagen mentale Wellness für von Energiewende und Kohleausstieg gestresste EnergiepolitikerInnen.

Im Kern sind wir uns sicherlich auch darüber einig, dass Wasserstoff eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen wird. Es geht aber, wie so oft, um

den richtigen Weg dahin und um die konkreten Details.

Wer die Berichterstattung in den vergangenen Tagen verfolgt hat, wird wissen, dass dieses Thema auf Bundesebene auch ein weiterer Streitpunkt zwischen Wirtschaftsministerium und Umweltministerium, hier sogar mit Unterstützung des Forschungsministeriums, ist. Im Kern dreht sich der Streit – das haben wir gerade schon gehört – mal wieder um Farben:

Soll nur der grüne Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien seinen Platz in der Energiewende haben, oder ist nicht – so die Frage aus dem Wirtschaftsministerium – der blaue Wasserstoff auf Erdgasbasis eine prima Brückentechnologie? Das entstandene CO2 lässt sich dann ja unterirdisch speichern, ganz frei nach dem Prinzip: Dann brauchen wir uns auch nicht weiter mit den lästigen Windenergieanlagen beschäftigen.

(Zuruf von der CDU: Ah!)

Genau wie Herr Altmaier in Berlin versuchen auch CDU und FDP hier in Nordrhein-Westfalen, uns weiszumachen, dass der Weg des blauen Wasserstoffs erst einmal zu wählen sei. Sie gehen sogar so weit, dass Sie in Ihrem Antrag den grünen Wasserstoff mit dem blauen vermengen. Das geht aus unserer Sicht so nicht.

(Beifall von Monika Düker [GRÜNE])

Die CO2-Speicherung in Deutschland ist vor Jahren politisch abgeräumt worden. Ich habe das Gefühl, dass Sie hier jetzt diese Diskussion durch die Hintertür führen oder sogar dafür sorgen wollen, dass andere Länder die Drecksarbeit machen.

Das geht so nicht. Wir müssen auf erneuerbaren Wasserstoff, auf den grünen Wasserstoff setzen.

(Beifall von den GRÜNEN – Henning Reh- baum [CDU]: Wir haben nichts anderes ge- sagt!)

Für uns Grüne ist klar:

Wasserstoff sollte – auch das fehlt in Ihrem Antrag – nur dort eingesetzt werden, wo eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist. Ansonsten ist das alles nämlich Energieverschwendung, denn Umwandlungsverluste sind nun einmal nicht zu vermeiden.

Die Wasserstoffproduktion darf nicht dazu führen, dass einfach fossile Kraftwerke weiterhin länger oder noch mehr Strom produzieren. Auch das wäre kontraproduktiv.

Für die Wasserstoffproduktion ist der massive Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig; auch dazu wieder kein Wort.

Perspektivisch sollte, wenn Wasserstoffimporte notwendig sind, auf Nachhaltigkeitskriterien geachtet

werden. Wir dürfen an dieser Stelle nicht die gleichen Fehler machen wie an anderen Stellen, bei denen wir bei Energieimporten in den letzten Jahrzehnten oder Jahrhunderten nicht hingesehen haben, unter welchen Bedingungen in anderen Ländern Energie gewonnen wird. Das sollten wir hier beim Wasserstoff nicht wiederholen.

Zu guter Letzt ist Wasserstoff nur dann wirklich treibhausgasarm, wenn er aus erneuerbarem Strom hergestellt wird. Dafür brauchen wir mehr erneuerbare Energien. Davon ist in Ihrem Antrag nichts zu lesen.

In Ihrer Rede eben haben Sie gesagt, wir sollten auf jede Kirmes hinterher noch ein Windrad stellen. – Nein, darum geht es nicht. Sie machen hier etwas genau anderes: Sie bezweifeln, dass die erneuerbaren Energien ausreichen, wenn sie auch noch zur Wasserstoffgewinnung genutzt werden sollten.

Aber, was ist Ihre Konsequenz? – Sie versuchen es erst gar nicht mehr bei den erneuerbaren Energien. So funktioniert es nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die norddeutschen Bundesländer haben im November bereits eine Wasserstoffstrategie, die einige unserer wichtigen grünen Punkte adressiert und den Fokus auf den grünen Wasserstoff legt, vorgelegt. Die Nordländer haben verstanden, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien ein enormer Standortvorteil ist.

Genau darauf sollte man sich hier in Nordrhein-Westfalen auch fokussieren und schauen, welche regulatorischen Hemmnisse es wirklich gibt. Das ist das Grundproblem beim Thema „Wasserstoff“. Dazu haben wir in Ihrem Antrag nichts gelesen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Sie haben nicht zu- gehört!)

Aus unserer Sicht kann blauer Wasserstoff nicht der Übergang sein, denn dann ist nicht klar, wie lange diese Phase dauern soll. Wir müssen unser Ziel auf den grünen Wasserstoff fokussieren.

Sie verhindern Windenergie, aber wollen Wasserstoff ausbauen. Das passt nicht zusammen. Da ist die Industrie an unserer Seite: Wir brauchen mehr Erneuerbare, und zwar nicht nur in Sonntagsreden und Ankündigungen, sondern auch wirklich. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die AfD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Herr Loose das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Willkommen im Wasserstoff-Märchen-Wunderland. In diesem Wunderland gibt es dank Wasserstoff 20.000 bis 130.000 neue Arbeitsplätze; so beschreiben es die Sozialisten, heute im Gewand von CDU und FDP in Ihrem Antrag.

Als Beleg wird eine von der Landesregierung bezahlte Wasserstoffstudie mit mehr als 190 Seiten angegeben. Doch jeder weiß: Vertraue nie auf eine Studie, die du nicht selbst gefälscht hast. Deshalb schauen wir uns diese Studie einmal genauer an.

Jeder weiß, dass die Annahmen bei einer Studie das Wichtigste sind. Alle von der Studie vorgegebenen Szenarien geben einen Zwang zur Dekarbonisierung vor, nur das Tempo variiert. Das heißt, die Industrie wird gezwungen, Wasserstoff einzusetzen. In keinem der vorgegebenen Szenarien darf dafür aber Kernenergie benutzt werden.

Weder Bevölkerung noch Industrie wandern aus Deutschland ab; so gibt es die Studie vor. Die Stahlindustrie produziert weiter im gleichen Maße, und die Aluminiumindustrie steigert ihre Produktion um 96 %, Herr Rehbaum; so ist das alles in dieser Studie zu lesen.

Die Preise für Öl steigen massiv, die von Erdgas verdoppeln sich sogar. Das heißt für jeden klar denkenden Menschen: Was passiert auf der Welt? Alle anderen setzen auf Öl und auf Gas, aber natürlich nicht Deutschland.

(Wolfgang Jörg [SPD]: Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!)

Laut Studie werden sich aber die Preise für Solarstrom und Windstrom halbieren – Vorgabe der Studie.

Es kommt noch dicker: Deutschland schottet sich ab. Einen Protektionismus wird es geben, denn das Ausland spielt nur an zwei Stellen eine Rolle: Erstens beim Austausch von Strom oder Wasserstoff und zweitens bei dem Schutz der deutschen Bürger vor den bösen ausländischen Produkten, denn mit sogenannten marktlichen Rahmenbedingungen soll der Import von Gütern verhindert werden, die mit fossiler Energie hergestellt wurden.

Diese Studie, meine Damen und Herren, über 190 Seiten, liest sich wie ein Leitfaden zum perfekten Sozialismus. Anscheinend hat sich aber keiner von Ihnen die Mühe gemacht, diese Studie einmal genauer zu untersuchen,

(Michael Hübner [SPD]: Sie auch nicht!)

oder Sie stehen hinter der Ideologie – das mag durchaus so sein –, denn was die Studie hier beschreibt, ist DDR pur:

Es wird verhindert, dass Deutsche und deutsche Industrie abwandern, und es wird verhindert, dass Ausländer ihre besseren und preiswerteren Produkte in Deutschland verkaufen können. – DDR pur. Natürlich bauen Sie keine Mauern aus Stein; Sie bauen Mauern über Verbote und Strafen und nennen das dann „marktliche Rahmenbedingungen“.

CDU und FDP wollen die Produktion in Deutschland dreimal so teuer machen und erzählen uns im gleichen Atemzug, dass sich die Aluminiumindustrie um 96 % steigern und die Stahlindustrie nicht abwandern würde.

Meine lieben Kollegen von der FDP und der CDU, für wie dumm wollen Sie die Menschen in Deutschland eigentlich noch verkaufen? – Jeder weiß: Bei der Herstellung von Wasserstoff über die Elektrolyse gehen allein schon 30 % der Energie verloren, weitere 10 % bei der Verdichtung der Energie und, wenn Sie später die Brennstoffzellen nutzen wollen, weitere 30 Prozentpunkte, das heißt, Sie verlieren 70 % bei den jeweiligen Umwandlungsprozessen. Von 100 % Energie können Sie am Ende nur 30 % nutzen.

Die von Ihnen vorgeschlagene Wasserstoffnutzung ist damit nichts anderes als eine Anleitung zur Energieverschwendung, Ressourcenverschwendung pur, gefordert von Ihnen allen hier.

Sie schreiben ja sogar selbst in Ihrem Antrag – und hier zitiere ich –:

„Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen sind Wasserstoff-Technologien im Vergleich zu den konventionellen Anwendungen noch nicht wettbewerbsfähig. Die Technologien stehen zwar zur Verfügung, allerdings fehlt bisher die Marktreife.“

Bei den Worten „nicht wettbewerbsfähig“ sollten bei allen hier eigentlich die Alarmglocken schrillen. Keine Ihrer rückwärtsgewandten Technologien ist nämlich bisher wettbewerbsfähig. Die E-Autos, vor 120 Jahren erfunden, müssen massiv subventioniert werden. Die Windindustrieanlagen – die kennen wir seit dem 12. Jahrhundert – müssen subventioniert werden. Die Photovoltaik-Anlagen müssen subventioniert werden. Die Biomasse-Kraftwerke müssen subventioniert werden. All diese Technologien sind bis heute nicht wettbewerbsfähig.

Weil Ihr Energiesystem, das Sie sich da wünschen, ohne Speicher zusammenbrechen würde, fordern Sie jetzt die Subvention von Wasserstoff, eine Technik, die bereits 1838 in Deutschland erfunden wurde.

Subventionen, Subventionen, Subventionen! Das ist das Rezept von Sozialisten, und das funktioniert so lange, bis denen das Geld anderer Leute ausgeht. Das heißt im Umkehrschluss: bis Ihnen das Geld der fleißigen Bürger in Deutschland ausgeht.

Aber nicht mit uns! Wir werden einen Sozialisten mit Namen Ramelow genauso wenig unterstützen wie

Sozialisten mit Namen Merkel oder mit Namen Laschet. Denn wir stehen hier für die Fleißigen, die unser Land am Laufen halten. – Vielen Dank.