Protokoll der Sitzung vom 12.02.2020

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

Wir haben das Henne-Ei-Problem: Ohne Wasserstoff werden wir keine großtechnischen Anwendungen bauen, und ohne Anwendungen wird der Ausbau der Wasserstoffproduktion nicht gelingen.

Deshalb kann gerade die Industrie als großer Wasserstoffabnehmer helfen, den Ausbau der Wasserstoffproduktion und auch der Infrastruktur endlich voranzubringen.

Wenn so der Ausbau der Wasserstoffkapazitäten und der Infrastruktur gelingt, kann Wasserstoff nicht nur in der Industrie, sondern auch bei der Mobilität, bei Wärme und vielen anderen Bereichen eingesetzt werden. Also warten wir nicht länger darauf, sondern starten wir jetzt.

Sicherlich stellt sich auch die Frage: Auf welchen Wasserstoff setzen wir? Setzen wir auf den grauen Wasserstoff, der aus konventionell erzeugter Energie hergestellt wird, der natürlich im Moment kaum einen

direkten Klimanutzen bringt? Oder setzen wir auf blauen Wasserstoff aus Erdgas, wobei wir dort den Kohlenstoff abspalten und speichern? Oder setzen wir auf grünen Wasserstoff auf Basis von erneuerbaren Energien?

Klar ist: Am Ende wollen wir alle auf grünen Wasserstoff setzen. Aber damit es uns überhaupt gelingt, die Wasserstoffproduktion auszubauen, brauchen wir auf dem Weg auch den grauen und blauen Wasserstoff, damit endlich in den Ausbau von Elektrolyseuren investiert wird, damit endlich in die Infrastruktur investiert wird, damit endlich in Anwendungen investiert wird und wir so zu unserem Ziel gelangen.

Neben den Mengen haben wir aber auch ein Preisproblem, oder es stellt sich die Preisfrage, denn jede Umwandlung ist energieintensiv und kostet Geld. Deshalb müssen gerade auf Bundesebene die Regularien entsprechend angepasst werden, sodass sich dies auch lohnt

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

und es nicht noch verteuert wird und wir dadurch nicht vorankommen.

Ich denke, wir haben hier eine gute Vorlage, auf der es sich auch lohnt, über die Fraktionsgrenzen hinweg zu diskutieren. Ich glaube, das ist ein wichtiges Thema, bei dem man auch fraktionsübergreifend aktiv werden kann. Insofern freue ich mich auf die Ausführungen der Kollegen von SPD und den Grünen.

Nutzen wir die Chancen, die Wasserstoff für Nordrhein-Westfalen bietet. Gehen wir hier endlich aktiv vor, damit wir unseren Energie- und Industriestandort Nordrhein-Westfalen auch in die nächste Generation führen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Sundermann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Dinge vorweg: Ob sich Herr Brockes über meinen Redebeitrag freut, können wir gleich bilateral klären. Was ich allerdings sicher weiß: Ich werde nicht reimen, lieber Henning Rehbaum. Wahrscheinlich eigne ich mich für so etwas nicht.

Ich möchte allerdings – das erwartet man von einem Westfalen vielleicht auch nicht – philosophisch beginnen.

Wasserstoff, im Periodensystem der Elemente das kleinste, kann sich nicht einmal ein Neutron leisten, regt aber trotzdem aktuell die Fantasie aller Men

schen an. Gestern wurde über die E-world gesprochen. Manchmal erinnert diese ganze Diskussion sogar schon an einen Hype.

Meines Erachtens müssen wir an dieser Stelle einmal festhalten: Wasserstoff kann ein Energieträger der Zukunft sein, aber er wird nicht der Energieträger der Zukunft sein. Wir sollten uns auch, wie wir das hier immer gemacht haben, die Technologieoffenheit bei diesen Diskussionen bewahren.

Wasserstoff kann allerdings – das ist hier auch schon angeklungen – in vielen Bereichen Teil der Lösung sein. Sektorenkopplung und Speicherung sind bereits angesprochen worden. Wir haben – das ist ein großes Pfund in Nordrhein-Westfalen – die Infrastruktur hier.

Wasserstoff kann eine Lösung für die Fragestellungen in der Industrie, im Schwerlastverkehr und in der Schifffahrt sein. Insofern ist es sicherlich wichtig und auch richtig, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen.

Ich will an dieser Stelle aber erstens kurz darauf verweisen, dass natürlich auch in der Vergangenheit einiges getan worden ist, gerade im Rahmen der KlimaExpo.NRW, die von der rot-grünen Landesregierung aufgelegt worden ist.

Ich erinnere außerdem an das Kompetenzzentrum h2herten und erwähne auch Maßnahmen in meinem Heimatkreis, in dem aktuell darüber diskutiert wird, alte Windkraftanlagen zur Herstellung von Wasserstoff zu nutzen.

Ferner verweise ich auf ein Projekt in Gelsenkirchen, das sich mit der Elektrolyse und mit der Hochdruckeinspeisung von Gas in das Netz beschäftigt hat.

Das heißt, dass die Grundlagen da sind. Aber was müssen wir jetzt tun? – Ich will das so zusammenfassen: Wir müssen jetzt – das klang gerade auch schon mit – groß denken, wir müssen schnell denken, und wir müssen schnell umsetzen. Wir müssen es aber auch richtig machen.

Da will ich an einen Punkt anschließen, den Herr Brockes hier auch schon aufgeführt hat: Es gibt grauen Wasserstoff, der klassisch hergestellt wird, und blauen Wasserstoff, bei dem CO2 eingelagert wird.

Es gibt auch, wie ich jetzt gelernt habe, türkisen Wasserstoff, bei dem der Kohlenstoff fest eingelagert wird. Es gibt den Wasserstoff, auf den wir uns sicherlich fokussieren, nämlich den grünen, der durch Elektrolyse, gespeist aus erneuerbaren Energien, erzeugt wird.

Wie geht man im Prinzip damit um? Welchen Wasserstoff nimmt man, wenn man groß denken, schnell handeln und das Richtige machen will? – Minister Altmaier hat in seiner Nationalen Wasserstoffstrategie, die sich derzeit in der Abstimmung zwischen den Kabinettsmitgliedern befindet, ausgeführt, dass der

blaue Wasserstoff einen sinnvollen Übergang ermöglichen kann. Ähnlich formulieren Sie es ja in Ihrem Antrag.

Schaut man sich allerdings einmal an, wie lange schon über die CCS-Technik, also die Einlagerung von Kohlendioxid im Boden, diskutiert wird und wie groß der Widerstand dagegen ist, sieht man, dass zumindest der Aspekt „schnell“ hier sehr fragwürdig ist.

Forschungsministerin Karliczek sagt: Nein, wir setzen nicht auf blauen Wasserstoff, sondern auf grünen Wasserstoff, damit wir uns nicht verzetteln und kein Tempo rausnehmen. – Man muss sich sicher einmal anschauen, welcher Weg der richtige ist.

Ich stelle nur fest: Dass die Landesregierung hier möglicherweise ein wenig langsamer ist und nicht so sehr auf die Erneuerbaren setzt, mag vielleicht auch daran liegen, dass sie kein Vertrauen in den Ausbaupfad hat, den sie in ihrer Energieversorgungsstrategie aufgelegt hat – zumal sie ja leider als Bremser der Windkraft auftritt. Insofern mag es ein Teil der Strategie sein, hier auf blauen Wasserstoff zu setzen, meine Damen und Herren.

Der zweite Punkt, auf den ich kurz eingehen möchte, ist die Verwendung des Wasserstoffes. Wie geht man mit dem Wasserstoff um? Wo setzen wir da Prioritäten? – Herr Altmaier und Herr Scheuer sagen, dass es Pkws sein sollen.

Wenn man sich die Wasserstoffstrategie des Landes Bayern anschaut, kann man auch verstehen, warum sie das tun. Bayern setzt nämlich ganz klar auf Pkws.

Die Bundesumweltministerin plädiert hingegen dafür, den Wasserstoff primär in der Industrie und im Schwerlastverkehr einzusetzen. Es wird Sie nicht wundern, dass ich mich eher an die Seite der Bundesumweltministerin stelle.

Meine Damen und Herren, was muss man jetzt machen? – Bei dem, was man tun muss, besteht durchaus ein gewisser Zwiespalt: Auf der einen Seite muss man fixe, verlässliche Rahmensetzungen im rechtlichen Bereich, im Bereich der Infrastrukturen und im Bereich der Förderungen vornehmen.

Auf der anderen Seite muss man aber auch dynamische Innovationsprozesse ansetzen und offen gestalten. Bei dieser offenen Gestaltung wird man sicherlich Sackgassen haben und vielleicht auch den einen oder anderen Königsweg nehmen.

Wir sind der Meinung, dass man bei der Herangehensweise an die Wasserstofftechnologie keine Schere im Kopf haben darf, aber Prioritäten setzen muss.

Die Roadmap, die hier gefordert wird, basiert ja auf der Wasserstoffstudie, die die Landesregierung im Mai letzten Jahres aufgelegt hat. Jetzt könnte man sagen: Das ist ein ganz klassischer Fall. CDU und

FDP beantragen eine Sache, die schon längst unterwegs ist.

Das wäre mir allerdings auch aufgrund der Wichtigkeit des Themas ein Stück weit zu billig, denn Wasserstoff hat unabhängig von dem aktuellen Hype sicherlich einen und vielleicht sogar den entscheidenden Anteil am Gelingen der Energiewende, vor allen Dingen im Bereich der Industrie.

Insofern freuen wir uns auf eine intensive Diskussion im Ausschuss und werden der Überweisung selbstverständlich zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun die Abgeordnete Frau Brems.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir diskutieren heute mit dem Thema „Wasserstoff“ ein sehr spannendes und auch vielversprechendes Thema. In mancherlei Hinsicht ist es aber auch ein Hypethema, das CDU und FDP hier auf die Tagesordnung gesetzt haben.

Im Übrigen habe ich, ehrlich gesagt, auch das Gefühl, dass dieser Antrag leider mal wieder eher von der Regierung bestellt wurde. Wir kennen das ja schon, beispielsweise vom Antrag zur Energieversorgungsstrategie:

Im vergangenen Jahr hatten CDU und FDP, kurz bevor die Landesregierung diese Strategie vorgelegt hat, einen Antrag eingebracht, in dem sie die Landesregierung dazu aufgefordert haben, genau diese Strategie vorzulegen. Dann mussten wir uns im letzten Jahr damit beschäftigen, obwohl alles schon längst intern beschlossen war.

(Dietmar Brockes [FDP]: Haben Sie das im- mer so gemacht?)

Ich habe ein bisschen das Gefühl: Genau das haben wir jetzt auch wieder vor uns liegen. Ich hoffe, dass es heute im Kern hier aber nicht um Stilfragen geht –

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ei! Ei!)

die müssen wir dann sicherlich in den nächsten Wochen klären –, sondern um Inhalte.