Protokoll der Sitzung vom 01.04.2020

(Beifall von allen Fraktionen)

Es bleibt noch viel zu tun, um diese Krise zu überwinden und ihren Schaden möglichst gering zu halten. Die Kommunen müssen unter dem Schutzschirm des Landes neue finanzielle Mittel bekommen. Eine neue Finanzkrise muss verhindert werden.

Wir werden die Testkapazitäten in Nordrhein-Westfalen deutlich ausbauen müssen. Wenn wir zur Normalität zurückwollen, wird das nur mit mehr und schnelleren Tests gehen.

Um die Lage beurteilen zu können, benötigen wir auch die Zahl der durchgeführten Tests. Nur dann kann man tatsächlich etwas mit Zahlen und Statistiken anfangen.

Das Land muss dafür sorgen, dass unsere Schülerinnen und Schüler in den Klassen 10 bis 13 zu ihren Schulabschlüssen kommen; das ist uns ganz wichtig.

Uns ist auch wichtig, dass wir möglichst nicht zwischen dem Schulabschluss einer Haupt-, Real- und Gesamtschule und dem Abitur unterscheiden. Auch

da gibt es in Ihrem Gesetzentwurf noch Nachbesserungsbedarf; die Formulierungen waren nicht ganz so glücklich.

Wichtig ist, dass Schülerinnen und Schüler jetzt schnellstmöglich die Sicherheit bekommen: Muss ich Prüfungen ablegen oder nicht? – Dabei geht es nicht um die Frage, ob wir das über eine Rechtsverordnung regeln oder nicht. Die Eltern, die Lehrer, die Schülerinnen und Schüler wollen die praktische Frage geklärt haben und nicht, wer die Kompetenz dazu hat, die Entscheidung zu treffen. Sie wollen jetzt wissen – spätestens zum Ende der Osterferien muss das klar sein, liebe Frau Gebauer –: Finden Prüfungen in Klasse 10 und 13 statt, oder finden sie nicht statt? – Ich glaube, das ist ganz entscheidend.

(Beifall von der SPD)

In Zeiten der Pandemie brauchen wir nach wie vor – vielleicht sogar mehr denn je – einen starken Kinderschutz. Uns allen macht es große Sorge, wenn wir vereinzelte, aber sich immer stärker häufende Berichte hören, dass das Kindeswohl gerade in dieser schwierigen Zeit teilweise auf dem Spiel steht. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung.

Wir müssen aber auch sehen, wie wir Hilfen schaffen. Wir müssen Angebote von geöffneten Einrichtungen für Kinder zur Verfügung stellen. Kein Kind darf durch die Coronapandemie zu Schaden kommen. Das muss unser oberstes Gebot sein.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich habe gerade schon die Finanzhilfen und die schnelle, unbürokratische Bearbeitung gelobt. Wir müssen aber im Auge behalten, wie lange die Kleinunternehmen damit auskommen. Wie lange hält das? Wie lange dauert es noch? Wir müssen flexibel sein, rechtzeitig nachsteuern zu können, und gegebenenfalls noch etwas drauflegen.

Und wir sollten uns dafür einsetzen, dass das Kurzarbeitergeld erhöht wird, liebe Kolleginnen und Kollegen, damit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht zu Hartz-IV-Empfängern werden.

(Beifall von der SPD)

Ich finde es gut, Herr Laschet, dass Sie das heute angesprochen und auch deutlich klargemacht haben, wie schwierig es für Familien ist, mit 67 % des letzten Einkommens klarzukommen. Aber bitte beschreiben Sie nicht nur die Situation. Wir müssen aus dem Beschreibungsmodus heraus. Wir müssen das Kurzarbeitergeld erhöhen.

(Beifall von der SPD)

Setzen Sie sich mit uns gemeinsam dafür ein, entweder indem Sie sich auf Bundesebene mit uns gemeinsam dafür starkmachen,

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

das Kurzarbeitergeld auf 80 % zu erhöhen – auf 87 % für Familien mit Kindern –, oder notfalls, wenn der Bund nicht mitspielt, mit dem Rettungsschirm des Landes helfen.

(Beifall von der SPD)

Wir dürfen nicht nur beschreiben, sondern wir müssen helfen. Das brauchen die Menschen in diesem Lande jetzt.

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

Das Wichtigste: Wir müssen alles dafür tun, damit genügend Schutzkleidung und Intensivbetten zur Verfügung stehen, bevor die Krise ihren Höhepunkt erreicht.

Für all das, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir keine Notstandsgesetzgebung, keine Zwangsverpflichtungen und keine weiteren Einschränkungen von Grundrechten. Regierung und Opposition sollten jetzt intensiv zusammenarbeiten, um unser Land so gut es geht durch diese Krise zu führen.

Die SPD-Fraktion ist zu einer engen Kooperation bereit, aber dazu sollten alle bereit sein. Vielleicht sind ja diese Beratungen und Verhandlungen über das Epidemiegesetz der Beginn einer neuen Kultur der Zusammenarbeit in der Krise. Das jedenfalls würde ich mir wünschen, es wäre nämlich gut für unser Land. – Glück auf Nordrhein-Westfalen!

(Lang anhaltender Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der CDU erteile ich nun dem Abgeordneten Herrn Löttgen das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzlicher Gruß geht heute einmal an die Kolleginnen und Kollegen, die diese Debatte vor dem Bildschirm verfolgen müssen, ohne die ihnen zustehende Möglichkeit zu haben, ihre Beiträge hier im Plenum einzubringen. Für dieses Verständnis, für dieses Zurückstecken in einer auch parlamentarisch besonderen und angespannten Situation möchte ich mich herzlich bedanken.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Die Landesregierung bringt ein Gesetz in den Landtag ein – Tagesgeschäft in normalen Zeiten. Die Opposition kritisiert das Gesetz – Tagesgeschäft in normalen Zeiten. Aber es sind keine normalen Zeiten. Die COVID-19-Epidemie zwingt die Regierung, zwingt uns, schnell zu handeln, um Leben zu retten. Es geht nach wie vor für zu viele um Leben und Tod. Es ist ernst, und es bleibt vorerst ernst.

Bisher forderte die Epidemie in unserem Land 168 Verstorbene, in ganz Deutschland fast 800, in Belgien über 700, in den Niederlanden bereits 1.000 Tote. Deshalb müssen wir uns heute die Frage stellen: Wie gehen wir damit um, wenn in unserem Land die Zahl der Infizierten und vor allem die Zahl der Toten dramatisch ansteigt? Haben wir heute die Instrumente, um eine dramatisch verschärfte Lage bestmöglich zu beherrschen?

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus, hat gestern in einem Interview im „FOCUS“ einige Sätze gesagt, die ich nachhaltig unterstreichen möchte. Zitat:

„Es gehört bei politischen Entscheidungen dazu, dass man sie oft in unsicherer Lage trifft. Wer in diesen Tagen denkt, es gehe ohne Risiken, ist in der Politik falsch am Platz. Dass man die …“

diese Risiken –

„zu minimieren versucht, ist selbstverständlich. Aber jetzt ist die Zeit des Handelns, nicht des Zauderns.“

Fest steht: Sowohl diese Landesregierung als auch dieses Parlament handeln in einer außergewöhnlichen Krise. Wir entscheiden in Kenntnis und in verantwortlicher Abwägung der Tragweite unserer Entscheidungen.

In diesem Parlament muss aber ebenso feststehen, dass die Aufforderungen, die wir täglich vor allen Dingen in sozialen Netzwerken an unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger richten: „wir zusammen“ oder: „zusammen stark“, auch Aufforderungen an uns selbst und an unsere parlamentarische Arbeit sind.

Wenn ein Kollege der SPD-Fraktion auf Twitter beklagt – Zitat –,

die Regierung würde erst nach einem Konsens suchen, nachdem sie versucht habe, das Gesetz durchzupeitschen,

dann möchte ich ihn an zwei Punkte erinnern: Es ist jetzt nicht die Zeit, sich als Oppositionspolitiker auf Kosten einer Regierung zu profilieren,

(Sarah Philipp [SPD]: Das macht auch nie- mand! Das macht überhaupt niemand!)

die 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche daran arbeitet, die Krise zu bewältigen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD: Oh!)

Jetzt ist keine Zeit für politische Hamsterkäufe. Jetzt ist keine Zeit für althergebrachte politische Rituale.

(Stefan Kämmerling [SPD]: Aber auch nicht für Oberlehrer!)

Deshalb gilt mein Dank denjenigen in den Oppositionsparteien, die durch ihre konstruktive Mitarbeit, gerade auch durch konstruktive Kritik, verdeutlichen, dass ihnen parlamentarische Zusammenarbeit in Zeiten der Krise wichtig ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn da von Durchpeitschen die Rede ist, wenn Herr Kutschaty von Notstandsgesetzen spricht, wenn ein nordrhein-westfälischer Radiosender davon spricht – Zitat –, die Regierung wolle das Parlament entmachten, dann ist es an der Zeit, einige Dinge geradezurücken.

Man kann eine Krise der Demokratie auch herbeireden. Aber – da stimme ich Ihnen zu, Herr Kutschaty – die parlamentarische Zusammenarbeit im nordrheinwestfälischen Landtag funktioniert. Die parlamentarische Kontrolle der Landesregierung im nordrheinwestfälischen Parlament funktioniert. Die parlamentarische Demokratie in unserem Land ist nach wie vor voll funktionsfähig. Es gibt kein politisches „Rosinenpicken“, wir orientieren unsere Entscheidungen an den absehbaren Notwendigkeiten.

Das gilt auch für den heute in erster Lesung diskutierten Gesetzentwurf der Landesregierung. Ministerpräsident Armin Laschet hat dies im gestrigen Pressetermin mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn überdeutlich gemacht: „Wir brauchen einen parteiübergreifenden Konsens in der Coronakrise“, hat er gesagt. Das ist heute wichtig.