Protokoll der Sitzung vom 11.10.2017

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rehbaum. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Philipp das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Ganz herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Löttgen, der Applaus für Ihren Redebeitrag war lang, obwohl Sie eigentlich sehr wenig gesagt haben. Das muss man einmal festhalten.

(Vereinzelt Heiterkeit von der CDU – Bodo Löttgen [CDU]: Nur was Ihnen nicht passt, ist wenig!)

Das wäre zu Oppositionszeiten sicherlich ein sehr interessanter Wortbeitrag des Fraktionsvorsitzenden gewesen, aber so bleiben viele Fragen offen. Das passt teilweise auch nicht zu dem, was Sie in Ihrem heutigen Antrag schriftlich formuliert haben. Zu dem Spannenden, nämlich zum Widerspruch zwischen dem, was Armin Laschet und der Wirtschaftsminister gesagt haben, und dem, was der Arbeitsminister in Bochum auf der Demo gesagt hat, haben Sie nichts gesagt. Das wäre eigentlich das Interessante gewesen.

(Beifall von der SPD – Bodo Löttgen [CDU]: Sie wollen einen Widerspruch konstruieren! Das ist alles!)

Wenn Wirtschaftsminister Pinkwart darauf hinweist, dass zwischen den Ministern kein Dissens in den Aussagen besteht, dann können Sie unserem Antrag heute zustimmen. Dann ist das Ganze erledigt, und dann wäre das passend.

(Dietmar Brockes [FDP]: Der Antrag ist erle- digt!)

Was wir ausdrücklich begrüßen, ist die Aussage des Wirtschaftsministers – darauf möchte ich auch hinweisen –, noch in diesem Jahr einen „Stahlgipfel“ durchzuführen. Das hat Garrelt Duin, der SPDWirtschaftsminister in der Vorgängerregierung, sehr erfolgreich getan. Wir finden es gut, dass das wieder aufgenommen wird.

Mir ist die Debatte aber insgesamt zuletzt sehr abstrakt geführt worden. Der eine redet über Genehmigungen, dann wird über Steuererleichterungen und über Standortfragen gesprochen. Aber ich will noch auf einige Dinge eingehen, die mir als Duisburgerin wichtig sind. Das ist in der Debatte am Ende etwas untergegangen.

Worum geht es eigentlich? Denn nicht erst seit den Fusionsplänen von Thyssen und Tata wissen wir in meiner Heimatstadt und auch in vielen anderen Städten, dass wieder unruhige Zeiten bevorstehen. Die Leute sind in großer Sorge, und es ist ein großes Gesprächsthema in Duisburg und in vielen anderen Städten, wie es mit dem Stahl in Nordrhein-Westfalen weitergeht. Kämpfen für die Zukunft des Stahls ist leider mal wieder angesagt, und Kämpfen für den Erhalt von Tausenden von Arbeitsplätzen in Duisburg und an vielen anderen Standorten ist notwendig, und das bringt die Menschen in große Sorge.

Gemeinsam wurde in den letzten Wochen an vielen Orten gegen eine Fusion mit all ihren zu befürchtenden Konsequenzen demonstriert und in vielen Gesprächen diskutiert und auch verhandelt. Es geht um Tausende von Arbeitsplätzen, und es geht vor allen

Dingen auch um Tausende von Familien, die um ihre Zukunft hier in Nordrhein-Westfalen bangen.

Wir wissen seit Langem – das ist auch heute in dieser Debatte noch einmal gut zum Tragen gekommen –, dass der Stahlstandort Nordrhein-Westfalen durchaus angezählt ist. Die verschiedenen Problematiken sind heute schon angesprochen worden: Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, Dumping-Angebote aus China und viele weitere Punkte.

Deswegen ist es natürlich angezeigt, dass wir hier in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland und auch auf EU-Ebene die Rahmenbedingungen für die Stahlindustrie dringend verbessern müssen. Aber – das will ich ausdrücklich unterstreichen – das ist keine Rechtfertigung für Unternehmen, den Beschäftigten und dem Land jetzt in dieser Phase den Rücken zuzudrehen. Das geht nicht, und das ist so nicht zu akzeptieren.

(Beifall von der SPD)

Thyssenkrupp hat nicht umsonst den Ruf eines Stahlspezialisten, ein exzellenter Ruf, für den an erste Stelle die thyssenkrupp-Belegschaft an den Standorten verantwortlich ist. Ihre Fachkompetenz und ihre Motivation sind es, die guten Stahl machen, und deswegen ist es auch notwendig, dass sie in die Überlegungen und in die Strategien zur Krisenbewältigung und zur weiteren Gestaltung des Unternehmens einbezogen werden.

Es ist an der Zeit – Kollege Rehbaum hat das gerade leider erst sehr spät in der Debatte getan –, heute noch einmal der gesamten thyssenkrupp-Belegschaft unsere Solidarität auszusprechen und deutlich zu machen, dass wir an ihrer Seite stehen.

(Henning Rehbaum [CDU]: Sie sind noch spä- ter dran!)

Die SPD-Fraktion unterstützt es ausdrücklich, dass Hunderte von ihnen heute auf dem Rhein vor dem Landtag ihre Sorgen und ihre Forderungen Richtung Landesregierung zum Ausdruck bringen. Das ist heute noch einmal ein starkes Zeichen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

(Beifall von der SPD)

Was uns heute in dieser langen Debatte leider gefehlt hat – das haben die Wortbeiträge der regierungstragenden Fraktionen und auch der Landesregierung nicht ausbessern können –, ist am Ende ein klares Bekenntnis, ein klares Wort der Solidarität und ein klares Bekenntnis zum Stahlstandort NRW und zum Erhalt des Stahlstandorts und des Hauptsitzes hier in Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Sie können hier, Kollege Brockes, natürlich nicht entscheiden, ob der Standort erhalten bleibt, ob der

Hauptsitz hier erhalten bleibt. Aber das mit Steuererleichterungen, mit Steuerpolitik zu begründen und zu sagen, dass wir es einfach hinnehmen müssen, ist ein bisschen wenig, und das fanden wir heute doch sehr ernüchternd.

(Beifall von der SPD)

Die Landesregierung redet in diesen Tagen viel von Heimat. Aber wenn es darum geht, sich für Mitbestimmung und Standortsicherung einzusetzen, dann spielt der Begriff „Heimat“ für die Landesregierung offensichtlich keine große Rolle mehr. Das ist heute aufgefallen.

Sie reden davon, den Wirtschaftsstandort zu stärken. In Ihrem Koalitionsvertrag schreiben Sie ebenfalls, dass Sie ein industriepolitisches Leitbild entwickeln und ein klares Bekenntnis zur Industrie in NordrheinWestfalen abgeben wollen. Das kann man dort alles nachlesen. Aber wenn Sie nur tatenlos zusehen, wie erfolgreiche Mitbestimmung hier in diesem Land geopfert wird,

(Bodo Löttgen [CDU]: Hören Sie doch auf! Das glauben Sie doch selber nicht!)

dann sollten Sie dieses Leitbild besser in der Schublade lassen und sich damit nicht weiter beschäftigen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Redezeit ist jetzt leider abgelaufen. Ich will am Ende noch einmal in Richtung Ministerpräsident Laschet Folgendes sagen: Sie haben vor Kurzem auf einer Wahlkampfveranstaltung in Duisburg gesagt:

Da man jetzt weiß, wo die Reise hingehen soll, erwarte ich, dass der Vorstand das Projekt in der guten Tradition der Mitbestimmung gemeinsam mit der Belegschaft in Angriff nimmt.

Das ist eine sehr interessante Aussage; die finde ich gut.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir möchten von Ihnen heute gerne wissen, wo die Reise nach dem Willen dieser Landesregierung hingehen soll, und wir erwarten, dass Sie Ihren Versprechen und Ihren Ankündigungen auch endlich Taten folgen lassen. – Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Philipp. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Becker das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem Herr Pinkwart eben gesagt hat, er fände es gut, dass

ich die Landesregierung gelobt habe, will ich darauf hinweisen, was ich gesagt und was ich gemeint habe.

Ich habe zunächst einmal darauf hingewiesen, dass es bei den antragstellenden Fraktionen der Regierungsseite angesichts des Entschließungsantrags offensichtlich eine Veränderung gegeben hat, die sich auch an den Redebeiträgen und an den Rednerinnen und Rednern erkennen lässt.

(Minister Karl-Josef Laumann: Quatsch!)

Es hat insofern eine Veränderung gegeben, als man das Thema, glaube ich, jetzt anders ernst nimmt, als man es in der letzten Debatte getan hat.

Das Zweite ist – das ist offensichtlich, wenn man sich die damaligen Redebeiträge vor Augen führt, Herr Laumann –: Es wurde damals gesagt, dass die Fusion die einzige Rettung für thyssenkrupp sein könne. – Das ist offensichtlich Unsinn.

(Zuruf von Minister Karl-Josef Laumann)

Herr Laumann hat auf der Demonstration geredet und sich für die Erhaltung des Standorts und für die Erhaltung des Standorts der Holding in NordrheinWestfalen ausgesprochen. Das ist auch richtig.

(Minister Karl-Josef Laumann: Ja sicher!)

Herr Löttgen, Sie haben darauf hingewiesen, aus Ihrer Sicht wären das künstliche Unterschiede, die wir als Opposition machen würden.

Es ist eben kein künstlicher Unterschied. Denn wenn man auf der einen Seite als Herr Laumann sagt, das möchte man, und auf der anderen Seite als Herr Pinkwart sagt, das möchte man auch, dann aber als CDU-Fraktion mit der FDP-Fraktion aus Gründen, die sehr interessant wären zu erfahren, ganz offensichtlich verzichtet, den Gesichtspunkt des HoldingStandortes mit in einen Entschließungsantrag zu schreiben, dann hat man ja doch den ein oder anderen Anfangsverdacht.

Sie wären klug beraten, wenn Sie heute in Ihren Entschließungsantrag den deutlichen Einsatz dieses Landtages dafür, dass der Holding-Standort nicht in die Niederlande geht, mit aufnehmen würden. Das ist ja nicht nur eine Frage der Montanmitbestimmung, nicht nur eine Frage des Steuerdumpings, das ist auch eine Frage der Zukunft des Stahlstandortes Nordrhein-Westfalen, weil wir in der Perspektive – ich erinnere an die Enquete-Kommission „Chemie“ – nur im Verbund zwischen Stahl und Chemie zukunftsfähige Standorte in Nordrhein-Westfalen mittel- bis langfristig haben werden. Und die werden wir selbstverständlich nur dann in einem solchen Verbund haben, wenn der Sitz einer Holding hier in NordrheinWestfalen und nicht im benachbarten Ausland ist.

Deswegen ist es von sehr entscheidender Bedeutung, dass Sie an dieser Stelle Ihren Antrag heute ergänzen. Ansonsten müssen Sie sich vorhalten lassen, dass Sie das alles nicht so ernst meinen. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)