Protokoll der Sitzung vom 11.03.2020

(Beifall von den GRÜNEN und Christian Dahm [SPD])

Weil Sie es selbst immer wieder angeführt haben, will ich Ihnen, Frau Ministerin Gebauer, sehr klar sagen: Der Sanierungsstau bei den Schulen in Deutschland liegt nach Expertenmeinung bei 42 Milliarden Euro. Für Nordrhein-Westfalen geht der WDR von 9 Milliarden Euro aus. Wie sie das zusammenrechnen, weiß ich im Einzelnen auch nicht; das will ich zugestehen. Ob die 9 Milliarden Euro solide und seriös sind, entzieht sich also meiner Kenntnis.

Zumindest alle, die sich im Bauausschuss intensiver mit der Frage befassen, wissen aber, dass die Situation auf jeden Fall komplizierter geworden ist, weil natürlich auch die Kosten für die Sanierungsmaßnahmen gestiegen sind.

FDP und CDU haben in ihren Kommunalwahlprogrammen und auf großen Plakaten vieles angekündigt. Der Fraktions- und Bundesvorsitzende der FDP hat ja nicht nur ein Schulgebäude missbraucht,

(Franziska Müller-Rech [FDP]: Geht es noch? Was ist denn das für eine Sprache?)

sondern sich vor eine Düsseldorfer Mauer gestellt, um irgendwie die Sanierungsbedarfe der Schulen darzustellen und vorzugaukeln, dass eine rot-grüne Landesregierung daran schuld sei.

Diese Parteien haben nur eines gemacht: Sie haben die Programme von Rot-Grün, die sie vorgefunden haben, fortgeführt. Sie haben das Geld, das aus Berlin zugeteilt wird, über die Investitionsprogramme im Land verteilt. Das ist auch Frau Schlottmann in ihrem Beitrag gerade wieder passiert. Und dann wird behauptet, das Programm „Gute Schule 2020“ sei kompliziert und nicht zielgenau. Liebe Kollegin, wenn ein Programm einfach anzuwenden ist, dann ist es das Programm „Gute Schule 2020“.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Dahm [SPD]: So ist es!)

Deswegen wundert mich das schon. Der Finanzminister hat kryptische Bemerkungen in den Haushaltsplan 2017 geschrieben, um zu verklausulieren, dass er das Programm „Gute Schule 2020“ eigentlich super findet. Die Kohle ist gut. Es ist einfach anzuwenden. Aber irgendwie war das ja kreditfinanziert, und deswegen ging das nicht.

Wir brauchen – da teilen wir als Grüne ausdrücklich die Meinung der SPD – mehr Investitionen in Nordrhein-Westfalen; im Übrigen nicht nur in die Schulen,

aber vor allem in die Schulen. Wir brauchen das aber auch im Bereich Klimaschutz. Wir brauchen Investitionen in diesem Land. Das tut im Übrigen auch der Wirtschaft durchaus gut. Da müssen wir auch besser werden.

Sie als CDU können hier im Landtag durchaus darauf hinweisen, dass die Städte und Gemeinden die Schulträger sind. Das können Sie so machen. Dann werden wir erstens im September dieses Jahres einmal schauen, wie sich das auf die Meinungsbildung in Ihrer eigenen Partei auswirkt.

Zweitens ist das aber auch nicht sachgerecht. Wir werden die Probleme – gerade in den Städten des Ruhrgebiets, aber auch anderswo – nicht lösen, wenn wir mit dieser Haltung daran herangehen.

Damit komme ich zur Frage, wo Sie – neben vergleichbaren Programmen für Investitionen – hätten handeln müssen. Sie sind bis heute bei der Frage des Altschuldenfonds eine Lösung schuldig geblieben.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE], Christian Dahm [SPD] und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD] – Christian Dahm [SPD]: So ist es!)

Sie sind bei der Frage der Sozialentlastung eine Antwort schuldig geblieben. Sie haben als Landesregierung weder ein Konzept vorgelegt, noch haben Sie im Haushaltsplan Gelder bereitgestellt.

Folgendes setzt dem Ganzen die Krone auf – um das sehr klar zu sagen; da werde ich auch grundsätzlich –: Wenn der stellvertretende Ministerpräsident bis heute nicht bereit ist, für die Unterbringung der Geflüchteten ein substanzielles Entlastungskonzept für die Kommunen vorzulegen, dann können Sie sich Ihre Bildungspauschale, ehrlich gesagt … Ich will ein bisschen vorsichtig in der Ausdrucksweise sein. Dann nutzt das aber gar nichts. Wir reden über 750 Millionen Euro, die in den Städten und Gemeinden pro Jahr fehlen. Das ist Heuchelei, was Sie machen.

(Beifall von den GRÜNEN, Christian Dahm [SPD] und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Sie sind im Bereich „Schulinvestitionen“ nicht handlungsfähig. Legen Sie also etwas auf den Tisch, damit die Situation vor Ort und im Land besser wird. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN, Christian Dahm [SPD], Marc Herter [SPD] und Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD] – Christian Dahm [SPD]: Das hat mir gefallen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der FDP Frau Kollegin MüllerRech das Wort. Bitte sehr, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlich willkommen zum Wahlkampfauftakt der SPD NRW!

(Beifall von der FDP und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Ja! – Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Das war ein Bericht des WDR!)

Etwas anderes ist das, was Sie hier machen, nicht.

Man kann ja fast froh sein, wenn man als regelmäßiger Zuschauer „Westpol“ schaut. Demnächst werde ich mir einen Notizblock bereitlegen, damit ich immer weiß, welche Aktuelle Stunde dann im nächsten Plenum von Ihnen kommt.

(Zuruf von Marc Herter [SPD])

Um direkt zur Schulpolitik zurückzukommen – Herr Mostofizadeh hatte ja ein bisschen den Pfad verlassen –: Ja, viele Schulen haben eine herausfordernde Gebäudesituation. Ich glaube, das stellt auch niemand hier infrage.

Wir müssen uns aber anschauen und überlegen: Worauf ist das denn zurückzuführen? Natürlich auf einen Sanierungsstau. Er ist aber nicht in der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 2017 entstanden. Vielmehr ist dieser Sanierungsstau schon seit zehn Jahren und länger in der Entstehung.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Lassen Sie sich einmal etwas Neues einfallen!)

Es ist hier auch schon mehrfach angeklungen. Ich möchte jetzt aber einmal aus dem Gesetz zitieren, um daran zu erinnern, was sich in unserer Gesetzeslage wiederfindet. In § 79 Schulgesetz NRW heißt es:

„Die Schulträger sind verpflichtet, die für einen ordnungsgemäßen Unterricht erforderlichen Schulanlagen, Gebäude, Einrichtungen und Lehrmittel bereitzustellen und zu unterhalten …“

Die Verantwortung für die Ausstattung der Schulen liegt in den Händen des Schulträgers. Das müsste auch die SPD-Fraktion wissen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wenn in einem Fernsehbeitrag das Dreikönigsgymnasium in Köln-Bilderstöckchen gezeigt wird, ist das doch ein Paradebeispiel dafür, wie hier der Schulträger versagt hat. Es war nämlich Ihre Schuldezernentin, die zwölf Jahre lang Verantwortung getragen hat. Jetzt ist dort ein Nachfolger von der SPD benannt worden. Sie steht für genau dieses Versagen in der Verantwortung. Fünf Jahre lang bekommt dieses Gymnasium keine Reparaturen mehr, weil die Dezernentin es nicht schafft, einen Ausweichstandort zu finden. Es ist unglaublich, wie hier die SPDDezernentin und der jetzige Dezernent diese Schule im Stich gelassen haben. Ich freue mich, dass das jetzt für die Schule endet.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist eine gute Nachricht.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Es ist eine Fehleinschätzung, dass das allein in Köln ein Problem ist!)

Um das Ganze einmal abzurunden: Sie stellen diesen Antrag in einem falschen Gremium. Sie müssen diesen Antrag im Rat der Stadt Köln stellen.

(Beifall von der FDP und der CDU – Jochen Ott [SPD]: Sie haben keine Ahnung!)

Wir diskutieren das hier nur, damit Sie ein Vehikel finden, um Ihren Kommunalwahlkampf einzuläuten. Da saugen Sie sich gerade die Themen aus den Fingern, weil Ihnen offenbar nichts anderes einfällt. Jetzt fordern Sie ein Nachfolgeprogramm für „Gute Schule 2020“. Das soll dann auf einmal die Heilung bringen.

Das ist wirklich hanebüchen. Es ist doch hinlänglich bekannt, dass kein Einzelprogramm notwendig ist, sondern eine strukturelle Förderung. Ich weiß nicht, ob Sie den Beitrag nicht zu Ende gesehen haben. Tobias Hentze vom Institut der deutschen Wirtschaft hat dann nämlich genau darauf hingewiesen und gesagt: Wer soll denn in den nächsten drei Jahren – Sie haben gerade fünf Jahre gefordert – organisieren, dass alle Schulen bei dem bestehenden Sanierungsstau auf einmal saniert werden können? Es fehlen Planer. Es fehlen Fachkräfte im Handwerk.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Das ist die Bankrotterklärung!)

Wir haben einen massiven Bauboom. Die Privatwirtschaft steht auch noch in Konkurrenz mit öffentlichen Bauvorhaben. Wie soll das gehen?

(Christian Dahm [SPD]: Sie stehlen sich aus der Verantwortung! – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Herr Ott, Sie machen doch selber Baupolitik. Das müssten Sie doch wissen. Ich bin völlig entsetzt darüber, dass Sie hier einen solchen Antrag stellen.

(Zurufe)

Es gibt Kommunen, die genau diese Schwierigkeiten meistern.

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Zeigen Sie mir bitte keinen Vogel, Herr Kollege. Ich glaube, das haben wir in der Diskussion miteinander nicht verdient.

(Jochen Ott [SPD]: Ich habe meine Hand hochgehoben! Unverschämt!)

Es gibt Kommunen, die das meistern, …